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Religiöse Bildung für muslimische Kinder und Jugendliche in Deutschland

Schule und Islam

AutorFlorian Hering
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl84 Seiten
ISBN9783640889259
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 1,7, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg (Professur für Erziehungswissenschaft, insbesondere systematische Pädagogik), Sprache: Deutsch, Abstract: Seit 45 Jahren gibt es in Deutschland eine größere Anzahl von Muslimen und Muslima, doch noch immer gibt es nur wenige gesetzliche und organisatorische Regelungen, um ihren Bedarf an religiöser Seelsorge und Bildung zu decken. In der Arbeit wird ein besonders drängender und zugleich schwieriger Teil dieser Problematik zu Thema gemacht: die Rahmenbedingungen religiöser Bildung für muslimische Kinder und Jugendliche. Es wird nicht die Anwesenheit und mangelnde Integration der Muslime als Gefahr stilisiert, sondern ihr Recht auf religiöse Bildung betont. Ferner werden die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen des islamischen Religionsunterrichts sowie dessen Beitrag zur Integration der muslimischen Kinder und Jugendlichen untersucht.

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Leseprobe

2.Der Islam

 

Eine wichtige Grundlage, die bei der Auseinandersetzung mit religiöser Bildung für muslimische Kinder und Jugendliche betrachtet werden sollte, sind die Inhalte und das Fundament dieser Bildung, also der Islam an sich.

 

Die Folgen von Unkenntnis über den Islam, die in der christlich-abendländisch geprägten Gesellschaft Europas weit verbreitet zu sein scheint, spiegeln sich oft in Vorurteilen und Ängsten oder konträr in Verharmlosung und Anbiederung  wider. Der öffentliche und mediale Diskurs ist einseitig und orientiert sich vordergründig an dem Interesse an Reizthemen. Im Fokus öffentlicher Debatten stehen Probleme wie Zwangsheirat, Kopftuchverbot und Ehrenmorde. Dabei sollte das Interesse am Islam, gerade in Europa, in Hinblick auf die stetig wachsende muslimische Community deutlich größer und differenzierter ausfallen. Angesichts der Tatsache, dass in den letzten 40 Jahren Migranten aus islamisch geprägten Ländern ihre neue Heimat in Deutschland gesucht und gefunden und einen nicht zu unterschätzenden Anteil am gesellschaftlichen Leben übernommen haben, erscheint die Beschäftigung mit den Inhalten des Islam als geradezu unausweichliche Notwendigkeit.[19]

 

In Deutschland leben derzeit circa 3,5 Millionen Muslime. Die Gruppe von Muslimen türkischstämmiger Herkunft macht mit rund 2,7 Millionen den Großteil von ihnen aus.[20] Bei der Betrachtung aller Religionen in Deutschland erreicht der Islam in Folge dessen zahlenmäßig den dritten Platz.[21] Nach einer Erhebung des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes e.V. hatten im Jahr 2006 rund 1 Million Muslime einen deutschen Pass, circa 15.000 waren deutschstämmig und folglich ohne Migrationshintergrund.[22] Der Islam hat zumindest quantitativ einen festen Platz in der deutschen Gesellschaft eingenommen.

 

Das folgende Kapitel soll einen bündigen Überblick über die Geschichte, die Glaubensgrundsätze und den Islam in Deutschland darstellen und somit die Basis für eine daran anknüpfende wissenschaftliche Betrachtung der religiösen Bildung muslimischer Kinder und Jugendlicher in Deutschland bilden.

 

2.1 Der historische Ursprung des Islam

 

Der Islam ist eine der drei großen monotheistischen Weltreligionen. Nach dem Judentum und dem Christentum ist er zeitlich betrachtet die jüngste der auf Gottesoffenbarung gründenden Glaubensformen. Die Wurzeln des Islam liegen auf der Arabischen Halbinsel. Dort lebten die Menschen im 7. Jahrhundert weitestgehend in „der Tradition einer teils sesshaft gewordenen Stammesgesellschaft.“[23] Fernab der damaligen Großmächte hatten sowohl das Judentum als auch das Christentum  keine ernst zu nehmende religiöse Bedeutung in der Region. Religionsgründer des Islam war der um 570 in Mekka geborene Mohammed, der als Halbweise in ärmlichen Verhältnissen bei einem Onkel aufwuchs und als Jüngling eine deutlich ältere, aber sehr wohlhabende Witwe ehelichte.[24]

 

Mohammed bereits in jungen Jahren ein Suchender, der sich alljährlich zur Meditation auf den Berg Hira unweit der Stadt Mekka zurückzog.[25] Im Jahr 608 hatte er dort sein erstes Berufungserlebnis. Der Engel Gabriel verkündete Mohammed das Wort Gottes.[26] Mohammed sah sich fortan in der Nachfolge biblischer Offenbarungsempfänger und bezeichnete sich als Prophet Gottes. Es ist anzumerken, dass Mohammed zunächst keine eigene Religion stiften, sondern vielmehr eine der Thora und der Bibel entsprechende Schrift in arabischer Sprache schaffen wollte, die den

 

Arabern seine Offenbarung nahe bringen sollte.  Mit seinem Streben nach moralischer Erneuerung stieß er in seiner Heimat Mekka auf großen Widerstand.[27] Mohammed begann öffentlich zu predigen. Er übte Kritik am örtlich vorherrschenden Polytheismus, thematisierte das Jüngste Gericht und bekannte sich zu einem unumstößlichen Monotheismus. Trotz intensiver Bemühungen fand er anfangs nur wenige Anhänger für seine Botschaften.[28]

 

Glauben schenkten ihm neben der eigenen Familie nur einige Arme und Bedrängte, wohingegen die Schar seiner Gegner relativ groß und einflussreich war.  Mit seinem Gefolge verließ der Prophet im Jahr 622 Mekka und siedelte nach Medina um, wo ihm die Bevölkerung freundlicher gesonnen war. Dort wuchs die islamische Gemeinde mit Mohammed als Führer stark an.[29]

 

Acht Jahre, nachdem Mohammed aus Mekka geflohen war, zog er mit seinem Gefolge zurück in die Stadt seiner Kindheit und eroberte sie kampflos. Seinen Kritikern und Gegnern begegnete er großmütig und ermöglichte ihnen so einen erleichterten Anschluss an den Islam. Von Mekka  breitete sich die neue Religion schnell über die gesamte Arabische Halbinsel aus. [30] Die Städte Mekka und Medina, in denen Mohammed gewirkt hatte, wurden zeitnah zu zentralen muslimischen Heiligtümern und sind es bis heute geblieben. Die Expansion des Islam ging schnell voran, so dass einige große, christliche Hochburgen schon bald eingenommen und missioniert werden konnten. Kurze Zeit später, nachdem Mohammed im Juni 632 überraschend erkrankte und verstarb,[31] gelang die Einnahme von Damaskus und später auch  von Jerusalem.[32] Erst im Jahr 732 traf der sich rasch ausbreitende Islam auf ernst zu nehmenden Widerstand. In der Schlacht bei Tours und Poitiers brachte Karl Martell den herannahenden muslimischen Truppen eine vernichtende militärische und politische Niederlage bei und rettete so das christliche Abendland vor der Ausweitung des Islam.[33]

 

 In den darauf folgenden Jahrhunderten entwickelten sich der Islam und das Christentum getrennt voneinander.

 

2.2 Glaubensgrundsätze des Islam

 

Der Islam ist eine monotheistische, an arabische Traditionen geknüpfte Religion. In ihrer Anfangsphase gelang es dem Propheten Mohammed die vorher stark zerstrittenen arabischen Stämme zu einen und zu disziplinieren. Die neue Einheit der vorher zersplitterten arabischen Stämme festigte sich im aufrichtigen Glauben an Allah und verhalf der neuen Religion zu einer starken Ausgangsbasis. Mohammed integrierte die arabische Tradition der Stammesordnung in den Islam und ergänzte sie um die fünf Säulen des Islam[34], die neben dem Koran die religiöse Grundlage darstellen.[35]

 

2.2.1 Der Koran

 

Der Koran ist das göttliche Offenbarungswort Allahs und das heilige Buch der gläubigen Muslime. Er ist dem Anspruch zufolge für jeden Muslim endgültig und vollständig und besitzt totale Gültigkeit.[36] „Das Wort Koran ist die verdeutschte Form des arabischen Wortes Qur’an, es stammt vom Verb qa’ra’a: lesen, vortragen.“ [37] Im Koran wird betont, dass die koranische Offenbarung nicht aus der Feder Mohammeds stammt, sondern direkt von Gott verkündet wurde.[38] „Der Koran gilt als normativ nicht übersetzbare Schrift.“[39] Die Sprache Allahs und des Heiligen Buches des Islam ist arabisch.[40]

 

Die Offenbarung wurde zu Lebzeiten Mohammeds ausschließlich in verbaler Form verbreitet. Erst nach dem Tod des Propheten wurde mit der Sammlung aller Offenbarungen begonnen, um diese schriftlich festzuhalten.

 

Die endgültige, bis heute vorliegende Form erhielt der Koran voraussichtlich unter dem Kalifen Uthman zwischen den Jahren 644 und 656. Den Auftrag dazu erteilte Abu Bekr, Vater von Mohammeds Lieblingsfrau Aischa.

 

Der Koran ist nicht chronologisch, sondern in abnehmender  Länge der einzelnen Suren sortiert.[41] Die letzten der insgesamt 114 Suren sind demnach auch die kürzesten. Sie beginnen wie alle Suren mit der Einleitung „Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen.“.

 

„Der Koran ist das verlässlichste Zeugnis über Mohammads Leben und den Inhalt seiner Lehre.“[42]

 

2.2.2 Die fünf Grundpflichten des Muslims

 

Die fünf Säulen des Islam bilden neben dem Koran die zweite wichtige Grundlage des Glaubens. Sinnbildlich tragen sie das Haus des Islam. Der Geschichte nach soll Mohammed den Gläubigen diese Regeln in seiner letzten Predigt mit auf den Weg gegeben haben.[43] Sie sind das Band, das die Gemeinschaft der Gläubigen zusammenhält und werden von Männern und Frauen in gleichem Maße befolgt.

 

Die erste und wichtigste Grundpflicht des Islam ist das Glaubensbekenntnis des Muslims. Es ist im Koran in Sure 1 festgehalten und wird von gläubigen Muslimen mehrmals am Tag gesprochen. Es lautet: „Es gibt keinen Gott außer Gott, und Mohammed ist sein Prophet.“ Säuglinge bekommen das Glaubensbekenntnis direkt nach der Geburt ins Ohr geflüstert, damit dies die ersten Worte sind, die das...

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