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Suchtprävention in der Sekundarstufe

Theoretische Grundlagen, Konzepte, Kritik, Alternativen

AutorHannes Langhammer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl190 Seiten
ISBN9783638595452
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 1,0, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Meine Arbeit hat das Ziel, das Phänomen Suchtprävention einer detaillierten Betrachtung zu unterziehen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf primärpräventiven Methoden für die Sekundarstufe. Um zu einem umfassenden Verständnis des Umfassensbereiches der Suchtprävention zu gelangen, wird vor der eigentlichen Beschäftigung mit ihr ein ausführlicher theoretischer Teil vorangestellt, welcher sich neben den wichtigsten in jugendkulturellen Szenen konsumierten Drogen auch der Jugend als Lebensphase, jugendlichem Problemverhalten sowie Erklärungsansätzen zur Entstehung von Abhängigkeit widmet. Der eigentliche Hauptteil der Arbeit, in welchem ich mich mit dem Phänomen der Prävention auseinandersetze, ist gegliedert in acht Kapitel. Im ersten Kapitel wird der Versuch unternommen, eine Definition des uneinheitlich gebrauchten Begriffes 'Prävention' zu finden. In Kapitel 2 werden einige einführende Informationen gegeben und die Suchtprävention als Teilgebiet der allgemeinen Prävention vorgestellt. Kapitel 3 untersucht die Suchtprävention in detaillierterer Weise und beschäftigt sich mit zwei ihrer Unterdisziplinen, der Primär- und der Sekundärprävention. Dabei werden jeweils die Handlungsfelder, Methoden und Zielsetzungen der beiden Disziplinen beleuchtet. Kapitel 4 unterzieht die Geschichte der Suchtprävention einer genaueren Betrachtung. Die Entwicklung der Suchtprävention wird in diesem Zusammenhang in insgesamt vier Phasen unterteilt, welche jeweils kurz umrissen werden. In Kapitel 5 geht es um das momentan aktuelle suchtpräventive Konzept der Lebenskompetenzförderung. Nach einer allgemeinen Vorstellung der wichtigsten Aspekte dieses Konzepts wird auf die ihm zugrunde liegenden theoretischen Hintergründe eingegangen. Vor der Erörterung der Evaluation der life-skills-Programme sowie ihrer Ergebnisse werden die Ziele und Inhalte sowie die Didaktik der Programme nach dem Ansatz der Lebenskompetenzförderung dargestellt. Das 6. Kapitel widmet sich der Darstellung von drei primärpräventiven Maßnahmen, die derzeit in der Sekundarstufe deutscher Schulen durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um die beiden Lebenskompetenzprogramme 'ALF' und 'Lions Quest' sowie den primärpräventiven Wettbewerb 'Be Smart - Don´t Start'. Die genannten Programme werden im Hinblick auf ihre Konzeption, ihre Inhalte, die jeweilige didaktische Ausrichtung sowie auf die Ergebnisse ihrer Evaluation untersucht. Anschließend erfolgt eine kritische Zusammenfassung der Evaluations-Ergebnisse.

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Leseprobe

2. JUGEND


 

Bevor ich mich dem eigentlichen Thema dieser Arbeit, dem Drogenkonsum unter Jugendlichen und Möglichkeiten der Prävention nähere, halte ich es für angebracht, eine kurze Betrachtung des Begriffes „Jugend“ voranzustellen. Dies dient ganz allgemein dazu, die Akteure, mit denen sich die Prävention auseinandersetzt, nämlich die Jugendlichen, zu definieren und zu einem besseren Verständnis ihrer Lebenswelt und ihres Handelns innerhalb der vielfach schwierigen Phase der Jugend zu gelangen. Darüber hinaus ist speziell das unten erläuterte Konzept der Entwicklungsaufgaben für den theoretischen Hintergrund einiger präventiver Modelle, auf welche ich weiter unten eingehen werde,  von Bedeutung.

 

Im Folgenden werde ich die Charakteristika der Lebensphase der Jugend darstellen und dabei auf die Schwierigkeiten eingehen, die von den Heranwachsenden in dieser Zeit erlebt werden. Im Weiteren werde ich kurz umreißen, welche Bewältigungsstrategien von den Jugendlichen herangezogen werden, um diesen Schwierigkeiten zu begegnen. Besonderes Gewicht werde ich auf das schon erwähnte Konzept der Entwicklungsaufgaben legen und darstellen, warum sie eine so zentrale Bedeutung während dieser Phase der Jugend einnehmen.

 

2.1 Entstehung des Begriffs der Lebensphase Jugend


 

Die Jugend als Lebensphase im heutigen Sinne entstand im Zuge des geschichtlichen Prozesses der Modernisierung. Während sich in der agrarisch geprägten Epoche der Vormoderne das Erwachsenenalter direkt an die Kindheit anschloss und alle benötigten Fähigkeiten und Kompetenzen von der Elterngeneration an die Kinder weitergegeben wurden, erforderten Entwicklungen wie die Industrialisierung und Technisierung eine sich an die Kindheit anschließende Zwischenphase, um die anspruchsvollen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die industrielle Gesellschaft zunehmend forderte, in Schule und Berufsausbildung erlernen zu können.[75] Vor allem durch die Einführung der Schulpflicht und die damit verbundene längere Freistellung der Jugendlichen vom Arbeitsleben entwickelte sich die Jugendphase für die meisten sozialen Gruppen zu einem psychosozialen Schonraum, welcher der Vorbereitung auf den Eintritt in das Erwachsenenleben und der Identitätsfindung diente.[76] Weitere Eigenständigkeit gewann die Lebensphase der Jugend in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Veränderte elterliche Erziehungsstile und die Konsequenzen der Bildungsexpansion verstärkten diesen Prozess ebenso wie die zunehmende kulturelle Autonomie der Jugendlichen und die Entstehung einer jugendspezifischen Konsum- und Unterhaltungsindustrie.[77]

 

2.2 Ausdifferenzierung der Lebensphasen


 

Neben den genannten kulturellen und ökonomischen Faktoren, welche vor allem für die Ausbildung der Lebensphase der Jugend verantwortlich sind, haben die demographischen Prozesse zu einer weiteren Ausdifferenzierung aller anderen Lebensphasen im menschlichen Lebenslauf geführt. Insbesondere ist hier auf den Anstieg der Lebenserwartung um ca. 10 Jahre während der letzten 100 Jahre zu verweisen. Die Verlängerung der Lebensspanne hat enorm zur Ausbildung neuer Lebensphasen geführt. So unterscheidet die Soziologie mittlerweile auch die Lebensphase der Jugend in das „eigentliche“ Jugendalter und das sog. „Nachjugendalter“.[78]

 

2.3 Abgrenzung der Lebensphase Jugend


 

Generell eignen sich zur Bestimmung der Lebensphase der Jugend zum einen qualitative Merkmale, zum anderen lassen sich Alterswerte heranziehen. Bei letztgenannter Möglichkeit gibt es allerdings unterschiedliche Auffassungen und Annahmen. So ist aus juristischer Perspektive ein Jugendlicher definiert als Person zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr. Mit Erreichen der Volljährigkeit erhält die Person den Status des Heranwachsenden, welcher mit Vollendung des 21. Lebensjahre endet. Demgegenüber betrachtete die 14. Shell-Studie aus dem Jahr 2002, welche sich dem Thema Jugend aus soziologischer Perspektive nähert, alle 12- bis 25-Jährigen als Jugendliche. Die UNO wiederum betrachtet Personen zwischen 15 und 25 Jahren als Jugendliche, wobei eine weitere Differenzierung nach Teenagern (13-19 Jahre) und jungen Erwachsenen (20-24 Jahre) stattfindet.[79]

 

Ergänzend ist hier noch hinzuzufügen, dass aus soziologischer wie auch aus psychologischer Perspektive eine Abgrenzung der Lebensphase Jugend von der vorhergehenden Kindheitsphase und insbesondere von der darauf folgenden Phase des Erwachsenenalters nicht eindeutig möglich ist. Für die Abgrenzung der Phase Kindheit von der der Jugend wird meist das Eintreten der Geschlechtsreife herangezogen, was sich meist zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr ereignet. Für die Abgrenzung der Phase der Jugend von der des Erwachsenenalters schlägt Schäfers folgende  Differenzierung vor:

 

1. Pubertäre Phase (13-18 Jahre): Jugendliche im engeren Sinne

2. Nachpubertäre Phase ( 18-21 Jahre): jugendliche Heranwachsende

3. Nachjugendphase (21-25 Jahre, ggf. sogar bis 30 Jahre): junge Erwachsene[80]

 

2.4 Charakteristika der Lebensphase Jugend


 

Der Begriff Jugend ist heutzutage Objekt der Forschung mehrerer Wissenschaften. Neben der Pädagogik erforscht auch die Psychologie sowie die Soziologie das Phänomen „Jugend“. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass sich trotzdem keine einheitliche Definition dieser Lebensphase finden lässt.

 

Aus psychologischer Sichtweise geht es während der Phase der Jugend vor allem um den Prozess der Individuation. Damit wird die Entwicklung einer unverwechselbaren Persönlichkeitsstruktur bezeichnet, die es dem Individuum ermöglicht, sich in seinem sozialen Umfeld selbstständig und autonom zu behaupten. In engem Zusammenhang damit steht die Ausbildung von Identität, worunter das Empfinden und Erleben situations- und lebensgeschichtlicher Kontinuität zu verstehen ist. Nur wenn ein Mensch über eine ausgeprägte Identität verfügt, sich also mit sich selbst identisch erlebt, kann er zum Handeln in unterschiedlichen Anforderungssituationen im Lebenslauf fähig sein.[81] Um Identität aufzubauen, ist es für das Individuum unumgänglich, eine Reihe von psychosozialen Krisen zu durchlaufen, welche sich nahezu zwangsläufig aus dem Aufeinanderprallen einer veränderten „inneren Realität“ und einer veränderten sozialen „äußeren Realität“ ergeben.[82]

 

Dementsprechend bezeichnet der amerikanische Psychologe Stanley Hall das Jugendalter als Phase emotionaler Belastungen, die sich aus den pubertätsbedingten, schnellen und tief greifenden körperlichen Veränderungen ergeben. Die psychische und soziale Herausforderung des Jugendalters besteht für den Heranwachsenden also darin, zu einem selbstständigen Menschen mit ausgeprägter Identität zu werden. Dieser Prozess verläuft oftmals beschwerlich und stellt jeden Jugendlichen vor diverse und individuelle Probleme.[83] Charakteristisch für die Lebensphase Jugend ist die Suche nach Sinngebung und Orientierung. Dabei kommt es zur kritischen Überprüfung des Weltbildes der Erwachsenengesellschaft und nicht selten kann dieses dem Jugendlichen keine tauglichen Antwort- und Lösungsmöglichkeiten bieten. Die sich dabei offenbarenden Defizite, Leerstellen und Widersprüche der Erwachsenwelt sind mitunter Auslöser für ausgeprägte Orientierungs- und Selbstwertkrisen.[84]

 

2.5 Entwicklungsaufgaben während der Lebensphase Jugend


 

Von größter Bedeutung während der Lebensphase Jugend ist die Bewältigung der sog. Entwicklungsaufgaben. Darunter ist ein entwicklungspsychologisches Konzept zu verstehen, welches die Umsetzung von körperlichen, psychischen und sozialen Anforderungen in individuelle Verhaltensprogramme bezeichnet. Unter einer Entwicklungsaufgabe ist demnach die Summe der psychisch und sozial vorgegebenen Erwartungen und Anforderungen zu verstehen, die an ein Individuum in  einem bestimmten Lebensabschnitt, in diesem Fall der Jugend, gestellt werden. Durch die Entwicklungsaufgaben werden für jedes Individuum in bestimmten sozialen Lebenslagen die vorgegebenen Anpassungs- und Entwicklungsprobleme, denen es sich stellen muss, definiert. Sie sind damit psychosoziale Bezugssysteme, innerhalb derer die eigene Persönlichkeitsentwicklung vorgenommen werden muss.[85]

 

Das Konzept der Entwicklungsaufgaben, welches auf den Erziehungspsychologen Havighurst zurückgeht, beschreibt die von Jugendlichen zu bewältigenden Anforderungen als Kombination von inner-biologischen (z.B. physische Reifung), soziokulturellen (z.B. kulturelle Erwartungen) und psychologischen (z.B. individuelle Bestrebungen) Einflüssen.[86] Dreher & Oerter konstatieren zum Begriff der Entwicklungsaufgaben:

 

„Die verschiedene Entwicklungsaufgaben, die Personen im Laufe ihres Lebens meistern müssen, entstehen also als Anforderungen durch besondere Konstellationen in der physischen Reife, soziokulturellen Einflüssen, und individuellen Fähigkeiten und Bestrebungen. Die Festlegung einer Aufgabe, die die Gesellschaft an...

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