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E-Book

Praxishandbuch Pflegerecht

AutorSchabbeck, Thorsten Müller
VerlagMedhochzwei
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783862164622
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis59,99 EUR
Das Werk widmet sich allen rechtlichen Themenfeldern in der Pflege wie z. B. Arbeitsrecht, Haftung, Delegation, Strafrecht, Medizinproduktegesetz, Arzneimittelrecht und Betäubungsmittelgesetz. Aber auch Themen wie Auseinandersetzungen mit den Kostenträgern, Betriebswirtschaftliche Grundlagen, Kooperationen im Gesundheitswesen, Pflegekammern, Versicherungen und Datenschutz werden praxisorientiert beantwortet.

Dipl. Pflegewirt, zertifizierter Pflegesachverständiger, Fachkrankenpfleger Intensivpflege und Hochschuldozent. 25-jährige Krankenhauserfahrung, u.a. als Medizincontroller, zuletzt als Mitglied des Direktoriums eines Akutkrankenhauses, lehrt an vielen Bildungsinstituten und Hochschulen Case Management, Pflegemanagement, Gesundheitsökonomie, Pflegeberatung, DRG u. a.

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Leseprobe

I Arbeitsrecht für Pflegefachpersonen


1 Einführung


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Obwohl es für Pflegefachpersonen, wie auch für Mitarbeiter anderer Berufe, auch eine Vielzahl von anderen Regeln zu beachten gilt, ist doch zunächst das Arbeitsrecht für die Allermeisten in der Pflege Dreh- und Angelpunkt ihrer Tätigkeit. Das Arbeitsrecht unterscheidet dabei grundsätzlich zwei Teile: Einerseits das sog. Individualarbeitsrecht und zum anderen das kollektive Arbeitsrecht. Das Individualarbeitsrecht regelt das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dem gegenüber steht das kollektive Arbeitsrecht. Hierbei handelt es sich um das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und den Arbeitnehmervertretungen, also dem Betriebsrat oder in Krankenhäusern häufig den Personalräten einerseits und dem „Krankenhaus“, also dem Arbeitgeber anderseits.

2

Insbesondere das Individualarbeitsrecht zeichnet sich dadurch aus, dass es ein Arbeitnehmerschutzrecht ist. Da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass typischerweise der Arbeitnehmer der deutlich schwächere Partner in einem Arbeitsvertragsverhältnis ist, was wohl auch richtig sein dürfte, wird der Arbeitnehmer in einer Vielzahl von Bereichen durch das Arbeitsrecht geschützt. Im Zweifel gilt immer: „für den Arbeitnehmer“.

3

Daneben gilt natürlich grundsätzlich, dass der arbeitsrechtliche Vertrag einer der häufigsten Verträge überhaupt ist. Da er zudem für die allermeisten Arbeitnehmer existenziell ist, handelt es sich auch um ein Vertragsverhältnis, das häufig vor den Gerichten landet. Die Wichtigkeit des Arbeitsvertrages zeigt sich schon daran, dass es für das Arbeitsrecht eigene Gerichte gibt, die auch einen eigenen Ablauf vorsehen.

4

Vor dem Hintergrund der Vielzahl von Arbeitsverträgen und der Vielfalt an daraus folgenden Problemen versuchen sowohl der Gesetzgeber mit seinen arbeitsrechtlichen Gesetzen als auch die Arbeitsgerichte, möglichst vereinfachende Fallgruppen und Präzedenzfälle zu bilden. Eine Prognose, wie ein Prozess ausgehen wird, ist gerade im Arbeitsrecht häufig recht schwierig vorzunehmen. Es gilt immer: Der Einzelfall entscheidet.

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Letztlich noch ein Wort zum Arbeitsrecht selbst: Ein Arbeitsgesetz in dem Sinne gibt es nicht. Das Arbeitsrecht ist über eine Vielzahl von unterschiedlichen Gesetzen geregelt. Einige sollen hier in der Folge erklärt werden.

2 Entstehung des Arbeitsverhältnisses


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Arbeitsverhältnisse sind im juristischen Sinne Verträge. Dies bedeutet, dass es immer zweier sog. übereinstimmender Willenserklärungen bedarf, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen. Die einfachste Version ist die, dass der potenzielle Arbeitgeber zum Arbeitnehmer sagt „Sie können bei mir anfangen“ und der Arbeitnehmer dazu sagt „Ja, ich fange bei Ihnen an.“ Es braucht also gar keinen schriftlichen Vertrag. Allein diese gemeinsamen übereinstimmenden Erklärungen reichen aus. Ein Arbeitsverhältnis kann noch einfacher auch dadurch entstehen, dass der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber einfach „anfängt“ und der Arbeitgeber dies akzeptiert. Natürlich ist in solchen Konstellationen häufig Streit Tür und Tor geöffnet. Denn eine Vielzahl von Angelegenheiten ist dann nicht geregelt. So etwa, wie viel Arbeitszeit für welches Entgelt durch den Arbeitnehmer zu leisten ist.

3 Nachweisgesetz oder wie bekomme ich mein Arbeitsverhältnis aufs Papier?


7

Der Gesetzgeber hat diese Schwierigkeiten erkannt und hat daher vorgesehen, dass der Arbeitnehmer in Fällen, in denen kein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht, einen Anspruch auf Überlassung der wesentlichen Informationen zum Arbeitsvertrag hat. Die entsprechenden Regelungen finden sich im Nachweisgesetz. Nach § 2 des Nachweisgesetzes (NachwG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen. Er muss diese schriftliche Niederlegung unterschreiben. Mindestens aufzunehmen sind: Wer arbeitet, wann hat das Arbeitsverhältnis begonnen, ist das Arbeitsverhältnis befristet, der Arbeitsort, eine Beschreibung der Tätigkeit, die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgeltes einschließlich Zulagen u. Ä., die vereinbarte Arbeitszeit, die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubes, die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und ein eventueller Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Kommt der Arbeitgeber der Verpflichtung nach § 2 des Nachweisgesetzes nicht nach, so hat der Arbeitnehmer einen – einklagbaren – Anspruch darauf, das entsprechende Dokument zu erhalten. Das bedeutet also, der Arbeitnehmer kann den Arbeitgeber verklagen – ihm ein Papier auszuhändigen, aus dem sich die Informationen ergeben. Dass passiert in der Praxis nicht häufig. Der Arbeitnehmer will es sich ja mit dem Arbeitgeber nicht verscherzen.

4 Der Weg zum Arbeitsverhältnis


8

In den allermeisten Fällen wird das Arbeitsverhältnis allerdings so zustande kommen, dass sich die Parteien zunächst kennenlernen und sich dann über die Inhalte des Arbeitsvertrages, wie sie in § 2 NachwG dargestellt sind, einigen oder aber jedenfalls im Vorfeld darüber reden.

4.1 Bewerbung


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Dabei ist es typischerweise so, dass der Arbeitnehmer, etwa durch eine Anzeige im Internet oder durch Bekannte, darüber informiert wird, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer sucht. Typischerweise wird sich der Arbeitnehmer dann beim Arbeitgeber bewerben. Für die Bewerbung gilt, dass diese eine sog. Anbahnung des Arbeitsverhältnisses darstellt. Der Arbeitgeber wird seine Entscheidung, ob es zu einem Arbeitsvertragsschluss kommt, auch von der Bewerbung abhängig machen. Dies bedeutet, dass fehlerhafte Angaben in der Bewerbung dazu führen können, dass der Arbeitgeber später eine Kündigung auf solche fehlerhaften Angaben stützt.

4.2 Vorstellungsgespräch


4.2.1 Kosten

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Schafft es der Arbeitnehmer, mit seiner Bewerbung das Interesse des Arbeitgebers zu wecken, so wird dieser typischerweise den Arbeitnehmer zum Vorstellungsgespräch einladen. Dabei gilt: Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer ohne Weiteres einlädt, hat dieser den Anspruch auf Erstattung der Reisekosten zum Gespräch. Gut beraten ist daher der Arbeitgeber, in dem Schreiben zur Einladung des Arbeitnehmers schon klarzustellen, ob er Reisekosten übernimmt – und wenn ja welche genau. Ansonsten hat der Arbeitnehmer den Anspruch auf übliche Kosten. Was üblich ist, kann durchaus unterschiedlich bewertet werden und zu Streit führen. Normalerweise dürften allerdings die Kosten für ein öffentliches Verkehrsmittel 2. Klasse sowie die steuerlichen Vorschriften zur Nutzung eines Fahrzeuges greifen, also 30 Cent pro Kilometer. Problematisch können Taxi- und Hotelkosten werden. Hier sollte der Arbeitnehmer vorsichtig sein und im Vorfeld fragen, welche Kosten übernommen werden. Gleiches gilt insbesondere auch für Flugkosten. Üblicherweise sollten auf keinen Fall Kosten ersetzt werden, die dem Lebensstil des Arbeitnehmers widersprechen.

4.2.2 Fragen im Vorstellungsgespräch

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Im Vorstellungsgespräch selbst gilt, wie schon für die Bewerbung, dass der Arbeitnehmer zur Wahrheit verpflichtet ist. Dies gilt allerdings für einige Ausnahmen nicht. Einige Dinge darf der Arbeitgeber schlichtweg nicht fragen. Dabei gelten einerseits die Vorschriften des sog. Antidiskriminierungsgesetzes. Danach darf niemand aus Gründen seiner Rasse oder wegen seiner ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden. Unzulässig sind dementsprechend Fragen, die direkt oder indirekt eine Benachteiligung von Frauen oder Männern zum Ziel haben können oder in die Privatsphäre der Bewerberinnen und Bewerber eingreifen, wie Fragen nach dem Bestehen einer Schwangerschaft, Heiratsabsichten oder der Familienplanung, nach dem Familienstand oder der sexuellen Orientierung. Auch die Frage, ob die Bewerberin bzw. der Bewerber raucht oder nicht, ist unzulässig. Unzulässig sind auch Fragen nach Freizeitbeschäftigungen (auch, ob gefährliche Sportarten ausgeübt werden) und ehrenamtlichen Tätigkeiten wie politische oder gesellschaftliche Aktivitäten.1

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Bei Fragen nach Krankheiten und Schwerbehinderungen ist es nicht ganz so leicht: Nach Krankheiten darf der Arbeitgeber nur fragen, wenn die Erkrankung die Eignung der Bewerberin bzw. des Bewerbers für die angestrebte Tätigkeit dauerhaft beeinträchtigt. Die Pflegefachperson, die aufgrund eines Rückenleidens nicht schwer heben darf, oder die unter HIV/Hepatitis leidet, darf nach derartigen Leiden gefragt werden. Auch die Frage nach einer Suchterkrankung ist jedenfalls für Pflegefachpersonen, die Verantwortung für andere Menschen übernehmen, zulässig. Unzulässig ist allerdings die Frage, ob Alkohol oder sonstige Suchtmittel allgemein konsumiert werden. Ähnlich wird man dies wohl auch für die Schwerbehinderung sehen müssen. Hier gilt, dass der Arbeitgeber insofern fragen darf, wie es für das Arbeitsverhältnis darauf ankommt. Das trifft auch auf Vorstrafen und Strafermittlungsverfahren zu. Dabei sind Vorstrafen, die nach entsprechenden Vorschriften aus den Vorstrafenregistern gelöscht worden sind, nicht mehr anzugeben. Im Übrigen darf der Arbeitgeber nach Vorstrafen nur fragen, wenn und soweit dies die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes erfordert. Damit gilt für Pflegefachpersonen, dass...

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