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E-Book

Elternunterhalt

Das müssen Kinder für ihre Eltern zahlen

AutorGisela Lindemann-Hinz
VerlagVerlag C.H.Beck
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl167 Seiten
ISBN9783406672859
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Inhalt Wenn die Behörde zur Auskunft über das eigene Vermögen auffordert, ist es meist zu spät. Erfahren Sie hier, wie viel Unterhalt Sie für Ihre Eltern zahlen müssen, wenn diese sich nicht mehr selbst unterhalten können. Von der Erteilung der Auskunft über das eigene Einkommen und Vermögen über die Freibeträge und die eigene Altersvorsorge bis zum Zugriff auf Immobilienvermögen behandelt der Band alle praktischen Probleme. Daneben gibt er Hinweise für die rechtzeitige Vorsorge, wenn absehbar ist, dass eine Inanspruchnahme drohen könnte. Zahlreiche Tipps lassen den Betroffenen nicht im Regen stehen. Viele Beispiele mit Musterberechnungen machen die Ausführungen anschaulich. Neuauflage Das Werk wurde aktualisiert bezüglich Gesetzgebung und Rechtsprechung insbesondere mit der neuesten Rechtsprechung zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen. Zielgruppe Für alle Kinder, sobald sie eigenes Einkommen erzielen.

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Leseprobe

7 2. Kapitel
 
Elternunterhalt – Basiswissen


I. Der Unterhaltsanspruch als Schuldverhältnis


Der aus dem Verwandtschaftsverhältnis herrührende Unterhaltsanspruch ist ein gesetzliches Schuldverhältnis mit beiderseitigen Rechten und Pflichten. Das Unterhaltsrecht ist davon geprägt, den sich in der Regel widersprechenden Interessen von Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner bestmöglich gerecht zu werden. Es soll ein gerechter Interessenausgleich zwischen den beiden Seiten gefunden werden. Zu diesem Zweck kann eine Entscheidung nur auf der Grundlage der individuellen Verhältnisse unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen werden. Entscheidende Bedeutung haben dabei sowohl die persönlichen als auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten.

Beim Elternunterhalt unterscheidet man wie bei den anderen Unterhaltsschuldverhältnissen auch zwischen Betreuungs- und Barbedarf. Beim Betreuungsunterhalt steht die tatsächliche Versorgung des Unterhaltsberechtigten mit Nahrung, Bekleidung, Wohnung, Pflege im Krankheitsfall etc. im Vordergrund. Unter Barbedarf sind die finanziellen Mittel zu verstehen, die der Unterhaltspflichtige dem Bedürftigen für dessen gesamte Lebenshaltungskosten zur Verfügung zu stellen hat. Grundsätzlich ist der Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Unterhaltsverpflichtete kann aber auch verlangen, dass ihm die Gewährung des Unterhaltes in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen 8(§ 1612 Abs. 1 BGB). In diesem Fall erfüllt das Kind seine Unterhaltspflicht dadurch, dass es dem Elternteil zum Beispiel Unterkunft und Verpflegung und, soweit erforderlich, Betreuungsleistungen zur Verfügung stellt. Ist das Angebot von Kost und Logis für den Elternteil unzumutbar, kann er es ablehnen und stattdessen den geschuldeten Elternunterhalt in bar verlangen. Kann ihm das erwachsene Kind mit großer Familie und kleinen Kindern etwa nur ein Zimmer in seiner Wohnung zur Verfügung stellen, wird der Unterhaltsgläubiger eher Gründe haben, das Angebot abzulehnen als wenn ihm eine eigene, abgeschlossene Wohnung zur Verfügung gestellt werden kann.

Der auf dem Verwandtschaftsverhältnis beruhende Elternunterhalt kann je nach Bedarfslage Unterhaltsansprüche aktivieren, sie ruhen oder wieder aufleben lassen. Er ist an keine Einsatzzeitpunkte gebunden, wie folgendes Beispiel verdeutlichen soll: Ein Elternteil wird Anfang des Jahres hilfebedürftig. Er verfügt zwar über Vermögen, dessen Verwertung ist ihm aber, aus welchen Gründen auch immer, aktuell nicht möglich. Da er über keine anderen finanziellen Ressourcen verfügt, besteht zum Jahresanfang ein Anspruch auf Elternunterhalt gegen den erwachsenen Sohn. Im Herbst des Folgejahres kann – und muss – der Elternteil sein Vermögen auflösen. Die frei werdenden Mittel führen dazu, dass er ab dem Moment, in dem er über das Geld verfügt, keinen Elternunterhalt mehr beanspruchen kann. Drei Jahre später ist das Kapital aufgezehrt, ohne dass man dem Elternteil den Vorwurf machen kann, es verschleudert zu haben. Jetzt ist er wieder ohne eigenes Einkommen und damit unterhaltsbedürftig. Erneut setzt die Unterhaltspflicht des Sohnes ein.

Im Regelfall wird der Elternunterhalt laufend in monatlich gleicher Höhe gezahlt. Daneben gibt es aber auch Unterhaltsansprüche, die einmalig bzw. unregelmäßig anfallen können. Hierbei handelt es sich um Sonderbedarf, der wegen eines außergewöhnlich hohen Kostenaufwandes geschuldet wird. Der Unterschied zwischen laufendem und Zusatzbedarf wird erläutert an folgendem

9FALLBEISPIEL: Die hilfebedürftige Mutter wohnt noch in ihrer eigenen Wohnung. Wegen ihrer kleinen Rente ist sie aber bereits auf laufenden Elternunterhalt angewiesen, wenn auch nur geringfügig. Bei einem Sturz zieht sie sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Nach einem Aufenthalt im Krankenhaus und anschließenden Reha-Maßnahmen kann sie wieder allein in ihrer Wohnung leben. Für die Behandlung kommt ihre Krankenkasse nicht vollständig auf. Hier hat sie einen krankheitsbedingten Mehrbedarf, für den der Sohn als Sonderbedarf aufzukommen hat. Im Übrigen ändert sich aber an seinen laufenden Unterhaltszahlungen an die Mutter nichts.

Anders verhält es sich, wenn die Mutter nach dem Oberschenkelhalsbruch auf Dauer pflegebedürftig wird und in einem Heim leben muss. Jetzt bestimmen die regelmäßig für die Heimunterbringung anfallenden Kosten ihren Lebensbedarf. Damit hat der Sohn im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten für diesen Mehrbedarf in Form von laufendem Elternunterhalt aufzukommen.

Im Zusammenhang mit dem Elternunterhalt bestehen auf beiden Seiten Nebenpflichten wie etwa die Pflicht, wechselseitig Auskunft über die eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse zu geben. Außerdem haben beide Beteiligte aus dem Schuldverhältnis Obliegenheiten, wie etwa den anderen nicht zu schädigen, eigene Finanzmittel bestmöglich zu verwerten etc.

II. Kreis der Unterhaltspflichtigen


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren (§ 1601 BGB). Diese Vorschrift deckt den gesamten Bereich des Verwandtenunterhaltes ab. Gleichzeitig enthält sie eine nicht gering zu schätzende Einschränkung: Zu Unterhaltszahlungen können nur die Verwandten herangezogen werden, die in gerader Linie mit dem Hilfebedürftigen verwandt sind. Die übrigen Verwandten in der Seitenlinie wie Geschwister, Onkel/Tante, Neffe/Nichte, fallen nicht in den Kreis der möglichen Unterhaltsschuldner. Auch der Träger der Sozialhilfe muss sich strikt daran halten. Die Kosteneinziehung erfolgt ausschließlich über das private Unterhaltsrecht. Deshalb darf auch der Sozialhilfeträger die Verwandten 10in der Seitenlinie nicht zum Elternunterhalt heranziehen. In der anwaltlichen Beratung löst diese Auskunft regelmäßig bei diesen Angehörigen große Erleichterung aus. Die gleiche Beschränkung gilt für Verschwägerte und für die Stiefkinder des Hilfebedürftigen. Auch der Ehegatte des unterhaltspflichtigen Kindes schuldet dem Schwiegervater/der Schwiegermutter keinen Elternunterhalt.

III. Nachrangigkeit des Elternunterhaltes


Trotz aller Bereitschaft, für den Lebensbedarf der Eltern aufzukommen, kann für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind folgendes Problem auftauchen: Neben dem bedürftigen Elternteil hat es noch eine eigene Familie, die von ihm ebenfalls finanziell unterstützt werden muss. Für alle unterhaltsbedürftigen Angehörigen reichen aber seine Mittel nicht aus. Soll das knappe Geld unter allen Unterhaltsgläubigern gleichmäßig aufgeteilt werden oder gibt es hier andere Verteilungsvorschriften im Mangelfall?

Der Gesetzgeber hat folgenden Weg gewählt: Je nach Art ihres Anspruches werden die einzelnen Unterhaltsgläubiger untergliedert und in verschiedene Gruppen zusammengefasst. Zwischen den jeweiligen Gruppen besteht eine feste Rangfolge, nach der die darin erfassten – gleichrangigen – Gläubiger mit ihrem Unterhaltsanspruch zum Zuge kommen. Die in einer Gruppe aufgeführten Unterhaltsberechtigten werden mit ihrem individuellen Bedarf (Einsatzbetrag) gleichmäßig an dem knappen Geld des Unterhaltspflichtigen beteiligt, notfalls mit einer Quote, wenn sein Einkommen zur vollständigen Bedarfsdeckung aller nicht ausreicht.

Bei gleichrangigen Unterhaltsberechtigten sieht eine einfache Mangelfallberechnung folgendermaßen aus:

Berechnungsformel: E × V: S = K

E = Einsatzbetrag; V = Verteilungsmasse (Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt);

S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten; K = prozentuale Kürzung des Unterhalts.

11BEISPIELSRECHNUNG: Monatlicher Unterhaltbedarf von A: 300 €, von B: 250 € und von C: 200 €. Nach Abzug von berücksichtigungsfähigen Kosten und unter Wahrung seines Selbstbehaltes verbleibt auf Seiten des Verpflichteten ein Einkommen von 500 € im Monat.

Mangelfallberechnung für A: 300 € × 500 €: 750 €

= 200 €;

Mangelfallberechnung für B: 250 € × 500 €: 750 €

= 167 € aufgerundet;

Mangelfallberechnung für C: 200 € × 500 €: 750 €

= 133 € abgerundet

Auf diese Weise verteiltes Einkommen

   500 €.

Wird das zur Verfügung stehende Einkommen des Verpflichteten nicht vollständig für die vorrangig berechtigte Gläubigergruppe aufgebraucht, steht das restliche Geld für die Unterhaltsberechtigten in der nachfolgenden Gruppe zur Verfügung. Auch hier erfolgt dann wieder nach der mitgeteilten Formel eine anteilige Aufteilung des Geldes gemäß dem jeweiligen Einsatzbetrag.

Der Wille des Gesetzgebers war es von jeher, der eigenen Familie des Unterhaltspflichtigen den Vorrang vor dessen Herkunftsfamilie einzuräumen....

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