KAPITEL 1
Warum Edelmetall-Investments in jedes Depot gehören
»Das Verlangen nach Gold, ist nicht jenes nach Gold. Es ist zum Zwecke von Freiheit und Wohlfahrt.«
Ralph Waldo Emerson, US-amerikanischer Philosoph (1803 – 1882)
Gold ist schön, Gold ist begehrt, Gold zeugt von Wohlstand. Das mag für viele Menschen Grund genug sein, Gold anzuhäufen. Aber reichen diese Gründe aus, um die Geldanlage in Gold sachlich zu rechtfertigen? Nein. Wer sich mit dem Gedanken trägt, einen Teil seines Vermögens in Gold oder andere Edelmetalle zu investieren, der sollte sich zunächst Gedanken dazu machen, warum dies sinnvoll sein könnte.
Es gibt gute Gründe, die dafür sprechen, einen Teil Ihres Vermögens in Edelmetalle zu stecken. Aber es gibt auch häufig angeführte Gründe, die zumindest zweifelhaft sind. Zudem passt ein Edelmetall-Investment nicht zu jedem Anleger und nicht zu jeder Lebenssituation, in der Sie sich als Interessent womöglich befinden. Am Anfang geht es also darum, die Motivation für den Kauf von Gold, Silber, Platin & Co. zu klären und zu überlegen, wann ein Edelmetall-Investment für Sie in Frage kommt.
GRUND 1: EDELMETALLE ALS SCHUTZ VOR INFLATION
Eines der wichtigsten Motive, sich Edelmetalle in den Tresor zu legen, ist sicherlich der Schutz vor Inflation. Als Inflation wird der schleichende Wertverlust einer Währung bezeichnet, ganz gleich, ob es hier um den Euro, den US-Dollar, den Schweizer Franken oder den chinesischen Yuan geht. Oder anders gesagt: Es steht zu befürchten, dass 100 Euro heute gemessen an ihrer Kaufkraft weitaus mehr wert sind als 100 Euro in fünf, zehn oder 20 Jahren. Eine leichte Inflation lässt sich unter normalen Umständen gut verkraften, zumal die Guthabenzinsen, die Sie auf der Bank für Ihre Einlagen bekommen, im Regelfall deutlich über der Inflationsrate liegen. Allerdings herrschen im Euro-Raum längst keine normalen Zeiten mehr.
Inflationsgefahr im Euro-Raum: die Ursachen
Die Schuldenkrise diverser Euro-Länder hat die Einheitswährung der europäischen Länder massiv geschwächt. Die Europäische Zentralbank (EZB), zu deren Aufgaben eigentlich der Erhalt der Währungsstabilität gehört, hat unter ihrem Präsidenten Mario Draghi dieses ursprüngliche Ziel aus den Augen verloren. Pleite-Staaten vor dem endgültigen Zusammenbruch zu retten und mit billigem Geld die Wirtschaft anzukurbeln, ist der EZB weitaus wichtiger als der Werterhalt des Euro. Das Nachsehen haben durch diese Geldpolitik die Sparer und Anleger – und somit die ganz normalen Menschen auf der Straße. Gleich drei Maßnahmen der EZB heizen die Inflation an:
- Leitzins: Seit März 2016 beläuft sich der Leitzins in der Euro-Zone auf 0,00 Prozent. Und da sich dieser Leitzins meist unmittelbar auf die Kreditkonditionen niederschlägt, heißt das: Schuldenmachen ist so günstig wie nie zuvor. Egal ob Staaten, Unternehmen oder Privatleute: Sie borgen sich zu ultraniedrigen Zinsen Geld – und diese Kredite und Anleihenemissionen erhöhen die Geldmenge, die ohnehin schon im Umlauf ist. Die Wirtschaftsleistung steigt dadurch aber keinesfalls in dem Maße an wie die Geldmenge, was historisch meistens zu einer Preissteigerung geführt hat. Eine gefährliche Situation!
- Strafzinsen für Banken: Will eine Geschäftsbank aktuell nicht benötigtes Geld vorübergehend bei der EZB parken, dann zahlt sie derzeit Strafzinsen. Auch das zwingt die Banken, nur ja kein Geld zu horten, sondern es in Form von Darlehen möglichst rasch und umfassend an Unternehmen, Häuslebauer und Verbraucher auszuzahlen.
- Anleihenkäufe durch die Zentralbank: Die EZB kauft seit März 2015 in massivem Umfang Anleihen von Euro-Staaten und Unternehmen. Auf Neudeutsch nennt sich dieses Kaufprogramm »Quantitative Easing« und soll noch einige Zeit andauern. Konkret bedeutet dies: Die EZB zahlt gutes Geld für teils marode Staats- und auch Unternehmensschulden, deren Rückzahlung teilweise höchst ungewiss ist. 60 bis 80 Milliarden Euro pro Monat steckt/e sie in den Anleihenkauf. So leicht lassen sich Schulden in Barmittel umwandeln. Genauso gut hätte die EZB die Euro-Banknotenpresse direkt anwerfen können; die Wirkung ist die gleiche: Die Euro-Zone wird mit Geld geflutet, das buchstäblich aus dem Nichts geschaffen wird.
Zu dem Zeitpunkt, an dem dieses Buch fertiggestellt wurde, war noch nicht absehbar, ob die EZB ihre ultralockere Geldpolitik irgendwann beenden würde. Die US-Notenbank Fed hat mit ersten vorsichtigen Leitzinserhöhungen den Ausstieg aus der Nullzinspolitik eingeleitet. Ob die EZB es ihr in absehbarer Zeit nachmacht, sei dahingestellt. Aber ob es bald so kommt oder nicht: Mit einer Inflationsgefahr müssen Sie stets rechnen. Über die Hintergründe erfahren Sie im nächsten Abschnitt mehr.
Inflation bei modernen Währungen jederzeit möglich
Womöglich haben Sie aufgrund der bisherigen Ausführungen den Eindruck bekommen, eine Geldmengen-Ausweitung sei vor allem ein aktuelles Problem im Euro-Raum. Das ist aber keineswegs so. Geldschöpfung, also die Ausweitung der Geldmenge, und die damit einhergehende Inflationsgefahr kann immer und überall passieren.
Um Belege für diese Behauptung zu finden, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit: Immer wenn sich die Staaten verschuldet haben - vorzugsweise für Rüstungsindustrie und Kriegsführung - haben deren Regierungen versucht, den Schuldenberg durch übermäßige Inflationierung zu verringern. Denn bei einer Inflation werden die Schulden kleiner. Die Zeche bezahlen muss der Bürger, der sich für sein vorhandenes, zum Teil mühsam verdientes und angespartes Geld plötzlich weitaus weniger kaufen kann als vorher. Möglich ist eine solche Inflationierung immer dann, wenn eine Währung nicht durch Gold gedeckt ist und folglich keinen Anspruch auf Herausgabe einer bestimmten Goldmenge begründet.
Tatsache ist: Die heutigen Währungen sind praktisch allesamt nach einem Muster gestrickt, die eine Geldmengen-Ausweitung leicht macht. Seit dem Ende des Bretton-Woods-Abkommens 1971 gibt es dies- und jenseits des Atlantiks keine goldgedeckte Währung mehr. Euros, US-Dollars, Schweizer Franken oder Norwegische Kronen lassen sich zu jeder Zeit beliebig vermehren. Und sobald ein Staat oder Staatenverbund – siehe Euro! – vor Schulden nur so strotzt, werden die Mächtigen die Notenpresse anwerfen und Inflation herbeiführen oder diese zumindest billigend in Kauf nehmen, um das Schuldenproblem auf elegante und von den Bürgern scheinbar unbemerkte Weise zu lösen. So macht es aktuell nicht nur die Europäische Zentralbank, sondern seit Jahren und Jahrzehnten auch die US-Notenbank Federal Reserve. Der Kaufkraftverlust kommt schleichend. Das heißt allerdings nicht, dass seine Auswirkungen harmlos wären.
Die Folgen einer Inflation: Wie hoch der Kaufkraftverlust ausfällt
Wie wirkt sich Inflation aus? Sonnenklar ist: Je höher die Inflationsrate (in Deutschland auch »Verbraucherpreisindex« genannt) und je länger der Zeitraum, der verstreicht, desto größer ist der Kaufkraftverlust. Dieser trifft vor allem jene hart, die ein großes Geldvermögen angehäuft haben. Tabelle 1.1 zeigt, welche Kaufkraft bei einer Summe von 1000 Euro noch übrig bleibt, wenn die entsprechende Inflation (in Prozent) herrscht und eine bestimmte Anzahl von Jahren vergangen ist.
3 Prozent | 5 Prozent | 8 Prozent | 10 Prozent | 15 Prozent | 20 Prozent |
2 Jahre | 942,60 Euro | 907,03 Euro | 857,34 Euro | 826,45 Euro | 756,14 Euro | 694,44 Euro |
4 Jahre | 888,49 Euro | 822,70 Euro | 735,03 Euro | 683,01 Euro | 571,75 Euro | 482,25 Euro |
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