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Wenn du zweifelst, freue dich

Ein Versuch, an Gott zu glauben

AutorWolfgang Rachbauer
VerlagVerlag Anton Pustet
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783702580094
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Zweifel prägen unsere Zeit, darunter auch Zweifel an Gott und solche, ob die eigene Religion in Anbetracht der 'Globalisierung' vieler Religionen die richtige ist. Der Zweifel am persönlichen Glauben rückt vor dem Hintergrund einer immer atheis­tischeren westlichen Kultur in den Fokus. Dabei geht es nicht nur um die Zweifel, die Theologen und Priester beschreiben, sondern um alltägliche Glaubens­zweifel von uns allen. Das Buch beschäftigt sich mit der Ökumene und deren nachkonziliaren Strömungen, mit der Freude an Gott und am Glauben, mit Toleranz gegenüber anderen Religionen ohne Verlust der eigenen Identität. Es zeigt Probleme auf, die über religionskritische Äußerungen hinausgehen, und beschreibt Wege zum Überwinden unserer Zweifel. Trotz aller negativen Schlagzeilen, die die Kirche in der jüngeren Vergangenheit gemacht hat, unternimmt der Autor den Versuch, an Gott zu glauben und zeigt, dass man Gott nicht nur in der Kirche erfährt, sondern ihm auch im Beruf begegnen kann.

Wolfgang Rachbauer, geboren 1966 in Salzburg; 8 Jahre Privatgymnasium der Herz-Jesu-Missionare in Salzburg; Matura; LKW-Disponent und LKW-Fahrer; Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in Wien; Mitarbeiter und seit 15 Jahren Führungskraft im mittleren Management der Raiffeisen Bank International AG in Wien; berufliche Auslands­aufenthalte in New York, Moskau und St. Petersburg.

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Leseprobe

Kapitel 2


Unbequem sein


Manche Menschen lieben ein bequemes Leben. Nein, ich glaube, es sind sogar viele Menschen, die ein bequemes Leben lieben. Eigentlich liegt die Bequemlichkeit in der Natur des Menschen. Das lehrt uns schon die Evolution. Der Mensch braucht die Energie zum Jagen und zum Kämpfen. Wenn er nicht auf der Jagd ist und nicht kämpft, dann muss er seine Energiereserven schonen. Heute würde man sagen, dass der Mensch den Weg des geringsten Widerstandes geht. Das ist sogar wissenschaftlich erwiesen. Und vor diesem Hintergrund scheint es uns dann besonders bemerkenswert, wenn jemand aus dem sprichwörtlichen bequemen Eck hervortritt und sich auf etwas Außergewöhnliches, ja vielleicht sogar auf etwas Unbequemes einlässt. Das heißt, man erhält Gegenwind, weil man Dinge tut oder sagt, die andere verwirren. Weil man ganz einfach lästig und unbequem ist. Vielleicht auch, weil man die Wahrheit sagt, die heute die meisten nicht mehr hören wollen. Unbequem sein – auch das muss man lernen. Ich meine damit aber nicht die angeborene Eigenschaft des ständigen Haderns mit dem Schicksal, des Meckerns, des Murrens. Oft sagt man ja den Österreichern, besonders den Wienern, diese Eigenschaft nach. „Raunzen“ wird das genannt. In Westösterreich auch „Sempern“. Nein, mit Unbequemlichkeit meine ich hier, dass man Meinungen vertritt, die nicht Beifall, sondern Kritik hervorrufen, ja gefährlich sein können. Aber genau das ist wichtig in unserer Gesellschaft.

Viele Menschen haben ein verklärtes Bild von Gott. Und von Jesus. Er war ein Mensch, der Kranke geheilt hat. Der Tote zum Leben erweckt hat. Der sich um die Armen gesorgt hat. Der einfach alles richtig gemacht hat. Und ich mache es ihm nach, indem ich am Sonntag ein paar Euro in den Korb gebe, der am Beginn des Opfergottesdienstes durchgereicht wird. Ja, und dann gibt es den Bettler vor der Kirche, dem habe ich auch einen Euro gegeben. Ich bin wahrlich ein Jünger Jesu.

Nein, so einfach geht es eben nicht. Und Jesus war sicher auch nicht nur der Tröster der Armen. Jesus war unbequem und Gott verlangt auch von uns, diese Unbequemlichkeit zu leben.

Wie oft hat Jesus seine Mutter, seine Jünger, ja seine ganze Umgebung vor den Kopf gestoßen. Er ist als heranwachsender Junge auf und davon, ist in den Tempel, und seine Mutter hat nicht gewusst, wo er ist. Sie hat sich gesorgt. Jetzt stellen Sie sich – liebe Leserinnen und Leser – einmal vor: Sie kaufen in einem Einkaufszentrum in einer großen Stadt ein und plötzlich ist Ihr Kind verschwunden. Da klingeln alle Alarmglocken und Sie werden in panischer Angst die Polizei informieren, herumlaufen, weinen. So ähnlich ist es Maria, der Mutter Jesu, auch ergangen, als sie Jesus plötzlich nirgends mehr finden konnte. Jesus war – wie wir aus der Bibel wissen – im Tempel, und als ihn seine Mutter dort fand, gab er ihr nur eine bittere Antwort. Jesus war rebellisch. Er war eben nicht angepasst.

Oder erinnern wir uns nur an die Hure, die Jesus die Füße gewaschen, mit ihren Haaren getrocknet und dann gesalbt hat. Alle waren empört. Wie kann es sein, dass sich der Sohn Gottes mit den Sandlern, Bettlern und Huren abgibt. Das wäre so, als wenn der Papst nicht in der voll besetzten Kathedrale eine zweistündige Mozart-Messe zelebriert, sondern am Bahnhof Zoo in Berlin mit den Prostituierten ein Abendessen zu sich nimmt. Wahrscheinlich wäre das sogar einmal ein gutes Zeichen für einen Papst und ich traue es Papst Franziskus auch zu. Nun ja – Jesus war jedenfalls unbequem und gab seinem Umfeld viele Rätsel auf.

Heute ist das Christentum eine anerkannte Religion. Aber damals? Da herrschte ein Judentum, das geprägt war von vielen, sehr vielen Regeln. Alles, was man tun durfte oder unterlassen musste, war bis ins letzte Detail geregelt. Wie viele Schritte man am Sabbat gehen darf. Da gab es ernsthafte Diskussionen, ob man ein Kind, das in den Brunnen gefallen ist, retten darf, wenn man dabei mehr Schritte tut, als am Sabbat erlaubt waren. Da waren viele Regeln dabei, die uns heute unverständlich sind, aber sicher gab es auch sehr vernünftige Leitlinien. Und in dieser Zeit ist Jesus geboren. Als Jude. Auch seine Mutter Maria war Jüdin. Alle seine Apostel – ebenfalls Juden. Man vergisst heutzutage oftmals, dass Jesus und sein Umfeld vom Fleische her Juden waren. Und der jüdische Glaube war damals ein fixer Bestandteil des Lebens, in dem Religion, Glaube und weltliche Macht eng miteinander verflochten waren. Jesus ist in einer Zeit geboren, in der es wahrhaftig als höchst befremdlich, ja sogar frevelhaft erscheinen musste, wenn jemand das Judentum in Frage stellte. Da kommt einer, der behauptet, Gottes Sohn zu sein und mit den ganzen Regeln aufräumen zu wollen. Einer, der im Tempel ganz unerhörte Geschichten erzählt. Er war noch ein Jugendlicher und glaubte, dem Hohepriester etwas erzählen zu können. Das ging damals gar nicht, das war auch so ein No-Go. Die ganze Jesus-Geschichte kann man getrost als gewaltige Revolution bezeichnen. Jesus lehnte sich auf, war ganz und gar unbequem. Für seine Mutter, für seine Jünger, für die herrschende Klasse.

Unter Historikern besteht heute Einigkeit, dass Jesus sowohl für die judäische Elite als auch für die römischen Besatzer gefährlich wurde. Man musste ihn verschwinden lassen, er war zu unbequem.

Es gibt so viele interessante Persönlichkeiten in der Geschichte, die ebenfalls unbequem waren. Oftmals haben wir ein sehr einseitiges Bild von diesen Personen. Ein Bild der Verkürzung. Ein Bild der Reduktion auf das, was wir sehen wollen. Ein Bild der frommen Heiligkeit und Angepasstheit. Dass es sich dabei aber um ganz unbequeme Menschen gehandelt hat, ist oftmals nicht bekannt oder wird ausgeblendet.

Nehmen wir Paulus. Er ist einer der bedeutendsten Heiligen, ein Märtyrer. Er wird heute als der wichtigste Verbreiter des Evangeliums im ganzen Mittelmeerraum gesehen. Aber wer denkt eigentlich bei Paulus daran, dass er früher Saulus hieß, dass er Christen verfolgen und ermorden ließ und dass viel Blut an seinen Händen klebte? Ja, richtig, unser heiliger Paulus, der in unserer Kirche einen hochrangigen Platz einnimmt. Er war am Ort des Geschehens, als Stephanus gesteinigt wurde, und er hat es gebilligt. Und dann erlebte er einen Wandel in Damaskus und änderte sein Leben. Er glaubte nunmehr an Gott und wurde zum unumstrittenen Verkünder der Botschaft Jesu. Paulus zweifelte dennoch ein Leben lang. Er haderte mit sich selbst und mit Gott. Er ging von Stadt zu Stadt, wurde vielfach verachtet, verschmäht. Er begab sich in Gefahr und wurde verfolgt. Einmal steinigten sie ihn fast zu Tode, weil er sich zu Jesus bekannt hatte. Paulus war unbequem und umstritten. Aber er war von seiner Sache überzeugt. Ich denke, es gibt kaum einen Menschen, der so oft wie Paulus sein Leben und seine Gesundheit bei der Verkündigung des Evangeliums aufs Spiel gesetzt hat. Paulus war nie in der Komfortzone. Dort hätte er sich gar nicht wohlgefühlt. Er war ständig – bis zu seinem Tod – ein Verächter des Behaglichen, ein Unbequemer.

Eine ähnliche Person war Mutter Teresa von Kalkutta. Heute verehrt, ja sogar seliggesprochen. Vorbild für viele. Wie stellen wir sie uns vor? Eine kleine, zerbrechliche Frau, die sich für die Ärmsten der Armen einsetzte? Ja, das stimmt. So haben wir sie über die Medien kennengelernt. Aber Mutter Teresa war auch eine von den ganz Unbequemen. Und – sie zweifelte. Sie hat Aufzeichnungen hinterlassen, in denen sie über ihre Zweifel sprach: „Der Himmel bedeutet mir nichts mehr, für mich schaut er wie ein leerer Platz aus.“ Wer kennt Mutter Teresa so? Mit diesen großen Zweifeln, die sie zeitlebens geplagt haben? Die immer größer wurden? Sie war eigenwillig und streitbar. Auch und vor allem gegenüber der Kirche und ihren Vertretern. Auch wenn sie nur einen Sterbenden wenige Stunden pflegen konnte, auch wenn sie ihm nur ein Lächeln zu schenken vermochte, bevor er starb – es bedeutete für Mutter Teresa die Welt. Es war 1964, als Papst Paul VI. die ob ihrer Nächstenliebe bekannte Frau in Indien besuchte und ihr ein Geschenk überreichen wollte. Es war alles ganz feierlich geplant, aber Mutter Teresa kam nicht. Nein, sie war gerade an der Seite eines schwer kranken Obdachlosen, der die letzten Minuten seines Lebens in ihrer Station verbrachte. Das war für Mutter Teresa viel wichtiger als der Papst mit seinem Geschenk. Einmal antwortete sie auf die Bemerkung eines äthiopischen Gouverneurs, dass sie aufgrund des Bürgerkrieges dort kein Obdachlosenheim errichten könne: „Ich bin eine Revolutionärin, aber meine Revolution besteht nur aus Liebe.“ Ja, Mutter Teresa war wirklich eine Revoltierende, radikal, unerschrocken und unbequem.

„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Diese berühmten Zeilen von Dietrich Bonhoeffer stammen aus einem Gedicht, das er 1944 an seine Eltern und an seine Freundin Maria geschrieben hatte. Damals, in Gefangenschaft, ahnte er bereits, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Und tatsächlich, sechs Monate später wurde er im...

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