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E-Book

Teuer ist relativ

Warum wir nicht mit Geld umgehen können

AutorDan Ariely, Jeff Kreisler
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl350 Seiten
ISBN9783843718622
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Ein Soundsystem ist teuer, aber wenn wir ein neues Auto kaufen, lassen wir es mit einbauen. Der Preis fällt dann ja nicht mehr so ins Gewicht, oder? Wir kaufen, wir sparen, wir investieren und wir drücken auch mal ein Auge zu und gönnen uns etwas. Leider macht uns das noch lange nicht zu Geldexperten. Im Gegenteil, viele unserer Sparertricks sind tatsächlich ökonomischer Unsinn. Dan Ariely und Jeff Kreisler erklären die verborgenen Denkfehler, die die meisten von uns machen, wenn es um Geld geht. Anhand von Fallbeispielen und Studien zeigen sie, wie kluges Marketing uns zu dummen Einkäufen verleitet und wie stark unser Urteil von der Situation abhängt, in der wir Geld ausgeben. Leser lernen nicht nur besser mit Geld umzugehen, sie begreifen auch die Fallstricke unseres Denkens.

Dan Ariely ist Professor für Psychologie und Verhaltensökonomie an der Duke University, North Carolina. Er schrieb zahlreiche Bücher über die Unvernunft des menschlichen Handelns, so unter anderem den Bestseller 'Denken hilft zwar, nützt aber nichts' sowie die Bücher 'Wer denken will, muss fühlen' und 'Die halbe Wahrheit ist die beste Lüge'.

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Leseprobe

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MÖGLICHKEITEN WINKEN

Was genau ist also Geld? Was tut es für uns und was macht es mit uns?

Diese Fragen stellte sich George im Casino mit Sicherheit nicht, und den meisten von uns gehen sie, wenn überhaupt, nur selten durch den Kopf. Aber es sind wichtige Fragen, und sie sind ein guter Ausgangspunkt.

Geld stellt einen WERT dar. Für sich genommen ist Geld wertlos. Es repräsentiert lediglich den Wert von Dingen, gegen die wir es eintauschen können. Geld ist ein Bote, der Wert übermittelt.

Das ist wunderbar: Geld macht es uns leicht, den Wert von Gütern und Dienstleistungen zu bestimmen, und das wiederum macht es uns leicht, sie auszutauschen. Anders als unsere Vorfahren müssen wir nicht viel Zeit dafür aufwenden, zu feilschen oder zu plündern, um grundlegende Güter in unseren Besitz zu bringen. Das ist gut, denn nur wenige von uns können mit einer Armbrust oder einem Katapult umgehen.

Geld weist einige spezielle Merkmale auf, die es besonders nützlich machen:

Es ist allgemeingültig: Wir können es gegen fast alles eintauschen.

Es ist teilbar: Es kann auf fast jedes Ding von beliebiger Größe angewandt werden.

Es ist austauschbar: Wir sind nicht auf eine bestimmte Währungseinheit angewiesen, denn sie kann durch jede andere Einheit ersetzt werden, die denselben Betrag repräsentiert. Ein Zehndollarschein ist so gut wie jeder andere Zehndollarschein, egal wo und wie wir in seinen Besitz gelangt sind.

Es kann gespeichert werden: Es kann zu jedem Zeitpunkt verwendet werden, jetzt oder in der Zukunft. Anders als Autos, Möbel, Lebensmittel oder T-Shirts altert Geld nicht. Es verrottet und verdirbt nicht.

Mit anderen Worten: Jeder Geldbetrag kann jederzeit verwendet werden, um (fast) beliebige Dinge zu erwerben. Dank dieser grundlegenden Tatsache können wir Menschen, wir Angehörigen der Spezies Homo irrationalis, darauf verzichten, direkt miteinander zu feilschen und stattdessen ein Symbol – Geld – zu verwenden, um Güter und Dienstleistungen sehr viel effizienter auszutauschen. Das wiederum verleiht dem Geld seine letzte und wichtigste Eigenschaft: Es ist ein ALLGEMEINES GUT, was bedeutet, dass jedermann es für den Erwerb von (fast) allem verwenden kann.

Wenn wir uns diese Merkmale des Geldes ansehen, wird uns klar, dass es das moderne Leben ohne Geld nicht geben würde. Geld gibt uns die Möglichkeit, zu sparen, Neues auszuprobieren, zu teilen und uns zu spezialisieren – es erlaubt uns, Lehrer und Künstler, Rechtsanwalt und Landwirt zu werden. Das Geld gibt uns die Freiheit, unsere Zeit und Mühe auf alle möglichen Aktivitäten zu verwenden, uns unseren Begabungen und Neigungen zu widmen, Neues zu lernen und Kunst, Wein und Musik zu genießen – lauter Dinge, die es ohne Geld nicht in größerem Umfang gäbe.

Das Geld hat das menschliche Leben so sehr verändert wie alle anderen bedeutenden Fortschritte – im selben Maß wie die Druckerpresse, das Rad, die Elektrizität und sogar das Reality-TV.

Doch so wichtig und nützlich das Geld ist, sind einige seiner Vorzüge zugleich auch ein Fluch. Sie bringen viele der Probleme hervor, die mit der Verwendung des Geldes einhergehen. Wie der große Philosoph Notorious B. I. G. sagte: »Mo’ Money Mo’ Problems.«

Um uns ein Bild von Segen und Fluch des Geldes zu machen – jede Münze hat tatsächlich zwei Seiten – sollten wir uns die grundlegende Natur des Geldes ansehen. Es steht außer Frage, dass die Möglichkeit, Geld gegen eine fast unbeschränkte Vielfalt von Dingen einzutauschen, eine grundlegende und großartige Eigenschaft ist. Aber sie bedeutet auch, dass die Entscheidungen über die Verwendung unseres Geldes ungeheuer komplex sind.

Obwohl der Volksmund etwas anderes sagt, ist es tatsächlich ganz einfach, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Wenn wir vor einem Obstteller stehen, auf dem ein Apfel und eine Birne liegen, wissen wir zu jedem beliebigen Zeitpunkt genau, welche der beiden Früchte wir wollen. Aber wenn das Geld ins Spiel kommt und wir entscheiden müssen, ob wir für einen Apfel einen Dollar oder 50 Cent bezahlen wollen, dann stehen wir vor einer schwierigeren Entscheidung. Kostet der Apfel einen Dollar, die Birne hingegen nur 75 Cent, so wird die Entscheidung noch komplexer. Wann immer es bei einer Entscheidung ums Geld geht, wird sie schwieriger!

ENTGANGENE MÖGLICHKEITEN

Warum werden diese Entscheidungen über Geld komplizierter? Es liegt an den OPPORTUNITÄTSKOSTEN.

Wenn wir die besonderen Merkmale des Geldes berücksichtigen – die Tatsache, dass es allgemeingültig, teilbar, speicherbar, austauschbar und vor allem ein allgemeines Gut ist –, wird klar, dass wir Geld fast beliebig verwenden können. Aber dass wir es für den Kauf fast beliebiger Güter verwenden können, bedeutet nicht, dass wir alles damit kaufen können. Wir müssen eine Wahl treffen. Wir müssen Opfer bringen und entscheiden, welche Dinge wir nicht kaufen. Das bedeutet, dass wir es, wann immer wir Geld verwenden, bewusst oder unbewusst, mit Opportunitätskosten zu tun haben.

Opportunitätskosten sind Alternativen. Alternativen, auf die wir jetzt oder später verzichten, um etwas Bestimmtes zu tun. Es sind die Möglichkeiten, die wir opfern, wenn wir uns für etwas entscheiden.

Wir sollten die Opportunitätskosten so verstehen: Wenn wir Geld für eine Sache ausgeben, können wir es nicht für etwas anderes ausgeben, und zwar weder jetzt noch zu einem späteren Zeitpunkt.

Werfen wir erneut einen Blick auf den Obstteller, nur dass wir uns jetzt eine Welt vorstellen wollen, in der es nur zwei Produkte gibt: einen Apfel und eine Birne. Die Opportunitätskosten des Kaufs des Apfels bestehen darin, dass wir auf die Möglichkeit verzichten, die Birne zu kaufen, und die Opportunitätskosten der Entscheidung für die Birne bestehen darin, dass uns die Möglichkeit entgeht, den Apfel zu kaufen.

Hätte unser Freund George also jene 4 Dollar für einen morgendlichen Kaffee in einem Lokal ausgegeben, so hätte er keine Möglichkeit mehr gehabt, dieses Geld für eine Busfahrkarte, einen Nachtisch beim Mittagessen oder etwas Süßes bei einem Treffen der Anonymen Spieler auszugeben, an denen er in ein paar Jahren teilnehmen wird. Er hätte nicht auf 4 Dollar verzichtet, sondern auf andere Möglichkeiten, die ihm diese 4 Dollar zum jetzigen Zeitpunkt oder irgendwann in der Zukunft eröffnet hätten.

Um besser zu verstehen, warum die Opportunitätskosten so wichtig sind und warum es uns nicht gelingt, sie angemessen zu berücksichtigen, können wir uns vorstellen, dass uns jemand jeden Montag 500 Dollar gibt und dass wir im Lauf der Woche nur dieses Geld zur Verfügung haben. Am Wochenanfang denken wir möglicherweise nicht über die Konsequenzen unserer Entscheidungen nach. Es ist uns nicht klar, worauf wir verzichten, wenn wir im Restaurant essen oder etwas trinken gehen oder das schöne Hemd kaufen, auf das wir schon seit einer Weile ein Auge geworfen haben. Aber wenn das Geld langsam schwindet und das Wochenende näherrückt, wird uns bewusst, dass wir uns einige Dinge nicht mehr leisten können. Am Freitag haben wir nur noch 43 Dollar übrig und begreifen, dass es Opportunitätskosten gibt und dass sich unsere Ausgaben am Wochenanfang auf den Betrag ausgewirkt haben, der uns noch zur Verfügung steht. Da wir uns am Montag entschieden haben, ein schickes Hemd zu kaufen, ins Restaurant und anschließend in eine Bar zu gehen, stehen wir am Sonntag vor einer schwierigen Wahl: Wir können uns noch die Zeitung oder einen Bagel mit Frischkäse leisten, aber beides ist nicht mehr möglich. Am Montag hätten wir über die Opportunitätskosten nachdenken können, aber sie waren uns noch nicht bewusst. Jetzt sind die Opportunitätskosten endlich klar, aber es ist zu spät, um noch etwas zu ändern (wenigstens macht es sich gut, den Sportteil mit leerem Magen zu lesen).

Die Opportunitätskosten sind also das, worüber wir nachdenken sollten, wenn wir finanzielle Entscheidungen fällen. Wir sollten überlegen, auf welche Alternativen wir in dem Augenblick verzichten, da wir uns entscheiden, unser Geld für bestimmte Dinge auszugeben. Aber wir denken nicht genug über die Opportunitätskosten nach – wenn wir uns überhaupt damit beschäftigen. Das ist unser größter Fehler im Umgang mit Geld und der Grund für viele weitere Fehler. Es ist das unsolide Fundament, auf dem wir das Haus unserer Finanzen errichten.

EIN UMFASSENDERES BILD

Opportunitätskosten sind nicht auf die persönlichen Finanzen beschränkt. Sie haben globale Auswirkungen, wie Präsident Dwight D. Eisenhower im Jahr 1953 in einer Rede über das Wettrüsten feststellte:

Jedes Geschütz, das gegossen wird, jedes Schlachtschiff, das vom Stapel läuft, jede Rakete, die abgefeuert wird, ist letzten Endes ein Diebstahl an denen, die hungern und nicht ernährt werden, an denen, die frieren und keine Kleidung erhalten. Diese hochgerüstete Welt gibt nicht nur Geld aus. Sie gibt den Schweiß ihrer Arbeiter, das Genie ihrer Wissenschaftler, die Hoffnungen ihrer Kinder aus. Ein modernes Kampfflugzeug kostet so viel wie moderne Schulen für mehr als dreißig Städte. So viel wie zwei Stromkraftwerke, die jeweils eine Stadt mit 60 000 Einwohnern versorgen können. So viel wie zwei modern ausgestattete Krankenhäuser. So viel wie fünfzig Meilen Betonpflaster. Für ein einziges Kampfflugzeug zahlen wir mit einer halben Million Scheffel Weizen. Für einen einzigen...

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