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E-Book

Täterin: Kindesmutter

Von der Verdrängung eines Elternteils

AutorVera Krug von Einem
VerlagRuhland Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl190 Seiten
ISBN9783885091615
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Wenn die Eltern sich trennen, soll das Kindeswohl im Vordergrund stehen - eine Maßgabe für die Rechtsprechung. Doch wie oft werden die Belange der Kinder nicht wirklich beachtet? Wie oft geht es lediglich darum, dass ein Elternteil seine Belange über den anderen hinwegsetzt - zu Lasten der Kinder? Kinder sind die Opfer. Sie werden nicht gefragt. Und oftmals werden gerade die Väter ins Abseits gedrängt und gesunde Bindungen zerstört - 'von Rechts wegen'. In ihren aufwühlenden Scheidungs-und Trennungsgeschichten gibt Vera Krug von Einem einen klugen und fundierten Einblick in die Praxis des Familienrechts, in die Schieflage der gegenwärtigen Normen und in die harsche Wirklichkeit, in der sich viele Trennungskinder wiederfinden. Ein drängender Appell für einen neuen Blick auf die Bedürfnisse von Trennungskindern.

Vera Krug von Einem (Jahrgang 1954) ist Fachanwältin für Familienrecht und Mediatorin. Sie ist verheiratet und als Rechtsanwältin für Familienrecht in Göttingen tätig.

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Leseprobe

Knecht gegen Knecht
– Die unendliche Geschichte

Herr Knecht* ist begeistert, als ich ihm mitteile, dass ich seine Geschichte aufschreiben möchte. Bald nachdem ich das Mandat übernommen hatte, wandte er sich bereits an verschiedene Fernsehsender mit der Bitte, seinen Fall an die Öffentlichkeit zu bringen. Leider erhielt er nur Absagen – zu viele Bewerber, so lautete meistens die Antwort. In der Tat: der Fall Knecht ist leider kein Einzelfall.

Mein Bericht beginnt vor zwei Jahren. Herr Knecht überlässt mir zwei dicke Leitzordner, alles sauber abgeheftet nach Jahren, die ganze Geschichte, an der ich nicht von Anfang an beteiligt bin.

Den Aufzeichnungen entnehme ich, dass sich seine Ehefrau im Jahr 1998 das erste Mal von ihm trennt; beide haben einen gemeinsamen 2-jährigen Sohn, nun ist Frau Knecht wieder schwanger. Sie kehrt dann doch zu ihrem Mann zurück und bringt ihren zweiten Sohn zur Welt, trennt sich aber schon kurz darauf erneut und wendet sich im Frühjahr des Jahres 2000 an das Jugendamt. Damit beginnt die lange Geschichte, leider mit traurigem Ausgang.

Herr Knecht wohnt in einer nahen Kleinstadt und könnte jederzeit seine beiden Kinder zu sich holen – doch schon beim ersten Gespräch macht Frau Knecht dem Mitarbeiter des Jugendamtes unmissverständlich klar: Sie ist absolut nicht damit einverstanden, dass die Kinder den Vater besuchen, und sie hat Angst, dass der Vater die Kinder nicht zurückbringen wird.

Diese von vielen Müttern immer wieder vorgeschobenen Unterstellungen, die sogar so weit gehen, dass der Vater das Kind ins Ausland entführen könnte, sind bekannt. Unterstellungen dürfen aber nicht dazu führen, dass das Jugendamt einen Umgang nur im Umfeld der Kindesmutter vorschlägt – und das, ohne den gesamten Sachverhalt geprüft zu haben.

Es kommt oft vor, dass Beziehungen derart zerrüttet sind, dass ein Zusammentreffen der Eltern nicht mehr möglich ist. Es ist dann unzumutbar, dass der Kindesvater in die Wohnung der Mutter geht, um dort mit seinen Kindern zu spielen. In vielen Fällen ist die Wohnung auch gar nicht groß genug, als dass der Kindesvater nicht ständig durch die Gegenwart der Mutter in seinem freien Umgang mit den Kindern gestört würde. Auch sind es häufig die getrenntlebenden Ehefrauen, die mit dem Mann nichts mehr zu tun haben wollen. Und oft sind die Eltern auch nicht in der Lage, Probleme, die zur Zerrüttung der Beziehung geführt haben, während der Besuchskontakte außen vor zu lassen.

Schon sehr früh fühlt sich Herr Knecht in die Enge getrieben. Aber erst einige Zeit später werde ich auch Frau Knecht kennenlernen und dann auch besser durschauen, wie geschickt sie es versteht, ihr eigenes Verhalten zu rechtfertigen und das des Ehemannes in Misskredit zu bringen. So finde ich auch in den Unterlagen, dass nach Frau Knechts Aussage Herr Knecht sie bei einem Umgangstermin heimlich gefilmt und Gespräche mit dem Tonbandgerät aufgezeichnet habe; als sie dies bemerkte, habe sie ihm die Kamera entrissen, woraufhin Herr Knecht seine Ehefrau in die Wohnung gestoßen und heftig verprügelt habe.

Herr Knecht ist ein ausgesprochen sympathischer junger Mann, nicht viel größer als ich – und ein begeisterter Fußballspieler. Er trainiert die Jugend und spricht begeistert davon, dass auch seine Söhne sicherlich einmal gute Fußballspieler werden würden; er habe jetzt schon mit seinem inzwischen 3-jährigen Sohn ein bisschen mit dem Ball gespielt.

Sehr schnell erreiche ich die Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung, in dem sich die Parteien vergleichsweise einigen. Herr Knecht darf danach seine beiden Kinder alle 14 Tage sehen, jeweils acht Stunden am Samstag und am Sonntag. Allerdings habe ich nicht erreichen können, dass die Kinder ihren Vater bei ihm zu Hause besuchen dürfen.

Der Umgang soll im nahen Eichsfeld* stattfinden, am Wohnort der Mutter. Anderenfalls hätten die Kinder beim Vater übernachten müssen, was die Mutter nicht zulassen will, doch eine Begründung dafür, die man hätte nachvollziehen können, gibt sie nicht.

Was bedeutet das aber für den Vater? Jedes Mal muss er sich etwas überlegen, das er mit den Kindern unternehmen kann, denn Verwandte oder Freunde, bei denen er sich gerade bei schlechtem Wetter mit den Kindern hätte aufhalten können, hat er dort nicht.

Umgang – der Eventpapa

In der Praxis ist die Durchführung einer auf diese Weise getroffenen Vereinbarung nicht ganz einfach. Was unternimmt der Vater während der ihm gewährten Zeit mit den Kindern? Hält er sich mit ihnen weder in seiner eigenen noch in der Wohnung der Kindesmutter auf, so wird er bei schönem Wetter mit den Kindern draußen spielen können. Aber wie lange? Auch wird er mit ihnen essen gehen – finanziell nicht für jeden Vater einfach.

Und was, wenn es regnet? Gibt es in der Nähe eine Kinder-Erlebniswelt, dann kann man sich stundenlang mit den Kindern dort aufhalten. Das Ergebnis: aus dem Vater wird nun ein sogenannter „Eventpapa“. Am „Papatag“ ist dann immer etwas los, man geht ins Kino, ins Spieleparadies, in den Zoo, immer unternimmt man irgendwelche Abenteuer. Das normale häusliche Leben, wie es Kinder in einer intakten Familie erleben, ist nicht mehr möglich.

Ist es verwunderlich, dass die Kinder dann vollkommen aufgedreht nach Hause kommen?

Wie oft hört man, dass sich Mütter darüber beschweren, dass es einige Tage dauert, bis sie die Kinder wieder „auf Linie haben“; die Kinder sind unfolgsam, nervös oder stellen Ansprüche, die die Kindesmutter nicht erfüllen kann – hat doch der Vater zum Kino eingeladen, Pommes Frites oder Fischstäbchen spendiert oder mit ihnen auf dem Abenteuerspielplatz getobt. Zu Hause dagegen verlangt die Mutter, dass die Kinder im Haushalt helfen, ihr Zimmer aufräumen und ihre Schulaufgaben machen.

Ein neuer Konflikt ist vorprogrammiert.

Es vergehen vier Monate, seit ich für meinen Mandanten den Vergleich geschlossen habe, da meldet er sich aufgeregt in meinem Büro. Er berichtet mir, dass seine Frau sich mit beiden Kindern in einer Mutter-Kind-Kur aufhalte. Dabei sei es zu einem schweren Unfall gekommen.

Mein Mandant zeigt mir ein Schreiben des Mutter-Kind-Heims: „Im Hinblick auf den Unfallhergang möchte ich betonen, dass zum Zeitpunkt des Unfalls keine Mitarbeiter des Hauses im Restaurant waren. Ihre Frau hat andere Kurpatientinnen als Zeugen benannt. Einige Frauen, die den Unfallhergang gesehen haben, haben Mitarbeitern gegenüber ausgesagt, dass es unverantwortlich gewesen sei, das Tablett mit dem heißen Teewasser unbeaufsichtigt zu lassen. Ihre Frau hat mir gegenüber den Hergang anders dargestellt: Ihr Sohn habe in ihrem Beisein nach der Tasse mit dem heißen Wasser gegriffen, als sie ihr Tablet auf den Buffettisch abgestellt habe, um sich mit Brot zu versorgen.“

Was ist nun wirklich geschehen? Herr Knecht erzählt mir, dass seine Frau den erst dreieinhalb Jahre alten Sohn vorübergehend allein gelassen habe, als dieser einen Topf mit heißem Tee vom Tisch heruntergerissen habe. Dabei habe es sich schwerste Verbrennungen zugezogen.

Für Herrn Knecht ist dieser Vorfall ein Beleg dafür, dass seine Frau nicht geeignet ist, sich um seine Söhne zu kümmern. Auch legt er mir eine Eidesstattliche Versicherung eines Freundes vor, der ihn begleitet hat, als er seine Kinder zuvor zu einem Besuchskontakt abholte; da heißt es, die Kinder seien krank gewesen, doch die Mutter habe keine Medikamente mitgegeben; außerdem habe sie Herrn Knecht noch hinterhergerufen: „Das nächste Wochenende bekommst du die Kinder nicht, da ist Nikolaus.“

Absage aus nichtigem Anlass

Das ist dann auch nicht das erste Mal, dass Frau Knecht die Besuchskontakte aus nichtigem Anlass aussetzt. Mal ist es ein Kindergeburtstag – mal der Besuch der Oma – und nun eben Nikolaus. Die Kindesmutter versteht dabei nicht, dass sie verpflichtet ist, sich an die getroffene Umgangsregelung zu halten. Beide Eltern haben sich daran zu halten. Die Kinder sind pünktlich abzuholen und auch pünktlich zurückzubringen. Termine können grundsätzlich nur abgesagt werden, wenn das Kind erkrankt ist oder ein wichtiges Familienfest ansteht, bei dem das Kind anwesend sein muss, o.ä. Auch könnte man durchaus darüber nachdenken, ob ein Kindergeburtstag ein hinreichender Grund ist, das Besuchsrecht auszusetzen. Und wenn es ausgesetzt wird, muss klar sein, dass der Kindesvater einen entsprechenden Ersatztermin erhält – meistens am Folgewochenende.

Weiterhin wirft Herr Knecht seiner Frau vor, dass sie die Kinder nicht richtig versorgt; stundenlang ist sie mit ihnen unterwegs, ohne dass sie etwas zu essen bekommen, und erst spät abends werden sie zu Bett gebracht. Kurz vor einigen Besuchsterminen hatte seine Frau die Kinder an einen anderen Ort, z. B. ins Schwimmbad, gebracht, wo der Vater sie dann abholen sollte. Die Kinder wollten dann aber lieber weiter im Schwimmbad bleiben und waren zu Unternehmungen mit dem Vater nicht zu bewegen.

Nichts zu machen – Frau Knecht hält sich nicht an Vereinbarungen. So gibt es bald ein neues Verfahren beim Familiengericht.

Der Richter kennt die Problematik in dieser Familie schon. Erneut wird ein Vergleich geschlossen, wonach Herr Knecht seine Söhne jetzt auch über Nacht zu sich nehmen darf, von Freitagabend bis Sonntagabend. Und: „Die Antragstellerin verpflichtet sich, die Kinder zu Beginn der jeweiligen Besuchszeiten bereit zu halten und persönlich und pünktlich an den Antragsgegner herauszugeben. Diese besondere Formulierung in einem Vergleich ist nicht üblich – eine derart deutliche Aufforderung ist bei...

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