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Meine verkehrte Welt

Von Bozen nach Australien

AutorClaire French-Wieser
VerlagEdition Raetia
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl284 Seiten
ISBN9788872834749
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
'Dieses Leben in Down Under war wirklich die verkehrte Welt', schreibt Claire French-Wieser, die Tochter des Südtiroler Bildhauers Heinrich Wieser, in ihren Erinnerungen. Zusammen mit ihrer Familie war sie aus wirtschaftlicher Not nach Australien ausgewandert. Nach ihrer Kindheit im bayerischen Selb, wo der Vater für die Porzellanmanufaktur Rosenthal arbeitete, und in Bozen wurde Wieser für den Kriegshilfsdienst verpflichtet und freundete sich danach mit einer frühen und einflussreichen Förderin Hitlers an. Als eine der wenigen Frauen der damaligen Zeit begann sie in Innsbruck ein Studium, das allerdings abrupt endete. Eindrucksvoll schildert sie diese Wirren des Kriegsendes und die Zeit als Dolmetscherin für die alliierten Militärregierungen in Tirol nach 1945. 1951 startete die Familie schließlich einen Neuanfang in Nuriootpa, einer deutschen Enklave im Süden Australiens. Der Kulturschock blieb nicht aus. Doch Klara Wieser setzte hartnäckig ihren eingeschlagenen Weg fort: Neben ihrer Arbeit als Sekretärin an der Universität in Melbourne beendete sie ihr Studium, heiratete schließlich und wurde zur australischen Staatsbürgerin und Buchautorin Claire French-Wieser.

Claire French-Wieser, geboren 1924 in Selb/Bayern, Volksschule in Bozen, Studium der Germanistik und moderner Sprachen in Innsbruck und Melbourne. Während des Zweiten Weltkriegs zum Arbeits- und Kriegshilfdienst verpflichtet. Nach 1945 arbeitete sie als Dolmetscherin für die alliierten Militärregierungen in Tirol. 1951 Auswanderung nach Australien. Dort zunächst als Sekretärin an der Universität Melbourne und nach ihrem Studienabschluss als Lehrende und Vortragende an einer Volkshochschule tätig. Zahlreiche Veröffentlichungen über Sagen bei Tyrolia, Edition Amalia und im 'Schlern'.

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Leseprobe
In Nuriootpa hatte sie einen Bürgen für uns gefunden, der sich bereit erklärt hatte, Vati Arbeit und uns eine Unterkunft zu geben. Er hieß Mr Habich und besaß eine Werkstätte für Bildhauerei und Grabsteine, wo er Vati beschäftigen wollte. Als Bildhauer hatte Vati den Steinmetzberuf in seiner Jugend erlernt. Es fiel ihm leicht, sich wieder hineinzufinden, obwohl er sein Leben lang als Feinkeramiker gearbeitet hatte. Wir wurden in Adelaide vom Bahnhof abgeholt und Mrs Habich bereitete uns einen freundlichen Empfang in ihrem hübschen Haus. Leider sprachen nur ihr Mann und ihre Schwiegermutter noch Deutsch und meine Fähigkeiten als Dolmetscherin erfuhren eine erste schwere Prüfung. Zudem erfuhr ich, dass Mrs Habich erwartete, dass ich mich bei ihr in Haus und Garten als Hausmädchen betätigte. Unsere Unterbringung erfolgte bei einer Pastorenwitwe, die dafür von Mutti ebenfalls Haushaltshilfe erwartete. Bruder Othmar könne natürlich die örtliche high school besuchen. So wäre alles aufs Beste geordnet gewesen. Leider sollten sich bald Probleme herausstellen, mit denen Mrs Habich nicht gerechnet hatte. Erstens war Muttis Gesundheitszustand so schlecht, dass sie der Arbeit bei der strengen Frau Pastor nicht gewachsen war. Zweitens spielte Othmar der alten Dame allerhand dumme Streiche, die sie aufs Höchste empörten. Drittens glaubte Mrs Habich beobachtet zu haben, dass Mr Habich ein Auge auf mich geworfen hatte. Planänderungen waren also dringend angezeigt. Fürs Erste wurden wir umquartiert, und zwar in das alte, verlassene Haus der Familie Habich, das seit Jahrzehnten leer gestanden hatte. Es war kaum möbliert und das Wasser musste aus einem alten Betontank im Garten geholt werden. Das WC befand sich in der typisch australischen Wellblechhütte, üblicherweise in der hintersten Ecke des Gartens. Es bestand aus einem Sitzbrett, das über einem Eimer angebracht war, der allwöchentlich von einem Gemeindearbeiter ausgeleert wurde. In der geräumigen Wohnküche stand ein alter Tisch mit ein paar wackeligen Stühlen; zum Kochen stand ein kleiner Holzherd bereit. Das australische Eukalyptusholz ist viel schwerer und härter als unsere Fichten, und weder Mutti noch ich hatten je im Leben Holz gehackt. Hinter der Küche war ein dunkler Abstellraum mit einem Feldbett - meine zukünftige Schlafstelle. Als Schlafzimmer für Vati, Mutti und Othmar war der alte Laden vorgesehen, der ursprünglich zu dem Haus gehört hatte. Seine ehemaligen Schaufenster waren zugemauert, aber die Tür führte direkt auf die Hauptstraße von Nuriootpa. Die Waschküche war in einem Wellblechschuppen untergebracht und mit einem kleinen Kupferkessel über einer primitiven Feuerstelle, zwei Betontrögen und einem uralten Handwringer ausgestattet. Mrs Habich war stolz auf diesen Kupferkessel, hatte ihre Schwiegermutter doch ihre Wäsche noch in einem alten Benzinkanister gekocht, wie sie mir erzählte. Außer einigen alten Deckenlampen war kein Stromanschluss vorhanden, nicht einmal einen birko jug (einen elektrischen Wasserkocher) gab es, damit wir uns eine Tasse Tee kochen konnten, um uns von dem Schrecken zu erholen. Doch nach Mrs Habichs Meinung waren wir nun im eigenen Heim aufs Beste untergebracht und hatten nicht zu klagen. Kurz nach unserem Einzug teilte sie mir mit, dass sie ganz gut ohne meine Hilfe auskommen könne, während ihr Nachbar, Mr Falkenberg, dringend Hilfe bei der Weinernte brauche. Erntearbeiterin war also mein erster Job in Australien!
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