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Computerspiele und lebenslanges Lernen

Eine Synthese von Gegensätzen

AutorSonja Ganguin
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl438 Seiten
ISBN9783531924335
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,96 EUR
Pädagogische Überlegungen zur Verbindung von Spiel und Lernen stehen im Zentrum dieses Bandes der Reihe 'Medienbildung und Gesellschaft'. Es geht um die spannende Frage, ob das geforderte lebenslange Lernen, das oft nur mühsam erfolgt, durch die Integration spielerischer Elemente erleichtert werden kann: Können Spiele mehr Motivation in der Weiterbildung schaffen und das formale Lernen effektivieren?
Auf der Grundlage empirischer Daten gibt diese Darstellung einen aktuellen Überblick über die tatsächliche Motivation und Bereitschaft zur Weiterbildung mit und durch digitale Lernspiele.

Sonja Ganguin ist Mitglied des Bundesvorstands der GMK und wissenschaftliche Angestellte an der FernUniversität Hagen.

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Leseprobe
4. Empirische Studie – Spiel, Arbeit und Lernen aus Studierendensicht (S. 271-272)

Bevor im Folgenden das Forschungsdesign der Studie erläutert wird, soll zuerst begründet werden, warum Studierende als Stichprobe der empirischen Untersuchung ausgewählt wurden. Schließlich könnte ein möglicher Einwand lauten, dass man eher Arbeitnehmer befragten sollte, wenn Deutungsmuster von Spiel und Arbeit untersucht werden.

Ein erster Grund, gerade Studierende zu befragen, liegt in der Generationenlagerung. Wenn es eine Game Generation geben sollte (vgl. z.B. Prensky 2001: 35ff.; Rahmen 2008; Magdans 2008), die, wie Prensky anführt, eine neue Lernkultur fordert und keine Differenz mehr zwischen Spiel und Arbeit sieht, dann eignen sich vor allem Studierende als exponierte Angehörige dieser Generation, die mit Computerspielen aufgewachsen sind, und die sich im Studium nun auf das Erwerbsleben vorbereiten, für eine solche Untersuchung.

Ein weiterer Grund, gerade Studierende zu befragen, betrifft die hier gegebene Strukturähnlichkeit von Arbeit und Lernen in Bezug auf das Spiel. Konkret meint hier Strukturähnlichkeit, dass sowohl Arbeit als auch Lernen – im Gegensatz zum Spiel – gekennzeichnet sind durch Ernsthaftigkeit und Notwendigkeit. Die sozialhistorische Analyse konnte deutlich eine jahrhundertelang tradierte Differenz von Arbeit und Spiel nachweisen.

Die Analyse verdeutlicht weiterhin, dass der beschriebene Antagonismus zwischen Arbeit und Spiel mit der Ausdifferenzierung des Bildungssektors (in Deutschland ab dem 18./19. Jahrhundert) auf das Lernen übertragen wird. Für Heranwachsende tritt der Aspekt der (Berufs-)Arbeit immer stärker in den Hintergrund, dafür tritt an die entstehende Leerstelle das (schulische etc.) Lernen. In den letzten Jahrzehnten wurde Lernen dann zunehmend biografisch entgrenzt und avancierte in der Wissensgesellschaft auch zum zentralen Bestandteil des Erwachsenenlebens.

Heutige Studierende bewegen sich biografisch sozusagen in einem Übergangs- bzw. Überschneidungsbereich zwischen Arbeit und Lernen. Einerseits lernen sie noch und befinden sich im Bildungssystem; andererseits handelt es sich um Erwachsene, die dicht vor ihrem späteren Erwerbsleben stehen. Bei Studierenden handelt es sich also um eine Personengruppe, in der der Antagonismus von Arbeit und Spiel sowie Lernen und Spiel (tendenziell) parallelisiert wird.

Die empirische Analyse wird zeigen, wie heutige Studierende tatsächlich die beiden Verhältnisse von Arbeit und Spiel bzw. Lernen und Spiel einschätzen. Obwohl drittens das Lernen im Studium als die ›klassische‹ Haupttätigkeit von Studierenden bezeichnet werden kann, besitzen Studierende – so das hier zugrunde liegende Postulat – ein bereits ausgeprägtes Arbeitsverständnis. Dies ist beispielsweise an den Strategien erkennbar, die sie wählen, um ihre späteren Berufschancen während des Studiums zu verbessern.

Diese sind a) Kenntniserwerb im EDV-Bereich, b) das Erreichen eines guten Abschlussexamens und c) möglichst berufsbezogene Arbeitserfahrungen neben dem Studium. Alle drei Strategien werden von den Studierenden zu 68% als »nützlich« betrachtet, um die eigenen Berufschancen zu verbessern, so ein Ergebnis des zehnten Studierendensurveys193 (vgl. Bargel/Ramm/Multrus 2008: 9). Betrachtet man nun, in welchem Rahmen Studierende Arbeitserfahrungen sammeln, dann haben einige Studierende bereits vor Studienbeginn eine Ausbildung absolviert, in deren Verlauf sie Berufserfahrung sammeln konnten. In der eigenen empirischen Untersuchung betrifft dies einen Anteil von 17,8%. Weiter kann man hier das Absolvieren von Praktika nennen, durch die Studierende bereits konkret mit ihrer zukünftigen Arbeitswelt in Berührung kommen und einen Einblick in unterschiedliche Berufstätigkeiten erhalten.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
1. Präludium11
2. Sozialhistorische Analyse – Das Spiel und seine konzeptionellen Gegenbegriffe16
2.1 Antike – das Spiel beginnt18
2.1.1 Die Griechen – der agonale Mensch?18
2.1.1.1 Die Olympischen Spiele19
2.1.1.2 Die Bedeutung des kindlichen Spiels (Platon und Aristoteles)22
2.1.1.3 Spiel und Ernst, Muße vs. Arbeit27
2.1.2 Die Römer – der expansive Mensch?31
2.1.2.1 Panis et circenses32
2.1.2.2 Die Bedeutung des kindlichen Spiels (Cicero und Quintilian)34
2.1.2.3 Spiel ist Tand36
2.1.3 Fazit: Der Beginn der Abwertung des Spielbegriffs37
2.2 Exkurs: Jüdisch-christliche Überlieferung38
2.2.1 Der Sündenfall: Arbeit als Privileg vs. Strafe41
2.2.2 Arbeit vs. Faulheit42
2.2.3 Arbeiten als Muss43
2.2.4 Fazit: Die Dominanz der Arbeit gegenüber dem Spiel44
2.3 Mittelalter und Frühe Neuzeit – Arbeit als primärer Lebensbereich45
2.3.1 Christliches Mittelalter – der schuldbeladene Mensch?46
2.3.1.1 Spielerisches Vergnügen vs. Arbeit als Buße (Frühmittelalter)47
2.3.1.2 Spiel verhöhnt und geliebt (Hochmittelalter)49
2.3.1.3 Verdammnis des Spiels (Spätmittelalter)53
2.3.2 Frühe Neuzeit – der fromme Mensch?57
2.3.2.1 Der Mensch als magnum miraculum (Renaissance)58
2.3.2.2 Das Spiel als Laster (Reformation)60
2.3.2.3 Das Leben als Theater (Barock)63
2.3.2.4 Spieleinschränkung oder Spielverbot? (Pietismus)67
2.3.3 Das Zeitalter der Aufklärung – der rationale Mensch?69
2.3.3.1 Das Nützliche im Spiele suchen?72
2.3.3.2 Spiel und Arbeit zu unterschiedlichen Zeiten76
2.3.3.3 Glücksspiele als Gefahr für die Arbeit79
2.3.3.4 Über die Trennung von Arbeit und Freizeit80
2.3.4 Fazit: Das Spiel als Gegenspieler der Arbeit82
2.4 Das 19. Jahrhundert – Aufbruch in die Moderne86
2.4.1 Der idealistische Mensch (Schiller)89
2.4.1.1 Antikes Spielideal vs. entfremdete Arbeit89
2.4.1.2 Spieltrieb als Vermittlungsinstanz90
2.4.1.3 Rehabilitierung des Spielbegriffs92
2.4.2 Der romantische und zu bildende Mensch94
2.4.2.1 Spiel und Phantasie (Paul)94
2.4.2.2 Das Spiel als kindliche bildende Lebensform (Fröbel)95
2.4.3 Der spezialisierte Mensch (Spielforschung)96
2.4.3.1 Das Wesen des Spiels – eine Negativ-Definition (Schaller)98
2.4.3.2 Die Reize der Spiele (Lazarus)102
2.4.3.3 Interdisziplinäre Spielsynopse (Groos)111
2.4.4 Fazit: Spiel vs. Ernst120
2.5 Das 20. Jahrhundert – Das Zeitalter der Extreme122
2.5.1 Das Spiel als identifizierbarer Gegenstand?124
2.5.1.1 Spielkennzeichen nach Huizinga125
2.5.1.2 Spielkennzeichen nach Caillois127
2.5.1.3 Der pragmatische Kompromiss: Ein Spielkatalog130
2.5.2 Das spielende Kind und der arbeitende Erwachsene?134
2.5.2.1 Die Beschränkung von Spielstadien auf das Kind135
2.5.2.2 Spiel als Ergänzung für den Alltag Erwachsener140
2.5.2.3 Dialektische Aufhebung der Gegensätze?142
2.5.3 Spiel und Ernst143
2.5.3.1 Diskussion: Entstehungsgeschichte von Spiel und Ernst144
2.5.3.2 Ernsthaftes Spielen?146
2.5.3.3 Das Postulat der Zweckfreiheit147
2.5.4 Spiel und Arbeit151
2.5.4.1 Spielsemantik im gesellschaftlichen Wandel – Die unfreie Arbeit und das freie Spiel?152
2.5.4.2 Inhaltliche und definitorische Spieldiskrepanz155
2.5.4.3 Im Flow? – Strukturähnlichkeiten von Spiel und Arbeit157
2.5.5 Fazit: Alles Spiel?161
2.6 Resümee163
2.6.1 Das Definitionsdilemma164
2.6.2 Spieldiskurse165
2.6.2.1 Das instrumentell-rationalisierte Spiel166
2.6.2.2 Das realitätsfern-sinnlose Spiel167
2.6.2.3 Das romantisch-leidenschaftliche Spiel168
2.6.2.4 Das moralisch-verwerfliche Spiel169
2.6.3 Drei Spielprinzipien – Das Spiel und seine Gegenspieler170
3. Aktueller Diskurs – Der Spieler in der Wissensgesellschaft?173
3.1 Das Kompetenzspiel in der Arbeit176
3.1.1 Lernen – ein Leben lang?177
3.1.1.1 Drei Sichtweisen auf lebenslanges Lernen179
3.1.1.2 Gründe für lebenslanges Lernen182
3.1.2 Weiterbildung im Wandel: Neue Medien – Neues Lernen?183
3.1.2.1 Weiterbildung: Spaß oder Anstrengung?184
3.1.2.2 E-Learning: die (gescheiterte) Lernform des 21. Jahrhunderts?187
3.1.3 Anforderungen an heutige Individuen in der Wissensgesellschaft: Das agonale Spiel des Arbeitskraftunternehmers?190
3.2 Der Computer – Arbeits- oder Spielmedium?194
3.2.1 Kindliche Computernutzung194
3.2.2 Computernutzung von Jugendlichen197
3.2.2.1 Offline-Tätigkeiten198
3.2.2.2 Offline- und Online-Tätigkeiten201
3.2.3 Computernutzung Erwachsener202
3.3 Computerspiele – ein ernst zunehmendes Phänomen?206
3.3.1 Das Computerspiel – ein Nischenmarkt?206
3.3.2 Definition Computerspiel209
3.3.3 Das Problem mit den Spielgenres210
3.3.4 Computerspielnutzung in Deutschland – ein Jugendphänomen?216
3.3.4.1 Computerspielnutzung von Kindern218
3.3.4.2 Computerspielnutzung Jugendlicher220
3.3.4.3 Computerspielnutzung Erwachsener223
3.3.5 Faszination Computerspiel234
3.3.5.1 Veni, vidi, lusi – Nutzungsmotive234
3.3.5.2 Strukturbesonderheiten243
3.3.6 Computerspiele als Lernköder?247
3.3.6.1 Kompetenzförderliche Potenziale von Computerspielen248
3.3.6.2 Vom Edutainment zu den Serious Games259
3.4 Fazit: Ready for a change? Das Computerspiel in der Diskussion267
4. Empirische Studie – Spiel, Arbeit und Lernen aus Studierendensicht272
4.1 Forschungsdesign275
4.1.1 Hypothesen275
4.1.2 Fragebogenerhebung und Stichprobenbeschreibung276
4.1.3 Methoden der Datenanalyse278
4.1.3.1 Semantisches Differenzial278
4.1.3.2 Hauptkomponentenanalyse282
4.1.3.3 Clusteranalyse285
4.2 Quantitative Ergebnisse288
4.2.1 Was wird gespielt?288
4.2.2 Spielmerkmale und Spielantagonismen291
4.2.3 Semantische Bedeutungsanalyse von Spiel, Arbeit und Lernen297
4.2.3.1 Das Semantische Feld von Spiel, Arbeit und Lernen298
4.2.3.2 Spiel und Arbeit – ein trendanalytischerVergleich302
4.2.3.3 Die Beziehung von Spiel, Arbeit und Lernen312
4.2.3.4 Fazit: Spiel und Arbeit vs. Spiel und Lernen321
4.2.4 Grundmuster von Spiel und Arbeit324
4.2.4.1 Struktur des Arbeitsbegriffs325
4.2.4.2 Struktur des Spielbegriffs334
4.2.4.3 Struktur des Verhältnisses von Spiel, Arbeit und Lernen344
4.2.4.4 Fazit352
4.2.5 Typologie subjektiver Deutungsmuster von Spiel, Arbeit und Lernen355
4.2.5.1 Cluster 1: Die arbeitsorientierten Pragmatiker356
4.2.5.2 Cluster 2: Die lebensgewinnorientierten Spielbefürworter359
4.2.5.3 Cluster 3: Die spielskeptischen Traditionalisten362
4.2.5.4 Cluster 4: Die desinteressierten Spielgegner364
4.2.5.5 Cluster 5: Die unbefangenen Spielverteidiger366
4.2.5.6 Synopse der Cluster369
4.2.5.7 Fazit375
4.3 Zusammenfassung der quantitativen Ergebnisse377
5. Postludium380
Literatur386
Anhang407
Tabellenverzeichnis407
Abbildungsverzeichnis409
Tabellarischer Anhang412
Fragebogen414
Ausprägungen der 5 Cluster auf den 12 Hauptkomponenten (z-Werte)428
Mittelwerte429
Arbeit429
Spiel432
Lernen435
Differenzen und Korrelationen des Semantischen Differenzials436

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