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E-Book

Wer überlebt?

Bildung entscheidet über die Zukunft der Menschheit

AutorReiner Klingholz, Wolfgang Lutz
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl300 Seiten
ISBN9783593433592
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis20,99 EUR
Ohne Bildung kein Überleben Nicht Klima, nicht Rohstoffe, sondern Bildung ist der Schlüsselfaktor für das Überleben der Menschheit. Gesellschaften, in denen Breitenbildung gefördert wird, stehen heute bildungsfernen, teils fundamentalistischen gegenüber, die keine Antworten haben auf die sozialen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit. Klingholz und Lutz stellen klar: Die Konfliktlinie des 21. Jahrhunderts verläuft zwischen den Gebildeten und den Ungebildeten. »Wir stecken mitten in einem Kampf der Bildungskulturen«, sagen die Experten für Bevölkerungsentwicklung Reiner Klingholz und Wolfgang Lutz. Und der betrifft uns alle, denn Armut, Verzweiflung und Terror machen vor Grenzen nicht halt. Es ist Zeit, global in Bildung zu investieren. In diesem Buch entwerfen Klingholz und Lutz unterschiedliche Szenarien zur Zukunft der Menschheit bis zum Ende des 21. Jahrhunderts - bedingt durch künftige Bildungsinvestitionen. Das Buch zeigt: - Bildung bekämpft und besiegt den Fundamentalismus von IS, Boko Haram und Co. - Bisher fließt nur ein geringer Teil der internationalen Entwicklungshilfeausgaben in die Bildung. - die internationalen Verflechtungen von Bildung und Wirtschaft - anschaulich wie nie.

Dr. Reiner Klingholz ist seit 2003 Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung und einer der renommiertesten Demografie-Experten Deutschlands. Prof. Dr. Wolfgang Lutz, einer der weltweit führenden Demografen, ist Direktor des World Population Program am IIASA und des Vienna Institute of Demography sowie Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien.

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Leseprobe
Prolog
Bildung, ihre Gegner und die Zukunft der Menschheit
Dass Bildung etwas sehr Wichtiges in unserem Leben und für das Leben unserer Kinder ist, wird in Deutschland und generell im entwickelten Teil der Welt kaum ein Mensch infrage stellen. Bildung ist notwendig für ein erfolgreiches Berufsleben. Sie befähigt uns, über den eigenen Horizont hinauszusehen, Normen zu hinterfragen, unseren Lebensstil bewusst zu wählen. Damit können wir sogar unsere Gesundheit beeinflussen. Bildung ermöglicht überhaupt erst eine selbstbestimmte Existenz. Sie ist eine Grundvoraussetzung für die komplexe Organisation moderner Gesellschaften, sie dient übergeordneten Zielen wie Freiheit und Gerechtigkeit.
Besser Qualifizierte mischen sich eher in politische Entscheidungsprozesse ein und fördern die Demokratisierung. In den meisten Ländern der Welt, in denen sich die Bildung nach dem Motto 'Bildung für alle' auf weite Bevölkerungskreise ausgedehnt hat und die Menschen immer besser qualifiziert wurden, haben sich die Lebensbedingungen seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten deutlich verbessert. Weltweit hängt der Wohlstand der Nationen eng mit dem Bildungsstand seiner Bürger zusammen. Moderne Gesellschaften werden deshalb auch als Wissensgesellschaften bezeichnet.
Doch weil Bildung sich zu unterschiedlichen Zeiten auf der Welt auszubreiten begann und die Bedingungen dafür sehr unterschiedlich waren, gibt es gewaltige Unterschiede beim Entwicklungsfortschritt hin zur Wissensgesellschaft. Nicht alle Nationen waren gleich erfolgreich dabei, das Wissen unter die Menschen zu bringen und zum Wohle der Gemeinschaft zu nutzen. Die westlichen Industrieländer haben ihre Bildungsdividende früh eingefahren und die asiatischen Aufsteigernationen sind ihnen später mit hoher Dynamik gefolgt.
Anderenorts, vor allem in Afrika, in Teilen Westasiens und in der arabischen Welt, blieben diese Chancen bislang weitgehend ungenutzt. Dort sind die Bildungsmöglichkeiten begrenzt. Viele Kinder, vor allem Mädchen, gehen gar nicht zur Schule oder brechen sie ab. Der Anteil der Analphabeten ist nach wie vor erschreckend hoch. Im globalen Wettbewerb haben diese Länder geringe Chancen. Ihre Entwicklung kommt kaum voran, es fehlt an auskömmlicher Arbeit, der gesellschaftliche Wandel ist gehemmt und die Bevölkerungen wachsen rasant, denn geringe Bildung bringt überall auf der Welt hohe Kinderzahlen mit sich. Die immer größer werdenden jungen Generationen blicken auf die erfolgreicheren Länder und sehen sich um ihre Zukunft betrogen.
Dass unter diesen Bedingungen die Unzufriedenheit wächst, ist kein Wunder. Und mit ihr wächst die Wut auf jene Kulturen, die von der Bildung profitieren konnten. Häufig müssen dann Ideologie und Religion herhalten, um die Unterschiede zwischen den Kulturen zu erklären - der Entwicklungsrückstand wird begründet mit Unterdrückung, Imperialismus und Ausbeutung.
Die Unzufriedenheit in schlecht entwickelten Ländern entlädt sich immer häufiger in sozialen Konflikten und Gewalt, die auch an nationalen Grenzen keinen Halt macht. Die Menschen in den betroffenen Gebieten können aus eigener Kraft kaum etwas ändern an ihren politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die ihre schlechte Lage bedingen. Aber sie wissen in der global vernetzten Welt, dass es Länder gibt, in denen es friedlicher und sicherer zugeht und der Wohlstand bei größeren Teilen der Bevölkerung ankommt. Dieses Wissen treibt viele dazu, ihre Heimat zu verlassen und nach einem besseren Leben anderswo zu suchen, auch wenn dieser Weg große Gefahren birgt. Die neuen Flüchtlingsströme unserer Zeit gehen damit zum Teil auf die großen Bildungs- und damit Wirtschaftsunterschiede zwischen den Regionen zurück.
Wenn wir in diesem Buch von Bildung sprechen, dann geht es uns nicht um humanistische oder Humboldt'sche Bildungsideale, sondern um kognitive Basiskompetenzen. Es geht darum, das Lesen und Schreiben zu erlernen und die Grundrechenarten zu beherrschen. Mit diesen Kompetenzen wächst das Abstraktionsvermögen, sie liefern den Grundstock für Erwerb und Einordnung von weiterem Wissen. Sie erleichtern eine Lebensplanung. Sie befähigen Frauen und Männer in allen Ländern und Kulturen, sich selbst und anderen bei der Bewältigung der Herausforderungen zu helfen, die das Leben stellt. Sie eröffnen den Menschen neue Möglichkeiten zur Gestaltung ihres sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Bildung eröffnet neue Freiheiten.
Diese Freiheiten können allerdings auch Ängste hervorrufen: Ängste der Herrschenden vor zu viel Selbstbestimmung; Ängste von Religionsführern vor einer rationalen, säkularen Welterklärung; Ängste von Männern vor eigenständigen Frauen.
Weil die Erfolge von moderner Bildung und Wissenschaft ihren Ursprung in der 'westlichen', ursprünglich vom Christentum geprägten Welt haben, werden sie in anderen Teilen der Welt mitunter als dekadent und unrein klassifiziert, als Produkte einen 'falschen' Glaubens. Erprobte Prinzipien westlicher Gesellschaften wie Gleichberechtigung, Aufklärung, Pluralismus oder Rationalismus werden zu vermeintlichen Ursachen für diesen 'falschen' Glauben erklärt. Nur dem eigenen, dem 'richtigen' Glauben wird zugetraut, die Dilemmata der Moderne, die Umwelt- und Finanzkrisen, die Habgier und das kapitalistische Gewinnstreben aufzulösen.
Unbildung als Konzept
Auf dem Nährboden dieser Argumente breiten sich absurde Ideologien aus. Ihre Anhänger gehen, oft unter dem Deckmantel der Religion, gegen alles vor, was an eine 'westliche' Dominanz erinnert, und besinnen sich stattdessen auf die Ursprünge, auf die Funda­mente ihres Glaubens, auch wenn diese aus einer ganz anderen Zeit stammen. Im Zentrum der Ablehnung steht dann oft der Widerstand gegen die moderne Bildung, die als Quelle allen Unglaubens gilt. Beim Versuch, diesen Unglauben zu stoppen, verschwinden schon einmal die Naturwissenschaften vom Lehrplan - im Austausch gegen religiösen Unterricht. Häufig sind die Eingriffe jedoch militanter und der Hass gegen die Moderne entlädt sich in Terror und Gewalt: In einer wachsenden Zahl von Ländern gehen Schulen in Flammen auf, werden Mädchen vom Lernen ausgeschlossen oder Frauen aus dem öffentlichen Leben verbannt.
Für den Westen, und ebenso für die Mehrzahl der Menschen in anderen entwickelten Teilen der Welt, sind diese Lebensvorstellungen, ist der Widerstand gegen moderne Bildung komplett unverständlich. Was spricht gegen Lebensformen, die nachweislich ein besseres Dasein ermöglichen und den Geist befreien? Warum sollte man eine Gesellschaft konservieren, welche die eine Hälfte der Menschen diskriminiert und die Handlungsfreiheit aller Bürgerinnen und Bürger beschränkt? Welcher Vorteil ergibt sich aus einer Rückbesinnung auf Gesellschaftsstrukturen des frühen Mittelalters?
Dass die Menschen in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens bis heute wenig von der weltweiten Bildungsexpansion erlebt haben, geht jedoch nur zu einem Teil auf den Terror religiöser Fanatiker zurück. Der Fanatismus kann sich nur dort ausbreiten, wo der Boden für eine 'Unbildungskultur' schon bereitet ist: in jenen Ländern, die ohnehin wenig in Bildung investiert haben, in denen die Regierungen die Bildung der Allgemeinheit als unnötig erachten und sie diese zum Teil sogar bewusst unterdrückt haben - aus Furcht davor, dass sich besser gebildete Menschen mehr Freiheiten und Mitsprachemöglichkeiten herausnehmen.
Religiöser Fanatismus hat nur dort eine Chance, Mitstreiter zu rekrutieren, wo es vielen Menschen schlecht geht, wo Unbildung vorherrscht und wo nur wenige sich mit Argumenten gegen die Ideologie des Terrors zur Wehr setzen können. In diesen Gebieten finden sich zudem viele stille Anhänger der Fanatiker, die glauben, die aufgeklärten, säkularen Gesellschaftsmodelle könnten ihnen ihre Identität rauben. Auch wenn die Anführer des 'Islamischen Staates', von Al Kaida oder Boko Haram selbst oft über eine gute Bildung verfügen: Sie brauchen ein Heer von Ungebildeten, als leicht zu manipulierende Mitläufer und als Kanonenfutter, um ihre Herrschaft zu zementieren.
Die Unbildung produziert somit ihre eigenen Kinder, und zwar überproportional viele, denn in Gesellschaften mit einem niedrigen Bildungsstand sind die Kinderzahlen besonders hoch. Dadurch vergrößert sich der Entwicklungsabstand zwischen dem besser und dem schlechter qualifizierten Teil der Weltbevölkerung immer weiter. So kommt es, dass sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr Ost und West oder Nord und Süd, sondern zwei grundsätzlich verschiedene Bildungskulturen gegenüberstehen - eine Wissens- und eine Un-Wissensgesellschaft. Für die eine ist Bildung die Quelle der Fortentwicklung. Die andere hat gar keine Chance, von der Bildung zu profitieren, weil sie ihr von desinteressierten Regierungen vorenthalten wird und/oder weil religiöse Fanatiker den Rest der Bildungslandschaft auch noch wegbomben.
Diese Konfrontation trennt die Welt weit stärker als der Kampf der Kulturen, den Samuel Huntington in den 1990er Jahren beschworen hat. Der amerikanische Politikwissenschaftler hatte nach der Ära des Kalten Krieges und dem Ende der bipolaren Welt erwartet, dass neue Konfliktlinien zwischen den Staaten aufgrund ihrer unterschiedlichen kulturellen und religiösen Prägung entstehen, etwa zwischen dem aufstrebenden China und den USA oder zwischen der islamischen Welt und dem Westen.
Die heutigen Krisen deuten darauf hin, dass hinter den unübersehbaren neuen Konflikten eher mangelnde Investitionen in Bildung stecken als religiöse oder kulturelle Prägungen. Denn dort, wo - über die Bildung - ein gewisser Wohlstand und gesellschaftliche Freiräume entstehen konnten, wo in der Folge die Geburtenraten sanken und sich der Bevölkerungsdruck reduzierte, dort sind die Staaten wesentlich friedlicher und krisenresistenter geworden. Mit Kultur und Religion hatte das wenig zu tun, denn dieser gesellschaftliche Fortschritt lässt sich in Ländern mit christlichen, muslimischen, hinduistischen oder atheistischen Bevölkerungsmehrheiten beobachten und ebenso in multiethnischen Gesellschaften. Wo hingegen mangels Bildung die Entfaltungsmöglichkeiten der Menschen eingeschränkt sind, stockt der gesellschaftliche Fortschritt und der Frust über die desolate Lage entlädt sich am ehesten in Gewalt und Fanatismus. Die Konfliktlinie des 21. Jahrhunderts verläuft zwischen denen, die Bildung fördern, und jenen, die sie behindern. Huntingtons Kampf der Kulturen ist in Wirklichkeit ein Kampf der Bildungskulturen. Wenn eine 'Kultur' der Unbildung die Oberhand gewinnt, dann steht es schlecht um die Zukunft der Menschheit.
Weil Bildung zu höherem Wohlstand und besserer Gesundheit führt, Unbildung aber zu Armut, Konflikten, hohem Bevölkerungswachstum und einem tendenziell kürzeren Leben, treiben beide Kulturen immer weiter auseinander. Damit wächst fatalerweise die Wahrscheinlichkeit, dass sich noch mehr Bildungsverlierer unter der Fahne einer fundamentalistisch ausgelegten Religion sammeln und die bestehenden Konflikte weiter schüren. Die rasante Ausbreitung des religiösen Terrors in immer mehr Ländern der wenig entwickelten Welt ist ein bedrohliches Zeichen für den zunehmenden Kampf der Bildungskulturen, der uns alle betrifft.
Menschen von der Bildung auszuschließen ist ein uraltes politisches Instrument, mit dem sich autoritäre Regime und Diktatoren zu stabilisieren versuchen. Gerade weil Bildung die Menschen unabhängig und selbstbewusst macht, stellt sie seit jeher eine Gefahr für alle dar, die sich mit Gewalt an der Macht halten wollen. Die Eliten der alten Hochkulturen, von Babylon bis nach Rom, von Ägypten bis ins konfuzianische China, von den Maya bis zu den Azteken, sie alle konnten sehr gut damit leben, dass nur ein kleiner Teil ihrer Bewohner gut ausgebildet war und der Rest als Bauern, Soldaten oder Sklaven ausgebeutet und manipuliert wurde.
Diese autokratischen Gesellschaftsformen waren die Norm, bis im 18. Jahrhundert (nach ein paar punktuellen Vorversuchen im klassischen Athen oder später in kleinen Ländern wie Island oder der Schweiz) die ersten modernen Demokratien entstanden. Diese 'Herrschaft des Volkes', oder die 'Regierung des Volkes durch das Volk für das Volk', wie es Abraham Lincoln einmal ausgedrückt hat, konnte aber erst funktionieren, als die Bürger (die Bürgerinnen waren erst später dran) befähigt waren, diese Regierung des Volkes auch verantwortlich auszuüben. Und dazu brauchten sie ein gewisses Maß an Bildung.
Wer oder welches Ereignis aber hat dazu geführt, dass Bildung irgendwann in der Geschichte von einem Eliten- zu einem Massenphänomen und damit zum Erfolgsmodell wurde? Ansätze dafür gab es viele, etwa im antiken Griechenland, in der italienischen Renaissance und im europäischen Humanismus. Doch die erste wirkliche Bildungsrevolution mit dem Anspruch von 'Bildung für alle' hat eine Gesellschaft erst mit der Reformation Martin Luthers erlebt.
Luther war der Überzeugung, dass sich der Weg zum Heil für die Menschen erst durch ihre persönliche Beziehung zu Gott eröffne, die wiederum nur durch die direkte Lektüre der Heiligen Schrift möglich war. Deshalb musste der Reformator die Bibel aus dem nur Gelehrten und Priestern zugänglichen Lateinischen in ein Deutsch übersetzen, das Frauen und Männer aus dem Volk verstanden. Weil zur damaligen Zeit kaum ein Mensch aus dem Volk lesen und schreiben konnte, forderte Luther erstmals den Aufbau von Schulen, und zwar für Jungen wie Mädchen. Der Reformator legte damit den Grundstein für die Demokratisierung von Bildung und für die spätere wirtschaftliche und politische Befreiung der Menschen. Durch den Anspruch, den persönlichen Zugang zum Glauben zu finden, waren mit der Reformation auch Säkularisierung und Individualisierung vorgezeichnet. Letzteres hat Luther weder geplant noch gewollt, sondern unbeabsichtigt auf den Weg gebracht, denn eigentlich ging es ihm nur um die religiöse und keinesfalls um eine weltliche Befreiung.
Auch wenn es nach Luther noch über zwei Jahrhunderte dauern sollte: Die Kombination aus Bildung und Demokratie entwickelte sich zu einem unschlagbaren Erfolgsmodell. Mehr Gleichheit und ein Basiswissen für möglichst viele Mitglieder der Gemeinschaft förderten die Verbreitung technischer und medizinischer Innovationen und bedeuteten höhere Entfaltungs- und Einkommensmöglichkeiten für breite Bevölkerungsschichten. Weil diese ihr Geld wieder ausgaben, profitierten Unternehmen und letztlich der Staat, indem er hohe Steuereinnahmen erzielte. Als in demokratischen Gesellschaften Bildung und Wohlstand eine breite Basis erhielten, wuchsen sie zu jenen flexiblen und effizienten Wirtschaftssystemen heran, die erfolgreicher und stabiler waren als andere.
Interessanterweise folgte die Ausbreitung von Bildung, Aufklärung, politischer Emanzipation und Wohlstand über die Jahrhunderte ziemlich genau jener des reformierten Glaubens. Was später einmal als 'westliche Bildung' bezeichnet werden sollte, drang über Preußen, Holland, Skandinavien und England bis in die Vereinigten Staaten vor. Demgegenüber verloren die einst mächtigen katholischen Kolonialreiche Portugal und Spanien, aber auch Italien, kontinuierlich an Einfluss, denn dort war es nicht zu einer Massenbewegung in Bezug auf Bildung gekommen. Auch die arabische Welt, die bis ins 11. Jahrhundert ein Hort der Künste und der Wissenschaft gewesen war, fiel weit zurück - vor allem, weil sie sich über 300 Jahre dem Buchdruck verweigerte, jenem Instrument, mit dem sich das Wissen verbreiten konnte wie nie zuvor.
Im 20. Jahrhundert folgten andere Länder dem Prinzip des westlichen Bildungsideals, wobei die Religion immer mehr an Bedeutung verlor. Als klar war, nach welchem Muster sich die erfolgreichen Länder entwickelten, ging es nur noch darum, dieses Muster zu kopieren. Sobald die Bildung zu den Massen kam, entfaltete sie überall die gleiche Kraft, ganz egal, ob die Menschen Protestanten, Muslime, Hindus oder Atheisten waren. Die Beispiele dafür sind vielfältig. So hat sich das kleine und arme Mauritius zu dem afrikanischen Land mit dem höchsten Entwicklungsstand gewandelt. Japan beendete seine Isolation und wurde zum Wirtschafts- und Technologiegiganten. Singapur entwickelte sich von einem malariaverseuchten Sumpfgebiet zur Hightech-Metropole. Der Milliardenstaat China erholte sich binnen kürzester Zeit von den schlimmsten Folgen kommunistischer Planwirtschaft und steht heute kurz davor, zur globalen Wirtschaftsmacht Nummer eins zu werden. Stets waren es die Investitionen ins Humankapital, die der Entwicklung auf die Beine halfen.
Der Begriff des Humankapitals hat in der deutschen Sprache einen schlechten Ruf, weil er den Menschen angeblich zu einer nur noch ökonomisch interessanten Größe degradiert. Doch in Wirklichkeit definiert der Begriff die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die eine Person zur Gestaltung ihres Lebens besitzt. Diese konzentrieren sich nun einmal auf den Kopf des Menschen, der auf Lateinisch caput heißt. Das Humankapital ist somit das individuelle Vermögen, das ein jeder sein eigen nennen kann, unabhängig von materiellen Gütern. Nur wer diesen Schatz besitzt und darüber selbst verfügt, profitiert von den vielfältigen Vorteilen der Bildung: von höheren Einkommen, von einem weitgehenden Schutz vor Armut und Arbeitslosigkeit, von besserer Gesundheit und einem längeren Leben und vor allem von der Möglichkeit, sein Leben individuell zu gestalten.
Wissen und Bildung gehören zu den wenigen Ressourcen, die sich durch Gebrauch nicht erschöpfen, sondern vermehren. Offene Wissensgesellschaften bieten die einzige Chance, eine Antwort auf die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu finden. Wie will die Menschheit ohne ausreichende Bildung den Gefahren von Bevölkerungswachstum und Klimawandel begegnen und sie meistern? Wie will sie die Ernährung von 9, 10 oder 11 Milliarden Menschen sichern, wie den drohenden Trinkwassermangel in vielen Weltregionen bewältigen und den Artenschwund bremsen, wenn nicht durch intelligente Lösungen, die ohne einen hohen Bildungsstand weiter Bevölkerungskreise nicht zu finden sind?
Wie sich die Welt fortentwickelt, ist offen, denn wir wissen nicht, ob und wann sich das Erfolgsmodell Bildung auch in jenen Ländern ausbreitet, die bisher wenig von der Bildungsrevolution profitiert haben. Wir beschreiben deshalb in diesem Buch unterschiedliche Szenarien zur Zukunft der Menschheit bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in Abhängigkeit von künftigen Bildungsinvestitionen. Die Szenarien reichen von einer raschen, friedlichen und nachhaltigen Entwicklung bis hin zu totaler Stagnation, zu einer Welt mit rasantem Bevölkerungswachstum in den armen Regionen, einer weiteren Ausbreitung von Konflikten und Terror und massiven Umweltproblemen mit einem entfesselten Klimawandel.
Trotz aller Lippenbekenntnisse fließen derzeit nur 2 bis 4 Prozent der Mittel aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit in die Basisbildung der armen Länder. Hier wäre ein radikales Umdenken nötig. Ähnlich wie Martin Luther sich einst für die Alphabetisierung von Bauern und einfachen Handwerkern stark gemacht hat, müssten heute alle Kinder in den Entwicklungsländern die Chance auf eine Schulbildung mindestens bis zum Alter von 16 Jahren erhalten. Erst damit könnten sie mithelfen, ihre Länder auf den Pfad einer nachhaltigen Entwicklung zu bringen.
Gesellschaften, die sich der Bildung verweigern, laufen Gefahr, im Kreislauf von Not, Unterentwicklung, Armut, Terror und Chaos unterzugehen. Sie bedrohen mit ihren internen Konflikten ihre Nachbarn und letztlich auch den Rest der Welt. Auch wenn Bildung auf den ersten Blick ein Selbstgänger ist - es gibt keine Garantie dafür, dass sie auch den wenig entwickelten Teil der Welt erreicht und dort bei der Lösung der Probleme hilft.
Wir wollen in diesem Buch zeigen, wie, wann und mithilfe welcher Akteure sich Bildung zum Erfolgsmodell entwickelt hat. Wir schauen uns an, welche Vorteile sich aus der Bildung für jeden Einzelnen und für ganze Gesellschaften ergeben. Und wir versuchen die Frage zu beantworten, warum dennoch viel zu wenige Investitionen in Bildung stattfinden und weshalb sie vielerorts nicht nur vernachlässigt, sondern regelrecht unterdrückt wird. Wir machen deutlich, welche Folgen der heutige Kampf der Bildungskulturen für die Welt von morgen hat und weshalb Bildung der entscheidende Faktor für die Zukunft der Menschheit ist. Letztlich geht es um die fundamentale Frage: Wer überlebt?

1
Der Kampf der Bildungskulturen
Dürfen Mädchen lernen? Der Anschlag auf Malala
Am 9. Oktober 2012, kurz nach 12 Uhr mittags, quetscht sich ein weißer Toyota TownAce durch das lärmende Verkehrschaos im nordpakistanischen Mingora. Es ist die größte Stadt im lang gestreckten Swat-Tal, das wegen seiner Naturschönheiten und dem klaren Blick auf die schneebedeckten Berge des Hindukusch als die Schweiz Pakistans gilt. Hier leben durchweg Menschen vom Volk der Paschtunen. Der Pritschenwagen, dessen Holzbänke durch eine verdreckte Plastikplane geschützt sind, hat 20 Schülerinnen und drei Lehrkräfte aus der Khushal-Schule abgeholt, um sie nach Hause zu bringen. Dicht an dicht sitzen die Mädchen in der stickigen Hitze, vor sich ihre Examensordner, denn gerade laufen die Abschlussprüfungen.
Der Bus nimmt seinen Weg wie an jedem Schultag, biegt an einem Militärkontrollpunkt rechts ab, fährt vorbei an einem verlassenen Kricketplatz, als er plötzlich von einem vermummten jungen Mann gestoppt wird. Er fragt den Fahrer, ob dies der Bus der Khu­shal-Schule sei, obwohl genau das auf beiden Seiten des Fahrzeugs geschrieben steht. Derweil schwingt sich ein zweiter Mann mit Wollmütze und einem Tuch vor Mund und Nase hinten auf die Ladeklappe und fragt: 'Wer ist Malala?'. Als mehrere Mädchen ihre Blicke auf eine der Ihren werfen, auf die einzige unverschleierte Schülerin, zieht der Mann einen schwarzen Colt und schießt der Fünfzehnjährigen aus nächster Nähe in den Kopf. Die Kugel trifft sie knapp neben dem linken Auge und bleibt in der Nähe des Schulterblatts stecken. Zwei weitere Mädchen werden von Pistolenkugeln getroffen, dabei aber nicht lebensgefährlich verletzt.
Mädchen haben einen schweren Stand in dieser Region der Welt. Wird ein Mädchen geboren, hält sich die Freude in der Familie und unter Freunden in Grenzen. Die meisten Paschtunen verstecken weibliche Babys nach der Geburt verschämt hinter einem Vorhang, während sie die Ankunft männlicher Nachkommen mit Gewehrschüssen feiern. Viele Mädchen werden noch minderjährig verheiratet, oft an viel ältere Männer. Einem verbotenen, aber immer noch praktizierten Brauch folgend geben manche Familien ihre Töchter an andere Stämme ab, um so einen Streit zu schlichten. Seit sich die radikalislamischen Taliban aus dem Nachbarland Afghanistan im Swat-Tal ausgebreitet haben, verlangen sie von Frauen das Tragen der Burka. Die Taliban dulden keine Frauen auf dem Basar und keinen Schritt aus dem Haus ohne Begleitung eines männlichen Familienmitglieds.
In diesem Umfeld wächst Malala Yousafzai auf, und sie entwickelt sich zu einem höchst ungewöhnlichen Kind. Ihre Mutter kann wie viele erwachsene Frauen weder lesen noch schreiben. Ihr Vater ist Englischlehrer und Friedensaktivist. Er gründet 2003 eine eigene private Oberschule, die er nach Khushal Khan Khattak benennt, einem Dichter und Krieger, der im 17. Jahrhundert versucht hatte, die paschtunischen Stämme gegen das Reich der Mogule zu vereinen, die damals fast den ganzen indischen Subkontinent beherrschten.
Diese Schule wird für die kleine Malala ein zweites Zuhause. Schon mit vier Jahren lauscht sie dem Unterricht, der für viel ältere Kinder gedacht ist. Sobald sie lesen gelernt hat, verschlingt sie jedes Buch, von denen es in dem bescheidenen Haushalt viel zu wenige gibt. Als 'echte' Schülerin steigt sie später rasch zur Klassen- und Jahrgangsbesten auf. Sie genießt es, Neues aus allen Disziplinen aufzunehmen, ihre Interessen reichen von der Physik bis zu Politik. Der Eingang zur Khushal-Schule, schreibt sie einmal, sei für sie 'das Zaubertor zu einer anderen Welt'.
Als die Taliban an Einfluss gewinnen, fordert der selbsternannte örtliche Mufti Malalas Vater auf, die Schule zu schließen, mit dem Argument, sie widerspreche dem Islam. Mädchenschulen seien Gotteslästerung. Mädchen hätten verschleiert und im Verborgenen zu leben. Die Taliban verbieten Fernsehen und Musik, Tanz, Lieder und Kinderspiele. Auf den Straßen gehen haufenweise Fernsehgeräte, Computer, Musikkassetten und DVDs mit Bollywood-Filmen in Flammen auf. Die Taliban untersagen es den Gesundheitsdiensten, Polioimpfungen durchzuführen, denn Krankheiten zu heilen, bevor sie ausgebrochen seien, widerspreche der Scharia, dem islamischen Recht. Dann beginnen sie Schulen zu zerstören; bis Ende 2008 werden Hunderte in die Luft gesprengt. Die Taliban bombardieren das lokale Kraftwerk, sodass kein Strom mehr fließt. Sie sprengen Brücken und Gasleitungen, die Wasserversorgung bricht zusammen und die Menschen sterben an Cholera.
Malala ist mittlerweile elf Jahre alt und verzweifelt daran, dass sie nicht mehr zur Schule gehen darf. Trost findet sie in dem Buch 'Eine kurze Geschichte der Zeit' des britischen Physikers Steven Hawking, der sich Gedanken darüber macht, ob die Naturkräfte es zulassen, dass die Zeit auch rückwärts laufen kann. Genau das wünscht sich Malala, damit die Taliban verschwinden und die Schule wieder öffnet.
Zu dieser Zeit hat BBC-Radiokorrespondent Hai Kakar die Idee, ein Mädchen ein anonymes Tagebuch über das Leben unter den Taliban führen zu lassen. Er sucht dafür als Mittler den Leiter einer Privatschule und stößt dabei auf Malalas Vater Ziauddin, der den Reporter an seine Tochter verweist. Am Telefon erzählt Malala ihm von den Militärhubschraubern der pakistanischen Armee, die auf der Suche nach den Taliban über das Swat-Tal donnern, von den Artilleriefeuern in den Bergen, die sie nachts am Schlafen hindern, von ihren Ängsten, dass ihre geliebte Schule Ziel eines Anschlags werden könnte; aber auch davon, dass die Kinder die Burka lieben, weil man sich mit dem Ganzkörperschleier so toll verkleiden kann. Nur auf der Straße wisse man nie, ob sich hinter der Verhüllung womöglich ein Selbstmordattentäter verberge.
Die Berichte erscheinen unter dem Pseudonym Gul Makai als Blog auf der Website von BBC Urdu. Manche Tageszeitungen drucken die Texte nach und das BBC-Radioprogramm lässt sie von einem anderen Mädchen nachsprechen. Niemand außer Malala, ihrem Vater und dem Reporter weiß, wer sich hinter Gul Makai verbirgt. Doch jenseits dieser Anonymität gibt Malala jetzt auch Interviews im Radio und im Fernsehen und wird bald im ganzen Land bekannt. Dem Taliban-Vorwurf, Bildung sei unislamisch und würde die Menschen verwestlichen, begegnet sie mit dem Argument: 'Bildung ist weder islamisch noch westlich, Bildung ist menschlich.'
Malala schafft es sogar, Richard Holbrooke, den amerikanischen Gesandten für Afghanistan und Pakistan, zu treffen, und sagt ihm, die Amerikaner sollten sich bitte darum kümmern, dass die Mädchen im Swat-Tal wieder zur Schule gehen könnten. Tatsächlich gelingt es den pakistanischen Militärs, auch auf Druck und mit finanzieller Unterstützung der Vereinigten Staaten, die Taliban zurückzudrängen, und es zieht wieder so etwas wie Alltag in Mingora ein. Derweil wird Malala zu einem Politikum. Die Regierung braucht sie einerseits als Ikone gegen die Taliban und 2011 erhält das 14-jährige Mädchen den ersten Nationalen Friedenspreis Pakistans. Doch andererseits ist der Obrigkeit der Bildungs- und Freiheitsdrang von Vater und Tochter nicht ganz geheuer, weshalb sie Malalas Familie vom Geheimdienst bespitzeln lässt.
Mit einer Mischung aus jugendlicher Naivität und der Überzeugung, das Richtige zu tun, hat sich Malala längst zur Zielscheibe der Taliban gemacht. Wie ihr Vater erhält sie regelmäßig Todesdrohungen. 'Beide verbreiten weltliches Wissen und müssen getötet werden', heißt es in einer Internetbotschaft der Taliban. Dennoch sind sich Vater und Tochter darin einig, nicht klein beizugeben. Sie lehnen Personenschutz ab und wollen auf keinen Fall aus dem Swat-Tal fortziehen oder ihren Kampf für Bildung aufgeben.
All dies ändert sich mit dem Anschlag auf den Schulbus am 9. Oktober 2012. Malala ringt nach dem Attentat tagelang mit dem Leben, wird in verschiedenen Krankenhäusern in Pakistan notversorgt und schließlich ins englische Birmingham ausgeflogen. Im dortigen Queen Elizabeth Hospital, das sich auf die Behandlung verwundeter britischer Soldaten spezialisiert hat, kommt Malala nach einer Reihe komplizierter Operationen und einer plastischen Rekonstruktion ihres Schädels wieder auf die Beine.
Am 13. Juli 2013, ihrem 16. Geburtstag, hält sie ihre erste öffentliche Rede nach dem Attentat: Vor den Vereinten Nationen in New York fordert das an Körpergröße so kleine Mädchen mit klarer, heller Stimme und bemerkenswerter Rhetorik, den Kampf gegen den Terror über den freien Zugang zu Bildung für alle Kinder der Welt aufzunehmen: 'Die Extremisten hatten und haben Angst vor Büchern und Stiften. Sie fürchten sich vor der Macht der Bildung. Sie fürchten sich vor Frauen. Die Kraft weiblicher Stimmen macht ihnen Angst.' Auch bei einem Besuch im Weißen Haus bleibt sie auf ihrer Linie: Frisch und frei sagt sie Präsident Barack Obama ins Gesicht, es sei besser, den Terrorismus durch Bildung zu besiegen als durch Krieg. Im Dezember 2014 verleiht der norwegische König Malala als jüngster Preisträgerin der Geschichte den Friedensnobelpreis.
Die Reaktion in Pakistan ist höchst gespalten. Während Premierminister Nawas Sharif Malala als 'Stolz Pakistans' feiert, schreiben manche Zeitungen, das Mädchen sei eine Agentin der CIA. Andere meinen, ihr Vater habe das Attentat nur eingefädelt, um aus der Tochter eine Heldin zu machen. Tariq Khattack, ein ehemaliger Reporter der Tageszeitung Pakistan Observer, verdammt den Nobelpreis als Teil einer westlichen Verschwörung. Malala sei ein nutzloses Mädchen, das nur verkaufe, was der Westen sich wünsche. Massive Kritik kommt ausgerechnet von Mirza Kashif Ali, dem Präsidenten der Vereinigung pakistanischer Privatschulen. Aus Protest ruft er den 'Ich bin nicht Malala'-Tag aus und verbietet ihre Biografie in allen Bildungseinrichtungen des Verbandes, mit dem Argument, das Buch respektiere nicht den Islam. Unter anderem wegen derartiger Anfeindungen haben Malala, ihre beiden Brüder und ihre Eltern seit der Ankunft in Birmingham davon abgesehen, in ihre pakistanische Heimat zurückzukehren.
Boko Haram, Islamischer Staat und Co. - Frontalangriff auf die Bildung
Der Anschlag auf die spätere Nobelpreisträgerin ist nur ein Beispiel für einen grassierenden Bildungs- und Kulturvandalismus, der Teile der Welt erfasst hat. In vielen Regionen, insbesondere in den wenig entwickelten Staaten und häufig in jenen mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, sammeln sich die marginalisierten Verlierer der Gesellschaften unter der Fahne der Religion. Weil sie in Wirklichkeit Bildungsverlierer sind, die den Anschluss an die Moderne verloren haben, suchen sie ein Feindbild und finden es in einer 'westlichen' Kultur, die sie als arrogant und dekadent klassifizieren. Aus der inneren Logik dieser Ideologie und einer mittelalterlichen Interpretation des Korans folgt geradezu zwangsläufig der Gegenentwurf zu den westlichen Gesellschaftsformen. Und dieser bedeutet: Schulen zerbomben, Mädchen den Zugang zur Bildung verwehren, Frauen im Haus einschließen und jahrhundertealte Kulturgüter zerstören - als vermeintliche 'Götzenbilder' aus der Zeit vor dem Religionsgründer Mohammed.
Diese Ideologie hat in den vergangenen Jahren immer mehr Anhänger gefunden. Der 'Islamische Staat' (IS), die von der Ausbreitung her größte Terrororganisation, die 2014 im Irak und in Syrien ein 'Kalifat' ausgerufen hat, konnte sich seither in Libyen und Ägypten, in Tunesien, Jemen und Libanon festsetzen und Bündnisse mit Terrororganisationen aus anderen Staaten schließen. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte stuft die vom IS angerichtete Gewalt, die organisierte Folter und sexuelle Versklavung längst als 'Völkermord' ein. Für Kinder und Jugendliche bedeutet der IS-Terror meist das Ende eines geregelten Schulbesuchs. Sie werden dann in Religionsschulen gesteckt, in denen sich die Lehrer nach den neuen IS-'Lehrplänen' zu richten haben. Und dies bedeutet nicht nur geschlechtergetrennten Unterricht, sondern oft auch ideologische Gehirnwäsche, das Mitansehen von öffentlichen Enthauptungen und Steinigungen sowie das Training an der Waffe.
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