Eine einheitliche Auffassung bzgl. der Definition des Begriffes „Mittelstand“ gibt es in Deutschland weder in der Literatur noch in der Praxis.[7] Um zu einer Definition zu gelangen, werden verschiedene Abgrenzungskriterien verwendet bzw. vorgeschlagen, die sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte berücksichtigen. Auf quantitativer Ebene werden meist der Umsatz und die Mitarbeiteranzahl als Abgrenzungsgrundlage verwendet, jedoch manchmal auch die Bilanzsumme, wobei diese Grenzen jeweils unterschiedlich festgesetzt werden. Nachstehende Tabelle zeigt die jeweiligen angesetzten Größenmaßstäbe nach HBG, EU-Kommission und IfM Bonn und teilt anhand der o.g. Kriterien die Unternehmen in Groß-, Mittel-, Klein- und Kleinstunternehmen auf.
Tabelle 1: Quantitative Abgrenzungskriterien des Mittelstandes in Deutschland
Quellen: Eigene Darstellung in Anlehnung an die jeweiligen Abgrenzungskriterien nach:
HGB: § 267, Vgl. a. Fachhochschule Koblenz, Mittelstand:
http://www.fh-koblenz.de/index.php?id="3382 , Aufruf am 03/03/2011.
EU-Kommission: Empfehlung 2003/361/EG. Vgl. a. Europäische Kommission: Die neue KMU
Definition, 2006.
IfM Bonn: KMU Definition seit 2002: http://www.ifm-bonn.org/index.php?id=89 , Aufruf am
03/03/2011.
In Deutschland findet die quantitative Definition von IfM Bonn die meiste Verbreitung und deshalb wird es als Abgrenzungsgrundlage in dieser Arbeit verwendet.[8] Der Mittelstand setzt sich somit danach aus allen unabhängigen Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten und weniger als 50 Mio. Euro Jahresumsatz zusammen. Der Begriff Mittelstand bedeutet dementsprechend nicht nur mittlere Unternehmen sondern schließt auch kleine Unternehmen ein.[9]
Zu einer weiteren Abgrenzung des Mittelstandes wird jedoch auch die Berücksichtigung qualitativer Merkmale gefordert. Diese umfassen insbesondere die Betonung der Person des Unternehmers, in der das Eigentum, die Leitung und das unternehmerische Risiko vereinigt sind.[10] Demzufolge handelt es sich laut dieser Kriterien in der überragenden Mehrheit um eigentümergeführte als um managementgeführte Unternehmen.[11] Als weitere qualitative Abgrenzungskriterien sind zusätzlich die meist persönliche Beziehung zwischen Unternehmensführung und Mitarbeitern sowie die in aller Regel fehlende Konzernzugehörigkeit anzuführen.[12] Ferner werden diese Kriterien auch über die Rechtsform des Unternehmens erfasst, wobei der deutsche Mittelstand durch Einzelunternehmen geprägt ist. Zusätzlich zählen die GbR, die OHG, die KG, die GmbH & Co. KG und die GmbH zu den gängigen Unternehmensformen.[13] Nachstehende Tabelle fasst die quantitativen und die wesentlichen qualitativen Kriterien der Abgrenzung nach IfM Bonn zusammen.[14]
Zweck der beantragten Kredite war in erster
Tabelle 2: Definition und Abgrenzung des deutschen Mittelstandes
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Salge T.-O., 2006, S. 15 und IfM Bonn, KMU Definition:
http://www.ifm-bonn.org/index.php?id="89 , Aufruf am 03/03/2011.
Betrachtet man die Struktur des deutschen Mittelstandes, lässt sich schlussfolgern, dass fast jedes deutsche Unternehmen zu dieser Kategorie gezählt wird (Abb. 1): Der Mittelstand hat einen Unternehmensanteil von 99,6% in Deutschland; dies entspricht einem Bestand von ca. 3,62 Mio. Unternehmen. Der deutsche Mittelstand erzielt einen Umsatz i.H.v. 38% und beschäftigt 59,9% der Mitarbeiter aller Unternehmen.
Abbildung 1: KMU-Anteile in Deutschland
Quelle: IfM Bonn: KMU-Anteile 2008 in Deutschland nach KMU-Definition des IfM Bonn:
http://www.ifm-bonn.org/index.php?id="959 , Aufruf am 05/03/2011.
Daraus ergibt sich, dass der Mittelstand in Deutschland von besonderer Bedeutung für Wachstum und Beschäftigung ist und somit als Treiber der deutschen Volkswirtschaft angesehen werden kann.[15] Folglich wird ersichtlich, welches Gewicht das Thema „Mittelstand“ auch in Basel-Regelungen hat.
In diesem Unterkapitel werden einige Schlüsselindikatoren bzw. finanzwirtschaftlichen Kennzahlen des deutschen Mittelstandes aus den letzten Jahren kurz dargestellt und analysiert, die für die spätere Darstellung der Analyse über die Auswirkungen von den Baseler-Eigenkapitalvereinbarungen von Bedeutung sind. Darüber hinaus werden diese finanzwirtschaftlichen Kennzahlen mit der Entwicklung der Konjunktur und anderen Wirtschaftsindikatoren verglichen, sodass eine nähere Betrachtung der Korrelationen zwischen denen gewährleistet wird.
2.3.1.1 Ertragslage
Die Ertragslage deutscher KMU, als ein wichtiger Indikator für das erfolgreiche Wirtschaften eines Unternehmens und somit für seine Kreditwürdigkeit bzw. Bonität (s. Kap. 4.1.2.1.3), hat sich grundsätzlich während der letzten 10 Jahre und insbesondere während der Finanz- und Wirtschaftskrise (ab 2007) dem Verlauf des allgemeinen Geschäftsklimas entsprechend entwickelt. So hat sich die Ertragssituation nach einem erheblichen Rückgang ab 2007 bis 2009 wieder im Jahr 2010 verbessert. Fast ein Drittel der KMU (32,6%) berichteten für das Jahr 2010 eine Ertragssteigerung, wobei es im Vorjahr nur ein Fünftel (20,5%) waren. Analog verringerte sich der Anteil der KMU mit einem Gewinnrückgang: von 42,7% im Jahr 2009 auf 22,6% im Jahr 2010. Dementsprechend hat der Saldo aus Ertragssteigerungen und –rückgängen zum ersten Mal nach dem Anfang der Finanz- und Wirtschaftskrise (7,2% im Jahr 2007) bzw. zum zweiten Mal in den letzten 10 Jahren ein positives Vorzeichen aufgewiesen (10,0% im Jahr 2010), wie folgende Abbildung verdeutlicht.
Abbildung 2: Entwicklung der Ertragslage der KMU und des Geschäftsklimas
Entwicklung der Ertragslage der KMU 2001-2010, Veränderungen zum Vorjahr in %.
Quelle: Creditreform, Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Herbst 2004, S. 19 / Herbst
2010, S. 20.
Entwicklung des Geschäftsklimas 2001-2010, Veränderungen zum Vorjahr in %.
Quelle: Ifo, Geschäftsklima für die gewerbliche Wirtschaft:
http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/ifoHome/a-winfo/d6zeitreihen/15reihen/_reihenkt , Aufruf am 06/03/2011.
2.3.1.2 Umsatzrendite
Betrachtet man insgesamt die Entwicklung der Umsatzrentabilität des deutschen Mittelstandes über die vergangenen Jahre, kann man eine nahezu stabile Entwicklung feststellen (Abb. 3). Stabile Umsatzrenditen zeigen sich im Beobachtungszeitraum allerdings nicht nur für den gesamten Mittelstand sondern auch für die einzelnen Größenklassen. So konnten sich KMU mit weniger als 10 Beschäftigten während der Finanz- und Wirtschaftskrise und insbesondre während des Rezessionsjahres 2009 konstant bei 9,4% halten. Ähnliche Entwicklungen lassen sich auch für größere Mittelständler mit einer höheren Beschäftigtenanzahl beobachten, die im gleichen Zeitraum (2007-2009) eine leichte Verschlechterung ihrer Umsatzrendite erfahren haben. Bemerkenswert herbei ist es, dass eine sinkende Beschäftigtenanzahl eine höhere Umsatzrendite ausweist.
Abbildung 3: Durchschnittliche Umsatzrenditen des deutschen Mittelstandes nach Beschäftigtenanzahl
Entwicklung der Umsatzrendite der KMU 2005-2009 (gewichteter. Mittelwert), Veränderungen zum Vorjahr
in %.
Quelle: KfW-Mittelstandspanel 2010, S. 27-28.
2.3.1.3 Eigenkapitalsituation
Die Eigenkapitalquote, als ein weiterer zentraler Bestandteil der Einschätzung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens (s. Kap. 4.1.2.1.1), hat sich sowohl während der letzten 10 Jahre als auch während der Krise grundsätzlich positive entwickelt. Größte Änderungen in die Eigenkapitalsituation der deutschen KMU werden im Zeitraum 2001 bis 2005 betrachtet, insbesondere bei den KMU, deren Eigenkapitalquote unter 30% lag.
Abbildung 4: Entwicklung der Eigenkapitalquote der deutschen KMU
Entwicklung der Eigenkapitalquote der KMU 2001-2010, Veränderungen zum Vorjahr in %. Die
Prozentsätze für KMU mit einer Eigenkapitalquote zwischen 10 und 30% ergeben sich aus der Differenz der
Angaben der KMU mit unter 10% und über 30% Eigenkapitalquote.
Quelle: Modifiziert entnommen aus Creditreform, Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Herbst
2010, S. 24.
Ab dem Jahr 2006 bis 2010 haben sich diese Fluktuationen verringert, wobei eine leichte Verbesserung bzw. Erhöhung der...