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E-Book

Stress und Stressbewältigung. Gesundheit am Arbeitsplatz pädagogischer Arbeitsfelder

AutorNadine Gleis
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl92 Seiten
ISBN9783640987672
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: 1,0, Philipps-Universität Marburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Es gehört zum guten Ton, keine Zeit zu haben, mit dem Terminkalender zu prahlen, belastet, überfordert, kurz: im Stress zu sein. Stress scheint allgegenwärtig und auf penetrante Art beliebig. Sogar unter die '100 Wörter des 20. Jahrhunderts' hat es der 'Stress' geschafft (vgl. Litzcke/ Schuh, 2010, S. 2). 'Der Vater hat Stress mit dem Nachbarn, die Tochter fühlt sich von ihrem Bruder gestresst und der Bruder hat Stress, wenn er kein Eis bekommt' (Litzcke/Schuh, 2010, S. 2). Auf diese Weise werden banale Erlebnisse mit Stress in Verbindung gesetzt und die Gefahr wird immer größer, gefährliche Folgen echten Stresses zu bagatellisieren. Ursprünglich benutzt, um die Reaktion eines Tieres in Gefahrensituationen zu beschreiben, dient er nun als Charakterisierung eines Zustandes dauernder und belastender Konfliktsituationen' (Noll/ Kirschbaum, 2006, S. 2). Das Problem: Wir reagieren körperlich genauso wie unsere Vorfahren. Durch eine Vielzahl chemischer Reaktionen wird der Körper in Alarmbereitschaft versetzt. Die Folgen sind eine erhöhte Muskelspannung, Adrenalin und Noradrelin werden freigesetzt, Cortisolspiegel, Herzfrequenz und Blutdruck erhöhen sich, die Atmung wird flacher, das Herz schlägt schneller (vgl. Zerkomski, 2008, S. 74). Allerdings sind heutzutage keine Bären oder Säbelzahntiger mehr notwendig, um diese Reaktionen auszulösen. Dauerstressoren wie ein zu voller Terminkalender, andauernde Über- oder Unterforderung sowie Reizüberflutung, versetzten unseren Körper immer öfter in Alarmbereitschaft (vgl. ebd. S. 74). Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt Stress zu einer der größten Gefahren für das menschliche Wohlergehen. Der amerikanische Stressforscher Cary L. Cooper bezeichnet den Stress sogar als die Pest des 20. Jahrhunderts. Und auch in der Politik kommt dem Thema immer größere Aufmerksamkeit zu. So stellte bereits im Jahr 2000 die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz fest, dass Stress als eine der größten Bedrohungen für das Wohlbefinden der Arbeitnehmer gesehen werden kann. Fast jeder dritte Beschäftigte ist von Stress betroffen (vgl. Kaluza, 2007, S. 4). Vor allem Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter, Heilpädagogen, Therapeuten und Angehörige/Mitglieder ähnlicher Berufsgruppen in pädagogischen und psychosozialen Arbeitsfeldern sind oftmals mit der Realität ihres Berufes überfordert.

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Leseprobe

3. STRESSBEWÄLTIGUNG


 

Nicht jeder Mensch, der unter starker Belastung steht, muss automatisch krank werden. „Menschen entwickeln und zeigen Versuche, mit Stress umzugehen, ihn zu bewältigen oder ihn zu meistern, d. h. sie entwickeln und zeigen Copingverhalten“ (Schmid, 2003, S. 87).

 

Dabei konnten zwischen günstigem Copingverhalten einerseits und Berufs- und Lebenszufriedenheit andererseits enge Zusammenhänge festgestellt werden. Aus diesem Grund möchte ich mich im Folgenden genauer mit der Copingforschung auseinandersetzen. Im Anschluss daran soll das Copingmodell von Lazarus wiedergegeben werden. Abschließend werden einige Methoden zur Stressbewältigung vorgestellt.

 

3.1 Definitionen von Stressbewältigung (Coping)


 

Coping (vom englischen „to cope“: bewältigen, meistern, zurechtkommen mit) bedeutet so viel wie Bewältigungsverhalten, hat sich aber auch im deutschen Sprachgebrauch längst als Fachbegriff etabliert.

 

Das Konzept der Bewältigung ist aus der Stressforschung erwachsen und ist von großer Bedeutung in den Bemühungen, Stress zu verstehen.

 

Für Coping (Stressbewältigung) besteht genauso wie für den Stressbegriff eine enorme Vielfalt an Definitionen. Im Folgenden möchte ich einige davon aufführen.

 

French, Rodgers & Cobb verstehen unter Bewältigung eine Veränderung des objektiven „person-environment fit“. Die Autoren betrachten Bewältigung als Versuch einer Wiederherstellung eines gestörten Passungsgefüges zwischen Person und Umwelt .

 

Lazarus & Folkman definieren Bewältigung als sich ständig verändernde, kognitive und verhaltensmäßige Bemühungen einer Person, die darauf gerichtet sind, sich mit spezifischen externen und/oder internen Anforderungen auseinanderzusetzen, die ihre adaptive Ressourcen stark beanspruchen oder übersteigen. Dabei ist es nicht entscheidend, ob diese Bemühungen erfolgreich sind, Bewältigung ist also unabhängig von ihrem Resultat definiert (vgl. Kramis-Aebischer, 1995, S. 62). Es handelt sich hierbei nicht um eine ergebnis-, sondern um eine prozessorientierte Definition, welche deskriptiv und nicht wertend ist. Dieser Definition gegenüber stehen die Versuche von French et al. (1973), welche vom Ergebnis dieses Prozesses im Hinblick auf eine veränderte Person-Umwelt-Passung ausgehen.

 

Ein weiterer Definitionsversuch von Haan beschreibt Coping als Ich-Prozess, bei dem das Ich mithilfe von Abwehrmechanismen den Forderungen der inneren und äußeren Welt begegnet, bis eine hinreichende Anpassung erfolgt ist. Bei diesem Ansatz kommt es zu einer Vermischung des eigentlichen Bewältigungsvorgangs mit einer Bewertungsdimension. Gleichzeitig liegt die Betonung auf der Reduktion von Spannung, das Ich als Verteidigungsinstanz sorgt für ein Spannungsgleichgewicht.

 

3.2 Allgemeine Bemerkungen zum Stand der Coping-Forschung


 

Die Beschäftigung mit Coping bzw. Bewältigungsverhalten hat in den letzten zwanzig Jahren eine enorme Verbreitung erlebt, und seit der Veröffentlichung des Werkes „Psychological Stress and the Coping Process“ von Richard Lazarus (1966) ist eine intensive Forschungstätigkeit in Gang gekommen. Unter Copingdefinitionen findet man Erklärungen im Zusammenhang mit Beanspruchung, Problemen, Problemlösung, Adaption und allgemeiner Reaktion auf Belastung und Probleme.

 

So werden unter Bewältigung vielfach alle kognitiven, emotionalen und behavioralen Anstrengungen verstanden, die dazu dienen, Anforderungen und Aufgaben, welche die persönlichen Ressourcen eines Menschen im Umgang mit Problemen angreifen oder übersteigen, zu meistern, zu tolerieren oder zu reduzieren (vgl. Pearlin & Schooler, 1978; Cohen & Lazarus, 1973, in: Kramis-Aebischer, 1995, S. 61). Eine Bewältigungsstrategie ist dann gefordert, wenn eine Person die eigene Handlungsfähigkeit bedroht sieht. Eine weitere entscheidende Rolle spielt ein tatsächlicher Verlust von Zielen bzw. Zielobjekten der Person. Bewältigungstheorien werden zur Erklärung von therapeutischen Prozessen wie auch zur Analyse von Prozessen der Auseinandersetzung mit kritischen Lebensereignissen, normativen Entwicklungsaufgaben oder auch Alltagsbelastungen herangezogen (vgl. Kramis-Aebischer, 1995, S. 61).

 

Die transaktionale Stresstheorie von Lazarus und Mitarbeitern ist die wohl einflussreichste und meistzitierte Theorie, die sich mit Stress und Coping befasst. Nachdem ich sein Stressmodell bereits im ersten Hauptteil meiner Arbeit ausführlich beschrieben habe, möchte ich im Folgenden sein Modell, welches sich mit dem Bewältigungsverhalten bzw. Coping beschäftigt, genauer betrachten.

 

3.3. Das Copingmodell nach Lazarus


 

Lazarus klassifiziert die Bewältigungsprozesse in zwei Kategorien unter dem Oberbegriff der Bewältigungsformen. Einerseits soll Coping dazu dienen, das Problem direkt anzugehen, d. h. eine positive Veränderung der Problemlage, der gestörten Person-Umwelt-Konstellation herbeiführen. Andererseits soll es aber zur Verbesserung der emotionalen Befindlichkeit beitragen (vgl. ebd. S. 63).

 

Diese beiden Funktionen, welche zwei instrumentelle Schwerpunkte der Bewältigungsbemühungen unterscheiden, nämlich das Selbst und die Umwelt, können mithilfe von vier verschiedenen Verhaltensweisen erfüllt werden. Dazu zählen die Informationssuche, die direkte Handlung, die Unterdrückung von Handlung und die intrapsychischen Prozesse.

 

3.3.1 Informationssuche


 

Hierbei versucht die Person Informationen ausfindig zu machen, die einen Überblick über die Situation verschaffen sollen und ihre Gefühlslage verbessern. Die Informationssuche dient dazu herauszufinden, was in der Umwelt oder der Person selbst verändert werden muss.

 

3.3.2 Direkte Handlung


 

Die direkte Handlung umfasst, abgesehen von kognitiven, alle Aktivitäten, die eine Stresssituation kontrollieren. Die direkte Handlung kann auf die Umwelt und auf die eigene Person ausgerichtet sein, denn beide sind in der Lage sich zu verändern und können die mit Stress konzentrierte Person-Umwelt-Beziehung modifizieren. Hierzu zählt jede Art von Aktivität, die die Funktion hat, einen Beitrag zur Bewältigung bedrohlicher Situationen zu geben. Solche Aktionen können das Regulieren von Emotionen, das Bewältigen von vergangenem Leid oder Unrecht und das Konzentrieren auf zukünftige Gefahren sein (vgl. ebd. S. 63).

 

3.3.3 Unterdrückung von Handlung


 

Unter einer Aktionshemmung versteht man die Fähigkeit, Handlungen zu unterdrücken, die die Wahrscheinlichkeit von Schaden, Gefahr oder Konflikten mit Moralvorstellungen erhöhen und einer Situation nicht gerecht werden würden. Das heißt, dass eine Person starke Handlungsimpulse wie Ärger oder Wut zugunsten anderer Handlungsziele unterdrückt (vgl. ebd. S. 63).

 

3.3.4 Intrapsychische Prozesse


 

Intrapsychische Prozesse werden dann in Gang gesetzt, wenn der Person keine direkten Handlungsmöglichkeiten zur Beseitigung oder Vermeidung einer Bedrohung zur Verfügung stehen.

 

Die intrapsychische Bewältigungsform umfasst alle kognitiven Prozesse, die Emotionen steigern und zur Steigerung des Wohlbefindens beitragen. Hierzu zählen Mechanismen der Selbststeuerung, Abwehrmechanismen, Vermeidung und Versuche, sich von einer Bedrohung zu distanzieren.

 

Die intrapsychische Verarbeitung will ein Gefühl der subjektiven Kontrolle vermitteln, um Wohlbefinden zu steigern und emotionale Belastungen zu vermindern bzw. zu minimieren. Diese Bewältigungsform ist auf die Zukunft oder Vergangenheit offen ausgerichtet oder hilft dabei, gegenwärtige Situationen neu zu interpretieren. Sie kann entweder auf die Umwelt oder die eigene Person bezogen sein (vgl. Khashabi, 1996, S. 47). Die Bewältigung kann innerhalb jeder Kategorie sowohl kognitiv als auch verhaltensbasiert stattfinden.

 

Mithilfe empirischer Ergebnisse haben Folkman & Lazarus eine weitergehende, erneute Differenzierung von Coping erbracht. Auf der Basis von Items der „Ways of Coping Checklist“ von Folkman & Lazarus (1980), die von den gleichen Autoren fünf Jahre später zu „Ways of Coping Scales“ umbenannt wurde, ermittelten sie faktorenanalytisch acht Arten von Bewältigung. Diese Version wurde 1988 von einem Verlag nochmals leicht umgewandelt, und man kann jetzt den „Ways of Coping Questionnaire“ kommerziell erwerben. Der Nachteil der zwei früheren Versionen des Fragebogens war, dass sie je nach Stichprobe und Fragestellung andere Skalen ergaben. Die kommerzielle Version wird nach einem festen Schlüssel ausgewertet und misst acht unterschiedliche Copingformen, die ich im Folgenden erläutern möchte.

 

1. Konfrontative Bewältigung:

 

Unter der konfrontativen...

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