Die Umsetzung eines Debt-Equity-Swaps stellt sich in der Praxis als große Herausforderung dar. Ohne Frage bedarf es für die Durchführung intensive Verhandlungen und Zugeständnisse aller Parteien.[8] Dennoch ist es aus Sicht der Investoren, der Zielgesellschafter und gegebenenfalls der Altgesellschafter vorteilhaft, einen Debt-Equity-Swap durchzuführen. Nachfolgend werden die Motive, welche für die Durchführung eines Debt-Equity-Swaps sprechen, aufgezeigt.
Bei den Akteuren, welche die Forderung in das Unternehmen einbringen, ist zwischen Altgläubiger und Neuinvestor zu unterscheiden. In der Regel erhoffen sich die Altgläubiger durch Fortführung des von Insolvenz bedrohten Unternehmens, eine höhere Rückerstattung ihrer Forderung, als bei Zerschlagung und anschließender Auflösung des Unternehmens. Geht man davon aus, dass das Unternehmen in das Insolvenzverfahren geschickt wird, muss bei der Zerschlagung, Ausproduktion oder übertragender Sanierung mit hohen Abschlägen gerechnet werden. Nur noch ein kleiner Teil der ursprünglichen Forderung fließt an die Gläubiger zurück. Ist ein Kreditgeber aber von der Sanierungsfähigkeit überzeugt, könnte dieser die Forderung durch einen Debt-Equity-Swap zunächst ordnungsgemäß abschreiben und bei einer positiven Sanierung, an der daraus folgenden Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile partizipieren. Das Scheitern der Sanierung hätte jedoch den Totalverlust zur Folge. Dies wird ein Kreditgeber, bei seiner Entscheidung einen Debt-Equity-Swap durchzuführen, stets berücksichtigen.
Aus Sicht der Gläubiger weist das Fremdkapital auf der Passivseite unterschiedliche Sicherungsgrade auf. Aus diesen ließe sich herleiten, welche Gläubigergruppen am ehesten dazu bereit wären, einen Debt-Equity-Swap mit zu tragen. Zunächst das sog. „Senior Debt“, welches wiederum in zwei Teilbereiche zu unterteilen ist. Das als „Secured Senior Debt“ bezeichnete Fremdkapital ist im Falle der Insolvenz voll besichert und kann höchstwahrscheinlich bedient werden. Der zweite Teilbereich des „Senior Debts“ wird als „Unsecured Senior Debt“ bezeichnet. Dieses ist weitgehend, aber nicht vollständig besichert. Das sog. „Junior Debt“ wird eher nachrangig bedient und weißt die geringste Sicherung auf.[9]
Abbildung 3: Bilanzielle Restrukturierung durch den Debt-Equity-Swap (schematisch)
Quelle: Knecht/Haghani: § 18 Bilanzielle Restrukturierung und Financial Convenants, in Butzh/Hermanns (Hrsg.): Restrukturierung, Sanierung, Insolvenz, Rn. 45-54.
Gerade für Gläubiger mit wenig besicherten Forderungen (Junior Debt), kann es sinnvoll sein, sich bei einem Debt-Equity-Swap zu beteiligen. Das „Junior Debt“ ist bei einer Insolvenz zweifelsohne verloren oder nur mit einer geringen Insolvenzquote zurückzuzahlen. Durch die Umwandlung in Eigenkapital und der bestehenden Möglichkeit, nach einer positiven Sanierung an der Wertsteigerung der Anteile zu partizipieren, kann hier als Chance gesehen werden, den vollen Wert der Forderung doch noch einzutreiben oder sogar einen Gewinn zu erzielen. Gläubiger mit vollständig besicherten Forderungen werden das einhergehende Risiko des Totalverlusts nicht eingehen.[10]
Nicht zu vergessen ist jedoch, dass das Umtauschverhältnis zu beachten ist und die eingebrachten Forderungen zu ihrem tatsächlichen Wert einzubringen sind. So ist in der Regel mit hohen Abschlägen auf die Forderung zu rechnen.[11] Hierzu zu einem späteren Zeitpunkt mehr.
Finanzinvestoren, welche sich auf den Erwerb sog. Distressed Debt spezialisiert haben, verfolgen meist das finale Ziel der Unternehmensübernahme. Dies wird als Loan-to-Own-Strategie bezeichnet. Infolge der zu Marktwerten, also weit unter „par“ erworbenen Forderungen und der anschließenden Durchführung eines Debt-Equity-Swaps, werden diese zu sehr günstigen Umständen Gesellschafter.[12] Gelingt die Sanierung, können diese Neu-Investoren durch den relativ schnellen Verkauf ihrer Anteile, hohe Renditen erzielen.
Für die Zielgesellschaft steht ganz klar der Fortbestand im Mittelpunkt. Wie schon bei der Krisenbeschreibung aufgeführt, handelt es sich bei Unternehmen, welche einen Debt-Equity-Swap in Betracht ziehen, meist um stark von Insolvenz bedrohte Unternehmen. Auf Grund andauernder Erfolgskrisen ist das Unternehmen von der Zahlungsunfähigkeit bedroht. Ein Debt-Equity-Swap bringt für diese Gesellschaften überwiegend Vorteile.
Anfangs findet eine Bereinigung der Bilanz statt. Eine gegebenenfalls schon bestehende Unterbilanz gem. § 268 (3) HGB kann beseitigt werden.[13] Durch die Erhöhung der Eigenkapitalquote verbessert sich die Kapitalstruktur. Es wird jedoch keine frische Liquidität zugeführt. Durch die verbesserte bilanzielle Ausgangssituation erhöht sich die Kreditgewährungschance bei Banken. Die eingebrachten Forderungen müssen nicht mehr zurückgezahlt werden. Die dahinter stehenden Sicherheiten werden für alle anderen Gläubiger frei. Ferner verringern sich die Zinslasten. Auf das umgewandelte Eigenkapital sind keine Zinsen zu zahlen. Dies wiederum wirkt positiv auf die Gewinn- und Verlustrechnung. Zwar lässt sich mit einem Debt-Equity-Swap nicht die Erfolgskrise beseitigen, jedoch fällt der Druck der drohenden Zahlungsunfähigkeit vom Unternehmen.[14] Darüber hinaus verbreitet sich Zuversicht unter den übrigen Gläubigern. Ein Debt-Equity-Swap würde nicht ohne vorherige Prüfung der Sanierungsfähigkeit durchgeführt werden. Dies steigert das Vertrauen aller am Unternehmen Beteiligten.[15] Ein Debt-Equity-Swap stellt ein probates Mittel der Unternehmenssanierung dar. Auch schon vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit lässt sich ein Unternehmen durch einen Debt-Equity-Swap sanieren.
Altgesellschafter sind meist jene Gruppe, welche sich einem Debt-Equity-Swap am ehesten verweigert. Bis zur Einführung des ESUG war es faktisch nicht möglich, einen Debt-Equity-Swap ohne Einwilligung der bisherigen Gesellschafter durchzuführen. Sowohl die Kapitalherabsetzung, als auch die anschließende Kapitalerhöhung infolge des Debt-Equity-Swaps, erfordern einen satzungsändernden Gesellschafterbeschluss mit einer Dreiviertelmehrheit.[16] Diesem erheblichen Blockadepotenzial ist durch die Reform des ESUG, der Neuaufnahme des Insolvenzplanverfahrens und dem damit einhergehenden Obstruktionsverbot, gesetzlich Abhilfe verschafft worden. Hierauf wird auf Kapitel 6 vorliegender Arbeit verwiesen.
Als Folge des Debt-Equity-Swap verlieren die Altgesellschafter ihre Gesellschafterstellung ganz oder werden durch die Kapitalerhöhung erheblich verwässert. Sie büßen ihre Stimmrechte bei der Haupt- oder Gesellschafterversammlung ein. Nichts desto trotz bietet eine erfolgreiche Sanierung den Altgesellschaftern mehr als eine Insolvenz.[17]
Geht man davon aus, dass das Unternehmen kurz vor der Insolvenz steht, sind die bisherigen Gesellschafteranteile ohnehin nicht als noch werthaltig anzusehen. Diese werden im Insolvenzfall als nachrangig beurteilt. Erst nachdem allen anderen Gläubigern ihre Forderung zu hundert Prozent abgegolten wurde, wird ein verbleibender Restbetrag auf die Gesellschafter verteilt. Dies ist in der Insolvenz faktisch nie der Fall.
Besteht das Gesellschaftsverhältnis nach dem Kapitalschnitt und anschließender Verwässerung durch Bezugsrechtsausschluss weiter, haben die Altgesellschafter die Chance, nach einer erfolgreichen Sanierung, an einer Wertaufholung der Gesellschaftsanteile einbezogen zu werden. Dies stellt die Altgesellschafter oft besser, als sie es im Insolvenzfall wären.
Darüber hinaus wird ein Debt-Equity-Swap meist erst dann durchgeführt, wenn die Altgesellschafter nicht willens oder in der Lage sind, weiteres Privatvermögen in das angeschlagene Unternehmen zu investieren. Geht man davon aus, dass diese Altgesellschafter emotional an das Unternehmen gebunden sind, es sich beispielsweise um ein Familienunternehmen handelt, wird ihnen mehr an einer Sanierung liegen als an einer Zerschlagung und Auflösung. [18]
Auch den Treuepflichten des Gesellschafters ist Rechnung zu tragen. Diese verlangen, dass sich die Gesellschafter loyal gegenüber der Gesellschaft verhalten, ihren Zweck fördern und Schaden von ihr fernhalten müssen. Der Gesellschafter ist zwar grundsätzlich frei in seiner Stimmabgabe bei Haupt- oder Gesellschafterversammlungen, müsste aber unter Umständen auf Grund der Treuepflicht, bestimmten Maßnahmen zustimmen. Gegebenenfalls auch einer Kapitalerhöhung anlässlich des dem Sanierungszweck dienenden Debt-Equity-Swaps. Bei einem Verstoß gegen die Treuepflicht können Schadensersatzansprüche nach § 280 (1) BGB gegen den Gesellschafter geltend gemacht werden.[19] Zusammenfassend kann es...