Unter Aktionsparameter versteht man die einzelnen, in der Rechtsordnung fixierten bzw. aus Ihr abzuleitenden Beeinflussungsmöglichkeiten des steuerlichen Gewinnausweises.[32] Ein steuerbilanzpolitischer Aktionsparameter ist demnach ein Instrument, mit dem das Steuerbilanzergebnis einer Periode durch Aufwandsvor- oder –nachverrechnung gegenüber dem Ergebnis verändert werden kann, das sich ohne Einsatz irgendwelcher, derartiger Instrumente ergeben würde.[33] Die Aktionsparameter der Steuerbilanzpolitik können in Wahlrechte, Ermessensspielräume und Sachverhaltsgestaltungen unterteilt werden.
Wahlrechte können noch einmal in Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte unterschieden werden. Bei Bilanzierungswahlrechten stellt sich die Frage, ob ein Sachverhalt bilanziert werden soll oder nicht. Bei Bewertungswahlrechten bestehen unterschiedliche Möglichkeiten der Bewertungshöhe. Ermessensspielräume ergeben sich aufgrund nicht im Gesetz geregelter Sachverhalte beziehungsweise durch eine dem Steuerpflichtigen überlassene Entscheidungsbefugnis in Bezug auf den Sachverhalt.
Zu beachten ist auch, dass bei Erstellung der Handelsbilanz handelsrechtliche Wahlrechte und Ermessensspielräume bestehen können, die über das Maßgeblichkeitsprinzip und die Entscheidung des BFH vom 03.02.1969 gewisse Auswirkungen auf die Steuerbilanz haben. Aufgrund des bereits erwähnten Bewertungsvorbehalt in §5 Abs. 1 Satz 1 HS 2 EStG kann es jedoch sein, dass eine steuerrechtliche Spezialregelung den handelsrechtlichen Regelungen vorgezogen werden muss. Somit kann es sich entweder um handelsrechtliche, steuerrechtliche oder in beiden Rechnungslegungssystemen gültige Aktionsparameter handeln.
Im Folgenden soll untersucht werden, welche Aktionsparameter bei Personengesellschaften, Einzelunternehmen sowie bei Kapitalgesellschaften bestehen.
3.2.1.1. Aktivierung eines Disagios
Wenn der Rückzahlungsbetrag einer Verbindlichkeit höher ist als der Ausgabebetrag, liegt ein sogenanntes Disagio vor. Dieses kann durch das Wahlrecht in §250 Abs. 3 Satz 1 HGB als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen werden. Das Disagio ist durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können.[34] Alternativ kann das Disagio im Jahr der Entstehung der Verbindlichkeit direkt abgeschrieben werden. Steuerrechtlich wird aus dem Aktivierungswahlrecht ein Aktivierungsgebot.[35] Deshalb kann dieses handelsrechtliche Wahlrecht nicht als Aktionsparameter der Steuerbilanzpolitik genutzt werden.
3.2.1.2. Bildung steuerfreier Rücklagen
3.2.1.2.1. Reinvestitionsrücklage
Unter den in §6b EStG beschriebenen Voraussetzungen wird es Steuerpflichtigen möglich, durch Veräußerung von Wirtschaftsgütern aufgedeckte, stille Reserven nicht der Besteuerung zu unterwerfen. Die aufgedeckten, stillen Reserven dürfen unter genau vorgegebenen Voraussetzungen auf bestimmte Wirtschaftsgüter übertragen werden. Welche Steuerpflichtige die Möglichkeit haben, eine Reinvestitionsrücklage zu bilden, ergibt sich aus §6b Abs. 4 Satz 1 EStG. Demnach gilt diese Vorschrift für Steuerpflichtige, die Ihren Gewinn nach §4 Abs. 1 oder §5 EStG ermitteln.[36] Das heißt, sie gilt für buchführungspflichtige Einzelunternehmer, Personen- und Kapitalgesellschaften. Eine weitere Voraussetzung nach §6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG ist, dass die veräußerten Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Veräußerung ununterbrochen 6 Jahre zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört haben. Nach §6 Abs. 1 Satz 1 EStG muss ein Steuerpflichtiger gewisse begünstigte Wirtschaftsgüter veräußern und kann dann, bei im Wirtschaftsjahr der Veräußerung oder bei im vorangegangenen Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgütern, einen Betrag in Höhe bis zu des bei der Veräußerung entstandenen Gewinns abziehen. Gemäß §6b Abs. 1 Satz 1 EStG gehören zu den veräußerbaren Wirtschaftsgütern Grund und Boden, Grund und Boden mit Aufwuchs, Gebäude oder Binnenschiffe. Entsprechend ist der Abzug des Betrages gemäß §6b Abs. 1 Satz 2 EStG nur bei folgenden Wirtschaftsgütern möglich:
- Grund und Boden, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden entstanden ist
- Grund und Boden mit Aufwuchs, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Grund und Boden mit Aufwuchs entstanden ist
- Gebäude, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Gebäuden entstanden ist
- Binnenschiffe, soweit der Gewinn bei der Veräußerung von Binnenschiffen entstanden ist
Der Gewinn aus der Veräußerung errechnet sich aus der Gegenüberstellung des Veräußerungserlöses und des Buchwertes zum Zeitpunkt der Veräußerung. Das bedeutet, dass bei abnutzbaren Anlagegütern eine Abschreibung nach §7 EStG bis zum Bilanzstichtag vorgenommen werden muss. Zudem sind die Wertaufholungsvorschriften gemäß §§6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und 7 Abs. 1 Satz. 7 HS 2 EStG zu beachten.[37] Der Steuerpflichtige kann den Abzug im Jahr der Veräußerung des Wirtschaftsgutes vornehmen oder im folgenden Wirtschaftsjahr. Unterbleibt ein Abzug im Jahr der Veräußerung kann gemäß §6b Abs. 3 Satz 1 EStG eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden. Diese steuerfreie Rücklage kann nun gemäß §6b Abs. 3 Satz 2 EStG in den folgenden vier Wirtschaftsjahren bei angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgütern, welche die Voraussetzungen nach §6b Abs. 1 Satz 2 EStG erfüllen, steuerneutral in Abzug gebracht werden.
Bei neu hergestellten Gebäuden verlängert sich die Frist gemäß §6b Abs. 3 Satz 3 EStG um 2 Jahre, wenn mit der Herstellung spätestens vor Schluss des vierten, auf die Bildung der Rücklage folgenden, Wirtschaftsjahres begonnen wurde. Unterbleibt bei Ende der Frist ein Abzug, ist die steuerfreie Rücklage gemäß §6b Abs. 3 Satz 4 EStG gewinnerhöhend aufzulösen. Zusätzlich zur gewinnerhöhenden Auflösung ist der Gewinn gemäß §6b Abs. 7 EStG für jedes Wirtschaftsjahr, in dem die Rücklage bestanden hat, um sechs Prozent des aufgelösten Rücklagenbetrages zu erhöhen.
Durch die Möglichkeit stille Reserven aus dem Verkauf von bestimmten Wirtschaftsgütern auf Reinvestitionen zu übertragen, besteht ein Aktionsparameter in Rahmen der Steuerbilanzpolitik. Die Bildung einer Reinvestitionsrücklage gilt als rein steuerlich motivierter Sachverhalt und wird seit dem BilMoG nicht mehr in der Handelsbilanz ausgewiesen.
3.2.1.2.2. Umwandlungsrücklage
Im Rahmen von Umwandlungen, genauer bei Übertragung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft, kann es zu sogenannten Übernahmefolgegewinnen kommen, die durch die Vereinigung, auch Konfusion genannt, von Forderungen und Verbindlichkeiten entstehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die übertragende und die übernehmende Gesellschaft vor der Verschmelzung in schuldrechtlicher Beziehung zueinander stehen.[38]
Der Gewinn entsteht dabei regelmäßig durch unterschiedliche Wertansätze von Forderungen und Verbindlichkeiten bei der übertragenden und übernehmenden Gesellschaft. Ein solcher Übernahmefolgegewinn wäre normalerweise den Ertragssteuern zu unterwerfen. Gemäß §6 UmwStG kann dieser Gewinn allerdings in eine Rücklage umgewandelt werden. Dies ermöglicht eine zeitliche Streckung der Besteuerung des Konfusionsgewinns.[39] Da der übernehmende Rechtsträger bei Entstehung des Übernahmefolgegewinns ein Wahlrecht zur normalen Versteuerung oder aber zur Rücklagenbildung hat, besteht die Möglichkeit auch nur für einen Teil des Übernahmefolgegewinns eine Rücklage zu bilden.[40] Gemäß §6 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ist die Rücklage, in den auf Ihre Bildung folgenden drei Wirtschaftsjahren, mit mindestens je einem Drittel gewinnerhöhend aufzulösen. Die Bildung einer Rücklage ist nicht nur für die Personengesellschaft als Ganzes möglich, sondern gemäß §6 Abs. 2 Satz 1 UmwStG auch für einzelne Gesellschafter, die im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das öffentliche Register an dem übernehmenden Rechtsträger beteiligt sind.
Um den Missbrauch dieser Vorschrift zu verhindern, entfällt gemäß §6 Abs. 3 Satz 1 UmwStG die Anwendung von §6 Abs. 1 und 2 UmwStG rückwirkend, wenn der übernehmende Rechtsträger, den auf Ihn übergegangenen Betrieb innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag in eine Kapitalgesellschaft einbringt oder ohne triftigen Grund veräußert oder aufgibt. Als triftiger Grund ist dabei zum Beispiel Krankheit oder Tod des Unternehmers beziehungsweise Gesellschafters, Absinken der Rentabilität etc. anzusehen.[41]
Durch die bereits erwähnte zeitliche Streckung des Übernahmefolgegewinns ist es möglich, dieses Wahlrecht als Aktionsparameter der Steuerbilanzpolitik im...