Sie sind hier
E-Book

Grundbildung im südlichen Afrika am Beispiel Namibia

AutorHermann Schoß
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl140 Seiten
ISBN9783638354530
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Pädagogik - Sonstiges, Note: 2,7, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg (Professur für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Bildungspolitik), 95 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit befasst sich mit der Darstellung des namibischen Schulsystems. Im ersten Teil wird der geschichtliche Hintergrund des Bildungssystems von den Anfangen der kolonialen Bildung bis zur Unabhängigkeit 1990 betrachtet. Anschließend werden der gesellschaftliche Hintergrund zum Bildungssystem und deren Entwicklung seit 1990 beleuchtet. Im Hauptteil der Arbeit wird das Bildungssystem mit dem Hauptaugenmerk auf die Grundbildung thematisiert. Daraus ergeben sich eklatante Probleme und dazugehörige Problemlösestrategien, die ebenfalls betrachtet werden. Quellen der Arbeit sind in erster Linie ministerielle Dokumente Namibias, der UN und der Weltbank. Im Weiteren findet Sekundärliteratur zumeist aus dem englischen Sprachraum Verwendung.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

2 Historischer Hintergrund zum Grundbildungssystem


 

2.1 Deutsche Kolonialzeit


 

„The German imperialists who were the first to colonize Namibia, within a period of 23 years (1884-1902), laid the foundation for the attitudes among the whites which resulted in viewing blacks with disrespect, humiliation, degradation and worthlessness (except as labourers!)”[2] Diese Sicht der deutschen Kolonialisten ist eindeutig im damaligen Bildungssystem der Kolonie Deutsch-Südwestafrika wiederzuerkennen. So wurde die Bildung der schwarzen Bevölkerung den Missionen und deren Schulen überlassen.[3] Die London und Wesley Missionsgesellschaften begannen bereits im Jahre 1805 mit ihrer Tätigkeit und wurden Mitte des 19. Jahrhunderts von der Rheinischen Missionsgesellschaft als größte Missionsgesellschaft abgelöst.[4] Ende des 19. Jahrhunderts kamen die Finnische und die Katholische Missionsgesellschaft dazu.[5] Die Missionsgesellschaften und deren Schulen stellten die einzige Möglichkeit zur Bildung des afrikanischen Anteils der Bevölkerung dar. Es wurde nur eine Regierungsschule für Schwarze eröffnet.[6] „In addition to reading, writing and arithmetic (‘the three R’s’), music, singing and handicraft formed part of the curriculum.”[7] Die Bildung für die weiße Minderheit der Bevölkerung wurde zu Beginn der deutschen Kolonialherrschaft ebenfalls von den Missionen gewährleistet, bevor Regierungsschulen diese Aufgabe übernahmen.[8] Die Anstrengungen für die Bildung des weißen Anteils der Bevölkerung wurden nach dem Krieg von 1904-1907 forciert. 1911 wurde eine Schulpflicht von vier Jahren für weiße Kinder eingeführt.[9] Während der deutschen Kolonialzeit gab es somit zwei getrennte Bildungssysteme, die über die gesamte Kolonialzeit aufrechterhalten wurden. Die Bildungsausgaben für die beiden Systeme zeichnen eindeutig die zitierte Sicht der Deutschen gegenüber der afrikanischen Bevölkerungsmehrheit ab. „From 1909 onwards the German authorities accorded a subsidy of RM 9.000 per year to schools for Africans, while RM 329.000 was spent on White education for the year 1914/1915 alone.”[10] Am Ende der deutschen Herrschaft in Südwestafrika gab es bei einer Bevölkerungszahl von circa 200.000 Menschen 115 Schulen, die eine rudimentäre Bildung für 5.490 Schüler bereitstellten.[11] Damit waren die Bildungsmöglichkeiten für die Mehrheit der Bevölkerung stark begrenzt. „The quality and provision of schooling in the colony was well behind that of Germany’s other African territories.”[12] Die deutsche Kolonialherrschaft endete 1915 mit dem Sieg der südafrikanischen Streitkräfte.

 

2.2 Südafrikanische Mandatszeit und Herrschaft


 

Nach dem Sieg über die deutsche Schutztruppe blieb Südwestafrika unter südafrikanischer Militärherrschaft bis zur Unterzeichnung des Versailler Vertrages 1919. Großbritannien erhielt im selben Jahr das Mandat über die ehemalige deutsche Kolonie vom Völkerbund. Dieses Mandat wurde von der Regierung Südafrikas und später der Südafrikanischen Union ausgeübt.[13] Nach der Übernahme Südwestafrikas wurde das Bildungssystem zentralisiert, wobei jedoch „kein grundlegender Transformationsprozess in den kolonialen Abhängigkeitsverhältnissen“[14] stattfand. Um die Zentralisierung und die Organisation des Bildungswesens zu gewährleisten, wurde von der südafrikanischen Regierung ein Inspektor eingesetzt. „The South African Government appointed an Organising Inspector of Education to SWA [South West Africa] to build a school system based on that of the Cape Province.”[15] Die Übernahme dieses Systems legte den Grundstein für die Bildung der unterschiedlichen Rassen nach unterschiedlichen Kriterien.[16] Schon kurz nach der Übernahme des Mandates des Völkerbundes wurden zwei Proklamationen erlassen, die die zentrale Kontrolle durch die südafrikanische Regierung stärkten und die Rassentrennung vorantrieben. Dieses waren die Proklamationen Nr. 55 von 1921 und Nr. 16 von 1926.[17] Durch die Proklamation Nr. 55 wurde das gesamte Bildungswesen dem Staat unterstellt und die Verwaltung dem Bildungsministerium übergeben. Die Schulbildung für Schwarze sollte weiterhin von den Missionen ausgeführt werden. Die Missionen erhielten für die Ausbildung finanzielle Mittel und waren innerhalb der wenig detaillierten gesetzlichen Rahmen für die Verwaltung verantwortlich. Eine Schulpflicht für Schwarze gab es weiterhin nicht.[18] „The Proclamation therefore did not much alter the situation regarding black and coloured education.”[19] Ganz im Gegenteil dazu wurde die Schulpflicht für alle weißen Kinder vom sechsten bis zum siebzehnten Lebensjahr erlassen. Für die Ausbildung der weißen Kinder gab es Regierungsschulen, die in die direkte Verantwortlichkeit des Bildungsministeriums fielen.[20] Im Jahre 1923 wurde eine Bildungskonferenz in Windhoek abgehalten. Teilnehmer dieser Konferenz waren Vertreter der Missionen und des Bildungsministeriums. Als Ziel dieser Konferenz sollte eine Übereinkunft getroffen werden, die die einheitliche Bildung der schwarzen Bevölkerung in den verschiedenen Missionen und deren Schulen zum Inhalt hatte. So wurde die Beschulung der Schwarzen auf maximal vier Jahre begrenzt. Dieser Zeitraum entsprach keiner Schulpflicht. Eine weitergehende Schulbildung einzelner schwarzer Schüler musste darüber hinaus vom Bildungsministerium überprüft und genehmigt werden. Als Schulsprache wurde Afrikaans oder Englisch verpflichtend. Es gab weiterhin keine Regierungsschulen für Schwarze. Die Kontrolle über die Bildung in den Missionsschulen, die ein Ziel der Konferenz war, wurde ausgeweitet.[21] Ein weiterer Schritt, der die Trennung der Rassen vorantrieb und die Unterschiede in der Schulbildung der weißen und schwarzen Schüler immer größer werden ließ, war das Verfassungsgesetz für Südwestafrika von 1925. „Mit dem Verfassungsgesetz für Südwestafrika (South West Africa Constitution Act) von 1925 erhielt die weiße Bevölkerung Südwestafrikas eine beschränkte Möglichkeit zur Selbstverwaltung. Eine gesetzgebende Versammlung erhielt eigene Zuständigkeiten, u.a. für Erziehung, Gesundheit und öffentliche Arbeiten. Die Regelung der wichtigen Belange des Territoriums, und hierzu zählten die Angelegenheiten der Schwarzen, blieben in südafrikanischer Hand.“[22] Die Veränderungen durch das Verfassungsgesetz wurden in die Proklamation Nr. 16 von 1926 übernommen. Durch diese Proklamation, die jene von 1921 größtenteils ersetzte, wurden die Missionsschulen in Schulen für Farbige und Schwarze getrennt. Die Schulen blieben weiterhin unter der formalen Aufsicht des Bildungsministeriums. Die eigentliche Verwaltung behielten jedoch die Missionsschulen bis in das Jahr 1934. Durch die Proklamation wurde die Beschulung der schwarzen und farbigen Schüler bis zum achten Schuljahr erweitert. Dieses bedeutete allerdings, dass, wie schon bei der Einführung der vierjährigen Beschulung, wiederum keine Schulpflicht etabliert wurde. Den Missionen oblag neben der Schulausbildung auch die Lehrkräfte- und Berufsausbildung der schwarzen und farbigen Bevölkerung. Die Bildungsausgaben unterstrichen die gravierenden Bildungsunterschiede zwischen weißen und schwarzen Kindern. So wurden im Fiskaljahr 1927-28 120.000£ für die Schulbildung von 8.000 weißen Kindern ausgeben und nur 10.500£ für 3.760 schwarze Schulkinder. Diese Diskrepanz wird umso deutlicher, betrachtet man die demographischen Daten. Diese Daten zeigen eine große Mehrheit der schwarzen Bevölkerung.[23] Im Jahre 1934 wurde auf Druck des Völkerbundes per Gesetz die Schaffung von Regierungsschulen für Schwarzafrikaner verfügt. Dieses Gesetz wurde jedoch nicht umgesetzt, denn nur eine zusätzliche Schule für Afrikaner wurde eröffnet.[24] Während der dreißiger Jahre erfolgten „kaum zusätzliche Bemühungen zur Verbesserung des Ausbildungsstandards in quantitativer und qualitativer Hinsicht.“[25] Die Proklamation Nr. 16 von 1926 blieb bis zum Jahre 1949 in Kraft. Weitere Veränderungen im Bildungssystem, dies betraf vor allem die Verschärfung der Rassentrennung, zeichneten sich 1948 ab. „In 1948 the Nationalists came to power in South Africa with a clearly defined policy of apartheid.”[26] Kurz nach der Regierungsübernahme durch die Nationalisten wurde eine Kommission für die Bildung der Schwarzen Bevölkerung gebildet. Die Kommission wurde unter dem Namen des südafrikanischen Staatssekretärs für die Angelegenheiten der Schwarzen W.W.M. Eiselen bekannt.[27] Die Eiselen-Kommission hatte die Aufgabe, getrennte Bildungssysteme für die Weißen, Schwarzen und Farbigen zu prüfen. Dem lag der Gedanke der Apartheid zugrunde, wonach eine überlegene Rasse herrschen sollte, die durch den weißen Teil der Bevölkerung repräsentiert wurde. Die Bildung wurde als ein Mittel zur Unterdrückung gesehen. „If blacks were to remain subordinate, their education must, by implication, be limited. On the other hand, Eiselen was faced with the problem that South Africa would need large numbers of literate blacks for its booming industrial economy.”[28] Die Ergebnisse der Kommission, die 1953 im Bantu-Bildungsgesetz...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

Bibel für heute

Bibel für heute

BIBEL FÜR HEUTE ist die Bibellese für alle, die die tägliche Routine durchbrechen wollen: Um sich intensiver mit einem Bibeltext zu beschäftigen. Um beim Bibel lesen Einblicke in Gottes ...

BIELEFELD GEHT AUS

BIELEFELD GEHT AUS

Freizeit- und Gastronomieführer mit umfangreichem Serviceteil, mehr als 700 Tipps und Adressen für Tag- und Nachtschwärmer Bielefeld genießen Westfälisch und weltoffen – das zeichnet nicht ...

caritas

caritas

mitteilungen für die Erzdiözese FreiburgUm Kindern aus armen Familien gute Perspektiven für eine eigenständige Lebensführung zu ermöglichen, muss die Kinderarmut in Deutschland nachhaltig ...

Correo

Correo

 La Revista de Bayer CropScience para la Agricultura ModernaPflanzenschutzmagazin für den Landwirt, landwirtschaftlichen Berater, Händler und am Thema Interessierten mit umfassender ...

Courier

Courier

The Bayer CropScience Magazine for Modern AgriculturePflanzenschutzmagazin für den Landwirt, landwirtschaftlichen Berater, Händler und generell am Thema Interessierten, mit umfassender ...

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS

IT-BUSINESS ist seit mehr als 25 Jahren die Fachzeitschrift für den IT-Markt Sie liefert 2-wöchentlich fundiert recherchierte Themen, praxisbezogene Fallstudien, aktuelle Hintergrundberichte aus ...