Die allerersten Anfänge des späteren Lambertus-Verlages fallen in den gleichen Monat wie die Gründung des Deutschen Caritasverbandes (DCV) – nämlich in den November 1897. Dies war nicht ganz zufällig. Kurze Zeit später, auf der Generalversammlung der deutschen Katholiken in Neiße im Sommer 1899, lieferte DCV-Präsident Lorenz Werthmann dafür eine Begründung: „Damit nun die hohen Ziele der christlichen Charitas besser erreicht und die Charitasjünger für ihre Aufgabe mehr befähigt werden könnten, wurde durch die Charitasbewegung die Parole ausgegeben: Es müsse unsere Charitas mehr publiziert, mehr studiert und mehr organisiert werden.“ Publizieren, studieren, organisieren – jeder dieser drei Leitbegriffe hat mit Büchern, Buchproduktion und Buchvertrieb zu tun. Bei den beiden ersten Begriffen ist dies offensichtlich, lediglich beim dritten erscheint es erklärungsbedürftig: Hier sollten eigene Druckwerke auf die noch in den Kinderschuhen steckende Organisation des frisch gegründeten DCV hinweisen, seine Ausdehnung und Ausdifferenzierung sachkundig begleiten und sobald als möglich auch bilanzieren.
Bezeichnenderweise entschlossen sich Werthmann und das die Gründung des Verbandes vorbereitende „Charitas-Comité“ schon 1895/96, also deutlich vor der Verbandsgründung, zur Herausgabe einer eigenen Zeitschrift, die für den Caritasgedanken werben und der Verbandsgründung den Boden bereiten sollte. „Charitas. Zeitschrift für die Werke der Nächstenliebe im katholischen Deutschland“ lautete anfangs im damaligen Zeitkolorit der Titel. Diese wichtigste Zeitschrift des DCV erscheint bis heute im 109. Jahrgang als „neue caritas. Politik - Praxis – Forschung“. Die beiden ersten Jahrgänge wurden noch vom Freiburger Herder-Verlag herausgebracht, ehe Herder und Werthmann 1897 übereinkamen, dass das Caritas-Komitee (und später der Caritasverband) die Zeitschrift fortan im Selbstverlag herausbringen sollte. Werthmann fasste den Entschluss, den geplanten Verlag mit einer Druckerei zu verbinden, weil er auf diesem Weg hoffte, durch wirtschaftlich erfolgreiches Arbeiten auch eine gewisse Refinanzierung der Verbandsaufgaben erreichen zu können.
Am 1. Oktober 1897 begann zunächst die „Charitasdruckerei“ mit der Arbeit – und zwar in sehr überschaubaren Dimensionen: mit vier Mitarbeitern und zwei gebrauchten Druckmaschinen. Werthmann hatte die Einrichtung aus eigenen Mitteln finanziert! Die Druckerei wurde als Privatunternehmen geführt und erhielt mit der „Charitas Stift GmbH“ bald einen eigenen, eng mit dem DCV verbundenen Rechtsträger. Ab dem Jahr 1898 ist der „Verlag des Charitasverbandes für das katholische Deutschland“ oder kurz „Caritasverlag“, wie er später genannt wurde, nachgewiesen. In Personalunion fungierte Werthmanns Vetter Johann Vollmer als erster Leiter von Druckerei und Verlag, wobei Werthmann selbst in den Anfangsjahren jenseits aller Satzungsbestimmungen starken Einfluss auf das Verlagsprogramm nahm: Nahezu im Alleingang entschied er viele redaktionelle Fragen, schrieb wichtige programmatische Artikel für die Zeitschrift „Caritas“ und legte auch Einzelpublikationen des jungen Verlages fest.
Schon in den ersten Jahren lässt sich das Verlagsprogramm als Spiegel der beginnenden wohlfahrtsstaatlichen Entwicklung in Deutschland lesen – und daneben entsprach es natürlich immer auch den Interessen der sich immer mehr auffächernden und Konturen gewinnenden Organisation des DCV. Beide Blickwinkel fokussierten in der Zeitschrift „Caritas“, der schon bald (1902) ein eigenes Organ für katholische Frauen an die Seite trat: „Die christliche Frau. Zeitschrift für höhere weibliche Bildung und christliche Frauenthätigkeit in Familie und Gesellschaft“. 1907 erschien erstmals ein „Jahrbuch des Charitasverbandes“. Die Buchpublikationen reflektierten in diesen Anfangsjahren rechtliche Aspekte der deutschen Sozialgesetzgebung – etwa das damals gültige Armenrecht -, aber auch die sich herausbildenden Arbeitsschwerpunkte des DCV, zu denen von Beginn an die Kinder- und Jugendfürsorge zählte, sowie die Belange seiner Fachverbände und Unterorganisationen. Daneben wurden Gebetsbücher, Pilgerführer und volkstümliche Literatur in teilweise hohen Auflagen vertrieben – konzipiert als frühe „Bestseller“, die das Gesamtprogramm der herstellungsintensiven und oft in geringer Auflagenstärke produzierten caritativen Spezialliteratur ökonomisch tragen sollten. Beide Veröffentlichungszweige zusammen ergaben ein Verlagskonzept, welches ein leitender DCV-Mitarbeiter in den 1920er Jahren prägnant auf den Punkt gebracht hat: „eine Propagandaabteilung des DCV, geführt nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten“.