Das elektronische Portfolio überträgt die Grundidee der Portfolioarbeit in eine digitale Lernumgebung, die ebenso eine Speicherung der Dokumentationen bezüglich Leistungen, Entwicklungen und Vernetzungen ermöglicht. Im Gegensatz zur papiergebundenen Mappe, liegt hier eine digitalisierte Form der Mappe vor und kann daher aus einer Vielzahl von medialen Inhalten bestehen. Insofern steht das „E“ in E-Portfolio für elektronisch, gleichbedeutend von E-Post bzw. E-Mail.
Eine einheitliche Definition des E-Portfoliobegriffes lässt sich literarisch nicht eindeutig zuweisen. Matthias C. Fink gibt eine passende Definition des Portfolios:
„Ein e-Portfolio ist eine Zusammenstellung von einzelnen Lerngegenständen und -resultaten, die mit dem Ziel gesammelt wurden, um über einen längeren Zeitrahmen eine Leistungsentwicklung zu dokumentieren. Die Sammlung der e-Portfolio-Arbeit kann Gegenstand eines Online Austauschs und einer damit verbundenen Modifizierung und Akzentuierung sein. Neben der Sammlung der Dokumente nehmen Reflexionen über die eigenen Lernprozesse und der damit verbundenen Lernresultate eine besondere Bedeutung für das Lernen ein.“ (Fink 2010, 52)
Erste Entwicklungen der E-Portfolioarbeit gingen von Nordamerika aus. Zahlreiche E-Portfolio Konzepte wurden bereits entwickelt. Im Zuge des technischen Fortschrittes sowie der Digitalisierung entstehen immer mehr technische Innovationen und Möglichkeiten, die in die E-Portfolioarbeit implementiert werden und diese beeinflussen können. (vgl. Fink 2010, 49) In Europa gelangte die E-Portfolioarbeit erst Ende der 1990er Jahre in den Gebrauch. Die Idee wurde durch das Europäische Institut für eLearning aufgegriffen (EIFE-L) und mit der sogenannten „Europortfolio-Initiative“ beworben. Gemeinsames Ziel dieser Initiative war, dass jeder Bürger bis zum Jahre 2010 über ein E-Portfolio verfügen sollte, um die Förderung des lebenslangen Lernens für jeden EU Bürger zu unterstützen. Dies konnte in diesem Umfang nicht erreicht werden. In Europa finden E-Portfolioansätze besonders in Großbritannien, den Niederlanden, Österreich und Teilen Skandinaviens Anwendung. Die Arbeit mit E-Portfolios im europäischen Raum ist somit derzeit noch am Beginn seiner Entwicklung. (vgl. Fink 2010, 49ff.)
Der digitale Rahmen des E-Portfolios ermöglicht eine große Spannweite von neuen digitalen und technischen Möglichkeiten. Zudem stellt das E-Portfolio ein Instrument für ein bildungs- und lebensphasenübergreifenden Lernens dar, welches durch seine digitale Offenheit gekennzeichnet ist und je nach Verwendungszweck auf die Art des Gebrauches hin modifiziert werden kann und muss.
Da E-Portfolios, anders als klassische Portfolios, ein elektronisches Umfeld haben, müssen gewisse technische Anforderungen erfüllt sein. Diese sollen in Folgenden vorgestellt werden.
E-Portfolio-Konzepte können Softwarestrukturen einbetten, die entsprechenden Lernprozesse einleiten und unterstützen. Dies kann beispielsweise durch Feedbackfunktionen, Kommentarfelder, digitale Lerntagebüchern (vgl. Fink 2010, 61) oder auch durch ganzheitliche Tools verwirklicht werden.
Softwaresysteme überführen hierbei Portfolios in die digitale Lernumgebung und bilden damit die technische Grundlage zur Realisation.
Dabei kann es sich um frei erwerbliche Softwareprodukte, so genannte Open Source Anwendungen (OSP, eLGG, Mahara) um kommerziell erwerbliche Software (pebblepad) handeln. Dabei zu beachten ist, dass es sich je nach Software um unterschiedliche Varianten der Umsetzung handelt. Die unterschiedlichen Software Produkte bieten eine Vielzahl von Funktionen und technischen Umsetzungen an, die von Web 2.0 Implementierungen wie Wikis oder Blogs ausgehen können bis hin zu integrierten Learning Management Systemen oder E-Learning Elementen.
Software für E-Portfolios sollte zudem folgende Komponenten nach Hornung-Prähauser besitzen:
Einen ubiquitären zugänglichen Datenspeicher, der das Sammeln unterschiedlicher Formate und Dateien zulässt
Ein Interaktions- und Kommunikationsmedium, um innerhalb von Lernprozesses kooperativ arbeiten zu können (Social Media)
Strukturierungsfunktionen, die bei der Zusammenstellung der Materialien zielgerichtet helfen, Gedanken und Informationen zu ordnen
Eine Präsentationsfunktion, um das jeweilige Portfolio über das Internet veröffentlichen zu können
Die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Inhabers über das erstellte Portfolio, inklusive der Verteilung von Zugriffsrechten
Ein persönlicher Online-Arbeitsbereich, in dem der User problemlos textbasierte Informationen, digitale Bilder, Videos erstellen und veröffentlichen kann (vgl. Hornung-Prähauser et al., 2007; zitiert nach Thomas (2014), 164)
Weiterhin müssen Speicherort sowie die Ordnerstruktur der digitalisierten Dokumente definiert sowie verortet werden. Datenschutz spielt weiterhin eine primäre Rolle Im „online“ Umfeld ist dieses Thema sensibel zu betrachten. Damit einhergehend müssen Verfügungsrechte des finalen E-Portfolios klar definiert werden. Bezogen auf den Lernprozess müssen Formen und Reichweite der Interaktion mit anderen Lernenden geklärt werden und technische Möglichkeiten (Chat, Foren, Blogs) der digitalen Umgebung geprüft sowie auf ihre Funktionen und Lernpotentiale hin betrachtet werden. (vgl. Fink 2010, 59)
Die Komponenten eines E-Portfolios unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen eines klassischen Portfolios.
Im Vorfeld der Portfolioerstellung, müssen eingehend gemeinschaftlich Sinn und Zweck des Portfolios sowie die Anforderung an dieses definiert werden. Des Weiteren ist der zeitliche Kontext zu klären, den die Schüler für das zu erstellende Portfolio zur Verfügung gestellt bekommen sowie die Klärung der Einsichts- und Verfügbarkeitsrechte. (vgl. Häcker (2005a), 15) Dabei soll jederzeit eine transparente Wirkung erzielt werden, um den Rahmen der selbstgesteuerten Arbeit abzustecken. Bei der Themenstellung- und -auswahl ist ebenso eine lehrplanorientierte Richtung des Lehrers von Bedeutung. Die Beurteilungskriterien sind im Vorfeld gemeinsam mit den Lernenden zu bearbeiten. Gemeinsame Ziele und Kriterien sollen demnach definiert und formuliert werden, um den Lernenden eine Orientierung und ein Kontrollinstrument zu bieten, um ihre Auswahlentscheidungen zu unterstützen und sich im Entwicklungsprozess wiederzufinden. Lehrende sowie Lernende müssen sich vergegenwärtigen, dass beide ein wichtiger Bestandteil des Portfolios sind. Bewertungskriterien, Zielvorstellungen und Abläufe sollten gemeinsam entwickelt und definiert werden. Vorkenntnisse angesichts der Portfolioarbeit müssen eruiert und der methodische Einsatz erprobt werden, um diesen kontinuierlich einsetzen zu können. Weiterhin stellt sich die Frage, welche Art von Portfolio zum Einsatz kommen soll. (vgl. Reich (2003), 8ff.)
SuS fügen ihre Materialien (Texte, Bilder, Aufgaben, Videos, etc.) der Arbeitsmappe hinzu. Dies können zum einen projektbezogene Materialien, zum anderen aber auch eigene Leistungen und Arbeiten sein. Was zusammengestellt wird, richtet sich in der Regel danach, welche Art von Portfolioarbeit verfolgt wird und in wie weit die Materialen dem Schüler bei der Erreichung des Lernziels helfen können. Die Sammlung soll demnach als Ausgangspunkt und Informationsquelle für die weitere Bearbeitung des Portfolios dienen. Zudem soll vom Lernenden dokumentiert werden, warum welche Materialen hinzugezogen oder herausgenommen wurden. (vgl. Häcker 2005a, 16)SuS wählen die Materialien aus, die nach ihrer Ansicht, Bestandteil des zu präsentierenden Portfolios sein sollen und ihnen zur Weiterverarbeitung speziell helfen können. Dabei müssen die Lernenden dokumentieren, aus welchen Beweggründen sie sich für die jeweilige Auswahl entschieden haben. SuS sollen sich mit den erbrachten Leistungen und Erfahrungen auseinandersetzen, Lernzuwächse und Erkenntnisse beschreiben und auftretende Schwierigkeiten festhalten. Je nach Zielniveau können auch Leitfragen ausgehend von den Lehrfragen zur Verfügung gestellt werden, um einen reflexiven Prozess manuell herleiten zu können. Anschließend wird der Lernende zudem dazu aufgefordert, seine Arbeit bezogen auf die individuelle Qualität hin zu beurteilen. Selbstbeurteilung soll hier dem Lernenden eine Selbstorientierung und das selbstgesteuerte Lernen ermöglichen. (vgl. Häcker 2005b, 6)
Durch ein erstelltes Vor- und Nachwort kann der Lernende seine Ergebnisse auf die anfänglichen Ziele rekurrieren, kontrollieren und auswerten. (vgl. Häcker 2005b, 6) Hierbei soll der Lernende ein Verständnis dafür entwickeln, wie er bei zukünftigen Projekten Verbesserungen und gemachte Erfahrungen hinsichtlich seines methodisches Vorgehens und Strategie zu implementieren. (vgl. Häcker 2005a, 16)
Der Portfolioersteller zieht...