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E-Book

Ali

Ein Leben

AutorJonathan Eig
VerlagDeutsche Verlags-Anstalt
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl704 Seiten
ISBN9783641172176
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Das schillernde Leben der Boxlegende ganz neu erzählt
Muhammad Ali - drei Mal unumstrittener Boxweltmeister - ist eine der schillerndsten Figuren des 20. Jahrhunderts, seine Geschichte verknüpft mit den großen politischen und kulturellen Konflikten seiner Zeit. Für viele ist er ein Symbol für den Kampf für Freiheit und gegen Unterdrückung. Dem Menschen hinter dieser Heldensaga sind wir jedoch nie nahe gekommen.

Der Bestsellerautor und Sportlerbiograph Jonathan Eig erzählt dieses außergewöhnliche Leben auf der Basis bisher unbekannter Quellen noch einmal neu. Der »echte Ali« war Pazifist und Boxer, Muslim und treuloser Ehemann, ein Schwarzer, der zum Symbol für den Kampf gegen Rassismus aufstieg, aber seinesgleichen demütigte - ein Leben voller Brüche und Widersprüche.

Mit Bildteil

Jonathan Eig, geboren 1964, ist Journalist und Bestsellerautor. Er schreibt als Reporter für Sonderthemen für das Wall Street Journal, zuvor war er unter anderem für die New York Times und Esquire tätig, als Autor verfasste er Bücher über die Baseballstars Jackie Robinson und Lou Gehrig - für die New York Times eines der besten Sportbücher überhaupt - sowie über Al Capone und die Erfindung der Antibabypille. Zuletzt erschien bei DVA seine Biographie von Muhammad Ali unter dem Titel »Ali. Ein Leben«. Sein Buch über Martin Luther King, die erste große Biografie des einflussreichen Bürgerrechtlers seit 30 Jahren, wurde bei Erscheinen in den USA begeistert aufgenommen, stieg direkt auf die Bestsellerliste der New York Times ein und wurde u.a. als »definitive Biografie des legendären Vordenkers« (Esquire) mit »der erzählerischen Kraft eines Thrillers« (The Washington Post) hochgelobt. Jonathan Eig lebt mit seiner Familie in Chicago.

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Leseprobe

Vorwort

Miami, 1964

Erste Runde. Der Herausforderer: Cassius Clay


Ein langer schwarzer Cadillac gleitet an vom Wind bewegten Palmen entlang und hält vor dem Surfside Community Center.001 Die Nachmittagssonne spiegelt sich in den chromblitzenden Stoßstangen des Wagens. Cassius Clay steigt aus. Er trägt eine maßgeschneiderte Jeansjacke und schwenkt einen dandyhaften Gehstock.002

Er prüft, ob ihn irgendjemand bemerkt hat.

Noch nicht.

Er ruft: »Ich bin die größte Attraktion der Geschichte! Ich bin der König!«003

Clay ist groß, sieht verblüffend gut aus, und er hat ein unwiderstehliches Lächeln. Von ihm geht eine starke Kraft aus, er zieht die Menschen rasch in seinen Bann. Hupen ertönen. Auf der Collins Avenue halten die Autos an. Frauen lehnen sich aus Hotelfenstern und rufen seinen Namen. Männer in Shorts und junge Frauen in engen Hosen rotten sich zusammen, weil sie den prahlerischen Boxer sehen wollen, von dem sie schon so viel gehört haben.004

»Schwebe wie ein Schmetterling! Stich wie eine Biene!«, ruft er. »Kämpfe, junger Mann, kämpfe! Ahhhh!«005

Die Zuschauermenge wächst an, schließlich trifft der Polizeichef ein und versucht, Clay von der Straße wegzulotsen, zu einem Parkplatz, wo der Aufruhr vielleicht nicht ganz so groß ausfallen würde. Ein Pressefotograf nimmt Clay ins Visier, aber der lächelt jetzt nicht, sondern öffnet nur den Mund weit zu einem pantomimischen Schrei. Er deutet mit der Linken einen Jab an, den er nur wenige Zentimeter vor der Kamera abstoppt.

»Ich bin hübsch und bewege mich blitzschnell«, sagt er in seinem sanften Kentucky-Akzent. »Ich bin erst 22 und werde eine Million Dollar verdienen!«006

Zweite Runde. Der Champion: Sonny Liston


Sonny Listons Linke ist ein Rammbock, die Rechte ein Vorschlaghammer. Bum! Bum! Bum! Bum! Er drischt so hart auf den schweren Sandsack ein, dass die Wände wackeln und die Hände des Sportreporters hüpfen, während sie blumige Synonyme für »furchterregend« auf dem Notizblock festhalten.

Liston ist der härteste Boxer seit mehr als einer Generation, seine Fäuste haben einen Umfang von 38 Zentimetern, und sein Brustkorb sieht aus wie die Vorderfront eines M4-Sherman-Panzers. Er ist furchtlos und bösartig. Kostprobe? Einmal legte er sich mit einem Polizisten an, schlug den Cop bewusstlos, griff sich dessen Pistole, hob den reglosen Körper vom Boden auf und legte ihn in einer Seitenstraße ab. Dann spazierte er lächelnd davon, mit der Polizistenmütze auf dem Kopf.

Liston besiegt seine Gegner nicht nur; er bricht sie, beschämt sie, lässt ihnen keine Ruhe, so dass sie noch in ihren Träumen versuchen, seinen Schlägen auszuweichen. Sonny Liston ist Amerikas Fluch. Er ist die schwarze Bedrohung, die weißen rassistischen Stereotypen entsprungen ist. Und das gefällt ihm so.

»Es muss Gute und Böse geben«, lautete sein Spruch, der den Lauf der Welt mit einem Cowboyfilm verglich. »Die Bösen sollen verlieren. Das werde ich ändern. Ich werde siegen.«007

Als Liston erfährt, dass der junge Mann, gegen den er demnächst um den Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen kämpfen wird, draußen vor dem Community Center, in dem er selbst trainiert, für Aufsehen sorgt, geht er hinaus. Er tritt ins Sonnenlicht, um den Unruhestifter zu stellen. Er wischt die ausgestreckten Hände der Fans beiseite und nähert sich Cassius Clay fast bis auf Schlagdistanz.008

Liston hält inne und lächelt.

»Clay ist nur ein kleiner Junge, der eine Abreibung braucht«, sagt er zu einem Reporter.009

Dritte Runde. Der Geistliche: Malcolm X


In einem beengten Hotelzimmer in der Nähe des John F. Kennedy Airports in New York erzählt der 38-jährige Malcolm X bis in die Nacht hinein einem Reporter seine Lebensgeschichte.010 Malcolm ist ein großer, sehr schlanker Mann mit ausgeprägten Backenknochen. Er trägt eine Hornbrille. Selbst wenn er lächelt, zeigt er einen ernsten Gesichtsausdruck.

Malcolm geht im Zimmer hin und her, während er diktiert, er setzt sich nur, um Notizen auf Servietten zu kritzeln. Mit der Niederschrift seiner Autobiografie kann er nicht bis ins hohe Alter warten. Erst vor Kurzem hat ihn die Nation of Islam suspendiert, wegen Ungehorsams gegenüber Elijah Muhammad, dem Führer der radikalen Gruppe, und Malcolm weiß noch nicht, ob er jemals in ihre Reihen zurückkehren wird. Elijah Muhammad hatte seine Geistlichen erst vor wenigen Monaten angewiesen, keine Kommentare zur Ermordung Präsident Kennedys abzugeben, aus Respekt vor einem Land, das in Trauer war, aber Malcolm hatte sich nicht zurückgehalten und stattdessen erklärt, der Mord sei eine natürliche Folge der von den Vereinigten Staaten in Vietnam, im Kongo und auf Kuba ausgeübten Gewalt. Malcolm hatte gesagt: »Ich komme selbst vom Land. Wenn die Hühner in den Stall zurückkehrten, war das kein Grund zur Trauer; im Gegenteil, es hat mir immer Freude bereitet.«011 Es gibt noch andere Probleme, andere Kräfte, die einen Keil zwischen Malcolm und seinen Lehrmeister treiben. Malcolm hat erfahren, dass Elijah mit jungen Frauen, die für die Nation of Islam arbeiteten, mehrere Kinder gezeugt hatte. Malcolm hat anderen Mitgliedern der Organisation vom enttäuschenden Verhalten ihres Führers erzählt. Elijah Muhammad ist inzwischen außer sich vor Zorn, und Gerüchte, nach denen er Malcolm X am liebsten tot sehen würde, sind bis nach New York gedrungen.

Malcolm X ist ein Überlebender. Er hat die Armut überlebt, das Gefängnis, Messerstechereien. Und er hat vor, auch diese Geschichte zu überleben.

Und hier beginnt er seinen Kampf ums Überleben: in einem Hotelzimmer in Flughafennähe, bei der Arbeit an seiner Autobiografie, weil Worte Macht verleihen. Und Malcolm wird es nicht zulassen, dass Elijah Muhammad oder J. Edgar Hoovers Federal Bureau of Investigation oder die von Weißen kontrollierten Nachrichtenmedien oder irgendjemand sonst ihn mit ihren Worten definieren. Er wird das mit seinen eigenen Worten tun, in seinem eigenen Bekenntnis, zu seinen eigenen Bedingungen. In Amerika bahnt sich eine große Revolution an. Die bis in diese Zeit vorherrschenden Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen stehen in der Kritik, und das mit einer Heftigkeit, wie man sie seit dem Bürgerkrieg nicht mehr erlebt hat. Schwarze Männer und Frauen lehnen sich auf und kämpfen um die Macht.

Malcolm verlässt das Hotel um zwei Uhr morgens, um nach Hause zu fahren, nach Queens.012 Ein FBI-Agent beschattet ihn auf Schritt und Tritt. Noch am gleichen Tag gehen Malcolm, seine Frau und ihre drei Töchter gemeinsam an Bord eines Flugzeugs, um ihren ersten gemeinsamen Familienurlaub überhaupt anzutreten. Auch das gehört zu Malcolms Plan. Er möchte der ganzen Welt zeigen, dass er kein Bomben werfender Irrer ist, sondern ein Familienvater, ein Ehemann, ein Diener Gottes, der glaubt, dass Amerika sich reformieren kann und muss.

Als das Flugzeug in Miami landet, steht ein Wagen bereit, um Malcolm und seine Familie zu ihrem ausschließlich Schwarzen vorbehaltenen Motel in Miami Beach zu bringen. Nach Angaben eines FBI-Informanten ist der Fahrer dieses Wagens Cassius Clay.013

Vierte Runde. Der Herausforderer: Cassius Clay


Clay brüllt, als wäre er von Dämonen besessen: »Du hast keine Chance, keine Chance, mich zu schlagen, und du weißt das!«014

Es ist der Morgen des Kampftages, und für die Boxer ist es Zeit, vor die Presse zu treten, ihre mächtigen Körper vorzuführen und zur Überprüfung ihres Gewichts auf die Waage zu steigen. Im Raum riecht es nach Zigarettenrauch, nach Körperausdünstungen und nach billigem Parfüm. Die Reporter haben noch nie einen Berufssportler zu sehen bekommen, der sich so unprofessionell benimmt. Einige von ihnen sagen, Clay habe den Verstand verloren, aus Angst vor Sonny Liston sei er übergeschnappt.

Alle in diesem Raum anwesenden Personen reden, aber Clay ist der Lauteste von allen.

»Keine Chance! Keine Chance!«, schreit er und ignoriert dabei die Offiziellen, die ihm eine Strafe androhen, wenn er nicht den Mund hält. Clay lässt sich, wie Malcolm X, von niemandem sagen, was er zu tun hat. Er wird sich über jede Wahrscheinlichkeit und die Erwartungen aller hinwegsetzen, die versuchen sollten, ihn zu kontrollieren oder auszubeuten.

Clay weist auf Liston und sagt, er sei jetzt gleich zum Kampf gegen den Champion bereit, in diesem Augenblick, ohne Handschuhe, ohne Ringrichter, ohne zahlende Zuschauer, Mann gegen Mann. Sein Gesichtsausdruck zeigt nicht den geringsten Anflug von Humor. Er legt seinen weißen Frotteemantel ab und enthüllt dabei einen großen, schlanken, braunen Körper, die Bauch- und Brustmuskeln sind deutlich konturiert. Er macht Anstalten, sich auf Liston zu stürzen, aber einige seiner Begleiter packen zu und halten ihn zurück.

Vielleicht ist Clay gar nicht verrückt. Vielleicht weiß er instinktiv oder aufgrund der Erfahrungen eines Heranwachsenden mit einem handgreiflichen, gewalttätigen Vater, dass Angst zu zeigen das Schlechteste ist, was man tun kann, wenn man bedroht wird.

»Ich bin der GRÖSSTE!«,...

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