Die gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen, unter denen die Krankenhäuser in Deutschland agieren müssen, befinden sich sowohl auf nationaler als auch auf globaler Ebene in einem stetig fortschreitenden Wandlungsprozess. Welche einzelnen Faktoren hier als Herausforderungen wirken und wie die Gesetzgebung im Gesundheitswesen darauf reagiert, ist für die Personalentwicklungsstrategien der einzelnen Unternehmen von grundsätzlicher Bedeutung.
Hochaltrigkeit in einer immer älter werdenden Gesellschaft mit steigender Lebenserwartung bei gleichzeitig rückläufiger Fertilitätsrate und immer weniger jungen Menschen, die nachkommen, sind die Hauptaspekte des demografischen Wandels, wie er für das 21. Jahrhundert beschrieben wird.
Aus Tab. 1 wird ersichtlich, dass der Anteil der bis Vierzigjährigen an der Gesamtbevölkerung von 2000 bis 2006 stetig rückläufig war, während der Bevölkerungsanteil der über Vierzigjährigen im gleichen Zeitraum entsprechend zugenommen hat. Die größte Zuwachsrate verzeichnete die Gruppe der Vierzig- bis Sechzigjährigen. Sie wuchs um 3,1?% von 26,7?% auf 29,8?% und stellt gegenwärtig den größten Anteil an der Gesamtbevölkerung dar. Bezeichnend für diese demografischen Veränderungsprozesse ist auch die Tatsache, dass die Gruppe der unter Zwanzigjährigen bereits seit 2004 kleiner ist als die Gruppe der Sechzig- bis Achtzigjährigen. Zusammen mit der Gruppe der über Achtzigjährigen stellt diese Gruppe der Sechzig- bis Achtzigjährigen seit 2006 einen Anteil von 25?% an der Gesamtbevölkerung. Die aktuellen Prognosen gehen dahin, dass sich der Anteil dieser beiden Gruppen bis zum Jahr 2050 auf einen Wert von 37,1?% bis 43,1?% erhöhen wird (vgl. Statistisches Bundesamt 2006, Tab. 1 – Tab. 15).
Tab. 1: Bevölkerung nach Altersgruppen / Deutschland
Quelle: Statistisches Bundesamt 2008
Entsprechend den prognostizierten Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur erwarten Busse/Riesberg eine Zunahme chronisch-degenerativer Erkrankungen und somit zukünftig mehr medizinische und pflegerische [Personal-] Ressourcen für die Diagnostik und Behandlung von z.?B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder bösartigen Neubildungen (vgl. Busse/Riesberg 2005, S. 13 – 14).
Die Problematik einer alternden Gesellschaft wird durch den gleichzeitigen Wandel etablierter Familienstrukturen, mit ihrem Trend zur Singularisierung und zur Ein-Generationenfamilie, dazu führen, dass Hochbetagte mit ihrem höheren Krankheits- und Pflegefallrisiko immer seltener durch Familienangehörige in ihrer häuslichen Umgebung betreut und versorgt werden können. Diese Entwicklung wird zukünftig eine gesteigerte Nachfrage nach professionellen Betreuungs- und Versorgungsleistungen begünstigen, sodass insbesondere in den stationären und ambulanten Institutionen des Pflegesystems von einer Ausweitung und Weiterentwicklung bestehender Leistungsangebote und Versorgungsmodelle auszugehen ist. Für den Pflegedienst in den Krankenhäusern bedeutet dies die Notwendigkeit, die Übergänge und Schnittstellen zu den Leistungsanbietern in den nachgelagerten Pflegemarkt so zu gestallten, dass eine sektorenübergreifende Kooperation und Prozesssteuerung gewährleistet werden kann. Zusätzlich kann in diesen Veränderungen auch die Chance für eine Markt-Erweiterung oder Diversifikation in dieses Marktsegment begründet liegen.
Infolge der beschriebenen Wandlungsprozesse in der Alters- und Familienstruktur und den veränderten Wettbewerbsbedingungen auf den Märkten des Gesundheitswesens wird es somit in immer rascherer Folge zu immer neueren Produktentwicklungen in Medizin und Pflege kommen. Die hierdurch steigenden Anforderungen an die Mitarbeiter hinsichtlich fachlicher Qualifikation und individueller Anpassungsfähigkeit bedeuten für das Personalmanagement in den Krankenhäusern die Notwendigkeit, ihre Personalentwicklungsstrategie zielgerichtet auf die frühzeitige Entdeckung und Förderung vorhandener Entwicklungspotenziale bei den einzelnen Mitarbeitern auszurichten.
Tab. 2: Altersverteilung in der Berufsgruppe der Pflegekräfte
Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2007
Wie aus Tab. 2 zu ersehen ist, wirkt sich die demografische Entwicklung aber auch direkt auf die Berufsgruppe der Pflegekräfte aus. Bei einem stetigen Anstieg des Anteils der bis fünfzigjährigen und der über fünfzigjährigen Beschäftigten, kommt zukünftig einer speziell an die Bedürfnisse und Potenziale älterer Mitarbeiter angepassten Personalentwicklung eine immer größere Bedeutung zu. Gleichzeitig gilt es Angebote zu entwickeln die geeignet sind, die knapper werdende Ressource junger Berufsanfänger in Konkurrenz zu anderen Branchen für die Pflegeberufe zu interessieren und sie langfristig an diese Berufsgruppe zu binden.
Nach der Wiedereinführung des Gesundheitssystems in der Bundesrepublik Deutschland ab 1955 und dem Scheitern erste Reformbemühungen zur Kostenreduktion Mitte der 1960er Jahre war die Strategie der Gesundheitspolitik auf eine Leistungsausweitung und verbesserte Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ausgerichtet (vgl. Busse/Riesberg 2005, S. 29).
Mit der Einführung der dualen Finanzierung im Krankenhaussektor, wonach die Bundesländer die Investitionskosten und die Krankenkassen die laufenden Betriebskosten der Krankenhäuser finanzieren, wurde durch zusätzliche öffentliche Investitionen die Möglichkeit geschaffen, noch aus der Nachkriegszeit bestehende infrastrukturelle Defizite und Versäumnisse rasch zu beseitigen. Hinzukommende Steigerungsraten durch ein allgemeines Wirtschaftswachstum in Verbindung mit der Einführung kostenintensiver Technologien und einer Ausweitung der GKV auf neue Mitgliedergruppen (z.?B. Studierende, Landwirte, Behinderte), lassen in Abb. 1 einen Anstieg der Gesundheitsausgaben in den Jahren 1970 – 1973 von 6,5?% auf 7,7?% des BIPs erkennen. Dies entsprach mit einer relativen Steigerung von 18,5?% den Wachstumszielen der damaligen Gesundheitspolitik.
Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2008
Abb. 1: Gesundheitsausgaben ohne Einkommensleistungen in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (GAR-alt) / früheres Bundesgebiet
Anders verhielt es sich jedoch mit dem erneuten relativen Zuwachs von nochmals 18,2?% in den Jahren bis 1976 auf jetzt 9,1?% des BIPs. Dieser weitere Anstieg der Gesundheitsausgaben entsprach nun nicht mehr den Vorstellungen einer gezielten Wachstumspolitik, sondern wurde lt. Busse/Riesberg in Verbindung mit der Ölkrise gesamtgesellschaftlich als Kostenexplosion wahrgenommene und vermehrt auf demografische Trends und eine stetig fortschreitende Leistungsausweitung zurückgeführt. Schließlich führte diese Entwicklung 1977 zur Einführung des Krankenversicherungskostendämpfungsgesetzes (vgl. Busse/Riesberg 2005, S. 29).
Kennzeichnend für das Krankenversicherungskostendämpfungsgesetz war ein Strategiewechsel zum Prinzip der Kostendämpfung und Beitragssatzstabilität. Dabei sollte die grundsätzliche Begrenzung der Leistungsausweitung durch eine Koppelung der Leistungsausgaben an die Einkommensentwicklung der Versicherten erreicht werden. Dieser Strategiewechsel wurde notwendig, da unter den Bedingungen einer fortschreitenden Globalisierung die von den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und deren Arbeitgebern gemeinsam getragen Beitragssätze zur GKV als Gegenstand der internationalen Wettbewerbsfähigkeit gesehen werden mussten (vgl. Busse/Riesberg 2005, S. 30).
Quelle: Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2008
Abb. 2: Gesundheitsausgaben in Deutschland als Anteil am Bruttoinlandsprodukt in Prozent
Unter Beibehaltung dieses Grundprinzips führte die kontinuierliche Reformgesetzgebung ab den 1980er Jahren zu einem geringeren Ansteigen der Gesundheitsausgaben. Durch das Gesundheitsstrukturgesetz von 1993 konnte auch den durch die deutsche...