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Spielräume in der Konstruktion von Geschlecht und Familie?

Alleinerziehende Mütter und Väter mit ost- und westdeutscher Herkunft

AutorBarbara Rinken
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl342 Seiten
ISBN9783531923246
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis42,25 EUR
Dieses Buch liefert einen wichtigen und innovativen Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Forschung über Alleinerziehende, die im Zuge der Pluralisierung von Lebensformen eine wachsende und gesellschaftlich bedeutsame Gruppe darstellen. Die vorliegende Arbeit füllt in mehrfacher Hinsicht eine Forschungslücke. Zum einen werden Lebenswirklichkeiten und Haltungen von Alleinerziehenden zu Geschlechter- und Familienleitbildern zu den strukturellen Lebensbedingungen der Gruppe in Beziehung gesetzt, so dass Zusammenhänge und Widersprüche zwischen 'Sein und Bewusstsein' deutlich werden. Zum anderen berücksichtigt die Studie systematisch Unterschiede zwischen Ost und West und kann so der vereinheitlichenden öffentlichen Wa- nehmung der Gruppe ein differenzierteres Bild der Lebenswirklichkeit dieser Gruppe entgegen setzen. Die Studie ist durch eine breit gefächerte, gleichwohl stringente Gesamtargumentation gekennzeichnet, die in den theoretischen und sekundäranalytischen Teilen kompetent auf den aktuellen Stand der Forschung rekurriert und im qualitativen empirischen Teil handwerklich solide, sorgfältig und engagiert angelegt ist. Ein durchgängiger Rückbezug der empirischen Ergebnisse auf die theoretischen Ausführungen trägt zur Geschlossenheit der Arbeit wesentlich bei. Die zentrale Frage dieses Buches, die sich auf das Fortwirken von tradit- nellen Geschlechter- und Familienbildern in der heutigen Gesellschaft richtet, wird von der Autorin letztendlich nicht bejahend oder verneinend beantwortet. Vielmehr zeigen die Ergebnisse 'Vor- und Zurück- Bewegungen zwischen po- modernen und traditionellen Einstellungen und Handlungen' (S. :315), die, so die Verfasserin, einerseits Ausdruck subjektiver Ambivalenzen der Allein- ziehenden sind, und andererseits 'die derzeitige institutionelle und diskursive gesellschaftliche Situation' widerspiegeln (ebd. ).

Dr. Barbara Rinken studierte am Institut für Erziehungswissenschaften der TU Berlin und promovierte bei Prof. Dr. Karin Gottschall an der Bremen International Graduate School of Social Sciences.

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Leseprobe
Empirische Ergebnisse II (S. 230-232)

7 Bilder von Geschlecht und Familie

Nachdem die Effekte sozialer und sozialstruktureller Lebensbedingungen auf das Wohlbefinden Alleinerziehender im vorangehenden Kapitel aufgezeigt wurden, soll die Aufmerksamkeit nun auf subjektive Bilder von Geschlecht und Familie gerichtet werden. Wie zu erwarten war, ist die Dichotomie von Geschlechterbildern für die befragten Alleinerziehenden kein Thema, welches als solches, abstrakt gefasst und aus der Theorie entlehnt, Bedeutung in ihren Erzählungen erlangt.

In der Konzeption des Interviewleitfadens (mit den Themenschwerpunkten Existenzsicherung/Zeit, Eltern-Kind-Beziehung, Reaktionen der sozialen Umwelt, gesellschaftliche Bilder/Rezeption von Diskursen, Geschlechterrollen/ Doing Gender) wurde davon ausgegangen, dass Bilder von Geschlecht in den Erzählungen zu den gewählten Schwerpunkten aufscheinen würden. Wo es sich anbot, wurde in den unterschiedlichen Themenfeldern zur Dichotomie von Geschlechterbildern mit Bezug auf die Alltagswirklichkeit der Subjekte nachgefragt. Im Auswertungsprozess ergaben sich dann schließlich vier übergeordnete thematische Gruppen, innerhalb derer eine detaillierte Beschreibung der subjektiven Bilder von Geschlecht und Familie möglich wird (vgl. auch Abbildung Nr. 5).

Der Begriff der ‚Geschlechtsidentität’ stellt, wie insbesondere im Exkurs zu ‚Psychoanalyse und Geschlecht’ (siehe Kap. 3.5.2) verdeutlicht wurde, das zentrale Element von Geschlechterkonstruktionen dar. Subjektiv macht sich Geschlechtsidentität in starkem Maße am Verhältnis zum eigenen Körper und an den hiermit verbundenen Vorstellungen zu Weiblichkeit und Männlichkeit fest. Dieser Aspekt aus den Interviews erfährt daher besondere Aufmerksamkeit im Auswertungsprozess und wird im Folgenden mit dem Oberbegriff ‚Selbstverständnis Körper/Geschlecht’ bezeichnet.

Die Kategorie ‚Selbstverständnis Körper/Geschlecht’ wird auch daraufhin untersucht, ob und wenn auf welche Art und Weise das Verhältnis zum eigenen Körper in Zusammenhang mit dem Familienstatus gebracht wird (Kap. 7.1). Aber auch die Erwartungen an ein geschlechtshomogenes bzw. geschlechteroffenes Verhalten der Kinder können für eventuelle Zusammenhänge zwischen Geschlechter- und Familienkonstruktionen bedeutungsvoll sein.

Die Vorstellungen der Alleinerziehenden von der Wichtigkeit geschlechtertypischen Verhaltens, bzw. ihre Toleranz gegenüber geschlechteroffenem Verhalten ihrer Kinder zeigt einen elementaren Aspekt subjektiver Geschlechterbilder im Alltagsleben der Subjekte. Wiederum interessiert hier für die Untersuchung der Verbindungen zwischen Geschlechter- und Familienkonstruktionen, ob geschlechtertypisches bzw. geschlechteroffenes Verhalten der Kinder von den Befragten in Zusammenhang mit deren Aufwachsen in Ein-Elter- Familien gebracht wird (Kap. 7.2).
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis9
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis11
1 Einleitung13
Definition Familie18
Definition Alleinerziehend19
Aufbau des Buches21
2 Theoretischer Bezugsrahmen24
2.1 Konstruktionsprozesse von Geschlecht und Familie24
Von der Frauenforschung zur Geschlechterforschung30
2.2 Definitionen: Diskurse und Leitbilder35
2.3 Lebenslaufforschung und Statuskonfiguration36
Der Lebenslauf als Institution39
Statuskonfigurationen in der Lebenslaufforschung40
2.4 Sozialisation, Doing Gender und Doing Family42
Sozialisation42
Doing Gender50
Doing Gender – Doing Family53
2.5 Zusammenfassung55
3 Geschlechterund Familienleitbilder58
3.1 Familienpolitik und Familienrealitäten59
3.2 Geschlechterund Familienleitbilder vor 194963
3.3 DDR 1949 – 198968
3.3.1 Der Diskurs zu Geschlechtergerechtigkeit69
3.3.2 Mütterlichkeit und Väterlichkeit77
3.3.3 Diskurse zum Kindeswohl79
3.4 BRD 1949 –198983
3.4.1 Retraditionalisierung und sozialer Wandel83
3.4.2 Mütterlichkeit und Väterlichkeit94
3.4.3 Diskurse zum Kindeswohl102
3.5 Nach der Vereinigung: 1989 ff.104
3.5.1 Transformation und Modernisierung105
3.5.2 Mütterlichkeit und Väterlichkeit120
3.5.3 Diskurse zum Kindeswohl134
3.6 Zusammenfassung136
4 Der Forschungsstand zu Alleinerziehenden141
4.1 Anzahl Alleinerziehender142
4.2 Entstehung des Alleinerziehens, Kinder143
Zustandekommen des Alleinerziehens und gewünschte Lebensformen144
Anzahl und Alter der Kinder148
4.3 Strukturelle Bedingungen und ökonomische Situation149
Institutionelle Kinderbetreuung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf149
Die ökonomische Situation150
Wohnsituation154
4.4 Unterstützende Strukturen155
Private Unterstützung155
Institutionelle Unterstützung159
4.5 Die Ressource Zeit160
4.6 Fazit162
5 Anlage der Untersuchung166
5.1 Entwicklung der Forschungsfragen166
5.2 Forschungsdesign169
5.3 Samplekonstruktion171
5.4 Erhebungsinstrumente175
5.5 Auswertungsverfahren164179
Methodische Reflexion181
Empirische Ergebnisse I184
6 Lebensbedingungen des Samples185
6.1 Entstehung des Alleinerziehens, Kinder186
Anzahl und Alter der Kinder166188
6.2 Überblick über sozialstrukturelle Bedingungen189
6.3 Quantität und Qualität der Kinderbetreuung198
6.4 Privat organisierte und private Unterstützung200
6.5 Erwerbsstatus204
Teilzeiterwerbstätigkeit205
Vollzeiterwerbstätigkeit205
Erwerbslosigkeit206
6.6 Ökonomische Situation207
6.7 Bildung und Erwerbsstatus209
Ohne Ausbildung und erwerbslos210
Realschulabschluss und Teilzeitarbeit211
Abgebrochenes Hochschulstudium und erwerbslos212
Abgeschlossene Berufsausbildung und erwerbslos212
Abgeschlossene Berufsausbildung und Teilzeit- bzw. Vollzeitarbeit213
Abgeschlossenes Hochschulstudium und Teilzeit- bzw. Vollzeitarbeit214
6.8 Alltagsbewältigung215
Die Vereinbarkeitsproblematik216
Problemlösungsstrategien217
6.9 Zusammenfassung218
Empirische Ergebnisse II224
7 Bilder von Geschlecht und Familie225
7.1 Selbstverständnis Körper/Geschlecht228
7.1.1 Verhältnis zu Geschlechtlichkeit229
Positives Verhältnis zu Geschlechtlichkeit229
Probleme mit Geschlechtlichkeit230
7.1.2 Distanz zur Geschlechterrolle232
7.1.3 Zwischenfazit237
7.2 Geschlechterverhalten der Kinder243
7.2.1 Geschlechtertypisches Verhalten als Erwartung245
Einfluss der Peer Group:249
Reaktionen des sozialen Umfeldes250
Die Problematisierung geschlechteroffenen kindlichen Verhaltens251
Homophobe Reaktionen auf geschlechteroffenes, kindliches Verhalten252
7.2.2 Geschlechtertypisches Verhalten als Problem254
7.2.3 Ambivalenzen255
7.2.4 Geschlechteroffene Einstellungen258
7.2.5 Zwischenfazit259
7.3 Vorstellungen von Mütterlichkeit/Väterlichkeit267
7.3.1 Dichotome Bilder von Mütterlichkeit/Väterlichkeit268
7.3.2 Ambivalenzen273
7.3.3 Vielfalt statt Dichotomie281
7.3.4 Zwischenfazit288
7.4 Einstellungen zu unterschiedlichen Familienformen293
7.4.1 Präferenzen für die Zwei-Eltern-Familie294
7.4.2 Ambivalenzen298
7.4.3 Präferenzen für die Ein-Elter-Familie300
7.4.4 Zwischenfazit306
7.5 Zusammenführung der Ergebnisse310
Konstruktionen und Sozialstruktur313
Unterschiede zwischen Männern und Frauen314
Ost/West – Unterschiede315
8 Resümee316
Die Bedeutung sozialstruktureller Rahmenbedingungen316
Die Bedeutung kultureller Rahmenbedingungen318
Weiterführende Forschungsfragen323
Schlussfolgerungen323
9 Literaturverzeichnis328

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