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E-Book

Wie wird mein Kind wieder glücklich?

Praktische Hilfe gegen Depressionen

AutorFranz Petermann, Gunter Groen
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783456759593
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Lange Zeit waren Depressionen bei Kindern und Jugendlichen ein Tabu. Noch heute ist es für die Eltern oder andere Bezugspersonen schwer einzuschätzen, ob ein Kind tatsächlich depressiv ist und wie sie darauf reagieren können. Eltern, Angehörige und Betreuer, aber auch Profis aus Pädagogik, Therapie und Medizin, finden in diesem fundierten und aktuellen Ratgeber hilfreiche und verständliche Antworten auf die zentralen Fragen zu diesem wichtigen Thema: Was sind Depressionen und wie äußern sie sich bei Kindern und Jugendlichen? Welche Möglichkeiten haben Erwachsene, um betroffene Kinder und Jugendliche zu unterstützen? Welche Formen professioneller Hilfe sind sinnvoll? Die Autoren sind renommierte Wissenschaftler, die sich seit vielen Jahren intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Für die zweite Auflage haben sie das Buch 'Wie wird mein Kind wieder glücklich?' überarbeitet und aktualisiert.

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Leseprobe

Fallbeispiele:
Die vielen Gesichter der Depression


Jennifer, 16 Jahre

Keiner versteht mich


Die 16-jährige Jennifer ist dunkel gekleidet, als sie mit ihrer Mutter zum Erstgespräch in die psychotherapeutische Praxis kommt. Sie wirkt wie eine „normale“ Jugendliche, die sich mit ihrer Mutter gut versteht. Den Therapeuten begrüßt sie freundlich. Als Jennifer zu erzählen beginnt, wird jedoch schnell deutlich, dass sie ziemlich verzweifelt ist. In den letzten drei Wochen ist sie nicht zur Schule gegangen. Erst ist sie fast jeden Tag früher von der Schule nach Hause gekommen, schließlich ist sie morgens gar nicht mehr aus dem Haus gegangen. Jennifer fühlt sich nach eigener Aussage „zu schlapp und müde“. Sie hat Angst, dass ihre Mitschüler über sie lästern, und kann sich in der Schule kaum noch konzentrieren. Jennifer traut sich kaum noch etwas zu und hat Angst, das Falsche zu sagen und bei Klassenarbeiten zu versagen. Morgens fühlt sie sich energielos und klagt oft über Kopfschmerzen. Sie sagt, sie fühle sich einsam und alleingelassen und von keinem Menschen richtig verstanden. Keiner könne wirklich nachvollziehen, wie schlecht es ihr geht.

Ihre Eltern wissen nicht mehr, was sie tun sollen und wie sie es Jennifer recht machen können. Mal versuchen sie, besonders verständnisvoll zu sein, mal versuchen sie, ihre Tochter etwas strenger zu ihren Pflichten anzuhalten. Jennifer fühlt sich dann so oder so von ihren Eltern missverstanden und ist oft verletzt. Häufig reagiert sie gereizt und ärgerlich, macht ihren Eltern Vorwürfe, beginnt zu weinen und zieht sich mit einem lauten Türenschlagen in ihr Zimmer zurück. Zweimal hat sie sich in einer solchen Situation sogar mit einer Rasierklinge am Unterarm verletzt. Sie trifft sich kaum noch mit ihren Freundinnen und hat sich mit einigen gestritten. Auch zum Handball geht sie nur noch selten. Nur mit ihrem Freund verbringt sie noch recht viel Zeit. Ab und zu würden sie gemeinsam kiffen, was ihr helfe abzuschalten. Oft fragt sich Jennifer, wie ihre Zukunft wohl aussieht und was andere von ihr denken. Besonders abends grübelt sie und braucht manchmal zwei Stunden, bis sie einschläft. Sie berichtet, sie habe sich immer mehr „von Traurigkeit erfüllt“ gefühlt, jetzt fühle sie sich oft „nur noch leer“. Manchmal frage sie sich, ob es nicht besser wäre, wenn sie gar nicht mehr leben würde.

Jennifer lebt zusammen mit beiden Elternteilen und ihrem 13-jährigen Bruder. Sie ist oft neidisch auf ihren Bruder, der immer fröhlich zu sein scheint. Ihm gelinge fast alles gut, er gewinnt Leichtathletik-Wettkämpfe und bringt gute Noten nach Hause. Jennifer denkt oft, ihre Eltern hätten ihn lieber und sie falle der Familie nur zur Last. Als sie geboren wurde, hat ihre Mutter noch studiert, ihr Vater hat nach seiner Ausbildung viel gearbeitet. Ihre Mutter sagt heute, sie habe vielleicht manchmal zu wenig Zeit für Jennifer gehabt und möglicherweise zu oft an sich gedacht. Erst mit der Geburt des Bruders hätten sie wie eine Familie zusammengelebt und mehr Zeit für die Kinder gehabt. Jennifer hat schon früh sehr selbstständig gewirkt, sie hat eigentlich schon immer gewusst, was sie will, und vieles mit sich selbst ausgemacht.

In der Grundschule hat Jennifer das Lernen meistens Spaß gemacht. Sie hatte Freundinnen und Hobbys. Als sie auf das Gymnasium wechselte, kam sie fast zeitgleich und bereits ziemlich früh in die Pubertät. Jennifer fühlte sich immer weniger wohl in ihrer eigenen Haut. Durch kleinere Bemerkungen oder Kritik fühlte sie sich zunehmend schnell verunsichert oder gekränkt. Den Anforderungen auf dem Gymnasium fühlte sie sich kaum noch gewachsen und musste schließlich die achte Klasse wiederholen. In der neuen Klasse empfand sie die anderen Schüler kleinkindhaft und albern; sie fand keinen Anschluss mehr. Auch mit ihren alten Freundinnen gab es immer häufiger Streit. Jennifer zweifelte immer mehr an sich und ihrem Leben. Schließlich zog sie sich immer mehr zurück und die Traurigkeit wurde immer stärker.

Marc, 15 Jahre

Das Gefühl, allein auf der Welt zu sein


Der 15-jährige Marc stellt sich in Begleitung seines Vaters zur Therapie vor. Marc wirkt gereizt, dabei traurig und bedrückt. Marc und sein Vater berichten, dass sie sich „immer weniger leiden“ können und oft streiten. Marc fühlt sich von seinem Vater häufig sehr verletzt und alleingelassen. In letzter Zeit wurde Marc immer lustloser und trauriger. Oft ist er müde und hängt im Zimmer herum. Er klagt oft über Bauchschmerzen. Im letzten Jahr hatte er Gedanken, sich das Leben nehmen zu wollen, auch heute fehlt ihm oft noch der „richtige Lebenswille“.

Marc lebt allein mit seinem Vater, der als Krankenpfleger im Schichtdienst arbeitet. Seine Mutter hat mit seinem Vater ein Verhältnis gehabt, als sie noch mit einem anderen Mann verheiratet gewesen ist. Marcs Eltern haben nie zusammengelebt und sind auch nur kurz zusammen gewesen. Zur Schwangerschaft sei es ungewollt gekommen. Marc hat nach seiner Geburt fast ein Jahr bei seiner Mutter gelebt, die sich damals zunächst von ihrem Ehemann getrennt hatte, dann aber doch zu ihm zurückgekehrt ist. Auch weil der Ehemann der Mutter das zur Bedingung gemacht habe, sei Marc zu seinem Vater gekommen. Der Vater habe der Mutter dies nie verziehen.

Seit Marc im Grundschulalter war, meldete sich die Mutter meist nur noch zu Weihnachten und an seinem Geburtstag. Marcs Vater lernte ebenfalls eine neue Frau kennen, mit der er und Marc etwa acht Jahre zusammenlebten und mit der Marc sich gut verstand. Sie zog jedoch aus, als Marc elf Jahre alt war. Das Verhältnis zwischen Marc und seinem Vater hat sich seitdem deutlich verschlechtert. Auch Marcs Vater ist es lange Zeit psychisch nicht gut gegangen, bis heute fühlt er sich zeitweise selbst leer und erschöpft.

Marc fühlt sich von seinem Vater abgelehnt. Er habe sich schon immer wenig um ihn gekümmert und ihn gewähren lassen. Marc musste schon früh sehr selbstständig sein. Wenn es ihm schlecht ging, hat er versucht, allein klarzukommen. Sein Vater hat immer gedacht, Marc schaffe das. Die Familie hat Schulden und wenig Geld, Marcs Vater fühlt sich durch seine Arbeit und eigene Stimmungsprobleme belastet. Er macht Marc manchmal Vorwürfe und lässt ihn spüren, dass er nur wegen ihm so viel arbeiten muss. Der Vater denkt, dass Marc ihm vorwirft, dass er ohne Mutter aufwächst. Marc und sein Vater geraten über alltägliche Dinge schnell in Streit, oft gehen sie sich dann aus dem Weg.

In der Schule – er besucht die zehnte Klasse einer Gesamtschule – engagiert sich Marc sehr und erzielt gute Leistungen, auch wenn ihm das seit einiger Zeit immer schwererfällt. Wegen seiner Bauchschmerzen sowie der zunehmenden Traurigkeit und Antriebslosigkeit hatte er zuletzt einige Fehltage. Als vor zwei Monaten wieder einmal ein Streit zwischen Marc und seinem Vater eskaliert ist, wollte der Vater Marc vor die Tür setzen. Marc hat damals für zwei Wochen bei einem Freund gewohnt. Dort ist er vor Traurigkeit und Erschöpfung zusammengebrochen. Auch mit Unterstützung der Eltern seines Freundes haben Marc und sein Vater sich dann um therapeutische Hilfe gekümmert.

Laura, 15 Jahre

Für andere da sein


Die 15-jährige Laura wirkt sehr vernünftig, nachdenklich und etwas älter, als sie ist. Sie kommt mit ihrer Mutter zur Beratung. Laura erzählt, sie zweifle an ihrer Person und sehe ihre Schwächen zu sehr. Sie fühle sich „traurig und unzufrieden“ und möchte an manchen Tagen „nicht mehr leben“. Anderen Menschen gegenüber erlebt sie sich oft als unzureichend und minderwertig. Sie berichtet, dass sie nur selten das sagt, was sie möchte, und sich zu wenig traut, für ihre Ziele einzustehen. Gerade im Umgang mit Freunden habe sie Angst, etwas Falsches zu sagen und sich zu blamieren. Laura ist es schwergefallen, die Trennung ihrer Eltern zu bewältigen, danach sei ihr „Selbstbewusstsein geschrumpft“. Laura sagt, sie sei nicht sehr gesprächig und „fresse“ viel in sich hinein. Sie könne abends schlecht einschlafen und grüble viel über das, was sie am Tag nicht geschafft habe.

Laura sei ein pflegeleichtes Kind gewesen. Mit zweieinhalb Jahren ist sie in den Kindergarten gekommen, wo sie unauffällig und gut integriert gewesen ist. Nach vier Jahren Grundschule wechselte Laura in eine Gesamtschule, wo sie jetzt die neunte Klasse besucht und eine sehr gute Schülerin ist. Lauras Eltern haben sich vor fünf Jahren getrennt. Lauras sechs- und achtjährige Brüder wohnen zusammen mit ihr und der Mutter. Ihren Vater besucht Laura ein- bis zweimal im Monat mit ihren Brüdern. Die Eltern versuchen sich in der Erziehung ihrer Kinder weiter abzusprechen, geraten dabei aber schnell in Diskussionen.

Die Mutter mutet Laura viel Verantwortung für ihre beiden Brüder zu. Ein Bruder hat große Probleme in der Schule und muss gerade die erste Klasse wiederholen. Er kann sich schlecht konzentrieren, ist vorlaut und schnell trotzig. Auch zu Hause ist die Mutter in seiner Erziehung besonders gefordert. Seit der Trennung der Eltern ist Laura für ihre Mutter eine wichtige Ansprechpartnerin und Unterstützung. Sie hilft ihrer Mutter im Haushalt und hört sich ihre Probleme an. Lauras Vater ist seit zwei Jahren in psychotherapeutischer Behandlung, weil er sehr grüblerisch sei. Der Großvater und ein Cousin mütterlicherseits haben Suizid begangen. Laura hat sich in der fünften Klasse nach der Trennung ihrer Eltern von einigen Klassenkameradinnen gemobbt gefühlt. Anschließend ist sie noch lange eher für sich gewesen.

Die Mutter...

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