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E-Book

Auf der Suche nach Schrödingers Katze

Quantenphysik und Wirklichkeit

AutorJohn Gribbin
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl336 Seiten
ISBN9783492956772
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Die Quantenphysik gilt als eine der größten Leistungen unserer Zeit - und als eine der erfolgreichsten. Klar und anschaulich führt John Gribbin in ihre Welt ein und erläutert von den Anfängen der Atomtheorie des 19. Jahrhunderts bis zur gegenwärtigen Forschung eine der aufregendsten Wissenschaften, ohne die weder Laser noch Computer denkbar wären.

John Gribbin, geboren 1946 in Maidstone/Kent, studierte Physik und Astronomie, war Mitarbeiter bei Nature, New Scientist und der Times. Er lehrt und forscht an der University of Sussex. Autor zahlreicher Sachbücher, darunter »Auf der Suche nach Schrödingers Katze«, »Richard Feynman« (mit Mary Gribbin) und »Wissenschaft für die Westentasche«. Zuletzt erschien von ihm »Geschöpfe aus Sternenstaub«.

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Leseprobe

1. Kapitel: Licht

Isaac Newton »erfand« die Physik, und die gesamte Naturwissenschaft beruht auf Physik. Gewiß hat Newton sich auf die Arbeit anderer gestützt, aber erst mit der Veröffentlichung seiner drei Bewegungsgesetze und der Gravitationstheorie vor genau 300 Jahren (1687) wurde die Wissenschaft auf jenen Weg gebracht, an dessen Ende die Raumfahrt, der Laser, die Atomenergie, die Gentechnologie, das Verständnis der Chemie und noch vieles mehr stehen. Zweihundert Jahre lang herrschte unangefochten die Newtonsche Physik, die man heute die »klassische« nennt. Neue, revolutionäre Erkenntnisse führten die Physik im 20. Jahrhundert weit über Newton hinaus, aber ohne die zwei Jahrhunderte wissenschaftlichen Fortschritts wäre man wohl nie zu jenen Erkenntnissen gelangt. Dieses Buch gibt keine Wissenschaftsgeschichte, und es handelt nicht von den erwähnten klassischen Vorstellungen, sondern von der neuen Physik, der Quantenphysik. Sogar in Newtons 300 Jahre altem Werk hat es jedoch schon Hinweise auf künftige Wandlungen gegeben, die weder aus seinen Untersuchungen über Planetenbewegungen und Umlaufbahnen noch aus seinen berühmten drei Gesetzen entspringen, sondern aus seinen Erkundungen über die Natur des Lichts.

Newtons Vorstellungen über das Licht waren von seinen Vorstellungen über das Verhalten von festen Gegenständen und die Bahnen der Planeten beeinflußt. Er begriff, daß unsere Alltagserfahrung mit dem Verhalten von Objekten irreführend sein kann und daß ein Objekt, ein Teilchen, das keinen äußeren Einflüssen unterliegt, sich ganz anders verhalten müsse, als ein solches Teilchen auf der Oberfläche der Erde. Hier sagt uns unsere Alltagserfahrung, daß Dinge an ihrem Platz bleiben, wenn sie nicht angestoßen werden, und daß sie, wenn man aufhört, sie anzustoßen, auch bald aufhören, sich zu bewegen. Warum also hören Objekte wie die Planeten oder der Mond nicht auf, sich in ihren Bahnen zu bewegen? Gibt es etwas, was sie anstößt? Ganz und gar nicht. Die Planeten befinden sich vielmehr in einem natürlichen Zustand, der frei von äußeren Störungen ist, während die Objekte auf der Erdoberfläche gestört werden. Wenn ich einen Stift über meinen Schreibtisch schieben will, muß ich ihm einen Anstoß geben, der die Reibung des Stiftes auf der Tischoberfläche überwindet, und deshalb kommt er zur Ruhe, wenn ich aufhöre, ihn anzustoßen. Gäbe es keine Reibung, würde der Stift sich weiterbewegen. Dies ist Newtons 1. Gesetz: Jedes Objekt bleibt im Ruhezustand oder bewegt sich mit konstanter Geschwindigkeit, solange nicht eine äußere Kraft auf es ein wir kt. Das 2. Gesetz sagt uns, wie groß der Effekt einer äußeren Kraft – eines Stoßes – auf ein Objekt ist. Eine solche Kraft verändert die Geschwindigkeit des Objekts, diese Veränderung nennt man Beschleunigung; teilt man die Kraft durch die Masse des Objekts, auf welche die Kraft einwirkt, so ergibt sich die Beschleunigung, die der Körper durch diese Kraft erfährt. Gewöhnlich wird dieses 2. Gesetz etwas anders ausgedrückt: Kraft = Masse × Beschleunigung. Newtons 3. Gesetz sagt uns etwas darüber, wie die Objekte darauf reagieren, herumgestoßen zu werden: Für jede Aktion gibt es eine gleiche, entgegengesetzte Reaktion. Wenn ich mit meinem Tennisschläger einen Tennisball schlage, so entspricht der Kraft, mit der der Schläger den Tennisball anstößt, genau eine gleiche Kraft, die auf den Schläger zurückwirkt. Auf den Stift, der auf meinem Schreibtisch liegt und von der Schwerkraft herabgezogen wird, wirkt die Schreibtischplatte selbst mit einer genau gleichen Reaktion zurück. Schließlich erzeugt ja auch die Kraft des Explosionsvorgangs, der die Gase aus der Brennkammer einer Rakete heraustreibt, eine gleiche und entgegengesetzte Reaktion, deren Kraft auf die Rakete selbst einwirkt und sie in die entgegengesetzte Richtung treibt.

Diese Gesetze erklärten, zusammen mit Newtons Gesetz der Schwerkraft, die Bahnen der Planeten um die Sonne und den Umlauf des Mondes um die Erde. Wenn man die Reibung berücksichtigte, erklärten sie auch das Verhalten von Objekten auf der Erdoberfläche und bildeten daher die Grundlage der gesamten Mechanik. Sie hatten allerdings auch verwirrende philosophische Implikationen. Gemäß Newtons Gesetzen ließ sich das Verhalten eines Teilchens auf der Grundlage seiner Wechselwirkungen mit anderen Teilchen und der auf es einwirkenden Kräfte exakt Vorhersagen. Wenn es jemals möglich wäre, Ort und Geschwindigkeit eines jeden Teilchens im Universum zu kennen, dann wäre es möglich, mit größter Präzision die Zukunft jedes Teilchens und damit die Zukunft des Universums vorherzusagen. Bedeutete das, daß das Universum wie ein Uhrwerk, das der Schöpfer einmal aufgezogen und in Gang gesetzt hatte, seine exakt vorhersagbare Bahn ablief? Newtons klassische Mechanik lieferte eine Fülle von Bestätigungen für diese deterministische Sicht des Universums, ein Bild, das allerdings für den freien menschlichen Willen oder den Zufall wenig Raum ließ. Konnte es wirklich sein, daß wir alle Marionetten sind, die auf einer vorher festgelegten Route durchs Leben gehen und im Grunde überhaupt keine Wahl haben? Die meisten Wissenschaftler ließen gern die Philosophen über diese Frage debattieren. Aber sie stellte sich wieder mit vollem Gewicht als zentrale Frage der neuen Physik des 20. Jahrhunderts.

Wellen oder Teilchen?

Da seine Physik der Teilchen ein solcher Erfolg war, ist es kaum verwunderlich, daß Newton auch das Verhalten des Lichts im Sinne von Teilchen zu erklären versuchte. Man sieht ja, daß Lichtstrahlen sich geradlinig fortpflanzen und daß Licht von einem Spiegel in ganz ähnlicher Weise abprallt wie ein Ball von einer harten Wand. Newton baute das erste Spiegelteleskop, er erklärte das weiße Licht als eine Überlagerung aller Farben des Regenbogens und leistete in der Optik noch vieles mehr. Und doch beruhten seine Theorien stets auf der Annahme, daß Licht aus einem Strom von winzigen Teilchen, Korpuskeln genannt, besteht. Wenn Lichtstrahlen die Grenze zwischen einer leichteren und einer dichteren Substanz, etwa zwischen Luft und Wasser oder Glas, überschreiten, werden sie gebeugt (deshalb scheint das Rührstäbchen in einem Glas Gin-Tonic geknickt zu sein). Die Korpuskulartheorie kann diese Brechung treffend erklären, indem sie annimmt, daß die Korpuskeln sich in der »optisch dichteren« Substanz schneller bewegen. Für das alles gab es jedoch auch schon zu Newtons Zeiten eine andere Erklärung.

Abbildung 1.1 Parallele Wasserwellen, die ein kleines Loch in einer Barriere durchsetzen, pflanzen sich von dem Loch aus als kreisförmige Wellen fort, ohne daß ein »Schatten« bleibt.

Der niederländische Physiker Christiaan Huygens war ein Zeitgenosse Newtons, allerdings, da er 1629 geboren wurde, dreizehn Jahre älter. Er entwickelte die Vorstellung, daß Licht nicht ein Strom von Teilchen ist, sondern eine Welle – ähnlich wie die Wellen, die über die Oberfläche eines Sees wandern –, daß es sich aber durch eine unsichtbare Substanz fortpflanzt, den »leuchtenden Äther«. Er dachte sich, daß die Lichtwellen sich ähnlich wie die Kräuselwellen, die ein Stein hervorruft, den man in einen Teich wirft, von einer Lichtquelle aus nach allen Seiten ausbreiten. Die Wellentheorie erklärte die Beugung und die Brechung ebenso gut wie die Korpuskulartheorie. Man sagt zwar, daß Lichtwellen in einer optisch dichteren Substanz nicht schneller, sondern langsamer werden – anders als die Lichtteilchen nach Newton; doch konnte man im 17. Jahrhundert die Geschwindigkeit des Lichts nicht messen, und so konnte dieser Unterschied den Widerspruch zwischen den beiden Theorien nicht auflösen. Es gab jedoch einen entscheidenden Punkt, in dem sich die beiden Vorstellungen in ihren beobachtbaren Vorhersagen unterschieden. Wenn Licht auf eine scharfe Kante trifft, erzeugt es einen scharf begrenzten Schatten. So sollten sich auch Ströme von Teilchen, die sich in gerader Linie fortbewegen, verhalten. Eine Welle aber wird eher noch ein wenig in den Schatten hinein gebeugt – man denke an die Kräuselwellen auf einem Teich, die sich um einen Felsen herum ausbreiten. Vor 300 Jahren sprachen die Tatsachen eindeutig für die Korpuskulartheorie, und die Wellentheorie wurde fallengelassen, auch wenn man sie nicht ganz vergaß. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sich jedoch die Wertschätzung der beiden Theorien fast ins Gegenteil verkehrt.

Abbildung 1.2 Auch kreisförmige Wellen, wie sie ein Stein erzeugt, wenn er in einen Teich fällt, pflanzen sich, wenn sie eine schmale Öffnung passieren, von dem Loch als Mittelpunkt aus als kreisförmige Wellen fort (und natürlich werden die Wellen, die auf die Barriere treffen, zurückreflektiert).

Im 18. Jahrhundert nahm kaum jemand die Wellentheorie des Lichts ernst. Einer der wenigen, der sie nicht nur ernst nahm, sondern sie in seinen Schriften vertrat, war der Schweizer Leonhard Euler, der führende Mathematiker seiner Zeit, der zur Entwicklung der Geometrie, der Differentialrechnung und der Trigonometrie erheblich beitrug. Die moderne Mathematik und Physik wird mit Hilfe arithmetischer Ausdrücke durch Gleichungen dargestellt; einen Großteil der Verfahren, auf denen diese arithmetische Darstellung beruht, entwickelte Euler; dabei führte er Kurzbezeichnungen ein, die sich bis heute erhalten haben – beispielsweise die Bezeichnung »pi« für das Verhältnis des Umfangs zum Durchmesser eines Kreises, den Buchstaben i für die Quadratwurzel aus Minus 1 (der wir, zusammen mit »pi«,...

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