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Das Menschenbild und Krankheitsverständnis in den Konzepten der Validation und des Dementia Care Mapping

AutorSusanne Claus
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2002
Seitenanzahl59 Seiten
ISBN9783638159487
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Sonstiges, Note: 1,3, Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main (Pflegewissenschaft), Veranstaltung: Pflegewissenschaft, Sprache: Deutsch, Abstract: 1. Einleitung Zur Erleichterung des Leseflusses wird für alle Personen und Gruppen die männliche Form gewählt, dabei sind immer beide Geschlechter gemeint. Ich verwende den Ausdruck 'Betreuer', wenn ich von Personen spreche, die in der Beziehung zum Dementierenden stehen. Damit sind ebenfalls professionell Pflegende gemeint. Mit professionell Pflegenden meine ich Personen, die nach dreijähriger Ausbildung das staatlich anerkannte Examen erworben haben. Der Begriff 'Dementierende', den ich in meiner Arbeit verwende, geht auf Corry Bosch zurück, die Demenz als Prozess versteht. Der Ausdruck 'dement' beinhalte die Gefahr, Demenz als einen statischen Zustand zu begreifen.1 In der Bearbeitung des Krankheitsverständnisses von Feil, übernehme ich die von ihr genutzten Begrifflichkeiten, weil sie wichtig für die Analyse und Verdeutlichung ihres Verständnisses erscheinen.

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Leseprobe

3. Vorstellung der Referenztheorie


 

3.1  Theorie der Persönlichkeit von C. Rogers


 

3.1.1 Begründung für die Auswahl


 

In den Konzepten von Kitwood und Feil stehen Beziehungen im Mittelpunkt der Ausführungen. Die Basis von Rogers Theorien sind ebenfalls Beziehungen. Rogers ist Begründer der „klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie“, welche später als personenzentrierter Ansatz bezeichnet wird, weil Rogers von einer Übertragbarkeit auf andere Beziehungen als der zwischen Therapeut und Klient ausgeht. Kitwood folgt in seinem Konzept der Psychotherapie nach Rogers. Er transformiert den personenzentrierten Ansatz auf sein Konzept zum Umgang mit Dementierenden. Das Ziel seines Konzeptes differiert allerdings zu dem der Psychotherapie. Während die Psychotherapie das Ziel der Heilung, im Sinne einer annähernd „voll entwickelten Persönlichkeit“[43] verfolgt, besteht sein Ziel in der Erhaltung des Personenseins dementierender Menschen. Man kann daher von einem pflegetherapeutischen Ansatz sprechen, dessen Ziel in der Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung liegt.

 

Feils Ansatz ist ebenfalls pflegetherapeutisch. Sie selbst benennt einige Ziele, welche Validation mit der Psychotherapie gemein hätten: „Selbstvertrauen steigern, Wohlbefinden stärken und die Bewältigung von Stress.“[44]

 

Eine psychotherapeutische Theorie zum Vergleich und zur Analyse zweier pflegetherapeutischer Ansätze zu verwenden, erscheint mir sinnvoll. Einige Kernpunkte der Konzepte in Bezug zur Theorie stelle ich in anknüpfender Tabelle vor. Die Richtschnur von Konzepten und Theorien sind das Ziel und die Verfahren, um zu diesem Ziel zu gelangen. Eine Übersicht dieser Hauptelemente der Theorie von Rogers als Referenztheorie sowie der zu vergleichenden Konzepte von Kitwood und Feil in folgender Tabelle dargestellt.

 

Übersicht der Gemeinsamkeiten der Theorie von Rogers und den Konzepten von Naomi Feil und Tom Kitwood: eine tabellarische Darstellung

 

 

Ein weiterer Grund für meine Auswahl ergibt sich aus dem Bestandteil meiner Untersuchung; das Menschenbild. Die Theorie Rogers wird der Humanpsychologie zugeordnet. Die humanistische Psychologie geht von Interdependenzen psychischer Prozesse und der sozialen Umgebung des Menschen aus. Er wird als soziales Wesen verstanden, das immer in Interaktion mit anderen steht. Dies sind Aspekte, welche auch in den Konzepten von Feil und Kitwood zu finden sind, wie sich herausstellen wird. Es erscheint mir wichtig, eine Theorie zu verwenden, welche sich nicht grundlegend von den zu untersuchenden Konzepten unterscheidet. Dies ermöglicht das Hervorheben von Aspekten anhand von Parallelen.

 

3.1.2 Vorstellung der Theorie


 

Carl Rogers (1902 – 1986), amerikanischer Psychologe und Begründer der personenzentrierten Gesprächsführung, stellt in seinem Konzept wichtige Voraussetzungen für erfolgreiche therapeutische Beratung heraus. Die theoretischen Grundlagen  und Annahmen zu diesem Konzept beschreibt er in seiner „Theorie der Psychotherapie, der Persönlichkeit und der zwischenmenschlichen Beziehungen“. Rogers wird der humanistischen Psychologie zugeordnet, welche sich mit der Erforschung menschlichen Lebens unter dem Aspekt der Selbstverwirklichung befasst. Ihr zentraler Untersuchungsgegenstand ist das Bewusstsein mit besonderer Betonung auf der Entwicklung über die gesamte Lebensspanne. Die Verhaltenstherapie konzentriert sich am Behaviorismus und damit am äußeren Verhalten (Reaktionen / Reflexe) einer Person. Die Idee einer kontinuierlichen und phasentypischen Entwicklung, wie sie die Psychoanalyse kennt ist ihr fremd.[45] Es geht also in der Humanpsychologie um die Entwicklung über die gesamte Lebensspanne mit dem Augenmerk auf der Selbstverwirklichung des Menschen. Aber nicht nur innere Möglichkeiten der Entfaltung kommen hier zum Tragen. Es wird angenommen, dass äußere Faktoren im Sinne einer Wechselbeziehung zur Entfaltung und Entwicklung eines Menschen beitragen. Rogers betont hier ganz besonders die Bedeutung von sozialen Beziehungen auf die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen. Seine Intention liegt in der Darstellung von Aspekten eines zwischenmenschlichen Beziehungsangebotes für therapeutisch wirksame Veränderungen.[46]

 

Seine Vorstellung von der Entwicklung der Persönlichkeit beinhaltet neben Motivationskonzepten, die mit Begriffen wie Bedürfnisreduzierung, Spannungsreduzierung und Triebreduzierung arbeiten, ebenso das Bedürfnis nach Wachstum; Wachstum im Sinne von freudvoller Spannung, Tendenz zu Kreativität und effektivem Handeln.[47] Er spricht hier von der grundlegenden Aktualisierungstendenz, welche dem Organismus innewohnt und als Antrieb für das Selbst dient. Als Subsystem dieser fungiert die Tendenz zur Selbstaktualisierung. In dieser Neigung  symbolisiert sich das, was Rogers das Selbst nennt. Es besteht also eine Tendenz zur Entwicklung und Entfaltung des Selbst. Diese Entfaltung und Entwicklung ist ein lebenslanger Prozess, der im Austausch mit anderen stattfindet. Für Rogers ist ein „In – Beziehung – sein Grundlage eines Sich – selbst – Erfahrens“.[48] Rogers sieht den Menschen also als soziales Wesen und richtet daher sein Augenmerk auf die Beziehung. „... und dass der innere Kern der menschlichen Persönlichkeit der Organismus selbst ist, der in seinem Wesen sowohl selbsterhaltend als auch sozial ist“.[49] Er konzentriert sich nicht nur auf die Beziehung zwischen Therapeut und Klient, sondern räumt eine Übertragbarkeit auf zwischenmenschliche Beziehungen im Allgemeinen ein. „... erkenne ich, dass alles, was ich gelernt habe , in allen meinen mitmenschlichen Beziehungen – nicht nur im Umgang mit problembeladenen Klienten – anwendbar ist“.[50]

 

Der Begriff Personenzentriert macht dies deutlich. Ursprünglich verwendete Rogers die Bezeichnung „nicht-direktiv“, was eine Gegenposition zu direktiven Ansätzen in der Psychotherapie deutlich machen sollte. Mit direktiven Ansätzen sind verhaltenstherapeutische und psychoanalytische Therapien gemeint. „Beim direktiven Vorgehen steht die Sache (das Problem, das Thema, der Inhalt) im Vordergrund“.[51] Der Therapeut agiert aus seiner Erfahrung und seiner kompetenten Position heraus. Er gibt Ratschläge zum Finden einer Lösung.[52] Das nicht – direktive Vorgehen stellt das Erleben der Person in den Mittelpunkt des Interesses. Dieses Vorgehen berücksichtigt die Andersartigkeit der Wahrnehmung von Individuen und macht die Person zum Experten seiner Selbst. „Er sieht in der Person des Menschen selbst die Autorität, nicht in Methoden und nicht in Experten“. [53]

 

3.1.3 Darstellung der Begrifflichkeiten und der Konstrukte der Theorie Rogers


 

3.1.3.1 Aktualisierungstendenz

 

  Tendenz zur Selbstaktualisierung

 

 Die Aktualisierungstendenz bezeichnet Rogers als Grundnatur des menschlichen Organismus. Das Selbst wird gewissermaßen angetrieben von der Tendenz zur „Entfaltung aller Kräfte, die zur Erhaltung oder dem Wachstum des Organismus dienen.“ [54] Die bewussten Anteile des Selbst sind als Abbild der intrapsychischen Erlebenswelt ohne eigenständige Funktion zu betrachten.[55] Sie ist als grundsätzliches Bedürfnis zu verstehen. „Alle organischen und psychischen Bedürfnisse lassen sich als Teilaspekte dieses einen grundsätzlichen Bedürfnisses beschreiben“.[56] Die Aktualisierungstendenz kann im Widerspruch zum Selbstkonzept stehen. Wenn beispielsweise die Erfahrung gemacht wird, dass für ein bestimmtes Gefühl, die Liebe von Seiten der Bezugsperson entzogen wird, wird dieses Gefühl unterdrückt, obwohl es im Selbstkonzept verankert ist.

 

Die Tendenz zur Selbstaktualisierung ist das Subsystem der Aktualisierungstendenz. Es ist die Kraft, die einen Drang zur Selbstverwirklichung hat. Selbstverwirklichung beinhaltet die Kongruenz zwischen Erfahrung und Selbst.

 

Folglich kann also die Aktualisierungstendenz auch im Widerspruch zu seinem Subsystem stehen.

 

3.1.3.2 Selbst und damit zusammenhängende Konstrukte

 

  Selbstkonzept

 

  Selbststruktur

 

  Selbsterfahrung

 

Diese Begriffe bezeichnen eine organisierte, in sich geschlossene Gestalt. Sie setzt sich zusammen aus Wahrnehmungen des Ich, Wahrnehmungen von Beziehungen des Ich zur Außenwelt und verschiedenen Lebensaspekten, einschließlich deren Erfahrungen und den damit verbundenen Werten. Rogers versteht das Selbst als Prozess, der nicht unbedingt im Gewahrsein (Bewusstsein) abläuft....

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