Auch wenn das Social Web rasant an Popularität zugenommen hat, bleibt die Webseite eines Unternehmens in vielerlei Hinsicht die wichtigste Plattform in der digitalen Unternehmenskommunikation. (vgl. Virtual Identity / St. Gallen 2013, S. 15, Statista 2012, vgl. Engstfeld 2012, vgl. Gartner 2013, vgl. Absolit 2013, S.9) Kilian / Langner nennen sie „das Zentrum des Online-Geschäfts“. Die meisten anderen Instrumente der Online-Kommunikation würden nur dazu dienen, die Nutzer für die Website zu interessieren. (vgl. Kilian / Langner 2010, S.32) Schultz / Wehmeier bezeichnen die Website als den „zentralen Bezugspunkt unternehmerischer Online-Relations“. (vgl. Schultz / Wehmeier 2010, S.412 zitiert nach Buchele / Alkan 2012, S.219) Kreutzer spricht von der „tragenden Säule des Online-Marketings von Unternehmen“. (vgl. Kreutzer 2012, S.27) Auch aus Sicht der Konsumenten ist sie bei der Suche nach Informationen eine der wichtigsten Anlaufstellen im Netz. (vgl. Keller 2012, Bunzel 2012, S. 6, Bruttel 2012, S.27, McCarthy Group 2014, Bitkom 2013, S.33, Nielsen 2013, S.6ff.)
Ganz allgemein betrachtet haben Unternehmenswebsites primär die Funktion, umfassende Informationen über ein Unternehmen und seine Produkte darzustellen. Daneben dienen sie der Kundenkommunikation, der Image- und Vertrauensbildung und zum Teil auch dem direkten Verkauf (über einen Online-Shop).
Je nach Zielsetzung und Strategie lassen sich verschiedene Typen von Unternehmenswebsites unterscheiden – abhängig davon, welche Funktion im Vordergrund steht. Bei manchen ist es die Firmeninformation, bei anderen die Produktdarstellung oder der Verkauf. Auch Mischformen, die verschiedene Funktionen kombinieren, sind vorhanden.
Unternehmenswebsites werden in der Fachliteratur oft auch als „Corporate Websites“ bezeichnet. (vgl. u.a. Lindemann / Littig 2010, S.10) Der Definition zufolge bedienen Corporate Websites sämtliche Zielgruppen eines Unternehmens - bestehendene und potenzielle Kunden, Journalisten, Mitarbeiter, Jobsuchende, Liefereanten, Investoren – und bieten deshalb ein breites Spektrum an Informationen. Als zentrale Internetpräsenz sind sie stets unter den Hauptdomains eines Unternehmens bzw. einer Marke erreichbar (z.B. redbull.at/.com). Sie grenzen sich damit von Kampagnen- oder Themen-Webseiten (auch „Microsites“ genannt) ab, die spezielle Inhalte, Aktionen, Events etc. behandeln. (z.B. www.redbull.com/motorsports)[52]
Kennzeichend für Corporate Websites sind Bereiche mit grundlegenden Informationen wie „Über uns“, „Kontakt“, „Stellenangebote“, „Pressebereich“. Eine Corporate Website soll also eine Art Portal darstellen, das den verschiedenen Zielgruppen den Weg zu den unterschiedlichsten Angeboten und Informationen des Unternehmens eröffnet. Hierzu können sowohl allgemeine oder zielgruppenspezifsche Informationen als auch interaktive, unterhaltende Elemente[53] und / oder Verkaufs-Angebote gezählt werden. (vgl. Schweiger / Weber 2010, S.275, Kielholz S.165f., vgl. Kilian / Langner 2010, S.33, Zerfaß / Pleil 2012, S.68, Buchele / Alkan 2012, S.221, Westermann 2004, S.13, Kreutzer 2012, S.107ff.) Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschließlich Corporate Websites[54] untersucht, auf Microsites wird nicht weiter eingegangen.
Was macht, ganz allgemein betrachtet, eine gute Unternehmenswebsite aus? Diese Frage lässt sich pauschal schwer beantworten, dies hängt stark von den Zielen des jeweiligen Unternehmens ab. Kielholz führt die Trias „Utility, Usability, Enjoyment“ als generellen Maßstab für einen gelungenen Webauftritt aus der Perspektive des Users an:
Utility (Brauchbarkeit): Sind die Dienste der Website für den Besucher nützlich?
Usability (Benutzerfreundlichkeit): Erreicht der Besucher das gewünschte
Ziel auf der Website schnell und unkompliziert?
Enjoyment (Vergnügen): Vermittelt die Nutzung neben der sachbezogenen Zufriedenheit auch einen Spaß-Faktor (Originalität, Humor, besondere Ästhetik etc.)? (vgl. Arndt 2006, S.77ff., Kielholz 2008, S.140)
Die Autorin relativiert damit die “Usability” als bekanntestes Schlagwort im Zusammenhang mit “guten” Websites und setzt sie ins Verhältnis zu anderen wichtigen Faktoren: Demnach reicht es nicht aus, eine Website benutzerfreundlich zu gestalten – ihre Nützlichkeit für die Zielgruppe muss an erster Stelle stehen. (vgl. Kielholz 2008, S.140)
Ob eine Website “gut” konzipiert und gestaltet ist, lässt sich jedenfalls nur auf Basis der Strategie beantworten: “Hat man mit den getroffenen Maßnahmen diejenige Zielgruppe erreicht, die man wollte, verhält sich die Zielgruppe so, wie man das für sie vorgesehen hatte und ist dabei zufrieden, kann man von “Erfolg” sprechen.” (Kielholz 2008, S.141)
Kielholz betont jedoch: “Ohne attraktive und unverwechselbare Inhalte, die einem Online-Angebot eine individuelle und persönliche Note geben, ist auch eine noch so aufwändig gestaltete, mit allen technischen Schikanen ausgestattete Website nicht nachhaltig von Interesse.” (Kielholz 2008, S.142)
Buchele / Alkan (2012), Kotler (2011), Kreutzer (2012) und Meidl (2013) stellen ebenso fest, dass dem Content eine wichtige Rolle zukommt: Für die Konzeption und Pflege einer Website brauche es eine Content-Strategie[55]. Und: “Was Webseiten interessant bleiben lässt, ist regelmäßige Aktualisierung ihrer Inhalte.” (Meidl 2013, S.97)
Kotler nennt dies den “Constant Change” einer Website. Dieser spielt 1. eine wichtige Rolle für die Sichtbarkeit einer Website in Suchmaschinen und soll 2. die User zum wiederholten Besuch anregen. (vgl. Ceyp 2012 zitiert nach Zerfaß / Pleil 2012, S.64, Kotler 2011, S.975) Nach Kielholz kehren User dann wieder, wenn sie für den Besuch einer Website belohnt wurden. Solche Belohnungen können vielfältig sein: Vom raschen Auffinden relevanter Informationen über eine rasche Antwort auf Fragen bis hin zu Zusatzleistungen wie exklusiven Inhalten, Angeboten, Gewinnen, Überraschungen oder interaktiven Spielen. (vgl. Kielholz 2008, S.92/144) Wichtig ist, dass die Startseite sowohl für neue als auch wiederkehrende Besucher – also unterschiedliche Zielgruppen - ansprechend und informativ ist. (vgl. Kilian / Langner 2010, S.51)
Nach Zerfaß / Pleil sind Online-Angebote erfolgreich, wenn neben den Inhalten und der Optik auch die Usability und die Zugänglichkeit stimmt und damit Aufmerksamkeit gewonnen wird: “Nutzer haben heute die Qual der Wahl zwischen einer Vielzahl miteinander konkurrierender Fernsehprogramme, Zeitschriften, Websites, Social Media-Angebote sowie Apps für Smartphones und Tablets. Deshalb wird die Aufmerksamkeit zum alles bestimmenden, knappen Gut. Und Aufmerksamkeit gewinnt man einerseits mit attraktiven Inhalten und ansprechender Optik, aber auch durch eine hervorragende Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit.” (Zerfaß / Pleil 2014, S.745) Buchele / Alkan formulieren die Anforderungen so:
“Erfolgreiche Internet-Auftritte vereinen die Kommunikationsinteressen und -ziele des Unternehmens mit den spezifischen Interessen der Nutzer.”
(Buchele / Alkan 2012, S.219)
Bei so manchem dieser Punkte drängt sich die Frage auf: Könnte die Integration von Social Media Elementen und Inhalten nicht dabei unterstützen, die Website laufend aktuell und benutzerfreundlich zu halten bzw. die genannten “Belohnungen” zu bieten? Tagtäglich wird neuer Content für Facebook, Blogs & Co. produziert, immer wieder gibt es Extras wie Gewinnspiele und Ähnliches. So manches Unternehmen bietet inzwischen auch Kundenservice direkt auf den Social Media Kanälen, andere produzieren exklusiven Content, z.B. Videos für YouTube. Die Bandbreite der zusätzlichen Features durch die Integration von Social Media wäre groß, und das zumeist wohl ohne großen Mehraufwand.
Das führt auch schon zur nächsten Frage: Wie viel Interaktivität – eines der Kernmerkmale der Online Kommunikation und des Social Web – soll eine Unternehmenswebsite eigentlich bieten? Auch hier verweist Kielholz auf die Zielsetzungen des jeweiligen Unternehmens, sie fügt allerdings an: “Zur erfolgreichen Online-Kommunikation gehört (…) auch immer das Angebot zum Dialog.” (Kielholz 2008, S.157) Es gelte aber nicht pauschal “je mehr Interaktion, desto besser”. Dialogelemente wie Blogs oder Online-Foren auf der Website seien zeitintensiv und sollten nur “nach sorgfältiger Abwägung” realisiert werden. (Kielholz 2008, S.158)
Nach Zerfaß / Pleil 2014 stecken viele Unternehmen wohl noch in dieser Phase der “Abwägung”. Sie führen an, dass in der Anfangsphase des Internets die Hoffnung bestand, die Unternehmenskommunikation werde dialogorientierter und würde sich dem Ideal einer “two way communication” nach Grunig annähern. Das Autorenduo kommt allerdings zu dem Schluss, dass das bis heute kaum der Fall sei. Die...