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E-Book

Erkrankungen der Klauen und Zehen des Rindes

AutorAndrea Fiedler
VerlagGeorg Thieme Verlag KG
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl280 Seiten
ISBN9783132422919
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis164,99 EUR
Dieses Buch bietet aktuelle Antworten auf die zunehmende Häufigkeit von Lahmheiten, neue Varianten der Mortellaroschen Krankheit und die steigende Relevanz von Schmerztherapie und Haltungsmanagement. Die Herausgeber dieses Referenzwerkes haben auf die vielfältigen Entwicklungen mit der 2., vollständig überarbeiteten Auflage reagiert und dafür weitere Experten für Bestandsbetreuung, Haltungs-, Herdenmanagement und Genetik gewinnen können. Untersuchung, Diagnostik und Anleitungen zur funktionellen Klauenpflege und Therapie werden anschaulich und nach neuesten Erkenntnissen erklärt. Tierschutz und Tierwohl sind ebenso berücksichtigt wie neue Erkrankungen, vereinfachte Operationstechniken, Fütterung, Genetik und Untersuchungen zu Langzeitprognosen. Klar gegliedert und reich illustriert bietet dieses Nachschlagewerk eine unentbehrliche Orientierung sowohl für Großtierpraktiker, Studierende der Tiermedizin und Veterinärämter als auch für landwirtschaftliche Berater, Klauenpflegeausbilder und professionelle Klauenpfleger.

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Leseprobe

1 Funktionelle Anatomie


Johann Maierl, Christoph Mülling, Karl Nuss

1.1 Einführung


Johann Maierl, Christoph Mülling

Grundlegende Kenntnisse über den Aufbau und die Funktion der Rinderklaue sind die Voraussetzung, um Klauenprobleme zu erkennen, zu beurteilen, ihre Pathogenese zu verstehen und vorbeugende Maßnahmen wie die funktionelle Klauenpflege erfolgreich einzusetzen. Für den zielgerichteten Einsatz und die korrekte technische Durchführung chirurgischer Maßnahmen ist solides funktionell-anatomisches Wissen unabdingbar. Daher wird in diesem Abschnitt die Anatomie der Klaue unter funktionellen Gesichtspunkten dargestellt. Dabei findet eine Reihe neuer Konzepte zur funktionellen Anatomie und – darüber hinausgehend – zur Pathogenese von Klauenerkrankungen Berücksichtigung. Die Beschreibung der anatomischen Strukturen steht dabei stets unter dem Gesichtspunkt ihrer klinisch-angewandten Bedeutung.

1.2 Haut


Johann Maierl, Christoph Mülling

Die gesamte äußere Oberfläche des Säugetierkörpers wird von der allgemeinen Körperdecke, dem Integumentum commune, überzogen. Die einzelnen Abschnitte der Körperdecke haben sich im Laufe der Evolution an tierartspezifische Bedürfnisse in verschiedenen Lebensräumen angepasst und sich in eine Reihe von Strukturen differenziert, die Unterhaut (Subcutis), die Haut (Cutis) und verschiedene Hautmodifikationen, zu denen auch die Klauen gehören. Die Klauen des Rindes folgen dem grundlegenden Bauprinzip der Haut mit ihren drei Schichten, Subcutis, Dermis und Epidermis, die allerdings den spezifischen Funktionen der Klaue, Schutz und biomechanische Kraftübertragung, entsprechend sehr stark modifiziert sind.

1.2.1 Funktionen


In ihrer Eigenschaft als Grenz- und Kontaktschicht eines Individuums zu seiner Umwelt dient die Haut als Schutzbarriere gegen chemische, mechanische und biologische Einwirkungen aus der Umwelt. Als semipermeable Barriere ist sie entscheidend an der Regulation des Wasserhaushalts beteiligt (Aufnahme, Speicherung und Verlust von Wasser) und stellt zudem eine riesige Kommunikationsfläche dar, da sie eine sehr große Anzahl von Rezeptoren zur Wahrnehmung von Druck, Schmerz, Hitze und Kälte besitzt. Weiterhin hat sie Speicherfunktionen für Wasser, Vitamine, Mineralien und Fett, und übernimmt wichtige Aufgaben in der Temperaturregelung des Organismus sowie in der Immunabwehr.

1.2.2 Subcutis (Unterhaut)


Die Subcutis ist eine lockere Verschiebeschicht aus Bindegewebe und eingelagertem Fett, das sowohl gleichmäßig verteilt als auch örtlich gehäuft in Form von Polstern vorliegt. Die Subcutis liegt zwischen der Lederhaut und der oberflächlichen Rumpffaszie und wird von Bindegewebssträngen durchzogen, die sie in Kompartimente gliedern und mit dem unterlagernden Gewebe einerseits, im Falle der Klaue dem Klauenbein, und mit der Lederhaut andererseits verbinden. Zwischen den Bindegewebssträngen befindet sich lockeres Bindegewebe, in das weißes Fettgewebe, bestehend aus univakuolären Fettzellen, eingelagert ist. Dieses dient als Baufett der stoßdämpfenden und druckverteilenden Polsterung (Schutz vor mechanischen Insulten) sowie als Speicherfett der Energiespeicherung und isoliert somit den Körper gegen Kälteeinwirkung aus der Umwelt.

1.2.3 Cutis (Haut)


In der eigentlichen Haut lassen sich zwei Schichten unterscheiden, die bindegewebige Lederhaut (Dermis) und die epitheliale Oberhaut (Epidermis) ( ▶ Abb. 1.1).

1.2.3.1 Dermis (Lederhaut)

Die Lederhaut bildet die bindegewebige Unterlage für die Oberhaut und legt mit ihrer Dicke maßgeblich die Dicke der gesamten Haut fest. Ein zugfestes, dreidimensionales Netz aus kollagenen Faserbündeln bestimmt die Architektur der Lederhaut, wobei die Mehrzahl der Bündel parallel zur Hautoberfläche orientiert ist. Die Elastizität der Haut beruht auf einem zusätzlich eingewobenen filigranen Netzwerk aus elastischen Fasern sowie elastischen Membranen.

Innerhalb der Lederhaut existieren zwei Schichten ( ▶ Abb. 1.1): ein tiefer gelegenes, an die Unterhaut grenzendes Stratum reticulare, das durch ein faserreiches und zellarmes straffes Bindegewebe charakterisiert ist, sowie ein oberflächliches, formgebendes Stratum papillare (Papillarkörper), das direkt unter der Oberhaut liegt und vergleichsweise lockerer und zellreich ist. Das Stratum papillare enthält ein dichtes komplexes System aus Blutgefäßen und Nerven, seine Kontaktfläche mit der Oberhaut ist durch die Bildung von Leisten und kleinen Zöttchen (Papillen) erheblich vergrößert. Dies gewährleistet neben einem stabilen mechanischen Zusammenhalt eine ausreichende Ernährung der blutgefäßfreien Epidermis, da ihre Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen ausschließlich durch Diffusion aus der Lederhaut erfolgt.

Abb. 1.1 Histologischer Schnitt durch die Haut (Masson-Trichrom-Färbung).
Epidermis: Sb = Stratum basale; Sc = Stratum corneum; Sg = Stratum granulosum; Ss = Stratum spinosum; Dermis: Sp = Stratum papillare mit Lederhautwarzen und -leisten; Sr = Stratum reticulare (Balken: 50 µm).

1.2.3.2 Epidermis (Oberhaut)

Die oberflächliche Schicht der Haut, die Epidermis, ist ein mehrschichtiges, verhornendes Plattenepithel, dessen Dicke in behaarten Bereichen 10–100  µm beträgt ( ▶ Abb. 1.1,   ▶ Abb. 1.2). Die dickste Oberhaut findet sich in den Hautmodifikationen, in denen die Hornschicht, wie z. B. in der Klaue, bis zu 10 mm stark ist. Die Oberhaut besitzt Haare, Talg- und Schweißdrüsen (Epidermalorgankomplex). Diese Strukturen sind epidermaler Herkunft und stehen in räumlichem und funktionellem Zusammenhang.

Abb. 1.2 Histologischer Schnitt durch das Ballensegment der Klaue (Färbung PAS).
Epidermis: Sb = Stratum basale; Sc = Stratum corneum; Ss = Stratum spinosum; V = Zellen im mittleren Stratum spinosum mit intrazellulären PAS-positiven Vesikeln, die den Zwischenzellkitt enthalten.
Dermis: Ps = angeschnittene Papillenspitze (Balken: 200 µm); Sp = Stratum papillare mit Lederhautpapillen (P); Sr = Stratum reticulare mit Blutgefäßen (*)(Stern).

In ihrer Feinstruktur besteht die Oberhaut aus vier Schichten ( ▶ Abb. 1.2):

  • Stratum basale (Basalzellschicht)

  • Stratum spinosum (Stachelzellschicht)

  • Stratum granulosum (Körnerzellschicht)

  • Stratum corneum (Hornzellschicht)

Der Zellbestand der Oberhaut setzt sich zu 80–90 % aus Keratinozyten und zu 10–20 % aus Nicht-Keratinozyten zusammen. Letztere sind eine heterogene Zellpopulation, die aus Pigment bildenden Zellen (Melanozyten), Immunzellen (Langerhans-Zellen) und Rezeptorzellen (Merkelzellen) besteht.

Die Zellen des Stratum basale sitzen auf einer Basalmembran, die Oberhaut und Lederhaut voneinander trennt. Der Zellnachschub (Proliferation) in der Epidermis erfolgt durch mitotische Teilung der Basalzellen; auf diese Weise entstehen fortlaufend neue Zellgenerationen, die distal (oberflächenwärts) geschoben werden. Die Epidermiszellen (Keratinozyten) durchlaufen einen gerichteten Differenzierungsprozess, die Keratinisierung, in deren Verlauf von den Zellen große Mengen an Keratinproteinen synthetisiert werden ( ▶ Abb. 1.3). Diese lagern sich zu Bündeln innerhalb der Zelle zusammen, werden chemisch verbunden und bauen so ein stabiles Zellskelett auf ( ▶ Abb. 1.3a). Das zweite charakteristische Syntheseprodukt der sogenannten Keratinozyten ist der Interzellularkitt (membrane coating material – MCM;   ▶ Abb. 1.3b), der Glykoproteine und eine große Menge komplexer Lipide mit einem hohen Gehalt an sehr langkettigen Fettsäuren enthält (Barriereeigenschaften der Oberhaut!). Der Interzellularkitt wird intrazellulär...

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