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Warenlogistik: Risikomanagement und Strategien in der Beschaffung

AutorPhilip Eugen Deubner
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl116 Seiten
ISBN9783640884551
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich BWL - Beschaffung, Produktion, Logistik, Note: 1,7, Fachhochschule Gießen-Friedberg; Standort Friedberg (Fernstudienzentrum), Sprache: Deutsch, Abstract: Kunden erwarten nicht mehr nur die Eignung eines Produktes, ihr jeweiliges Bedürfnis zu befriedigen, sondern zugleich soll der jeweilige Artikel qualitativ hochwertig und günstig sein sowie zugleich eine hohe Verfügbarkeit aufweisen. Dieses fordert in einer arbeitsteiligen Wirtschaftswelt nicht mehr nur das einzelne Unternehmen, sondern sämtliche an der Produkterstellung beteiligten Unternehmen. Die Erkenntnis, dass der Endkunde, bzw. dessen Wünsche, in das Zentrum der Leistungserstellung rückt, führt dazu, dass nicht mehr nur einzelne Unternehmen miteinander im Wettbewerb stehen, sondern komplette Wertschöpfungsnetzwerke. Zugleich stehen die beteiligten Unternehmen allerdings auch unter einem hohen Kostendruck. Dieser ist sowohl durch Megatrends wie die Globalisierung, aber auch durch das bereits genannte steigende Kostenbewusstsein des Abnehmers begründet. Betrachtet man lediglich die logistische Seite, so können Kostenersparnisse grundsätzlich in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Distribution gehoben werden. Wird nun weiterhin beachtet, dass die Fertigungstiefe innerhalb von Unternehmen stetig abnimmt, so dass beispielsweise die Wertschöpfung der Porsche AG am Geländewagen Cayenne lediglich ca. 11 % beträgt, dann kann aus diesem Umstand die herausragende Bedeutung der Beschaffung für den Gesamterfolg des Unternehmens abgeleitet werden. Vor diesem Hintergrund wird versucht, die Beschaffung so kosteneffektiv wie möglich zu gestalten. Zugleich stellen jedoch hier denkbare Lösungen, wie die Verringerung der Fertigungstiefe oder die Erschließung von internationalen Lieferquellen gewisse Risiken dar. Damit erscheint es eindeutig, dass die Kenntnis von möglichen Beeinträchtigungen und die Suche nach Handlungsempfehlungen, diesen Herausforderungen zu begegnen, für die wirtschaftliche Zukunft einer Unternehmung von elementarer Bedeutung ist. Zugleich ist der Beschaffung innerhalb der Unternehmensfunktionen aus den bereits dargelegten Gründen eine gesteigerte Bedeutung beizumessen. Somit wird deutlich, dass ein aktives Management von möglichen Beeinträchtigungen - oder besser Risiken - der Beschaffung von zentraler Bedeutung für jedes Unternehmen ist. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, mögliche Risiken im Rahmen der Beschaffung zu definieren und zu systematisieren, sowie in einem weiteren Schritt Ansatzpunkte für denkbare Werkzeuge eines Risikomanagements zu entwickeln.

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Leseprobe

C. Einführung in das System des Risikomanagement


 

I. Risikobegriff


 

Um die Möglichkeiten eines Risikomanagementsystems für die Beschaffung genauer zu beleuchten, ist es zunächst erforderlich, einen der Arbeit zu Grunde zu legenden Risikobegriff zu definieren.

 

Obwohl der Begriff des Risikos scheinbar selbsterklärend ist und umgangssprachlich häufig genutzt wird, um ganz allgemein Gefahrensituationen zu beschreiben, wird bereits nach kurzer Lektüre deutlich, dass sich in fachlicher Hinsicht bisher weder in der wissenschaftlichen Gemeinschaft im Allgemeinen noch in der Betriebswirtschaftslehre im Speziellen eine konsistente Risikodefinition durchgesetzt hat.[48] Weiterhin ist ebenfalls nicht eindeutig, ob bzw. wie ausführlich der Begriff überhaupt zu definieren ist. Je nach Verfasser und Intention wird der Begriff somit entweder nur sehr kurz[49] oder aber sehr ausführlich[50] hergeleitet und argumentativ unterfüttert.

 

Selbst die etymologische Herkunft des Wortes ist strittig. So ist das Wort Risiko entweder auf arabische oder lateinische Wurzeln zurückzuführen und bedeutet je nach möglichem Wortursprung etwas göttlich Gegebenes im Sinne eines nicht beeinflussbaren Schicksals oder ist mit dem Umschiffen einer Klippe zu übersetzen, welches aktives Handeln bzw. Eingreifen voraussetzt.[51]

 

Trotz dieser Unterschiede lassen sich allerdings verschiedene Parallelen zwischen den jeweiligen Risikodefinitionen und Schwerpunkten erkennen. Diese Parallelen sind zum Einen der zeitliche Bezug des Risikos, weiterhin die Aufteilung in einen ursachen- und einen wirkungsbezogenen Bestandteil und schließlich die Notwendigkeit, Risiken durch Quantifizierung vergleich- und steuerbar zu machen.[52] Der zeitliche Bezug und die Ursache eines Risikos werden im Folgenden kurz verknüpft dargestellt.

 

Bei der Quelle von Risiken handelt es sich um Entscheidungen, die mit Zukunftsbezug getroffen werden. Dabei ist eine Entscheidung unter Unsicherheit zu treffen, in die Prognosen des Entscheiders mit einfließen.[53] Weiterhin ist zu beachten, dass diese Prognosen in starkem Maße von der Person des Entscheiders sowie von dessen getroffenen Annahmen abhängen. Auch eine solche Annahme ist zukunftsbezogen und trägt deshalb die Gefahr einer Fehleinschätzung in sich. Eine vollständige Eliminierung von Unsicherheit erscheint dabei unrealistisch, da dieses eine vollständige Transparenz voraussetzt. Vollständige Transparenz ist hier so zu verstehen, dass alle Marktteilnehmer einen vollständigen Überblick über den Markt besitzen, sich wirtschaftlich rein rational verhalten und dass die zukünftige Entwicklung des Marktes bzw. des jeweiligen Entscheidungsgegenstandes eindeutig vorauszusagen ist.[54] Da dieses Szenario als unrealistisch zu beurteilen ist, lässt sich bereits an dieser Stelle feststellen, dass eine Entscheidung unter Unsicherheit zum Einen die Regel in der betrieblichen Praxis ist und zugleich die Gefahr einer Fehlprognose in sich trägt. Damit bilden diese beiden Elemente die Grundlage eines Risikos, bzw. dessen „ursachenbezogene“ Komponente.

 

Wird dieser Gedanke weiter verfolgt, so wird deutlich, dass sich das in der Entscheidung angelegte Risiko in einer Art und Weise entladen muss, sprich, zu einer Wirkung führen muss. Hierbei handelt es sich um den so genannten „wirkungsbezogenen“ Anteil des Risikos. Die Wirkung eines Risikos lässt sich grundsätzlich als die Gefahr einer Zielabweichung beschreiben.[55] Während der Bereich des „ursachenbezogenen“ Risikoanteils noch relativ eindeutig zu beschreiben war, lässt sich aus der Literatur noch deutlich herauslesen, dass es eine wirkungsbezogene Komponente des Risikos gibt. Über die Frage, wie diese jedoch auszugestalten ist, herrscht Uneinigkeit.[56] Demnach lässt sich Risiko sowohl als Gefahr des Verlustes als auch ganz allgemein als Verfehlen der im Rahmen der Entscheidung zugrunde gelegten Ziele definieren. Während die Definition, die sich auf die Gefahr des Verlustes stützt, dem allgemeinen Sprachgebrauch von Risiko entspricht,[57] erscheint es notwendig, die Frage des Risikoverständnisses als – auch – positive Abweichung näher zu beleuchten. Fraglich ist dabei, wieso auch die Übererfüllung eines Ziels als Risiko und somit als unerwünschter Zustand zu bewerten sein könnte.

 

In diesem Zusammenhang ist das so genannte ökonomische Prinzip zu nennen. Dieses kann entweder in den Ausprägungsformen des Maximum[58]- oder des Minimumprinzips vorliegen. Hierbei handelt es sich um verschiedene Herangehensweisen an ein mögliches Ergebnis. Das Minimumprinzip besagt, dass ein bestimmtes Ergebnis, wie z.B. eine bestimmte Produktionsmenge mit dem minimalen Faktoreinsatz erreicht werden soll. Beim Maximumprinzip hingegen wird eine bestimmte Menge an Produktionsfaktoren vorgegeben. Mit diesem Input soll dann ein Maximum an Output erreicht werden.[59] Weiterhin ist zu beachten, dass ein wesentlicher Bestandteil des sich immer stärker verbreitenden „Lean“-Ansatzes neben der Eliminierung nichtwertschöpfender Prozessschritte, eine verringerte Lagerhaltung ist.[60] Eine verringerte Lagerhaltung wirkt sich dabei jedoch nicht nur auf die Beschaffung, sondern ebenfalls auf die Produktion aus. Nach der Maxime einer JIT- bzw. JIS-Belieferung ist nur dass zu produzieren, was auch durch den jeweiligen Bedarfsträger, sei es inner- oder außerbetrieblich, benötigt wird. Somit sind auch die Halb- und Fertigerzeugnisläger vom Bestand verringert. Die jeweilige Leistungserstellung wird somit anhand des tatsächlich nachgefragten Bedarfes ausgerichtet.[61]

 

Wenn der Bedarf die Leistungserstellung steuert, so wäre in diesem Umfeld das bereits oben genannte Minimumprinzip anzuwenden, sprich der gewünschte Output mit der geringst möglichen Inputmenge zu erreichen. Liegt nun eine positive Zielabweichung vor, wird das jeweilige Ziel übererfüllt. Diese Abweichung kann entweder durch einen Zufall oder durch eine überhöhte Allokation von Leistungserstellungsfaktoren entstehen. Da sich der Zufall einer gezielten Steuerung entzieht, bedeutet dies, dass dieser Fall zunächst im Rahmen einer Analyse auszuschließen ist. Ansonsten gilt, dass im Falle einer positiven Zielabweichung zunächst grundsätzlich von einer Fehlallokation auszugehen ist, die letztlich über erhöhte Kosten zu einem verringerten Gewinn führt.

 

Vor dem Hintergrund des dargestellten Zusammenhangs zwischen positiver und negativer Zielabweichung wird der Risikobegriff hinsichtlich der Zielerreichung so zu definieren sein, dass Abweichungen im Sinne des wirkungsbezogenen Ansatzes unabhängig von ihrer Zielrichtung als risikobehaftet zu verstehen sind.

 

Nachdem auf die Bedeutung des ursachen- und wirkungsbezogenen Ansatzes im Allgemeinen eingegangen wurde,[62] sind diese beiden Ansätze noch in Form einer Verknüpfung zu einem gemeinsamen Risikowert zu aggregieren. Diese Aggregation zum so genannten „Risikowert“ erfolgt durch die Multiplikation der Einzelwerte für Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung (=Zielabweichung).[63]

 

Weiterhin soll vor der Ableitung des zu verwendenden Risikobegriffes noch die Frage nach einer Maßgeblichkeitsgrenze gestellt werden. Im vorhergehenden Abschnitt wurde ausgeführt, dass sich Risiko unter anderem an einem wirkungsbezogenen Anteil abgrenzen lässt. Sofern nun aus der Feststellung, dass ein Risiko vorliegt, automatisch ein Durchlaufen des Risikomanagementkreislaufes[64] folgte, müsste jegliche Änderung in den Prognosen (z.B. aufgrund fortschreitender Zeit und damit einer sich verbessernden Informationsbasis) zu einer erneuten Sachverhaltsbewertung führen.

 

Vor dem Hintergrund der Ressourcenbindung des für das Risikomanagement benötigten Personals erscheint es angebracht, eine Risikoschwelle einzuführen. Diese Risikoschwelle bezeichnet die zugelassene mögliche Abweichung des IST-Ziels vom PLAN-Ziel. Bei Unterschreiten dieser Schwelle liegt somit kein Risiko vor, sondern eine Schwankung, eine Störung.[65] Ein solch gestörtes Zielsystem wäre weiter zu beobachten und fortzuschreiben. Erst oberhalb dieser Grenze sind die Maßnahmen des Risikomanagement zu treffen und anzuwenden.[66] Eine entsprechende Risikoschwelle ist durch den Entscheider selbst zu definieren und stets vom jeweiligen Erkenntnisobjekt abhängig.

 

In diesem Zusammenhang stellt sich weiterhin die Frage, warum im Rahmen von Entscheidungen überhaupt ein Risiko eingegangen werden sollte. LASCH und JANKER führen dazu aus[67], dass ein Großteil von Unternehmensinsolvenzen auf eine stark risikoaverse Haltung zurückzuführen ist. Dieser Zusammenhang lässt sich so interpretieren, dass mit dem Verzicht auf Risiken ebenfalls ein Verzicht an Chancen einhergeht.[68]

 

Zusammenfassend ist für die vorliegende Arbeit der Risikobegriff wie folgt zu definieren:

 

Risiko ist ein auf unsicheren Informationen bzw. Prognosen basierender, zukunftsbezogener Zustand, der zu einer nicht unerheblichen Zielabweichung führt.

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