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Schulverweigerung

Erscheinungsformen, Ursachen und Interventionsmöglichkeiten allgemein und am Beispiel eines Jugendlichen einer stationären Einrichtung der Hilfen zur Erziehung nach SGB VIII

AutorUlrike Grube
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl111 Seiten
ISBN9783638568807
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,7, Berufsakademie Sachsen in Breitenbrunn, 55 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Schulverweigerung. Das sächsische Staatsministerium für Kultus hat der Technischen Universität Dresden am 06.12.2004 den Auftrag für eine flächendeckende Erhebung von Daten zu Schulversäumnissen an allen sächsischen allgemein bildenden Schulen für das Schuljahr 2004/2005 erteilt. Diese Untersuchung zeigt, welches Ausmaß Schulverweigerung im Freistaat Sachsen einnimmt. Kinder und Jugendliche haben individuelle Gründe für die Abkehr von der Schule. Diese Ursachen werden allgemeinen bzw. am Beispiel eines Jugendlichen einer stationären Einrichtung aufgeschlüsselt in: individuelle, familiäre, schulische, gesellschaftliche und die der peer-group. Um einen Ausbildung- bzw. Arbeitsplatz zu erhalten ist ein Schulabschluss erforderlich. Deshalb müssen Schulverweigerer in den Schulprozess reintegriert werden. Es bedarf somit interventiver Strategien um Schulverweigerung zu begegnen. Außerdem werden an einem praktischen Beispiel sozialpädagogische Möglichkeiten aufgezeigt, wie mit Schulverweigerern 'gearbeitet' werden kann. Weiterhin werden Einflussmöglichkeiten und Hinweise in der Kooperation zwischen Wohngemeinschaft-Schule-Eltern gegeben.

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Leseprobe

1 Empirische Befunde – Daten zum Schulabsentismus


 

Die Ablehnung von Jugendlichen, zur Schule zu gehen, ob unregelmäßig oder anhaltend, ist in Deutschland keine Einzelerscheinung. Nach Aussagen der Experten nahmen die Schulversäumnisse und -verweigerungen in den letzten Jahren stark zu.

 

Für das gesamte Deutschland liegen keine repräsentativen Studien von Schulversäumnissen vor, da Angaben zur An- und Abwesenheit von Schülern in Schulen nicht kontinuierlich erfasst oder eingeschätzt werden.

 

Es werden gelegentlich kommunal, regional oder auf Länderebene Untersuchungen durchgeführt, deren Endergebnisse sich aber nicht für ganz Deutschland verallgemeinern lassen. Demnach kann das quantitative Ausmaß von Schulverweigerungen nicht eindeutig bestimmt werden.

 

Das sächsische Staatsministerium für Kultus hat der Technischen Universität Dresden, Fakultät Erziehungswissenschaften, dem Institut für berufliche Fachrichtungen, (Professor für Sozialpädagogik) am 06.12.2004 den Auftrag für eine flächendeckende Erhebung von Daten zu Schulversäumnissen an allen sächsischen allgemeinbildenden Schulen für das Schuljahr 2004/2005 erteilt. Die Angaben zu Größenordnungen von Schulversäumnissen beziehen sich ganz allgemein auf den Freistaat Sachsen.

 

Die Datenerhebung wurde ‚online’ mittels einer speziellen Software für Umfragen und Datenerhebungen im Web („opoll“) realisiert. Die Voraussetzung hierfür waren gültige Emailadressen aller einbezogenen Schulen. Die Emaildatenbank wurde von den Mitarbeitern der Datenbank „Bildungseinrichtungen in Sachsen“ zur Verfügung gestellt. Der Ablauf und die Grenzen dieser Erhebung werden im Anhang A1 näher erläutert (Gängler/Wiere: Bericht über die Datenerhebung von Schulversäumnissen an allgemein bildenden öffentlichen Schulen in Sachsen. Dresden, 2005).

 

Nachteile dieser Erhebung sind, die fehlenden Aussagen über die einzelnen Schüler, sowie deren Gründe bzw. Ursachen für das unentschuldigte Fehlen in der Schule. Ursachen können sein, dass Lehrer nur sporadisch nachverfolgen wer, wann aus welchem Grund fehlt. Dieses Prüfen der Anwesenheit müsste zu jeder Stunde erfolgen und detailliert aufgeführt werden. Es fehlen aber „Systeme“ in der Schule, wann welcher Schritt zu erfolgen hat, wenn Schüler die Schule verweigern. Außerdem wäre es an dieser Stelle sinnvoll, wenn die Kontaktaufnahme durch einen Schulsozialarbeiter erfolgt. Diese Sozialarbeiter sind in vielen Schulen nicht vorhanden.

 

Die Zahlen sind auf der einen Seite wichtig, um sagen zu können, wie viele Schüler, welchen Alters, welchen Geschlechts und welcher Schulform den Unterricht versäumten. Aber auf der anderen Seite sollte eine solche Untersuchung als Grundlage dazu dienen, Präventiv bzw. durch Intervention mit schulverweigernden Kindern und Jugendlichen zu arbeiten.

 

1.1 Art und Häufigkeit der Verweigerung im Freistaat Sachsen

 

Von 1561 öffentlichen allgemeinbildenden Schulen waren 1225 Schulen in die Befragung durch die TU Dresden einbezogen; davon sind 514 in die Auswertung gekommen. Das entspricht einem Gesamtrücklauf von 42 Prozent der einbezogenen Schulen.

 

133.568 von 350.000 Schülern der sächsischen Gesamtschülerschaft wurden durch die Erhebung erfasst und in die Auswertung einbezogen. Das betrifft 38,1 Prozent der Jungen und Mädchen in allen sächsischen Schulklassen.

 

Das Schuljahr 2004/2005 zählte 196 Schultage.

 

Die Professoren berücksichtigen in ihrer Untersuchung nicht, ob es sich bei den unentschuldigten Fehltagen, um zusammenhängende, hintereinander liegende oder über das gesamte Schuljahr verteilt Tage handelte.

 

Insgesamt gab es im Freistaat Sachsen, im Schuljahr 2004/2005 4667 Schüler, die unentschuldigt fehlten, in Prozenten ausgedrückt 3,49 %.

 

1.1.1 Abhängigkeit von der Schulart

 

Von 37.863 Gymnasiasten fehlten 487 Schüler unentschuldigt, das entspricht 1,29 Prozent.

 

306 der insgesamt 24.843 Grundschüler blieben im Schuljahr 2004/2005 unentschuldigt der Schule fern, demzufolge 1,23 Prozent.

 

In der Mittelschule waren von 62.643 Schülern 3021 Schüler im Schuljahr 2004/2005 unentschuldigt abwesend, das entspricht 4,8 Prozent.

 

An den Förderschulen ließen von 8219 Schülern im Schuljahr 2004/2005 824 Schüler den Unterricht unentschuldigt ausfallen, das entspricht 10,03 Prozent.

 

Die Mittel- und Förderschüler liegen bei unentschuldigten Fehltagen über dem Durchschnitt der Gesamtschülerschaft.

 

1.1.2 Abhängigkeit vom Geschlecht

 

Von 64.667 Mädchen fehlten im Schuljahr 2004/2005 1683 unentschuldigt, das entspricht 2,60 Prozent.

 

Von 68.901 Jungen fehlten im Schuljahr 2004/2005 2984 unentschuldigt, das entspricht 4,33 Prozent.

 

Im Vergleich zum Durchschnitt aller unentschuldigt fehlenden Schüler liegen die Jungen über dem Durchschnittswert. Des Weiteren kann daraus geschlossen werden, dass Jungen fast doppelt so häufig unentschuldigt fehlen, wie Mädchen.

 

1.1.3 Abhängigkeit zur Klassenstufe

 

 

Abbildung 1: Prozentualer Anteil unentschuldigt fehlender Schüler in Abhängigkeit zur Klassenstufe

 

In die erste Klasse gingen insgesamt 7.676 Schüler, davon fehlten 101 Schüler unentschuldigt. Das entspricht 1,32 Prozent.

 

Von 7.120 Zweitklässler waren 107 Schüler unentschuldigt abwesend. Das entspricht 1,50 Prozent.

 

Die dritte Klasse besuchten insgesamt 6.352 Schüler, davon ließen 119 Schüler unentschuldigt den Unterricht ausfallen. Das entspricht 1,87 Prozent.

 

112 Schüler fehlten unentschuldigt in der vierten Klasse, in welche insgesamt 5878 Schüler gingen. Das entspricht 1,91 Prozent.

 

In die fünfte Klasse gingen insgesamt 10.086 Schüler, davon waren 205 Schüler unentschuldigt abwesend. Das entspricht 2,03 Prozent.

 

Von 10.796 Sechstklässlern blieben 386 Schüler unentschuldigt der Schule fern. Das entspricht 3,58 Prozent.

 

In der siebten Klasse wiesen von 13.347 Schülern 619 unentschuldigt Fehltage auf. Das entspricht 4,64 Prozent.

 

1110 von 19.041 Schülern fehlten unentschuldigt in der achten Klasse. Das entspricht 5,83 Prozent.

 

Von 22.636 Schülern der neunten Klasse waren 983 Schüler unentschuldigt abwesend. Das entspricht 4,34 Prozent.

 

In die zehnte Klasse gingen insgesamt 17.953 Schüler, davon fehlten 601 Schüler unentschuldigt. Das entspricht 3,35 Prozent.

 

144 von 5.692 Schülern fehlten unentschuldigt in der elften Klasse. Das entspricht 2,53 Prozent.

 

Von 5.838 Zwölfklässlern fehlten 181 Schüler unentschuldigt in der Schule. Das entspricht 3,10 Prozent.

 

In Abhängigkeit vom Alter liegen die Klassenstufen: sechs, sieben, acht und neun über dem allgemeinen Durchschnitt der Schüler, die im Schuljahr 2004/2005 unentschuldigt fehlten.

 

1.1.4 Abhängigkeit von der sozialen Herkunft

 

Angaben zur regionalen Verteilung, z.B. nach Regionalschulamts-Bezirken und Gebietskörperklassen oder zur Spezifik des Phänomens in Bezug auf Unterschiede zwischen ländlichen Regionen und Großstädten können aufgrund der Bedenken des Datenschutzbeauftragten des Staatsministeriums für Kultur innerhalb dieser Untersuchung keine Angaben gemacht werden (vgl. Gängler/Wiere: Datenerhebung, S. 5).

 

In der Literatur werden allerdings Aussagen darüber gemacht (vgl. 3.2.1).

 

Nach Angaben vom Oldenburger Sonderpädagogen Ricking, kommt Schulabsentismus in allen sozialen Schichten und familiären Konstellationen vor. Soziale Probleme im Elternhaus und sozial benachteiligte Milieus begünstigen aber schulverweigerndes Verhalten, so dass Schüler „aus übervorteilten Verhältnissen“ öfter zu Absentismus tendieren und Schulverweigerer überdurchschnittlich stark aus sozial schwachen Familien kommen. (vgl. Ricking: Schulabsentismus als Forschungsgegenstand. Oldenburg, 2003, S. 140ff.)

 

Konkrete Zahlen werden meines Wissens in der Literatur nicht angegeben.

 

Es gibt Hinweise darauf, dass tageweise unentschuldigtes Fehlen in den Großstädten häufiger der Fall ist, als im Landesdurchschnitt. Fehlten im Landesdurchschnitt 0,49 Prozent der einbezogenen Mittelschüler mehr als 21 Tage so sind es in einer exemplarischen Großstadt 1,36 Prozent (vgl. Gänger/Wiere: Datenerhebung, S. 89).

 

1.2 Art und Häufigkeit der Verweigerung in...

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