Wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: '.', Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover (Zentrale Einrichtung für Lehre, Studium und Weiterbildung), Sprache: Deutsch, Abstract: Gegenstand dieser Untersuchung ist es herauszufinden, von welchen Ideen Goethe sich hat anregen und inspirieren lassen, aus welchen Quellen er geschöpft und welche Wege er eingeschlagen hat, um die androgynen Frauenfiguren in Wilhelm Meisters Lehrjahre zu gestalten. Es ist bezeichnend, dass Goethe diesen Figuren bestimmte Attribute zuordnet und sie mit besonderen Merkmalen ausstattet, sowohl ihr äußeres Erscheinungsbild als auch ihr inneres Wesen betreffend. Ferner ist von Interesse, wie diese Figuren miteinander verbunden und verflochten sind und wie sie interagieren. Es wird sich zeigen, dass zwischen ihnen Ähnlichkeiten, Parallelen, Analogien und Gemeinsamkeiten bestehen, sie sich in wichtigen Aspekten aber auch voneinander unterscheiden und gegeneinander abgrenzen. Konkret geht es darum, Goethes Auffassung des Androgyniebegriffs und das Verhältnis dieser Figuren zu mythologischen, literarischen und künstlerischen Bezugsgrößen und Vorbildern zu untersuchen. Kultur- und geistesgeschichtlich betrachtet steht Goethe in einer langen Tradition, die bis in die Antike zurückreicht, und dies findet seinen Niederschlag in der Gestaltung der androgynen Frauenfiguren seines Romans. In bestimmten Zusammenhängen bietet es sich an, einen Vergleich zwischen der ursprünglichen Version des Romans, Wilhelm Meisters Theatralische Sendung, und der endgültigen Fassung der Lehrjahre vorzunehmen und Verbindungslinien zwischen beiden Versionen zu ziehen, um nachzuweisen, dass Goethe die Darstellung diese Figuren in mancher Hinsicht verändert hat, und herauszufinden, welcher Gesinnungswandel sich dahinter verbirgt. Durch seine Italienreise (1786 - 1788) hatte sich Goethes Welt- und Menschenbild bedeutend erweitert. Unter dem Einfluss Friedrich Schillers und Wilhelm von Humboldts entwickelte er eine Konzeption, in der Wilhelms Theater- und Shakespearebegeisterung aus einem neuen Blickwinkel gesehen wird, autobiographische Elemente zurückgedrängt werden und eine stärkere Typisierung und Idealisierung der Figuren im Sinne eines klassischen Humanitätsgedankens vorgenommen wird. Die Betrachtung wird ergänzt und abgerundet durch die Einbeziehung einiger Kontrastfiguren, um die androgynen Merkmale der hier behandelten Frauenfiguren deutlicher herauszuarbeiten und sie stärker zu profilieren, z. B. durch die männliche Figur des Narciß, die ebenfalls androgyne Züge aufweist, vor allem aber durch Philine, die sich von den androgyn geprägten weiblichen Figuren deutlich abhebt.
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