"Kapitel 2.2.3, Integration in den Geschäftsprozess: Talente wachsen in den Werkstätten anspruchsvoller Meister. Aufgrund der sich ständig verändernden organisationalen Umfeldbedingungen wird sowohl dem individuellen als auch dem gruppenbezogenen Lernen am jeweiligen Arbeitsplatz beachtliche Bedeutung zugemessen. Da die zeitnahe Anpassungs- und Höherqualifizierung ausschließlich in natürlichen Lernsituationen erfolgt, sind aufgabenkongruente Entwicklungskonzepte unerlässlich. Die Lernprozesse vollziehen sich dann einerseits während der Ausführung der eigentlichen Arbeit und anderseits durch pädagogische Intervention in arbeitsplatzähnlichen Lernumgebungen.
Folgende Lernansätze lassen sich dahingehend unterteilen:
Der seminarbezogene Ansatz richtet sich auf die Vermittlung von Problemlösefähigkeiten. Die Förderung von flexibel einsetzbarem sowohl kognitivem als auch affektivem Wissen verbessert die Bewältigungsfähigkeit aktueller Arbeitssituationen. Um das Wissen mehrfach kodiert und in elaborierter Form im Gedächtnis zu speichern, bietet sich eine kombinierte Gestaltung einzelner Trainingstechniken an. Diese sollen vor allem alltagsrelevante Problemstellungen behandeln. Förderlich wäre hier ein Wechsel von observativem und aktionalem Training. Beispielsweise lassen Rollenspiele den Teilnehmer in einem Seminartheater vom Lernenden zum Lehrenden werden. Dabei schlüpft er in die Rolle des Kunden und coacht den Trainer in der Umgangsweise mit eben diesem. Übernimmt der Trainer die Rolle des Kunden, können im Anschluss kritische Punkte speziell im Teilnehmerverhalten diskutiert werden. Reflexionsphasen auf der Meta-Ebene helfen aufgrund des vollzogenen Perspektivenwechsels beim Überdenken der Handlungsschritte.
Die Schaffung zweckgerechter Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen erfolgt vordergründig durch den arbeitsstrukturalen Ansatz. Dazu zählt die Bearbeitung neuartiger sowohl bereichsübergreifender als auch bereichsspezifischer Problemstellungen aus dem Unternehmensalltag in Form von Arbeitsprojekten. Das zu bearbeitende Konzept verlangt einen hohen Wertschöpfungsfaktor für das Unternehmen und eine Eingliederung in die vorhandene Organisationslandschaft. Dazu können bewusst inhomogene Teams zusammengestellt und somit unterschiedliche Erfahrungshintergründe wie auch Fachkenntnisse genutzt werden. Nur durch erfolgreiches Wissensmanagement kann sich eine angemessene Gruppenintelligenz etablieren. Die Gruppendynamik ermöglicht eine aktive Lösungsfindung und erhöht die Reflexionsfähigkeit der Projektmitglieder. Durch das abteilungsübergreifende, kooperative Lernen resultiert eine Sensibilisierung für bereichsfremde Fragestellungen. Sobald letztlich immanente Prozesse, Wirkungen und Grenzen im Team identifiziert sind, ist eine effektive und effiziente Projektsteuerung möglich.
Der situativ-erfahrungsbezogene Ansatz hingegen konzentriert sich ausschließlich auf die Weitergabe von expertenähnlichem Handlungswissen im Anwendungskontext. Durch die authentische Lernumgebung werden reale Arbeitsbedingungen erlebt. Strategisches Know-how, Prozeduren, inhaltliche Zusammenhänge und Fakten sind letztendlich Gegenstand der Vermittlung. Vorgesetzte oder externe Partner geben im Rahmen dieser Beratungssequenzen Eindrücke über Verhaltensweisen und Einstellungen des Mitarbeiters wieder. Durch die feedbackinitiierte Hilfe zur Selbsthilfe entsteht eine reflexionsbedingte Selbstkritik. Dank jenes Vorgehens ist nicht nur individuelle Handlungsunterstützung gegeben sondern auch Vergegenwärtigung eigenen Führungsverhaltens und Bearbeitung persönlicher Divergenzen. Diese Methodik navigiert zudem die Persönlichkeitsentwicklung.
Die Projektarbeit mit Coaching-Sequenz stellt sich hier als Mischform des arbeitsstrukturalen und situativ-erfahrungsbezogenen Ansatzes dar. Die Arbeit der jeweiligen Projektgruppen erfährt meist durch einen externen Partner kontinuierliches Coaching. Vorangegangene und zukünftige Handlungen werden besprochen und mit tatsächlichen Planungszielen abgeglichen. Jedes einzelne Mitglied erhält somit Aufschluss über den individuellen Entwicklungsstand und den der Gruppe. Schließlich können mittels solcher Lernstrukturen ineffiziente Prozesse im Unternehmen optimiert werden.
Selbstverständlich sind Konzepte wie job-enrichment, job-enlargement als auch in- und externe job-rotation nicht zu vergessen. Eine Anreicherung und Erweiterung des Aufgabenspektrums sowie ein systematischer Tätigkeitswechsel bieten dabei erweiterte Erfahrungshorizonte und vor allem individuelle Entfaltungsmöglichkeiten.
Exkursionen, Hospitationen in fremden Firmen, Nutzung von Kongressen und Tagungen sowie Kundenkonferenzen dienen dem Ausbau eines impulsgebenden Netzwerkes. Über die Intervention hinaus können geknüpfte Kontakte sowohl zum Austausch von Praxiswissen als auch für gegenseitige Hilfestellungen genutzt werden.
Die Berücksichtigung des computergestützten medialen Ansatzes kann zudem eine sinnvolle Ergänzung des Qualifizierungskonzeptes darstellen. Planspiele, Simulationen oder computerbasierte Wissenspools erlauben eine differenzierte Hintergründung arbeitsplatzbezogener Prozessstrukturen. Die spezifische Art der Steuerung und Modellbildung in der Bearbeitung fördert exploratives Lernen. Dank der Systemkomplexität und -dynamik werden verzweigte Denkfähigkeiten geschult.
Zur Konsolidierung von Eigeninitiativität dürfen auch gänzlich selbstorganisierte Lernelemente wie etwa problemorientierte Literaturstudien nicht vernachlässigt werden.
Für die Organisationsentwicklung erweisen sich die dargelegten Methoden des handlungsorientierten Lernens sowie auch der bereichsübergreifende Erfahrungsaustausch als überaus wertvoll. Der gesamte Förderungsprozess ist daher als langfristiges Organisationsentwicklungsprojekt zu verstehen und dementsprechend zu konzipieren.
Mit Hilfe der portfoliomäßigen Einordnung thematisch aufeinander abgestimmter Maßnahmen können am Ende verschiedenartige Wirkungsgrade und Zeithorizonte zur Entscheidungsfindung über deren Implementierung veranschaulicht werden.
In Abbildung 7 ist ein Musterbeispiel zur Gestaltung eines solch integrierten Weiterbildungsprogramms gegeben. Neue Lerngegenstände werden sowohl als Folge veränderter Entwicklungstrends als auch aus kritischen Reflexionen über Ambivalenzen im Prozess generiert. Zudem ist eine fortwährende Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis erforderlich. Das durch derartige Weiterbildung vorangetriebene vertikale, horizontale oder radiale Karrieremanagement begünstigt im Zuge dessen die qualitative Nachwuchsförderung. Letzten Endes wird nur durch die Verzahnung der Interventionen mit dem Tagesgeschäft ein hoher Wirkungsgrad und maximaler Transfer des Gelernten erreicht.
Kapitel 2.2.4, Transfersicherung und Nachhaltigkeit: Das gesamte Trainingskonzept ist schließlich so auszugestalten, dass die Diskrepanzen zwischen Realität und Trainingsgegebenheiten auf einem niedrigen Niveau gehalten werden. Bedeutsame Kontextmerkmale der Lernbedingungen sind im Folgenden näher ausgeführt. Problemhaltigkeit der Lernsituation: Das Kriterium bezieht sich auf das Ausmaß der erforderlichen Denkprozesse. Voraussetzung ist dabei die Neuartigkeit der Arbeit sowie die Klarheit und Vollständigkeit der Zielbestimmung.
Handlungsspielraum: Die objektiven Freiheitsgrade im Agieren geben den Rahmen vor, inwieweit der Teilnehmer am Arbeitsablauf beteiligt ist, selbst über die Vorgehensweise und die Arbeitszuteilung entscheiden kann wie auch Neues auszuprobieren vermag.
Abwechslungsreichtum: Hier kommt es auf die Häufigkeit der Aufgabenveränderung an. In wie vielen verschiedenartigen Arbeitsbereichen wird der Teilnehmer eingesetzt und wie oft ändert sich sein gewöhnlicher Arbeitsprozess?
Komplexität der Lernsituation: Diese ist durch die notwendige Vielfalt der positionsbezogenen Aktionen bestimmt. Die Anzahl der auszuführenden Operationen im Arbeitsbereich thematisieren den Grad der Vollständigkeit.
Qualifikatorischer Nutzwert: Gemeint ist damit der Verwertungsgrad für gegenwärtige und zukünftige arbeitsplatzbezogene Anforderungen.
Soziale Unterstützung: Jene Dimension umfasst die erlebte Möglichkeit zur Umsetzung des Gelernten im Arbeitsalltag. Führungskräfte sowie Kollegen sollten die Teilnehmer in ihrem Vorgehen unterstützen. Entsprechende Gespräche analysieren dabei individuelle Lagen und modellieren weitere Verfahrensweisen.
Entscheidend für die Transferleistung ist ein hohes Maß an persönlicher Reife der Teilnehmer. Diese müssen vor allem Lernbereitschaft zeigen und mit fundamentalen positionsspezifischen Kompetenzen ausgestattet sein.
Da meist Ressourcen für die Etablierung und die Umsetzung einzelner Abläufe beziehungsweise Instrumente fehlen, ist im Sinne der Effektivität und Effizienz eine Unterstützung durch externe Partner ratsam. Über eine genau definierte Schnittstelle besteht dabei die Möglichkeit der Ausgliederung eines ganzen Leistungsbündels. Der Partner kann dann beispielsweise sowohl operative als auch konzeptionelle Aufgaben übernehmen sowie ein gewisses Informationsinstrumentarium zur Verfügung stellen. Die Personalentwicklung erfolgt somit bedarfsgerecht und maßgeschneidert.
Zur Umsetzung erarbeiteter Lernprogramme sind geeignete Trainer auszuwählen. Um bestmögliche Voraussetzungen hinsichtlich Akzeptanz und erforderlichem Know-how zu bieten, ist eine in- als auch externe Trainerbesetzung denkbar. In jedem Falle muss der Trainer bereits in die Maßnahmenkonzeption einbezogen werden. Das sichert den notwendigen Blick für die Probleme und Prozesse vor Ort.
Alle am Programm partizipierenden Mitarbeiter sollten zu Beginn der Maßnahme eine Dokumentationsunterlage erhalten, um einzelne Lernprozesse jederzeit nachvollziehen zu können. Im Entwicklungsgespräch oder -workshop könnte die Strukturierung und Handhabung besprochen werden. Durch das Fixieren von individuellen Stärken und Entwicklungsfeldern ist dieses Formular als Reflexions- und Selbststeuerungsinstrument zu verstehen. Die chronologische Aufzeichnung des Prozesses hilft dabei, die Lernwirklichkeit abzubilden, bei Bedarf nach relevanten Punkten abzusuchen und angestrebte Veränderungen zu unterstützen. Jene Vorgehensweise dient der Schulung von Selbstmanagementtechniken sowie der persönlichen Weiterentwicklung auch im Hinblick auf einzuschlagende Karrierewege.
Selbst für die Kollegen ist im Sinne eines effektiven Wissensmanagements die kritische Auseinandersetzung mit den Lerninhalten und Erfahrungen im Entwicklungsprogramm in schriftlicher Form unverzichtbar.
Die vertiefende Nachbereitung der in den Trainingseinheiten gewonnen Erkenntnisse sollte in zeitstabilen Lerngruppen erfolgen. Die Teilnehmer erarbeiten dort umfangreiche Aktionspläne und Handlungsansätze, um kommende Schlüsselherausforderungen besser bewältigen zu können. Außerdem unterstützen sich die Mitglieder gegenseitig in der Umsetzung ihrer Maßnahmen. Parallel vermögen bestimmte Zeitfenster geschaffen werden, in denen eine Zusammentragung von Kernproblemen der Lerngruppen möglich ist. Im Zuge solcher Folgeveranstaltungen finden kollegiale Beratungsgespräche und Reflexionen bisheriger Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag statt.
Aus Teilnehmersicht beeinflusst jene dargestellte Vorgehensweise die Nachhaltigkeit des Gelernten am stärksten. Singuläre Trainings und Seminare verlieren immer mehr an Bedeutung.
Zusammenfassend ist die erfolgreiche Übertragung des Gelernten in den beruflichen Kontext durch folgende Aspekte gewährleistet:
In der Vorbereitungsphase der Entwicklungsmaßnahme sind zunächst Inhalte, Ablauf und Nutzen des Programms an alle Beteiligten zu kommunizieren. Das führt zu einem gemeinsamen Zielverständnis. Die Bereitstellung erforderlicher Materialen unterstützt zusätzlich den Lernprozess. Für die Gestaltung der Lernsituation gilt Generalisierbarkeit und Kongruenz im Hinblick auf den Arbeitsalltag. Nur dann und mit Hilfe sozialer Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte können neu erlangte Kompetenzen fortan angewandt und nachbereitet werden. Alle Erfahrungen, Eindrücke als auch Fortschritte sind prozessbegleitend zu dokumentieren. Dem Training selbst muss neben den optimalen Lernbedingungen Selbstverpflichtung, Beteiligungsmöglichkeit und angemessener Entscheidungsfreiraum seitens der Teilnehmer innewohnen. Das Maß der Teilnehmerzufriedenheit schlägt sich letzten Endes deutlich auf den Transfererfolg nieder.
Kapitel 2.2.5, Evaluierung des Nutzens: Die Gegenüberstellung von Bildungsaufwand und Bildungsnutzen setzt eine problemorientierte Qualifikationsbedarfsermittlung voraus. Die jeweiligen Diskrepanzen in Bezug auf die Unternehmensanforderungen bestimmen, was wozu vermittelt werden soll. Qualitative Zielvereinbarungen konkretisieren den zu erreichenden Soll-Zustand und manifestieren messbare Größen. The goal defines control.
Der Evaluationsprozess hat indessen zum einen die Aufgabe, planungs- und entscheidungsrelevante Informationen zu liefern und zum anderen im Anschluss daran den weiteren Ablauf zu koordinieren. Die Evaluierung versteht sich bezogen auf die Zielerreichungsgrade als Steuerungs- beziehungsweise als Frühwarnsystem.
Nachfolgend ist das Vorgehen in der Maßnahmenevaluierung entlang von fünf Schritten bündig erläutert.
1 Emotionale Reaktionen: Die emotionale Reaktion wird durch jedes einzelne subjektive Feedback direkt nach der Interventionsmaßnahme messbar und beschäftigt sich mit der Frage, wie gut das Training angekommen ist.
2 Erlernte Kompetenzen: Prozessbegleitende Auswertungsgespräche und spezielle Tests zeigen Kompetenzsteigerungen auf. Wie gut was gelernt wurde, ist hier als Schlüsselfrage zu sehen.
3 Umsetzung und Anwendung des Gelernten: Nun sind die Leistung im Tagesgeschäft mittels Beobachtungen und an Erfüllungsgraden der Aktionspläne zu identifizieren. Drei bis sechs Monate später beantworten Folgeveranstaltungen oder auch entsprechende Beurteilungsbögen die Frage, ob und wie das Gelernte Anwendung gefunden hat.
4 Auswirkungen auf den Geschäfts- und Arbeitsbereich: Der endgültige Wertschöpfungs- beziehungsweise Nutzwert der Bildungsmaßnahme ist durch die Überprüfung der Erreichungsgrade globaler Unternehmensziele messbar. Die integrierte Performance Scorecard erfasst dabei jene Kennzahlen, welche Aussagen über die Prozessqualität, die Finanzzielerreichung, das Ausmaß der Kundenzufriedenheit als auch über das Mitarbeiterengagement treffen können. Parallel geben 360-Befragungen im Hinblick auf die Leistungsgrade einzelner Mitarbeiter Aufschluss über den Erfolg der Weiterbildung.
5 Ökonomische Evaluation - Return on Education: Auf welche Weise sich die Investition in das Personalentwicklungskonzept amortisiert, ist durch die Relativierung von Interventionskosten und -nutzen erkennbar.
Dazu sind zunächst die Kosten- und Erlösgerüste der Bildungsmaßnahmen näher zu betrachten. Direkte Kosten beschreiben dabei tatsächlich investierte Ausgaben, wobei indirekte Kosten den Produktivitätsentgang durch die Abwesenheit des Mitarbeiters darstellen. Dank der Bildungsmaßnahme tatsächlich generierte Umsätze sind direkte Erlöse. Kosten, die durch die Weiterbildung letztendlich eingespart wurden, können als indirekte Erlöse deklariert werden..."