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Wenn es lebensgefährlich ist, Christ zu sein

Kampf der Religionen und Kulturen

AutorJoachim Feyerabend
VerlagLau-Verlag & Handel KG
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783957681553
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis18,99 EUR
Die Verfolgung von Christen hat weltweit ein erschreckendes Ausmaß angenommen - gerade der hoch entwickelte Westen nimmt dies jedoch überwiegend mit Desinteresse zur Kenntnis. In vielen Staaten ist es längst lebensgefährlich, Christ zu sein: Insgesamt leiden mehr als 200 Millionen Christen, also 80 Prozent aller Menschen, die aus religiösen und ethnischen Gründen verfolgt werden, unter Rechtlosigkeit, Diskriminierung, Vertreibung, Gefängnis, Folter oder werden getötet. Das Recht auf freie Religionsausübung und kulturelle Entfaltung wird meist in islamisch geprägten Ländern beschnitten, aber auch Hindus, Buddhisten, kommunistische und andere totalitäre Regime verfolgen heutzutage Christen sowie andere religiöse und ethnische Minderheiten. Insbesondere der Islam hat nach Abschüttelung der Kolonialherrschaft Kraft geschöpft und breitet sich seither missionarisch aus, während das Christentum der Alten Welt die Mission zugunsten religiöser Toleranz weitgehend aufgegeben hat. Aufgeklärte Dialogbereitschaft und mittelalterlicher Absolutheitsanspruch prallen im Zeitalter grenzenloser Kommunikation in einem drastischen Kulturgefälle aufeinander. Der Autor spürt der Lage der Christen in den betroffenen Ländern nach und fragt nach Ursachen und Zusammenhängen.

Joachim Feyerabend war als Journalist u. a. für Spiegel, Welt und Wirtschaftswoche tätig und hat mehrere Sachbücher veröffentlicht.

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Leseprobe

Islamisches Wiedererwachen


Das Signal des Würfels:
Die Renaissance der Fundamentalisten


Libyens König Idris machte sich klammheimlich aus dem Staub. Zur selben Zeit flogen in einem strahlend weißen Jet mit goldener Krone auf dem Leitwerk nichts ahnend der bayerische Politiker Franz Josef Strauß, Intendant Walter Steigner von der Deutschen Welle aus Köln und Topmanager Walter Cipa von der Energiefirma Gelsenberg aus dem Ruhrpott in das nordafrikanische Wüstenreich. Ein Flair aus Tausendundeiner Nacht empfing die fremden Besucher – ein Stück morgenländischer Tradition mit afrikanischem Einschlag und buntem orientalischem Leben.

Der Besuch der hochkarätigen Delegation hatte einen wichtigen ökonomischen Hintergrund: Während der Industriemesse in Tripolis sollte das Trio die engen Beziehungen der noch jungen Bundesrepublik zu dem Erdöl-Dorado am Rand des Mittelmeeres ausbauen und zudem den Betrieb einer Sendestation des deutschen Regierungssenders für die nordafrikanische Welt unterschriftsreif machen.

Der gekrönte Verhandlungspartner ließ die Besucher indes ohne Nachricht oder gar Entschuldigung sitzen. Der Monarch hatte sich, so erfuhr die Gruppe schließlich unter der Hand, von einer Kur in der Türkei ins Nachbarland Ägypten abgesetzt.

Wir begleitenden Journalisten, eine Handvoll deutscher Beobachter, horchten auf: Das konnte nichts anderes heißen, als dass da ein Staat aus dem Gleichgewicht geriet!

In der Tat: Die Majestät wusste längst, was die deutschen Staatsgäste schließlich ganz außerplanmäßig überraschte. Der betagte Idris hatte Kenntnis von der Verschwörung gegen seine Regentschaft. Die Militärs des Landes verweigerten ihm die Gefolgschaft und planten den Umsturz. Trotz eines zuvor eilends verkündeten Sozialprogramms zur Befriedung der bitterarmen Bevölkerung (housing program) drohten dem durch den Ölboom schwerreichen orientalischen Potentaten der Verlust seiner Macht und seines Märchenpalastes in der Hauptstadt Tripolis. Denn schon in den nächsten Tagen sollte der junge und ehrgeizige Offizier Muammar Gaddafi als neuer Herrscher dort einziehen.

Die Revolte des strenggläubigen, jedem westlichen Lebensstil gegenüber feindlich gesinnten libyschen Militärbefehlshabers stand also schon bei der Ankunft der deutschen Spitzenkräfte unmittelbar vor der Tür und Idris hatte mit einer wohlgefüllten Schatulle rechtzeitig in Kairo um Asyl nachgesucht.

Im Hotel „Méditerranée“ in Tripolis boten mir sogleich in Libyen lebende nichtmuslimische Geschäftsleute unter dem Tisch Smaragdcolliers und andere Preziosen zu Schleuderpreisen an. Sie wollten für den Ernstfall einer Flucht flüssig sein – im Orient wie in Afrika ein untrügliches Zeichen für bevorstehende politische Erdrutsche. Ich habe Ähnliches später, Ende der Siebzigerjahre, in Ostafrika erlebt, als der vom Machtrausch besessene Diktator Ugandas, Idi Amin Dada, damit begann, die geschäftstüchtigen Inder aus seinem Herrschaftsgebiet zu vertreiben. Die indischen Kaufleute in Kenia fürchteten Ähnliches und machten ihre Juwelen und ihr Gold zu Bargeld.

Die Welt schrieb während der überraschenden Ereignisse in Libyen das Jahr 1967, das Jahr, in dem auch der sogenannte Sechstagekrieg zwischen dem Ägypten Nassers und Israel entbrannte, von den Anwohnern des Nils verloren wurde und einen Niedergang des damals gerade auf dem Höhepunkt befindlichen Panarabismus einläutete. Dieser Krieg schwor gleichwohl aber die islamisch-arabische Welt auf die gemeinsamen religiösen Wurzeln und die Gegnerschaft zum Staat der Juden ein – eine Klammer, die heute mehr denn je die antiwestlichen Kräfte erneut verbindet.

Nicht weit vom alten pittoresken Basar der Hauptstadt Tripolis errichteten Arbeiter derweil ein würfelartiges Gerüst und verkleideten es mit schwarzen Tüchern. Das weckte natürlich meine Neugier. Das provisorische Bauwerk glich in verkleinertem Maßstab der berühmten Kaaba, dem zentralen Heiligtum im saudischen Mekka, der wichtigsten Pilgerstätte des Islam.

Die Ähnlichkeit war gewollt.

Denn während der prowestlichen Industriemesse wurde der düstere schwarze Kubus von Schwärmen klappriger Busse aus der Provinz angesteuert. Von Geistlichen straff organisiert, strömten den ganzen Tag über Hunderte in Burnusse gehüllte Menschen aus den Wüsten und Tafelbergen des nordafrikanischen Staates in den geheimnisvollen Bau. Nach außen und bis an mein Ohr drangen nur erregtes Stimmengewoge sowie gelegentliche wütende Schreie.

Ich schloss mich in jugendlichem Leichtsinn blindlings dem Menschenstrom an und wünschte mir sogleich, es besser nicht getan zu haben.

Die Mitte des hohen, sonst schlichten und fensterlosen Raumes beherrschte ein auf einem erhöhten Sockel thronendes Pult. Hinter ihm hatte sich ein weißbärtiger Imam in dunklem Gewand mit einem langen Zeigestock verschanzt. Er galt er als einer der führenden islamischen Kleriker des Landes und strahlte Autorität aus.

Andere westliche Beobachter wären bei dem, was dort geschah, nicht minder zu Tode erschrocken, als ich es war: Denn am oberen Rand der Innenverkleidung prangten, von Scheinwerfern grell angestrahlt, primitive, handgemalte Bilder des Schreckens. Sie zeigten jüdische Männer, wie sie kleine arabische Kinder schlachteten und verspeisten oder ähnliche, nicht minder scheußliche Gräueltaten an Muslimen und deren Frauen verübten.

Der Kleriker kreischte vor Hass, erklärte den im Kreis bis zum Ausgang geführten „Pilgern“ lautstark und mit flammenden Blicken unter seinen buschigen Brauen die einzelnen Szenen und ließ keinen Zweifel daran, dass dies alles im Staate Israel und bei dessen westlichen und christlichen Verbündeten Tag für Tag so und nicht anders geschehe.

Die primitive Propagandamasche zog: In Sekundenschnelle kochte die Menge.

Der Raum glich einem Hexenkessel; Hassparolen machten die Runde. Die einfachen, kaum gebildeten Besucher aus der Wüste schworen voller Ingrimm Rache, blutige Vergeltung und intonierten entsprechende Sprechchöre, während zeitgleich ein dicklicher Neffe des getürmten Königs die westliche Delegation durch den Palast des flüchtigen Herrschers führte. Für den Abend lud er sie zu einem üppigen orientalischen Gastmahl mit allerlei Tafelfreuden, arabischer Musik und Bauchtänzen in den damals im ganzen Mittelmeerraum berühmten Nachtklub in Wadan ein und präsentierte dort eine scheinbar heile Welt des Luxus.

Ich bangte langsam um mein Leben. Denn mir wurde jäh klar, hätte dieser Fanatiker mit seinem Stock auf mich, den einzigen Fremden in diesem Raum, gedeutet, ich wäre von der aufgebrachten Meute buchstäblich in Sekundenschnelle in der Luft zerrissen worden.

Sehnsüchtig schielte ich nach dem Ausgang.

Hinter den Kulissen – und zu diesem Szenario, so wurde mir klar, gehörte der ominöse Würfel – bereiteten die geistlichen Würdenträger des Landes das Volk bereits auf die kommende Zeit der Herrschaft des „reinen Glaubens“ vor, die mit der Machtergreifung des jungen Offiziers Gaddafi und seinem „Bund freier Offiziere“ wenige Tage später in der Tat begann. Dem prowestlichen luxuriösen Lebensstil von Sidi Muhammad Idris al-Mahdi al-Senussi war damit ein jähes Ende gesetzt. Der greise König hielt sich zu dieser Zeit noch im türkischen Kurort Bursa auf und verbrachte dann sein unfreiwilliges Asyl bis zu seinem Tod 1982 in Kairo.

Sein Reich und die westliche Dominanz endeten fast zeitgleich mit dem „panarabischen“ Machtwechsel Nassers, dem Sturz von König Faruk am 23. Juli 1952 und dem aufkeimenden Führungsanspruch der Baath-Partei im Irak wie auch in Syrien sowie der Neuorientierung der alten Kolonialreiche im Südjemen und im Sudan.

Und sofort nach dem wenige Tage später erfolgten, weitgehend unblutigen Putsch Gaddafis wurde die lateinische Schrift verbannt, das Unterseekabel zum europäischen Kontinent erst einmal gekappt. Das Hotel „Méditerranée“, in dem ich als Staatsgast wohnte – ein Symbol für den westlichen Kapitalismus –, ging in Flammen auf. Mit der letzten Maschine über Rom floh ich mehr oder weniger aus dem Land, einen Film des damaligen deutschen ARD-Korrespondenten Joachim Rassat aus Casablanca im Hemd.

Geldscheine, Münzen, Straßenschilder, Geschäftsnamen waren nur noch für Kenner der arabischen Sprache zu lesen, westliche Musik wurde verboten, ja selbst die Musikinstrumente der verhassten Ungläubigen fielen der Vernichtung anheim. Im italienischen Wohnviertel der Stadt kippten aufgepeitschte Libyer nachts vor den Haustüren der fremden Bewohner Mülleimer aus. Die Amerikaner, die in Wheelus bei Tripolis einen ihrer größten überseeischen Luftstützpunkte unterhielten, mussten als unerwünschte Personen...

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