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Wenn ich ehrlich bin, dann lüg ich richtig gut

Wahrheit bringt uns nicht immer weiter

AutorUte Ehrhardt, Wilhelm Johnen
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783426417836
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Niemand würde freiwillig zugeben, dass er schwindelt. Dennoch tun wir es jeden Tag. Wir wollen die Freundin nicht kränken und loben das grell gemusterte Kleid. Wir lachen über die Witze des Chefs, obwohl sie nicht komisch sind. Aus Rücksicht sagen wir unserem Partner nicht immer die Wahrheit. Und: Wir belügen uns selbst - und heben dadurch unser Selbstwertgefühl. Kluges Schwindeln verschafft im Alltag Vorteile. Beziehungen, beruflicher Erfolg, Gesundheit und Lebensglück sind eng mit unserer Fähigkeit, intelligent zu lügen, verbunden. Immer ehrlich zu sein würde uns Probleme einhandeln. Die renommierten Psychologen und Bestsellerautoren Ute Ehrhardt und Wilhelm Johnen stimmen uns auf den hilfreichen Umgang mit der Unwahrheit ein. Sie zeigen: Eine gute Lüge ist eine intellektuelle und emotionale Höchstleistung und ein notwendiger Bestandteil unseres sozialen Miteinanders. Liebe und Lebensglück sind ohne einen differenzierten Umgang mit Wahrheit nicht dauerhaft zu haben.

Ute Ehrhardt, geboren 1956, arbeitet als Psychotherapeutin, Karriere-Beraterin und Coach. Sie leitet wirtschaftspsychologische Seminare und berät Firmen. Berühmt wurde sie mit ihrem Buch 'Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin', das sich allein in Deutschland weit über eine Million mal verkaufte. Das Buch wurde in mehr als 35 Sprachen übersetzt und war selbst in China ein Erfolg. Ute Ehrhardt hat eine erwachsene Tochter und ist verheiratet mit Wilhelm Johnen.

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Leseprobe

Wer nicht selbst kann betrügen,

wird gemein betrogen,

wer nicht andere kann belügen,

wird gemein belogen.

Friedrich von Logau

Vergessen Sie alles,
was Sie über die Lüge
zu wissen glauben


Eine Hommage an die Lüge: Eine russische Adelige war mit ihrem Diener nach Amerika durchgebrannt. Niemand verstand, warum sie statt des sorglosen Lebens als Hofdame das entbehrungsreiche Dasein einer fast mittellosen Immigrantin führen wollte. Sie stirbt nach vielen Jahren verarmt in New York, aber die Frage, warum sie diesen Lebensweg mit diesem Mann eingeschlagen hatte, beantwortete sie stets gleich und immer mit strahlenden Augen: »Warum? Ganz einfach: Er konnte so herrliche Lügen erzählen, dass man sich wie die schönste Frau der Welt fühlte.« Eleganter lässt sich nicht verdeutlichen, was uns gelegentlich die Lüge lieben lässt; Schmeicheleien sind das universelle Schmiermittel im zwischenmenschlichen Kontakt.

Bei Schmeicheleien wird uns die Lüge kaum bewusst.

Allgemein gilt: Wir ignorieren, wie oft wir – selbstverständlich und risikobereit – lügen. Vor Gericht wird Wahrheit gefordert. Meineide und Falschaussagen werden mit erheblichen Geldstrafen – sogar mit Gefängnis – geahndet. Es wird geschworen. Das hält nur wenige davon ab, die Unwahrheit zu sagen.

Auch durch einen Richter wird die Wahrheit nicht sicher ans Licht gebracht, jeder weiß: »Vor Gericht gibt es ein Urteil, aber keine Wahrheit.«

Weshalb sollten Menschen im normalen Leben, wo in der Regel viel harmlosere Sanktionen drohen, etwas anderes tun? Wir leben mit der Lüge, ob es uns gefällt oder nicht. Und das ist gut so, denn sie ist deutlich nützlicher, als ihr Ruf vermuten lässt.

Zerstören Lügen Beziehungen?


Wir sind höflich, wir machen Komplimente, wir zeigen Anteilnahme, weil es erwartet wird. Wir verbergen unseren Ärger lächelnd, wir nicken zustimmend und verstecken unsere Zweifel, wir gehen langwierigen »sinnlosen« Diskussionen aus dem Weg, stimmen zu, ohne überzeugt zu sein. Um des lieben Friedens willen schweigen wir. Kleine soziale Lügen machen das Zusammenleben erst möglich.

Wir fragen: »Wird der andere meine Information verdauen können?« Wir variieren entsprechend die Wahrheit. Wer dieses soziale Gespür nicht besitzt, verliert sehr viel schneller die soziale Akzeptanz als der vorsichtige, clevere Lügner.

Zerstören Lügen Beziehungen? Sicher werden Beziehungen nach gravierenden aufgeflogenen Lügen beendet. Selten ist allein die Lüge der Grund für die Trennung.

Auch wenn es manchem verwerflich erscheint: Für erfolgreiche Lügen gilt das Gegenteil. Sie bleiben in der Regel unentdeckt, und sie halten die Beziehung aufrecht.

Machen Lügen einsam?


Unser moralischer Kodex möchte uns glauben machen: Menschen, die viel lügen, laufen Gefahr, einsam zu werden. »Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht« – das klingt nach zu erwartender Ausgrenzung. Sicher ist allerdings: Wer fortwährend auf der nackten Wahrheit besteht, ist deutlich einsamer. Wir kennen chronische Aufschneider, deren Geschichten tatsächlich zur Hälfte erlogen sind. Jeder ahnt die Lügen und amüsiert sich dennoch über den Unterhaltungswert. Jeder tut, als würde er das beschriebene Abenteuer, die aufgebauschte Heldentat, die lustig-peinliche Verwechslung, die intellektuelle Leistung glauben. Der Aufschneider wird zum Alleinunterhalter. Einsam ist er nicht.

Ebenso wenig wie derjenige, der die Lüge geschickt als sozialen Schmierstoff nutzt: Er oder sie verhindert Reibungen und Konflikte. »Was er nicht weiß …«, ist eine häufig benutzte Redensart. Nicht ohne Grund, denn viele Kulturwissenschaftler sind sich einig: »Lügen sind notwendig für das Zusammenleben der Gesellschaft. Mit Lügen lösen wir Konflikte. Etwa zwei Drittel aller Lügen sind ›pro-sozial‹, sie dienen nur indirekt dem eigenen Nutzen, ihr Hauptzweck ist der soziale Frieden.«[2]

Sind Lügner dumm?


Wir hören gelegentlich: »Wer wirklich klug ist, braucht keine Lüge.« Wer diese These vertritt, vergisst, dass die Lüge eine interaktive Angelegenheit ist. Wer erfolgreich lügen will, muss oft in Bruchteilen von Sekunden eine neue Realität erfinden, die unbedingt Berührungspunkte mit dem Wissensstand des Belogenen haben muss. Es stellt eine intellektuelle Höchstleistung dar, Konflikte vorherzusehen und die Lüge so zu konstruieren, dass sich möglichst wenig Unvereinbares mit dem Vorwissen des Belogenen ergibt. Wenn ein Knirps sagt: »Ich habe keine Bonbons genascht«, obwohl er vor dem leeren Bonbonglas steht, ist das ziemlich einfallslos. Wenn er keck behauptet: »Ich wollte nur nachsehen, ob noch Bonbons da sind, aber das Glas war schon leer«, ist das ausgesprochen schlau.

Auch die Vierjährige, die Papa nicht bei der Arbeit stören soll und, nachdem etwas Zeit verstrichen ist, angeblich zur Toilette geht, aber heimlich zu ihrem Papa läuft, ist schon ziemlich gut darin, mit einer lässigen Flunkerei ihr Ziel zu verfolgen.

Haben Lügen kurze Beine?


Ein ziemlich abgegriffener Satz über Lügen ist der Sinnspruch: »Lügen haben kurze Beine!« Er soll uns vor der sicher zu erwartenden Aufdeckung der Lüge warnen. Denn: »Es ist nichts so fein gesponnen, kommt doch ans Licht der Sonnen.« Und tatsächlich: Tagaus, tagein wird gelogen. Aber wie oft wird ein Lügner enttarnt? Wie oft wird jemand wirklich angeprangert oder öffentlich bloßgestellt? Eher gilt der Satz: »Wer einmal lügt, dem glaubt man … noch ziemlich lange.«

Und so wird der pfiffige Verkäufer mit erprobten alten Tricks fröhlich weiter Kunden einwickeln. Er wird behaupten, genau das Gerät selbst zu besitzen, welches er uns besonders empfiehlt. Dem potentiellen Käufer will er suggerieren, das Beste zu erwerben, was es auf dem Markt zu kaufen gibt, weil auch er, der Fachmann, es besitzt. Dieses Verkaufsargument kommt beim Kauf von Computern, Mobiltelefonen oder bei teuren Markenartikeln so häufig vor, dass es schon fast ein Witz ist. Aber es funktioniert immer noch.

Sind Lügen verantwortungslos?


Manche nennen einen Lügner verantwortungslos. Wir bezweifeln diese Behauptung. Eine labile Freundin sagt: »Ich seh beschissen aus!« Vielleicht reicht es, sie in den Arm zu nehmen und zu fragen: »Was ist los?« – Ihr ehrlich zu sagen: »Ja, du siehst beschissen aus!«, ohne sie aufzufangen, ist immer falsch. Es wäre wenig einfühlsam, ihr diese Wahrheit unverhohlen zuzumuten. Wer hier eine gnädige Lüge kreiert, handelt mit Sicherheit verantwortungsvoll.

Wer einem Betrunkenen die Autoschlüssel versteckt und behauptet: »Ich weiß nicht, wo die Schlüssel sind«, vermeidet eine ausweglose Diskussion und handelt verantwortlich.

Wer einen vor Wut Tobenden durch eine geschickte Lüge davon abhalten kann, etwas Unbesonnenes zu tun, handelt verantwortlich.

Wollen wir wirklich nie belogen werden?


Angeblich wollen alle die Wahrheit hören. Doch gemeint ist damit häufig nur: eine Wahrheit, die uns gefällt. »Sag mir ehrlich, was du denkst!« bedeutet, wenn wir genauer hinhören: »Bitte sei meiner Meinung oder tu wenigstens so.«

»Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.« Oder: »Wisse alles, was du sagst, aber sage nicht alles, was du weißt.« So lauten die typischen Kalenderweisheiten, die uns ermahnen, genau zu überlegen, bevor wir reden, und unter Umständen besser zu schweigen. Und solches Schweigen gleicht der Lüge aufs Haar.

Frisch Verliebte wollen keine Kritik am neuen Partner hören. Das würde nur verunsichern. Niemand bricht eine neue Beziehung ab, weil ein Freund auf die Schattenseiten der Angebeteten hinweist.

Wenn wir günstig einen Gebrauchtwagen gekauft haben, wollen wir nicht wissen, dass er aus einer Serie stammt, die für ihre Unzuverlässigkeit und die vielfachen Probleme mit der Elektronik berüchtigt ist. Es wäre keine Hilfe. Wir würden den Wagen kaum am nächsten Tag wieder verkaufen wollen.

»Habe ich das richtig gemacht?«, ist selten eine echte Frage. Sie zielt viel eher auf die Bestätigung eigener Vorstellungen. Denn eine Portion Unsicherheit ist immer im Spiel, wenn wir etwas getan oder entschieden haben. Die meisten Menschen brauchen vielfältige soziale Bestätigung. Wenn eine ehrliche Antwort betroffen macht oder demütigt, will fast niemand sie hören. Schon gar nicht, wenn eine Korrektur nicht mehr möglich ist.

Machen Lügen unglücklich?


Die vielleicht größte Drohung gegen die Lüge lautet: Wer lügt, kann nicht wirklich glücklich sein. Wir werden diesen Spieß umdrehen. Wir werden zeigen: Zum Glücklichsein gehört eine feinsinnige Form der Lüge!

Glück oder weniger emphatisch Zufriedenheit lässt Menschen länger leben. Glücksforscher bestätigen: Eine intelligente Selbstmanipulation ist Bedingung für ein positives Lebensgefühl.

Die Untersuchungen zeigen: Ohne eine subtile Lüge sind Glück oder Zufriedenheit nicht zu erreichen. Der Millionengewinn im Lotto, den sich manche als größte Quelle von Glück vorstellen, versagt nahezu immer.

Wirksam ist eine komplexe Selbststeuerung (»Reife Abwehr« genannt), die mit gutem Recht als Manipulation anzusehen ist, sie spiegelt die Kernkompetenz für stabiles Wohlbefinden. Martin Seligman, einer der bedeutendsten Wissenschaftler auf diesem Gebiet, hat die Bedingungen für ein positiv empfundenes und damit längeres Leben über zwei Jahrzehnte erforscht. Mehr im Kapitel »Kleine Lügen...

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