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Auf der Sonnenseite

Warum uns die Energiewende zu Gewinnern macht

AutorFranz Alt
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783492963053
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Bereits ein Viertel unseres Bedarfs wird durch Öko-Strom gedeckt: Die Energiewende hat Deutschland zum Vorreiter alternativer Energiequellen gemacht. Doch warum sind wir immer noch von Öl, Gas, Kohle und Atomstrom abhängig? Warum stehen Lobbyisten weiter unter dem Schutz der Politik? Franz Alt deckt auf, wer die Energiewende bremst und warum sie dennoch alternativlos ist.  Der langjährige Berater von Regierungen und Konzernen legt eine brisante Analyse vor, die Lobbyisten, Energiemultis und Politikern nicht gefallen wird.

Franz Alt, geboren 1938, war zwanzig Jahre Leiter und Moderator von »Report Baden-Baden« und bis 2003 Leiter der Zukunftsredaktion des Südwestrundfunks. Er wurde von der Europäischen Kommission mit dem ersten »Europäischen Solarpreis für Publizistik« ausgezeichnet und hält jährlich hunderte Vorträge im gesamten deutschsprachigen Raum.

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Leseprobe

Deutschland wird unabhängig und erneuerbar

Deutschland erklärt mithilfe der Sonne seine Unabhängigkeit. 2013 wird nirgendwo auf der Welt so viel Solarstrom erzeugt werden wie hierzulande. In den letzten 15 Jahren sind im Bereich der Photovoltaik 100 000 neue Arbeitsplätze entstanden, 15 000 bei der Solarthermie und je über 100 000 bei Windkraft und bei Bioenergie. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen bis 2020 eine Million Autos mit Solar- und Windstrom fahren, bis 2030 sechs Millionen. Das Solarzeitalter hat bereits begonnen.

In der Politik wird viel taktiert. Doch für die Energiewende brauchen wir zuallererst eine Strategie. Eine Strategie aber braucht Strategen, das heißt Träger in der Gesellschaft. Deshalb werden Sie, liebe Leserin und lieber Leser, in diesem Buch wenig Appelle an Regierungen und Organisationen finden, sondern viele konkrete Beispiele dafür, dass und wie einzelne Menschen, Firmen und Kommunalpolitiker für die erneuerbaren Energien aktiv geworden sind.

Den Erneuerbaren ist es gelungen, das schon lange brachliegende gesellschaftliche Potenzial anzuzapfen. Aber das gesamte gesellschaftliche Potenzial ist auch heute noch nicht ausgeschöpft. Entscheidend für die 100-prozentige Wende wird es sein, möglichst viele solare, genossenschaftliche und bürgerschaftliche Initiativen anzustoßen: aus dem Mittelstand, aus Umweltverbänden, aus den Organisationen der erneuerbaren Energien, unter Hausbesitzern, bei den Landwirten für die Bioenergie.

Jeder Vorschlag bleibt unfruchtbar, solange er keine engagierten Träger in der Gesellschaft findet, hat Hermann Scheer 15 Jahre lang gepredigt, wenn er als Eurosolar-Chef die Deutschen und Europäischen Solarpreise verliehen hat. Viele Bücher – auch prominenter Autoren wie Al Gore – leiden darunter, dass sie, anstatt die gesellschaftlichen Träger der Energiewende anzusprechen, ihre wohlformulierten Appelle an Regierungen, internationale Institutionen oder die UNO richten. Das ist immer gut gemeint, aber selten gut gemacht. Unsere Zeit ist voller Appelle, aber es fehlt an praktischen Handlungsanweisungen und Hilfen für die Mitte der Gesellschaft, welche die Energiewende und die damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen mit ihrer Arbeit, ihrer Phantasie und ihrem Geld stemmen kann.

Die wichtigste Ressource für die Wende ist und bleibt die gesellschaftliche. Sie anhand guter Beispiele zu mobilisieren ist die klare Absicht dieses Buches. Ich will vor allem die größer werdende Zahl der Neugierigen erreichen und zur Aktivität ermuntern. Nur dann kann in absehbarer Zeit der unaufhaltsame Durchbruch gelingen.

Der schwedische Wirtschaftsnobelpreisträger Gunnar Myrdal ging davon aus, dass ein gesellschaftliches Projekt dann realisiert werden kann, wenn es von fünf Prozent passionierter Menschen nachhaltig verfolgt wird. Diese Minderheit wird dann weitere 15 Prozent mitziehen. Das reicht aus, weil die Mehrheit gewöhnlich indifferent ist, aber dennoch bereit, sich einer neuen, überzeugenden gesellschaftlichen Perspektive anzuschließen. Dieses kritische Potenzial ist jetzt erreichbar.

Hinter dem Wunsch nach der Energiewende steckt jedoch viel mehr als die Vorstellung von sinkenden Kosten durch kostenlose Energieträger. Hinter dem weltweiten Vormarsch der erneuerbaren Energien steckt die Hoffnung auf Versorgungssicherheit, neue Arbeitsplätze, naturverträgliche Energieversorgung, verbrauchernahe Stromerzeugung, kurze Bauzeiten, lokale Wertschöpfung, umweltgerechte Mobilität sowie technische Innovation. Die Energiewende ist eine Kultur- und Zivilisationswende.

»Der Beitrag der Photovoltaik wird immer wichtiger. Seit diesem Sommer [2012] übertrifft die in Deutschland installierte Solarstromleistung sogar die Windkraftleistung«, stellt Professor Bruno Burger vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg fest. In der Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur stehen im Sommer 2012 30 Gigawatt Photovoltaik 29 Gigawatt Windkraft gegenüber. Steinkohle- und Erdgaskraftwerke folgen mit 21 beziehungsweise 20 Gigawatt, Braunkohle- und Kernkraftwerke mit 17 beziehungsweise 12 Gigawatt. Damit ist Solarenergie ab jetzt in Deutschland die leistungsstärkste Stromquelle überhaupt. Eine Durchschnittsfamilie verbraucht hierzulande im Schnitt 4500 bis 5000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Mit einem Gigawatt installierter Wasserkraft-Leistung können bei 5000 Volllaststunden im Jahr etwa drei Millionen Privatpersonen versorgt werden.

Bei allem Wachstum muss allerdings beachtet werden, dass die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht, und dadurch die tatsächlich ins Netz eingespeiste Solar- und Windleistung aufgrund lokaler Wetterbedingungen niedriger ist als die installierte Leistung, die lediglich das mögliche Potenzial der Anlage beziffert und nicht die tatsächlich erbrachte Menge. Außerdem ist die Leistung der Solaranlagen nachts naturgemäß gleich null. Kohle- und Gaskraftwerke und auch große Pumpspeicherkraftwerke müssen deshalb die Schwankungen noch ausgleichen, solange die Entwicklung von Speichertechnologien nicht stärker gefördert wird.

Obwohl laut einer Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) 2012 bereits über 25 Prozent des Bruttostromverbrauchs durch regenerative Energien bereitgestellt werden können, sind wir erst am Anfang: Bisher werden hierzulande erst 13 Prozent der geeigneten Dachfläche für Photovoltaik genutzt – 87 Prozent warten also noch darauf. Hinzu kommen Fabriken, Freilandflächen wie Industrie- und Militärbrachen, Müllhalden, Lärmschutzwände sowie viele weitere Nutzflächen wie Fensterscheiben und Glasbauten, deren Entwicklung gerade erst beginnt.

Außerdem: Bei weiter sinkenden Modulpreisen rechnen sich auch Flächen, die bisher ausgespart bleiben – wie nach Osten, Nordosten und Nordwesten ausgerichtete Dächer. Erste Erfahrungen zeigen: Selbst nach Norden orientierte Dächer können noch bis zu 70 Prozent des Stroms erzeugen, den nach Süden orientierte Dächer produzieren.

Boshafte werden über die inzwischen 1,3 Millionen Kleinsolarier, die es in Deutschland gibt, vielleicht sagen: Das ist eine Selbsthilfegruppe für Sonnensüchtige! Die Beschreibung mag manchmal sogar zutreffen: Ich kenne Photovoltaikanlagenbetreiber, die selbst dann am Abend auf ihren Stromzähler schauen, wenn tagsüber keine Sonne schien. Doch sicher ist, dass sich der Erfolg der erneuerbaren Energien einer Volksbewegung dieser »Sonnensüchtigen« verdankt. Dabei geht es längst nicht allen Erzeugern von erneuerbarer Energie hauptsächlich ums Klima. Oft überwiegen auch ökonomische Interessen. Aber selbst dann wirken diese gemeinwohlfördernd. Denn auch sie tragen dazu bei, die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu erhalten. Genau deshalb sagen viele Investoren in erneuerbare Energien, sie haben »ein gutes Gewissen dabei«. Das können Investoren in fossil-atomare Energie so nicht behaupten. Die Energiewende gelingt, wenn die Gesellschaft zu ihrem Akteur und Motor wird – ob nun aus ideologischen oder wirtschaftlichen Interessen.

Vor wenigen Jahren war es noch undenkbar: Über ein Viertel des Stroms wird hierzulande bereits ökologisch erzeugt. Hinzu kommt: Der Neubau von Wind- und Solarkraftwerken ist preiswerter als der Neubau von Kohlekraftwerken – bei gleicher Leistung. Der deutsche Boom für Solarkraft reißt außerdem die Welt mit, was wiederum gut ist für die deutsche Maschinenbauindustrie. Von 2006 bis 2013 sind die Kosten des Solarstroms um drei Viertel gefallen. Und die Entwicklungsländer warten jetzt ebenfalls auf die erneuerbaren Energien. Aber was machen wir? Die Ewiggestrigen jammern über die Höhe der Einspeisevergütung, die in Folge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Konkurrenzfähigkeit der erneuerbaren Energien fördern soll, anstatt die Energiewende zu feiern.

Können die erneuerbaren Energien atomare und fossile Kraftwerke vollständig ersetzen?

Eine oft gestellte Frage. Die Antwort ist eindeutig, die unterschiedlichsten Studien kommen zu einem klaren Ja. Ob Umweltbundesamt, Bundesumweltministerium, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, European Climate Foundation/McKinsey, Greenpeace, Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags, Prognos AG, das Wuppertal-Institut oder der Sachverständigenrat für Umweltfragen: Sie alle kommen zu dem Ergebnis, dass spätestens bis 2050 die komplette Energieversorgung oder zumindest die Stromversorgung zu 100 Prozent auf erneuerbar umgestellt werden kann. Die Bundesregierung plant allerdings konservativer: Bis 2050 sollen 60 Prozent der Gesamtenergie und 80 Prozent des Stroms erneuerbar produziert werden.

In späteren Szenarien werde ich aufzeigen, dass die Energiewende auch schneller gelingen kann. Wir haben in Deutschland und Europa zwar unendlich viel erneuerbare Energie, aber nicht unendlich viel Zeit für die Energiewende. Entscheidend wird der Preis für Ökoenergie sein. Da die Sonne bekanntlich keine Rechnung schickt, kostet 2013 Solarstrom vom eigenen Dach schon 40 Prozent weniger als der Strom aus der Steckdose. Eine positive Preisentwicklung, die auch ich in meinen früheren Büchern so rasch nicht für möglich gehalten habe.

Doch hier sollen auch die noch größten Engpässe der Energiewende angesprochen werden: die Grundlastfähigkeit der erneuerbaren Energieträger, die Speicherfähigkeit von Strom und die entsprechende Netzstruktur....

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