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Der Scheidungsprozeß von Gottfried Kellers Mutter

Thesen gegen Adolf Muschg und Gerhard Kaiser

AutorRainer Würgau
VerlagWalter de Gruyter GmbH & Co.KG
Erscheinungsjahr2016
ReiheUntersuchungen zur deutschen LiteraturgeschichteISSN 73
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783110913873
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis109,95 EUR

Elisabetha, geborene Scheuchzer, Witwe des Drechslermeisters Rudolf Keller, galt der älteren Literaturgeschichte als Beispiel einer Dichtermutter, die den schwierigen Werdegang ihres Sohnes unverbrüchlich solidarisch begleitete. Ihr Ansehen wird heute durch das Urteil der genannten Autoren verdunkelt. Kaiser spricht ihr die Fähigkeit zur Gefühlserziehung ab und dämonisiert sie zur Eismutter und Meduse. Muschg stellt sie als beschränkte Person dar, deren achtjährige Ehe mit dem Gesellen ihres frühverstorbenen Mannes den Sohn psychisch schwer geschädigt und vermutlich physisch 'verzwergt' habe, - Ansichten, die der Konfrontation mit den kürzlich wiederentdeckten Prozeßakten nicht standhalten: Elisabeth Keller wurde von ihrem zweiten Gatten wenige Monate nach der Eheschließung verlassen und öffentlich schwer gekränkt. Von einer konfessionell engherzigen Ehegerichtsbarkeit jahrelang hingehalten, setzte sie ihre Scheidung durch. Die Haltung, die sie vor Gericht bewies, unterstützt die These, daß sie ihren beiden Kindern eine gute Mutter und Gefühlserzieherin war. Nicht sie hat ihren Sohn verletzt, sondern Männer, welche von weiblichen Rechten gering dachten. Zu diesen mag auch der Prorektor und gewesene geistliche Eherichter Meyer gehört haben, der Keller wegen eines Knabenstreiches von der weiteren Schulbildung ausschloß.

Frei von quellenkritischen Bedenken im Umgang mit Lebenszeugnissen, vereinnahmen Muschg und Kaiser den Dichter als Zeugen gegen seine Mutter und unterschätzen dabei seine Fähigkeit, ihr Liebes- und Eheschicksal geistig zu durchdringen. Die schützende Haltung, die er ihr gegenüber einnahm, wird von einer bevormundenden Interpretation als Bemäntelung ausgelegt, die Sohnesliebe als Begehrlichkeit, das Denkmal der Dankbarkeit, das er ihr im 'Grünen Heinrich' setzte, als Strafphantasie. Insbesondere Muschg ist das negative Verdienst zuzusprechen, mit seiner Mutmaßung über die psychische Ursache von Kellers Kleinwüchsigkeit eines der unerträglichsten Gerüchte in der deutschen Literaturgeschichte seit 1945 in Umlauf gesetzt zu haben.

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