In den letzten Jahren sind unzählige Suchmaschinen entstanden. Davon werden jedoch nur einige wenige Marktführer wirklich genutzt. Bereits Ende 2003 ergab sich aus einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung, dass über 70 % der Befragten Google als Hauptsuchmaschine nutzen.[201] In der weltweit ersten Studie zum Thema Online-Suchanfragen hat das amerikanische Marktforschungsinstitut comScore weiterhin herausgefunden, dass Internetnutzer 61 Milliarden Mal pro Monat auf Suchmaschinen zurückgreifen. Von diesen 61 Milliarden Anfragen wollen nun auch immer mehr Unternehmen profitieren.[202] Keyword-Advertising ist eine Werbemöglichkeit unter Nutzung der Funktionen von Suchmaschinen im Internet.[203] Das Keyword-Advertising stellt inzwischen einen der wichtigsten Aspekte des Online-Marketings von Unternehmen dar und fällt unter das sog. Suchmaschinenmarketing (SEM). Hierbei bucht der Werbekunde bestimmte Schlagworte (Keywords). Gibt nun ein Nutzer ein solches Schlagwort ein, erscheint beim Aufruf der Suchergebnisse die Werbeeinblendung des Kunden, überwiegend in Form eines Banners.[204]
Diese Praxis dient neben dem Verkauf von Spitzenplätzen auf der Ergebnisseite der Finanzierung der Suchmaschinen.[205] Keyword-Advertising ist im Schnitt dreimal so teuer wie normale Online-Anzeigen, ist dafür aber auch attraktiver, da über den Suchbegriff spezielle Zielgruppen angesprochen werden. Solche Fälle können bei Nichtbeachtung einiger Vorschriften, die im Folgenden näher erläutert werden sollen, entweder nach Marken- und Kennzeichenrecht oder aber nach Wettbewerbsrecht verfolgt werden.[206]
Problematisch wird eine solche Art der Werbung dann, wenn der Werbekunde als Keyword beispielsweise den Firmennamen oder die Produktbezeichnung eines Konkurrenten auswählt. Diese Vorschrift kommt erst dann zum Tragen, wenn die verwendeten Kennzeichen einen erheblichen Bekanntheitsgrad (zwischen 30 und 50 % Verkehrsbekanntheit) aufweisen.[207] Es stellt sich also die Frage, ob es markenrechtlich zulässig wäre, wenn z.B. Pepsi das Keyword „Coca Cola“, den Namen des größten Konkurrenten, bucht und ob andere Regelungen bei eher unbekannten Marken gelten. Das Landgericht Hamburg hat in einem solchen Fall, in dem die Marke eines Mitbewerbers als Keyword verwendet wurde, einen Verstoß gegen § 14 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG sowie einen Verstoß gegen § 1 UWG unter dem Aspekt der Rufausbeutung angenommen.[208]
Fehlt es an der Verwechselbarkeit der Waren oder Dienstleistungen, für die geworben wird, kommt eine Markenverletzung allerdings von Anfang an nicht in Betracht. Eine Ausnahme gilt bei notorisch bekannten Marken, wie z.B. CocaCola oder Nike. Hier kann eine Markenverletzung auch dann vorliegen, wenn die Werbung für ganz andere Dienstleistungen oder Waren erfolgt, als für die die geschützte Marke Schutz genießt.[209] Wer eine fremde Marke als Keyword bei Google AdWords verwendet, muss generell darauf achten, dass dadurch nicht der Eindruck entsteht, es bestehe eine wirtschaftliche Beziehung zu dem Markeninhaber. Das letzte Wort zum Thema Keyword Advertising haben die Gerichte bislang noch nicht gesprochen. Einige Gerichte, so z.B. die Oberlandesgerichte Stuttgart, München und Braunschweig, sehen in der Angabe fremder Marken als Keywords eine markenmäßige Benutzung und somit einen Verstoß gegen das Markenrecht. Es mache keinen Unterschied, ob die Anzeigen räumlich von den Suchergebnissen abgesetzt seien. Auch bestehe eine Verwechslungsgefahr, da der Nutzer, der aufgrund der Eingabe des Markenbegriffs eigentlich Treffer des Markeninhabers erwarte, auf eine falsche Unternehmenswebsite geführt wird. Ihm mag sich erschließen, dass die Anzeige bezahlt sei, aber eben nicht sofort, dass sie nicht von dem Markeninhaber geschaltet sei.[210] Andere Gerichte, wie z.B. das OLG Düsseldorf, das OLG Köln und das Kammergericht Berlin, sehen hingegen in der Verwendung fremder Marken in Keywords keine Markenverletzung. Durch den Hinweis „Anzeigen“ und die grafische Absetzung der AdWords-Anzeige von der Suchergebnisliste werde auch dem unerfahrenen Internetnutzer hinreichend deutlich gemacht, dass der fragliche Anbieter ein Anzeigenkunde und nicht das gesuchte Unternehmen sei.[211] Der EuGH ist der Auffassung, dass der Inhaber einer Marke der Benutzung eines mit dieser Marke identischen Zeichens nur widersprechen kann, wenn die Benutzung eine der Aufgaben der Marke beeinträchtigen kann, wobei sich dies nicht nur auf die Hauptfunktionen der Herkunft, sondern auch auf weitere Zwecke wie Sicherstellung der Qualität, Werbefunktion etc. bezieht.[212] Hierbei ist wiederum zu beachten, dass „die herkunftsweisende Funktion der Marke [dann] beeinträchtigt [ist], wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem […] Dritten stammen.“[213] Laut EuGH stellt es also eine Beeinträchtigung der herkunftsweisenden Funktion einer Marke und somit eine Markenrechtsverletzung gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG dar, ein Keyword eines Konkurrenten ohne wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Gefahr der Verwechslung zu verwenden.
Wer mit fremden Marken werben möchte, sollte die aktuelle Rechtsprechung also stets beobachten und mögliche Folgen im Rahmen einer Risikobewertung abschätzen, um keinen Verstoß gegen das Markengesetz zu begehen.[214] In der Entscheidung vom 13.01.2011 zum Fall „bananabay“ hat der BGH nunmehr zu den zwischen den Oberlandesgerichten streitigen Frage Stellung bezogen.
BGH, Urteil vom 13.01.2011, I ZR 125/07
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt unter der Internet-Adresse "www. bananabay. de" Erotikartikel. Sie ist Inhaberin der für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen eingetragenen nationalen Wortmarke "Bananabay". Die Beklagte vertreibt in ihrem Internet-Shop unter der Adresse www. eis.de/erotikshop ein vergleichbares Angebot. Die Beklagte verwendete dabei die Bezeichnung "bananabay" als Schlüsselwort (Keyword), um eine vom Suchmaschinenbetreiber Google eröffnete Möglichkeit zur Werbung auf einem auf einer Internetseite erscheinenden Werbeplatz (AdWord-Anzeige) zu nutzen. Bei der Eingabe des Wortes "bananabay" in die Suchmaske bei Google zeigte sich bis zum 26. Juli 2006 folgende Anzeige:
Erotikartikel für 0,00 € Rabattaktion bis 20. 07. 2006!
Ersparnis bis 85 % garantiert www. eis.de/erotikshop
Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG angenommen. Es ist – wie bereits das Landgericht – von der Benutzung eines mit der Marke der Klägerin identischen Zeichens für identische Waren und/oder Dienstleistungen ausgegangen.
Entscheidungsgründe:
Gibt ein Dritter ein mit einer Marke identisches Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers einem Suchmaschinenbetreiber gegenüber als Schlüsselwort an, damit bei Eingabe des mit der Marke identischen Zeichens als Suchwort in die Suchmaschine ein absatzfördernder elektronischer Verweis (Link) zur Website des Dritten als Werbung für der Gattung nach identische Waren oder Dienstleistungen in einem von der Trefferliste räumlich getrennten, entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint (Adwords-Werbung), liegt darin keine Benutzung der fremden Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a MarkenRL, § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn die Anzeige selbst weder das Zeichen noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder auf die von diesem angebotenen Produkte enthält, der angegebene Domain-Name vielmehr auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist.
Mit einer weiteren Entscheidung vom 13.12.2012 hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung zum Keyword-Advertising weiter gefestigt. Die Verwendung fremder Marken im Rahmen des Keyword-Advertising in Suchmaschinen stellt dem Grundsatz nach sowohl marken- als auch wettbewerbsrechtlich – unter Einhaltung der oben aufgeführten Kriterien – keinen Rechtsverstoß dar.[215]
Grundsätzlich ist das Keyword Advertising nicht wettbewerbswidrig, solange die Schlüsselwörter in einem sachlichen Zusammenhang mit der Unternehmenshomepage stehen. Das Keyword-Advertising kann aber gelegentlich wegen Herkunftstäuschung, Rufausbeutung oder Behinderung im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 10 UWG wettbewerbswidrig sein. Wählt z.B. der Betreiber...