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Kommunikation und Gesprächsführung für Pflegeberufe

Ein Lehr- und Arbeitsbuch. Grundlagen & Umsetzung. Modelle & Strategien. Für Lehre & Praxis.

AutorJürgen Wingchen
VerlagSchlütersche
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl280 Seiten
ISBN9783842685376
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Kommunikation - eine der Hauptaufgaben von Pflegekräften und zugleich eine der größten Herausforderungen. Hier ist der kompetente und praxisnahe Leitfaden rund um die Kommunikation in der Pflege. Als Basis dienen die bewährten Modelle und Theorien der Gesprächsführung. In einem zweiten Schritt werden diese Modelle ganz praxisnah auf Gesprächssituationen in der Pflege angewandt: Kommunikation mit älteren Menschen, mit Sterbenden und Trauernden, mit Aphasikern, mit Mitarbeitern und Angehörigen. Das Buch ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für alle, die ihre Kommunikation mit Klienten, Kollegen und Angehörigen nicht länger dem Zufall überlassen wollen. Eine gute Kommunikation lässt sich lernen und ist eine gute Stressprävention.

Jürgen Wingchen ist Diplom-Pädagoge in Köln.

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Leseprobe

2 GRUNDLAGEN MENSCHLICHER KOMMUNIKATION


In unserer Umgangssprache bedeutet Kommunizieren so viel wie »miteinander sprechen«, »in Kontakt zu einem Gegenüber treten« und sich mit diesem auszutauschen. Hierbei denken wir zunächst an die menschliche Sprache, an gesprochene Worte, mit deren Hilfe Informationen von einer Person an eine andere weitergegeben werden.

In diesem Sinne kann Kommunikation als eine der Informationsvermittlung verpflichtete Form menschlichen Verhaltens oder als wechselseitige Verständigung zwischen Menschen mittels Sprache beschrieben werden. Hierbei können die zwei miteinander verschränkten Aspekte des Sich-Ausdrückens und des Verstehens unterschieden werden:

Sprache ermöglicht den Ausdruck eigener Gefühle, Gedanken, Wünsche und Pläne

Sprache ermöglicht das Verstehen von Gefühlen, Gedanken, Wünschen und Plänen anderer Menschen

2.1 Kommunikation und Interaktion


Zunächst müssen wir zwei Begriffe voneinander abgrenzen, die häufig miteinander verwechselt oder gleichgesetzt werden: die menschliche Kommunikation und die menschliche Interaktion. Das Wort Inter-Aktion bedeutet so viel wie Zwischen-Handeln (im Sinne von wechselweisem Handeln) von Personen und steht für zwischenmenschliche Beziehungen schlechthin.

Groddeck & Wulf2 bezeichnen die Fähigkeit, eigene Bedürfnisse und Interessen anderen gegenüber angemessen darstellen zu können, als kommunikative Kompetenz und beschreiben sie als Voraussetzung zur Teilnahme an Prozessen sozialen Handelns.

Die Interaktionsforschung setzt sich mit dem auseinander, was zwischen den Menschen geschieht. Sie behält eine untereinander oder gegeneinander stattfindende Ausführung im Blick3. Kommunikation beschreibt in diesem Prozess stets den Austausch von Informationen, Mitteilungen bzw. Botschaften.4

Die gemeinsame Arbeit zweier Pflegekräfte am Bett eines Patienten/Bewohners ist ein Beispiel für eine Form von Interaktionsgeschehen. Die Botschaften, die zwischen den drei Beteiligten ausgetauscht werden, machen die Kommunikation aus und umfassen von Seiten der Mitarbeiter:

die Absprachen, die sie treffen, um den Arbeitsablauf patienten-/bewohnergerecht zu gestalten;

die gezielten Informationen an den Patienten/Bewohner, was hier (mit ihm) geschieht;

die Instruktionen, wie er sich im Sinne einer aktivierenden Pflege verhalten sollte;

beabsichtigte oder unbeabsichtigte Signale von Sympathie oder Antipathie, Anerkennung oder Ablehnung.

Von Seiten des Patienten werden gleichfalls Botschaften an die Mitarbeiter vermittelt, die wiederum den Interaktionsprozess beeinflussen.

Reflexion

Inwieweit können sich Patienten/Bewohner in diesen Kommunikationsprozess einbringen?

2.2 Das Sender-Empfänger-Modell


Eine Nachricht wird von einem Sender an einen Empfänger gesandt und hierbei zunächst ver- und dann wieder entschlüsselt. So wird Kommunikation im Sender-Empfänger-Modell beschrieben:

 

Dieser Vermittlungsprozess wird zum Teil von unserem Bewusstsein gesteuert; etwa, wenn wir einen Brief schreiben und uns Gedanken darüber machen, was beim Empfänger ankommen soll.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu kommunizieren. So ist es uns möglich, Informationen in Form gesprochener bzw. geschriebener Wort weiterzugeben. Aber auch mit geschlossenem Mund und ohne ein Schreibgerät zu benutzen können wir kommunizieren: Jeder, der sich schon einmal in einer fremden Sprache verständlich machen musste, weiß, was es heißt, mit Händen und Füßen zu reden. In der verbalen (sprachlichen) Kommunikation ist es problematisch, wenn Sender und Empfänger in diesem komplexen Prozess von Kodierung und Dekodierung einem Wort unterschiedliche Bedeutungen zuweisen. Der semantische Hof (der Bedeutungshof für ein Wort) kann sich von Mensch zu Mensch verändern.

Worte können im Lauf der Zeit ihre Bedeutung verändern, was Gespräche zwischen den Generationen erschwert. Ältere Menschen verbinden mit dem Wort »geil« die Bedeutung »sexuell erregt«. Jugendliche bekunden mit ihm Interesse und Zustimmung. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ist ihnen häufig gar nicht bewusst. Auch wer die unterschiedliche Verwendung des Begriffes den verschiedenen Gruppen zuordnen kann, ist irritiert, wenn ältere Menschen diesen Bedeutungswechsel aufgreifen und das Wort als Zustimmung verwenden.

Andere Anteile der Kommunikation unterliegen nicht ohne weiteres der Kontrolle des Bewusstseins: Körperhaltung, Körperbewegung und Mimik geben vieles preis, was (noch) nicht in Worte gefasst wurde oder verschwiegen werden soll. So verraten z. B. Stimmlage und Körperhaltung Unsicherheiten, auch wenn der Betroffene versucht, ganz locker zu sein.

2.3 Metakommunikation


Als Metakommunikation wird eine Kommunikation über Kommunikation bezeichnet. Der Kommunikationsprozess selbst wird zum Gegenstand der Kommunikation. Beispiel: Im Rahmen eines Gesprächs ist nicht nur bedeutsam, was sich die Beteiligten sagen, sondern auch auf welche Art und Weise sie das tun.

Sagt ein Kommunikationspartner: »In diesem Ton lasse ich nicht mit mir reden!«, so begibt er sich auf eine Metaebene der Kommunikation. Ein solcher Schritt kann dazu beitragen, wieder zu Umgangsformen zurückzufinden, die von Respekt getragen sind; er kann aber auch vom Thema ablenken und eine sachliche/inhaltliche Klärung verhindern.

Reflexion

Haben Sie schon einmal erlebt, dass Ihr Gesprächspartner durch einen Wechsel auf die Metaebene bewusst vom eigentlichen Thema ablenkte und eine Klärung unterlief?

Weitere Ebenen von Kommunikation lassen sich mit den Begriffen der Assoziation und der ersten bzw. zweiten Dissoziation beschreiben.

Assoziation meint so viel wie Vereinigung; Dissoziation so viel wie Trennung. Assoziation beschreibt eine Form von Kommunikation, in der eine Person eins mit ihren Gefühlen ist und diese auch zum Ausdruck bringt: Der Traurige weint, der Wütende schimpft. Im Zustand der ersten Dissoziation gelingt die Überwindung der eigenen Betroffenheit und die Wahrnehmung, das Erkennen und Nachfühlen der Betroffenheit des anderen: sein Fühlen, seine Trauer, seine Wut. Auf der Ebene der zweiten Dissoziation wird es möglich, die eigene Betroffenheit und die Befindlichkeit des Gegenübers gegeneinander zu stellen, Überlegungen zu ihren Ursachen bzw. über Lösungsmöglichkeiten anzustellen. Im Idealfall ist ein Kommunizierender:

sich seines eigenen Fühlens bewusst (Assoziation);

in der Lage, die Betroffenheit seines Gegenübers zu erspüren (erste Dissoziation);

in der Lage, sich über die konkrete Situation zu erheben, diese zu analysieren und zu reflektieren (zweite Dissoziation).

 

Abb. 1: Bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Fühlen, Erleben, Denken, Handeln und dem des Gegenübers (Metaebene).

 

2.4 Gedächtnissysteme und Kommunikation


Kommunikation setzt voraus, dass Informationen vom Empfänger aufgenommen und dekodiert werden können. Bevor eine Information bewusst wahrgenommen werden kann, muss sie verschiedene Instanzen überwinden (vgl. Abbildung 2).

 

Abb. 2: Der Weg zur bewussten Wahrnehmung von Information.

1. Über unsere fünf Sinne nehmen wir Informationen aus unserer Umgebung auf, um diese dem ersten Speichersystem unseres Gedächtnisses zuleiten zu können.5 Beeinträchtigungen der Sinneskanäle sind die ersten möglichen Kommunikationsblockaden.

2. Im ersten Speichersystem, in den sensorischen Speichern, verbleiben optische Informationen etwas weniger als eine Sekunde; akustische Informationen etwa eine Sekunde. Dieser kurze Zeitraum recht aus, um Reize identifizieren zu können. Würde dieses Speichersystem länger blockiert, so könnte es zu Überlagerungen mit neuen, nachströmenden Reizen kommen, was für die Informationsverarbeitung problematisch wäre.

3. Bewusst gewordene Informationen finden den Weg in das zweite Gedächtnissystem, den Kurzzeitspeicher, wo sie bis zu 30 Sekunden gespeichert werden. Die Kapazität dieses Systems ist äußerst begrenzt: Lediglich fünf bis sieben Einheiten finden hier Platz. Ist die Kapazität ausgeschöpft und kommt eine neue Information, so wird die älteste hinausgedrängt. Aus diesem Grund wird dieser Speicher als Schieberegister bezeichnet.
Durch Wiederholungen ist es möglich, Daten länger im Gedächtnis zu behalten. Wird die Aufmerksamkeit aber vorübergehend abgelenkt, strömen neue Daten in den Kurzzeitspeicher und verdrängen die alten Informationen. Wenn Kinder eine Einkaufsliste vor sich hinmurmeln und dann...

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