Im diesem Kapitel werden die Umsetzungshindernisse verschiedener Reform- und Innovationsprojekten betrachtet. Dabei greift der Autor auf vorhandene Studien zurück.
Bereits an dieser Stelle kann vermutet werden, dass sich die Umsetzungshindernisse in den verschiedenen Projekten gleichen werden. Eine Übersicht von Umsetzungshindernissen soll am Ende dieses Kapitels diese Vermutung aufgreifen.
Eine Studie aus dem Jahr 2007[22] mit dem Titel „Zehn Jahre Neues Steuerungsmodell - Eine Bilanz kommunaler Verwaltungsmodernisierung“ setzt sich mit der Umsetzung des NSM und seiner Bestandteile auseinander. Verschiedene Gründe für die nur geringe Umsetzung des NSM in den deutschen Kommunen werden dabei aufgezeigt.
Das Konzept des NSM als umfassendes Reformleitbild wurde -bis zum Zeitpunkt der Studie- nur von 15% der befragten kreisangehörigen Kommunen aufgegriffen. Die Mehrheit (rund 65%) orientierte sich nur an einzelnen Elementen und sah im NSM eher eine Art Werkzeugkasten als ein umfassendes Reformkonzept.[23]
Abbildung 6: Modernisierungsaktivitäten bezgl. NSM der deutschen Kommunen
Quelle: Bogumil et al. 2007, S. 38
Bei dem Versuch zu erklären, welche Faktoren den Umsetzungsstand des NSM beeinflussen, unterscheiden Bogumil et al. zwischen endogenen und exogenen Einflussfaktoren.
Abbildung 7: Erklärungsfaktoren für die Umsetzung des NSM
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Bogumil et al. (2007, S. 97)
Im Kontext dieser Arbeit sollen insbesondere die endogenen Faktoren im Fokus der Betrachtung liegen. Dabei spielen laut Bogumil et al. die Meinungsführerschaften von politischen und administrativen Eliten eine besondere Rolle. Ebenso der strategische Konsens zwischen Meinungsführern aus Politik, Verwaltung und Personalrat.
Aus dieser Studie geht hervor, dass bei dem Reformansatz des NSM die Impulse mehrheitlich (71,6 %) von der Verwaltungsspitze, sprich Bürgermeister oder Landrat, ausgingen. In rund der Hälfte davon kam ein zusätzlicher Impuls von den Leitern der Querschnittsämter.
Die Gruppe der Mitarbeiter, Ratspolitiker, Modernisierungsbeauftragte und externe Impulsgeber (KGSt) werden nur in ca. 20 % der Fälle als Impulsgeber genannt.
Man kann also an dieser Stelle von einem Top-down-Prozess sprechen. Nicht weiter verwunderlich ist die folgende Aussage, dass die Impulsgeber ebenso Befürworter und Promotoren der Reform waren und sind. Allerdings spiegelt dies nur die Sicht der Verwaltungsspitze wieder. Stellt man die Aussagen von Bürgermeistern, Ratspolitkern, Leiter der Querschnittsämter, dem Personalrat und der Mitarbeiter sowie Fachämtern gegenüber, ergibt sich ein sehr differenziertes Bild, wie Abbildung 8 zeigt.
Abbildung 8: Positionen zur Modernisierung aus Sicht des Verwaltungschefs
Quelle: Bogumil et al. 2007, S. 107
Insbesondere sticht die Differenz im Bereich der Gegner vom NSM in der Mitarbeiterbasis aus Sicht des Bürgermeisters und des Personalrats sowie der Bürger ins Auge. Ähnlich gravierende Unterschiede gibt es bei den Fachämtern: Hier existieren aus Sicht der Bürgermeister neutral und negativ eingestellte Personen, wobei die Mitglieder der Fachämter sich mehrheitlich als Befürworter einstufen.
Aus dieser Erkenntnis heraus kann man schon die Defizite in der internen Kommunikation und der Projektorganisation lesen. Würden die Instrumente des Change Managements[24] eingesetzt, so müssten die Promotoren und Befürworter eindeutig identifiziert sein.
Einzig die Gruppe der Personalräte stehen in einem Spannungsfeld zwischen Promotor und Vertreter der eher ablehnend und ängstlich eingestellten Mitarbeiter. So müssen sie die Sorgen und Bedenken der Mitarbeiter gegenüber den Modernisierern (z. Bsp. Verwaltungsspitze oder externe Berater) kommunizieren, sowie gegenüber den Mitarbeitern als überzeugte Promotoren oder mindestens Co-Moderatoren) auftreten.
Hinsichtlich der Breite der „Unterstützungskoalition“ gibt es allerdings einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Befürworter in einer Organisation und der Implementation der Maßnahmen.
Abbildung 9: Zusammenhang zwischen Breite der Unterstützung und Umsetzungsstand
Quelle: Bogumil et al. (2007, S. 108)
Logische Konsequenz ist, dass je mehr Befürworter es in einer Organisation gibt, die Modernisierungs- und Reformerfolge stetig wachsen.
Größtes Defizit bei der Einführung des Neuen Steuerungsmodells ist und bleibt die falsche Herangehensweise: Es wurde zunächst das Haushalts- und Kassenwesen auf die Doppik umgestellt, ohne die „politisch-strategisch Steuerungs- und Budgetierungsfunktion aus der Kameralistik in ihr neues ziel- und wirkungsorientiertes Pendant“[25] zu übersetzen.
Interessant sind dabei die Gründe, die Winter dabei anführt: „Tatsächlich zogen die bis heute in den Kämmereien und Finanzministerien gesteuerten Reformprojekte die vermeintliche einfachere, weil ohne politische Einflussnahme und Abstimmung auskommende, im Wesentlichen inneradministrativ realisierbare Reform des Kassen- und Rechnungswesens vor.“[26]
Somit kann man an dieser Stelle die Defizite der Reformumsetzung zusammenfassen.
Abstimmungsprozesse zwischen Verwaltung und Politik wurden vermieden. Somit wurde die innerorganisationale Umstellung der Kameralistik hin zur Doppik vollzogen, ohne Planungs- und Steuerungsmechanismen neu zu definieren. Somit ergibt sich ein Instrument, welches die „ungenutzten Effizienzpotentiale“[27] aufzeigt, aber es keinen Anreiz oder Sanktion gibt, falls diese genutzt werden, oder eben nicht.
Produkte wurden aus Sicht der Verwaltung, also rein aus Anbieter-Sicht definiert. „Eine Abstimmung der Definitionen mit der Nachfrageseite zum Beispiel mit Vertretern der Parlamente vor dem Hintergrund politikfeldbezogener, politisch-strategischer Ziele und Zielsysteme oder innerhalb der Verwaltung zwischen Fachabteilungen bezüglich ihres Bedarfs von Haushalts-, Organisations-, Personal- und IT-Leistungen mit den Querschnittseinheiten wurde nicht vorgenommen.“ so Winter.
Neben der Problematik der Abstimmungsprozesse, sprich der Interaktion von Politik, Verwaltungsleitung und Mitarbeitern, gibt es aber auch interne Interessenlagen, die einer Umsetzung des NSM im Wege stehen: „Die Politik versucht, sich u.a. Räume politisch-strategischer Intransparenz zu erhalten, da sie darin tages- und wahlpolitischer besser agieren kann. […] Die Verwaltung wendet sich gegen das NSM, da u.a. die Verfolgung von Eigeninteressen erschwert wird, sobald strategische Ziele und Maßnahmen transparent geplant, budgetiert und kontrolliert werden.“[28]
Zusammenfassend schreibt Winter: „Das politisch-administrative System hat sich offensichtlich seit den seit vierzig Jahren konstatierten kameralen Defiziten arrangiert und das NSM kann […] bestenfalls ambivalente, keinesfalls nur positive Wirkungen auf die persönlichen Interessen der Akteure in den Erwartungshorizont stellen.“
Wie bereits erläutert, ist in einem kreativen Prozess, wie es ein Innovationsprozess ist, das Wissensmanagement ein wichtiges Werkzeug, um das in der Organisation verteilte Wissen zu bergen.
In diesem Abschnitt wurden die Hemmnisfaktoren bei der Einführung von Wissensmanagement-Instrumenten aufgezeigt. Die Ergebnisse stammen aus einer empirischen Studie, die vom Fachbereich Verwaltungswissenschaften der Hochschule Harz mit der MATERNA GmbH durchgeführt wurde.[29]
Abbildung 10: Hinderungsgründe für den Einsatz von Wissensmanagement-Instrumenten
Quelle: Stember/Göbel (2013, S. 62)
Wie Abbildung 10 zeigt, wurden seitens der Befragten der erhöhte Arbeitsaufwand in Verbindung mit fehlenden materiellen bzw. personellen Ressourcen als besonders zutreffend beschrieben. Aber auch die fehlende Akzeptanz ist als teilweise zutreffend artikuliert worden.
Insgesamt kann man hier konstatieren, dass jedwede mögliche Hinderungsgründe in einem Bereich von „Trifft zu“ (1,0) bis „Trifft teilweise zu“ (2,0), bzw. knapp darüber anzutreffen sind.
Damit sind in dieser Studie alle Hemmnisse und Barrieren aus Kapitel...