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E-Book

Alfred Adler heute. Zur Aktualität der Individualpsychologie

VerlagWaxmann Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl332 Seiten
ISBN9783830974055
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,40 EUR
Die moderne Individualpsychologie versteht sich als eine psychodynamische Richtung, die ihre Wurzeln in der Psychoanalyse nicht verleugnet, aber gleichzeitig auf Eigenständigkeit Wert legt. Die Beiträge sind das Ergebnis einer Tagung, die im Mai 2010 an der Sigmund-Freud-Privatuniversität stattgefunden hat und zum 100-jährigen Jubiläum der Individualpsychologie im Jahre 2011 in schriftlicher Form vorliegen. Folgende Themenschwerpunkte werden behandelt: Psychotherapiewissenschaft, Psychoanalyse, Psychosomatik, aktuelle Entwicklungen, Kultur – Gesellschaft – Gemeinschaft, kognitive Ansätze, spezielle Anwendungen.

Mit Beiträgen von Helmut Albrecht, Herta Brinskele, Petra Eibl-Mörzinger, Gisela Eife, Peter Gasser-Steiner, Vlad Grigorescu, Alfred Kirchmayr, Vivien Langer, Dorothea Oberegelsbacher, Gabriela Pap, Joachim Prandstetter, Susanne Rabenstein, Gisbert Redecker, Bernd Rieken, Brigitte Sindelar, Thomas Stephenson, Roland Wölfle, Stefanie Zauner

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Kapitelübersicht
  1. Inhalt und Vorwort des Herausgebers
  2. SFU-IP – Erste Konturen einer sich neu bildenden Community
  3. Psychotherapiewissenschaft, Hermeneutik und das Unbewusste
  4. Die Individualpsychologie und der psychoanalytische Theorienpluralismus
  5. Auf welchen Schultern stehen wir? 'Freie psychoanalytische Forschung' in Ausbildung und Praxis?
  6. Der Aggressionstrieb im Leben und in der Neurose
  7. Individualpsychologisch-analytische Behandlung einer Borderline- Patientin
  8. Panikattacken, ein Zusammenbruch des 'Selbst' ?
  9. Burn-out – Ein klarer Fall für die Individualpsychologie?
  10. Die Aktualität von Adlers Konzept der 'doppelten Dynamik'
  11. Das Gemeinschaftsgefühl im Spiegel der Neurowissenschaften
  12. Bindungstheorie und Individualpsychologie
  13. Die neuen Kinderkrankheiten – Heilen und Bilden?
  14. Das 'Böse im Menschen
  15. 'Die feinen Unterschiede'
  16. Alfred Adlers Sinn für Humor und Freude, List und Witz – Oder: Prinzip Ermutigung und Prinzip Lebensfreude
  17. Individualpsychologische und kognitiv-behaviorale Konzepte im Coaching
  18. Basic Beliefs during Adlerian Psychotherapy: Clients’ Beliefs about Self and the World
  19. 'Die Blume gefällt mir'
  20. Überlegungen zur Theorie und Praxis der individualpsychologischen Behindertenpsychotherapie
  21. Die stationäre Drogentherapie als eine praktische Anwendung der Individualpsychologie nach Adler und Dreikurs
  22. Die Autorinnen und Autoren
Leseprobe
Alfred Adlers Sinn für Humor und Freude, List und Witz – Oder: Prinzip Ermutigung und Prinzip Lebensfreude (S. 237-238)

Alfred Kirchmayr


Zur Bedeutung von Humor in der Individualpsychologie


Zur Einstimmung

„Ermunterung ist wichtiger als Lehre.“ (Goethe) „Die Landkarten sind nicht die Landschaft .“
(De Shazer)

Sigmund Freuds geniale Studie „Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten“ (1905) hat nicht nur für Tiefenpsychologie und Psychotherapie wichtige Anregungen gegeben. Doch diese Einsichten werden viel zu wenig beachtet. Es ist schade, dass im Mainstream der psychoanalytischen Bewegung eine eigenartige Berührungsangst gegenüber den Phänomenen Witz, List, Freude, Lachen und Humor besteht (Heisterkamp 2000).

Der Psychoanalytiker Ralph R. Greenson ist indes dem Esprit Freuds treu geblieben. Er sieht im Humor eine wesentliche Ressource für Psychotherapeuten: „Meine persönlichen Beobachtungen deuten darauf hin, dass die besten Th erapeuten unter den Psychoanalytikern eine Menge Sinn für Humor haben, schlagfertig sind und die Kunst des Geschichtenerzählens genießen“ (Frings 1996, S. 98). Zwar hat Alfred Adler nur wenige Seiten über den Witz geschrieben, aber er hatte einen ausgeprägten Sinn für die praktische Verwendung von Witzen, Humor und witzigen Anekdoten in Beratung und Th erapie (Rattner 1981; Rom 1966).

Es überrascht deshalb nicht, dass sich heute besonders Individualpsychologen wie Michael Titze und Günter Heisterkamp für die Pfl ege von Witz, Humor und Freude in der Psychotherapie engagieren (Titze und Eschenröder 1998; Heisterkamp 2000; Kirchmayr 2005; Salameh 2007). In der Zeit zwischen 1895 und 1905 hat Freud vier Wegen zum Unbewussten jeweils ein Buch gewidmet: dem neurotischen Symptom, dem Traum, den Fehlleistungen und dem Witz. Auch der Witz ist ein kleiner Königsweg zum Unbewussten. Sein Wesen besteht ja in der Überlistung der Zensur – und das geschieht oft durch die Verwendung von Anspielungen und Doppelsinn.

Im Witz kommen Bedürfnisse und Gefühle zur Sprache, die sonst mehr oder weniger verdrängt und verleugnet werden müssten (Kirchmayr 2005; 2009b). Und Freud fand 1924 in einem Brief an Oskar Pfi ster eine treff ende Metapher für eine ganzheitliche Psychotherapie: „In Wirklichkeit muss man ja doch in allen Stockwerken zugleich arbeiten“, nämlich auf der leiblichen, der emotionalen, der rationalen, der geistig-spirituellen und der sozialen Ebene (Freud und Pfi ster 1980, S. 99).

Ich bin davon überzeugt, dass die Tiefenpsychologie ihre Entstehung dem Esprit und Humor des Judentums verdankt. Denn es ist nicht zufällig, dass die Wiege der tiefenpsychologischen Psychotherapien im jüdischen Wien steht. Sigmund Freud, Alfred Adler, Wilhelm Reich, Viktor Frankl und Jakob Levi Moreno waren die wichtigsten Pioniere dieser geist- und witzreichen Bewegung der Aufk lärung und Befreiung aus neurotischem Elend und entmündigenden Herrschaft sformen aller Couleurs (Frischenschlager 1994). Das Ziel der Tiefenpsychologie besteht in einer Bewusstseinserweiterung, begleitet von Bewusstseinserheiterung. Die Tradition der Aufk lärung richtet sich gegen die vielfältige Herrschaft von ,Dunkelmännern‘. Sie fördert den Gebrauch des eigenen Lichtes der Vernunft . Dadurch können Autonomie und Lebensfreude gefördert und Formen von infantilisierender Fremdbestimmung überwunden werden.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Vorwort des Herausgebers8
SFU-IP – Erste Konturen einer sich neu bildenden Community10
Einleitung10
Diskurse und Forschungstraditionen in Scientific Communities10
Die Ausgangslage vor dem Entstehen der neuen Community12
Literatur36
Psychotherapiewissenschaft, Hermeneutik und das Unbewusste42
Zur Problematik der Vereinsausbildung42
Psychotherapiewissenschaft als Studium und Ausbildung – Möglichkeiten und Probleme45
Spezifik der Psychotherapie und ihrer Wissenschaft47
Teleologie und Freiheit52
Individualpsychologie, unbewusste Teleologie und Fiktionalismus54
Literatur57
Die Individualpsychologie und der psychoanalytische Theorienpluralismus62
Individualpsychologie als Narzissmustheorie65
Individualpsychologie als Selbstregulationstheorie67
Individualpsychologie als intersubjektive Perspektive69
Resümee71
Literatur73
Auf welchen Schultern stehen wir? „Freie psychoanalytische Forschung" in Ausbildung und Praxis?76
Literatur85
Der Aggressionstrieb im Leben und in der Neurose88
1. Die Durchtrennung der Verbindung88
2. Die Illusion89
3. Die Wissenschaft89
4. Das wissenschaftstheoretische Instrument90
5. Der Anstand / Das Peinliche92
6. Die Gruppendynamik94
7. Der ideengeschichtliche Kontext96
8. Die Rezeption97
9. Der Text98
10. Der Mutterboden100
11. Adlers Antwort101
12. Die Verschränkung102
13. Die Arbeitshypothese103
14. Die Heredität109
Literatur113
Individualpsychologisch-analytische Behandlung einer Borderline- Patientin116
Symptomatik der Patientin116
Anamnese der Patientin116
Versuch einer Lebensstilanalyse117
Darstellung der Supervisionssituation119
Einbindung der Theorie in dem Versuch, die aus der Therapie mit einer Borderline- Patientin gewonnenen Erfahrungen zu verdeutlichen121
Zusammenfassung125
Literatur126
Panikattacken, ein Zusammenbruch des „Selbst" ?128
Literatur135
Burn-out – Ein klarer Fall für die Individualpsychologie?138
Ecce homo – ecce disciplina139
Burn-out-Epidemiologie – Diagnose – Symptomatik140
Schleichender Beginn – phasischer Verlauf mit Eigendynamik141
Paradigmatische Bedeutung und Grenzen individualpsychologischer Konstrukte142
Halbierte Aufklärung durch affektisolierte Vernunft143
Der geniale Arzt und Auswege aus der Verzweiflung143
Exkurs: Adlers frühe Krankengeschichte und die Wege der Überwindung147
Fiktionen – Willenskraft – Selbsttherapie – Genealogie der Moral147
Erfolg als Arzt und Aufklärer in Wien – Zwiespalt des ehrgeizigen Wohltäters149
Wie sehr war Adler verwurzelt? Wo konnte er Heimat finden?149
Freie Psychoanalyse, Volksbildung – die Individualpsychologie als Bewegung150
Regressive Gruppenmoral als Gefahr151
Kampf um Sinn in einer Welt aus den Fugen152
Rückkehr des Verdrängten und die Last der Umstände154
Tragödie und Würde – Götzendämmerung154
Die Individualpsychologie als Rohstoff: Spuren und Entwicklungen155
Literatur156
Die Aktualität von Adlers Konzept der „doppelten Dynamik"160
Die doppelte Dynamik162
Die doppelte Dynamik in der therapeutischen Mitbewegung163
Kennzeichen der doppelten Dynamik164
Verbundenheit als vorausliegende Lebensaffektion, als „ Grundmelodie" ( Adler 1932a)166
Beispiel aus einer therapeutischen Sitzung167
Schluss168
Literatur169
Das Gemeinschaftsgefühl im Spiegel der Neurowissenschaften172
Eine angeborene Möglichkeit172
Die Motivationssysteme173
Das System der Spiegelneurone177
Literatur182
Bindungstheorie und Individualpsychologie184
1 Bindungstheorie und Psychoanalyse184
2 Individualpsychologie, Bindungstheorie und die intersubjektive Perspektive184
3 Berührungspunkte zwischen Individualpsychologie, Bindungstheorie und intersubjektiver Psychoanalyse188
4 Einfluss des Bindungsstils auf den Lebensstil190
5 Fazit193
Literatur194
Die neuen Kinderkrankheiten – Heilen und Bilden?196
Entwicklungsrisiko Familie197
Entwicklungsrisiko Gemeinschaft199
Entwicklungsrisiko Schule199
Entwicklungsrisiko Beziehung201
Entwicklungsrisiko Erziehung202
Im Irrgarten der Erziehung204
Literatur206
Das „Böse im Menschen208
Das alltägliche Böse208
Strukturelle Gewalt209
Zur Geschichte des Bösen210
Mephisto211
Gewaltenteilung und Marktwirtschaft212
Der „faustische Mensch"214
Adler über den Aggressionstrieb im Leben und in der Neurose216
Konrad Lorenz oder Das so genannte Böse217
Schluss: Plädoyer für ein skeptizistisches Menschenbild218
Literatur219
„Die feinen Unterschiede"222
1. Alfred Adlers Lebensstilkonzept222
2 Der Begriff des Habitus bei Pierre Bourdieu227
3 Weiterführende Fragen, Gedanken und Wünsche231
Schluss235
Literatur235
Alfred Adlers Sinn für Humor und Freude, List und Witz – Oder: Prinzip Ermutigung und Prinzip Lebensfreude238
Zur Einstimmung238
1 Die vier komischen Gesellen: Witz, Spaß, Spott und Humor240
2 Das Wesen des großen Humors242
3 Die konfliktlösende Wirkung des großen Humors244
4 Witz, Trick, Freude und Humor in Theorie und Praxis der Individualpsychologie246
Literatur254
Individualpsychologische und kognitiv-behaviorale Konzepte im Coaching258
Literatur266
Basic Beliefs during Adlerian Psychotherapy: Clients’ Beliefs about Self and the World268
1 The psychotherapy question268
2 Broad concepts involved in the study268
3 Concepts applied270
4 An example278
5 Conclusion279
References280
„Die Blume gefällt mir"282
Einleitung282
Vorstellung der Patientin283
Zuweisungsmodus284
Behandlungsauftrag285
Setting285
Kommunikation286
Einblicke in die Therapie287
Ausschnitte aus anderen Stunden290
Weitere Stunde290
Was hat die Supervision gebracht, wie hat sie die weitere Arbeit mit der Patientin beeinflusst?291
Veränderungen291
Lebensstilanalyse292
Literatur295
Überlegungen zur Theorie und Praxis der individualpsychologischen Behindertenpsychotherapie296
Theoretische Verortung296
Der psychotherapeutische Prozess302
Exkurs: Behindertenpsychotherapie und Common Sense302
Praxeologie – Therapieziele305
Praxeologie – wie miteinander kommunizieren?308
Literatur310
Die stationäre Drogentherapie als eine praktische Anwendung der Individualpsychologie nach Adler und Dreikurs314
Über das Selbstwertgefühl von Suchtkranken und ihren Therapeuten314
Suchtthemen in der individualpsychologischen Literatur315
Gemeinschaftsgefühl, Gruppentherapie und therapeutische Gemeinschaft317
Die Therapiestation Lukasfeld, Vorarlberg319
Das Konzept der Therapiestation Lukasfeld320
Individualpsychologie leben321
Partizipation und demokratische Mitverantwortung322
Einstimmige Entscheidungen323
Lernen aus Konsequenzen323
Ordnung als oberstes methodisches Prinzip324
„Alle sitzen im gleichen Boot"325
Objektstützung als eine Technik der Ermutigung326
Schluss326
Literatur327
Die Autorinnen und Autoren330

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