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Bildungsgeschichte. Von Wilhelm von Humboldt nach Bologna. Ein Paradigmenwechsel?

AutorBettina Rütten
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl82 Seiten
ISBN9783656060031
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Bachelorarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Pädagogik - Geschichte der Päd., Note: 1,3, FernUniversität Hagen (Kultur- und Sozialwissenschaften), Veranstaltung: Abschlussarbeit - Lehrgebiet Bildungstheorie und Medienpädagogik, Sprache: Deutsch, Abstract: Wilhelm von Humboldt, der Klassiker der deutschen Bildungstheorien, und der Bologna-Prozess der europäischen Bildungsminister: Schlagworte, die in aller Munde sind und oft unpräzise und unreflektiert gebraucht werden. Doch was steckt genau dahinter? Wer war Wilhelm von Humboldt? Was waren seine Bildungstheorien? Und was ist der Bologna-Prozess genau? Wie wirkt er sich auf die deutsche Hochschullandschaft aus? Hat von Wilhelm von Humboldts Bildungstheorien nach Bologna ein Paradigmenwechsel in der Bildungsgeschichte stattgefunden? Wilhelm von Humboldts 200 Jahre alte Bildungstheorien prägen bis heute unser Bild von Bildung. Das Lernen zu lernen war seine Haupterwartung an die Schule. Die Fähigkeit, sein Leben selbstmotiviert und reflektiert zu gestalten sowie sich gescheit zu verhalten, war sein Anspruch an das gebildete Individuum. Den Menschen geschützte Entwicklungsräume zu ermöglichen war seine Forderung an einen sich aber dennoch inhaltlich nicht in die Erziehung einmischenden Staat. Spannende Gedankenansätze, die auch nach zwei Jahrhunderten noch aktuell klingen. Forschungsfrage und somit auch das Ziel dieser Arbeit ist es, herauszuarbeiten, ob der Bologna- Prozess dem neuhumanistischen Bildungsideal Wilhelm von Humboldts gerecht wird. Dazu ist es zunächst nötig, sich mit der Zeitgeschichte auseinander zu setzen, in der von Humboldts Theorien und Reformideen entstanden sind. Bei der Betrachtung der historischen Ausgangssituation im beginnenden 19. Jahrhundert wird der Schwerpunkt auf die Entwicklungen in den Jahren bis 1809 / 1810 gelegt. In den Jahren 1809 bis 1810 war Wilhelm von Humboldt für 16 Monate als Geheimer Staatsrat und Direktor der Sektion für Kultus und öffentlichen Unterricht im Ministerium des Inneren für die Bildungspolitik (Bildungsreform) Preußens zuständig. Durch die Skizzierung der Umbrüche in Europa und Preußen sowie die Darstellung der Bildungsinstitutionen und Bildungstheorien im endenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts wird der Kontext zwischen der allgemeinen gesellschaftlichen Situation und der Arbeit von Wilhelm von Humboldt dargestellt. Wilhelm von Humboldt hat seine Ansprüche an Bildung im Zusammenhang mit Gesellschaft und Staat formuliert. Weder sein Leben noch seine Bildungsreform lassen sich losgelöst aus dem Kontext seiner Lebens- und Wirkensepoche adäquat betrachten. Der Darstellung der historischen Ausgangssituation im beginnenden 19. Jahrhundert folgt daher eine Biographie Wilhelm von Humboldts. Zentrale Inhalte sin

Bettina Rütten B.A. (geborene Kleinschmidt), kam 1984 in Hannover zur Welt. Nach dem Abitur in Hannover studierte sie zunächst Lehramt an der Albertus-Magnus-Universität zu Köln. Ihr Studium der Bildungswissenschaft an der staatlichen FernUniversität zu Hagen schloss die Autorin im Jahre 2011 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts erfolgreich ab. Bereits während des Studiums sammelte die Autorin umfassende praktische Erfahrungen in der Bildungsplanung und Bildungsforschung und veröffentlichte Aufsätze in wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Die Autorin ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und den gemeinsamen vier Kindern bei Köln.

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Leseprobe

3. Zur Person Wilhelm von Humboldts


 

Der Darstellung der historischen Ausgangssituation im beginnenden 19. Jahrhundert folgt – ebenfalls zur besseren Einordnung seiner Theorien – eine Biographie Wilhelm von Humboldts. Zentrale Punkte sind dabei seine Herkunft, seine Ausbildung und seine beruflichen Tätigkeiten. Sowohl im Bereich der Ausbildung als auch im Bereich der beruflichen Tätigkeiten sind viele seiner Entscheidungen und Lebensstationen nur verständlich, wenn zudem das persönliche, familiäre Umfeld Wilhelm von Humboldts mitbetrachtet wird. Daher erfolgt keine isolierte Darstellung beruflicher Stationen, sondern eine Mitbetrachtung seiner persönlichen, familiären Lebensumstände, welche mittelbar und unmittelbar Einfluss nahmen.

 

Wilhelm von Humboldt ist heute vor allem aufgrund seiner Arbeit an den Preußischen Bildungsreformen bekannt – dabei war er weit mehr als nur ein Bildungsreformer; unter anderem war er Privatgelehrter, Diplomat und Sprachtheoretiker.

 

3.1 Herkunft


 

Die Familie des Vaters stammte ursprünglich aus Pommern. Bereits seit dem 16. Jahrhundert dienten die Familienmitglieder als Beamte und Offiziere für die brandenburgischen Kurfürsten und die preußischen Könige. Wilhelm von Humboldts Großvater, der Offizier und Veteran Johann Paul (von) Humboldt (1684–1740), wurde auf eigenes Gesuch hin 1738 vom König Friedrich Wilhelm I. geadelt. Wilhelm von Humboldts Vater, Major Alexander Georg von Humboldt (1720–1779) war zunächst ebenfalls Offizier und später von 1765–1769 Kammerherr bei der Gemahlin des Thronfolgers. Von nun an gehörte er zum engeren Freundeskreis des späteren Königs Friedrich Wilhelm II.

 

Im Jahr 1766 heirateten von Humboldts Eltern, Alexander Georg von Humboldt und die deutlich jüngere Marie Elisabeth Colomb (1741–1796). Marie Elisabeth stammte von französischen Hugenotten ab. Als Witwe Freifrau von Hollwede brachte Marie Elisabeth aus ihrer ersten Ehe unter anderem das Schloss und Gut Tegel (bis 1920 ist Tegel stadtrechtlich eigenständig und noch nicht zur Stadt Berlin gehörend) mit in die Ehe. Bereits am 22. Juni 1767 wurde Sohn Friedrich Wilhelm Christian Carl Ferdinand von Humboldt, genannt Wilhelm von Humboldt, in Potsdam bei Berlin geboren. König Friedrich Wilhelm II. übernahm als Freund von Humboldts Vater Alexander Georg die Patenschaft für den erstgeborenen Sohn Wilhelm. Im September 1769 wurde der zweite Sohn der Familie, Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt, genannt Alexander von Humboldt, geboren. Wilhelm und sein Bruder Alexander verbrachten ihre Kinderjahre im Schloss Tegel (vgl. Borsche 1990, S. 19–21). Zudem lebte der Halbbruder Heinrich Friedrich Ludwig Ferdinand von Hollwede (1762–1817), der Sohn aus der ersten Ehe der Mutter, in der Familie.

 

3.2 Ausbildung


 

Alexander und Wilhelm von Humboldt besuchten selbst nie eine Schule sondern wurden von privaten Hofmeistern gelehrt, betreut und erzogen. In den Jahren 1769 bis 1773 sowie 1775

oblag diese Aufgabe dem nachmals berühmten Philanthropen Joachim Heinrich Campe (1746–1818) (vgl. Benner 2003, S. 145). Seit 1777 war der spätere preußische Staatsrat Gottlob Johann Christian Kunth (1757–1829) der Hauslehrer der Brüder. Er unterrichtete unter „strenger Aufsicht […] Mathematik, Deutsch, Latein, Griechisch, Französisch und Geschichte“ (Borsche 1990, S. 21). Bereits im Jahr 1779, als Wilhelm von Humboldt zwölf Jahre alt war, starb der Vater Alexander Georg von Humboldt. Hofmeister Kunth, ein enger Vertrauter des Vaters, übernahm nun zusätzlich zur Erziehung der Brüder auch die Guts- und Vermögensverwaltung und fungierte als Berater der Mutter.

 

Ab dem Jahr 1785 erhielten die Brüder bei hochrangigen Gelehrten Privatunterricht in National­ökonomie, Statistik, Naturrecht und Philosophie (vgl. Borsche 1990, S. 21). Im Jahr 1787 verließ Wilhelm von Humboldt als Zwanzigjähriger das erste Mal die Berliner Region. Er ging, zusammen mit seinem Bruder Alexander und dem gemeinsamen Erzieher Kunth, nach Frankfurt an der Oder und schrieb sich zum Wintersemester für juristische Fachstudien ein. Doch bereits zum Sommersemester 1788 wechselte Wilhelm von Humboldt, nun allein, ohne Bruder und Erzieher, an die damals renommierte Universität Göttingen. Dort hörte er bei dem Mathematiker, Physiker und Schriftsteller Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799) experimentelle Physik sowie im Sommersemester 1789 eine Vorlesung über Licht, Feuer, Elektrizität und Magnetismus. Zudem hörte er vom Sommersemester 1788 bis einschließlich des Sommersemesters 1789 Vorlesungen über Universal-Geschichte, alte Sprachen und Literatur bei verschiedenen anderen Professoren. Nebenher studierte Wilhelm von Humboldt selbsttätig die kritische Philosophie Immanuel Kants. Im Sommer 1788 lernte er Carolina Friederica von Dacheroeden (1766–1829), genannt Caroline, kennen. Nach nur vier Studiensemestern, davon ein Fachsemester und drei allgemein bildende Semester, endete Wilhelm von Humboldts Studienzeit im Juli 1789 (vgl. Borsche 1990, S. 22–24).

 

Im August 1789 reiste er mit seinem ehemaligen Hauslehrer Campe „nach Paris um als ,Zuschauer‘ am historischen Ereignis der Epoche, der Französischen Revolution, teilzunehmen“ (Benner 2003, S. 145). Campes Euphorie bezüglich der Revolution teilte er jedoch nicht.

 

Auf der Rückreise von Paris nach Berlin verlobte er sich am 17. Dezember 1789 in Erfurt mit der hochgebildeten Caroline von Dacheroeden. Sie war die Tochter des preußischen Kammerpräsidenten Freiherr Karl Friedrich von Dacheroeden (1732–1809). Carolines Familie war, gleich der Familie von Humboldt, adelig und begütert und gehörte zum angesehenen oberen Bürgertum. Wilhelm von Humboldt und Caroline waren ein modernes Paar, „wahlverwandt und ebenbürtig“ (Rosenstrauch 2009); die hohe Bildung Carolines war in der damaligen Zeit für eine Frau eine absolute Seltenheit. Durch die Vielzahl der erhaltenen Briefe Carolines an ihren Mann ist belegt, wie sehr sie sein Denken und Arbeiten zeitlebens beeinflusste.

 

3.3 Amt und Stellung


 

Im Februar 1790 wurde Wilhelm von Humboldt am Stadtgericht Berlin angestellt, im Juli folgte die Referendarsprüfung und bereits im September 1790 die „Bestallung als Referendar am Hof- und Kammergericht, dann am Oberappelationsgericht, dann auch am kurmärkischen Pupillenkollegium; gleichzeitig Tätigkeit unter Graf Hertzberg im auswärtigen Departement, die Wilhelm im Juni 1790 den Titel eines Legationsrats einträgt“ (Borsche 1990, S. 24f.). Doch er unterbrach die Staatskarriere freiwillig und bat im Mai 1791 um Entlassung aus dem juristischen Staatsdienst und ließ sich vom Auswärtigen Dienst beurlauben.

 

Am 29. Juni 1791 heiratete er Caroline von Dacheroeden. Gemeinsam hatten sie acht Kinder, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten. Nach der Hochzeit lebte das junge Ehepaar gemeinsam auf den Gütern von Wilhelm von Humboldts Schwiegervater, frei von jeglichen äußeren Verpflichtungen. Von Humboldt bezeichnete sich als Privatgelehrter und verbrachte die Zeit mit privaten Studien. Im Februar 1794 zog die junge Familie nach Jena. Seit Mai 1794 war auch Johann Christoph Friedrich von Schiller (1759–1805) in Jena. Wilhelm von Humboldt und von Schiller trafen sich jeden Tag und arbeiteten gemeinsam an Schillers neuer Zeitschrift, den Horen. Caroline von Humboldt stellte den Kontakt zwischen ihrem Mann und Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) in Weimar her. Kurze Zeit später vermittelte Wilhelm von Humboldt zwischen von Schiller und von Goethe (vgl. Borsche 1990, S. 26).

 

Bereits im Sommer 1795 musste Wilhelm von Humboldt nach Tegel zurückkehren, da seine Mutter erkrankte. Ihr Tod im November 1796 führte zu Problemen in der Erbregelung. Im November 1797 ging die Familie von Humboldt für vier Jahre nach Paris, wo sie ein reges, gesellschaftliches Leben führte. Zwei ausgedehnte Spanienreisen in dieser Zeit brachten den Anstoß zu Wilhelm von Humboldts lebenslangem Interesse an Sprachen. Im Sommer 1801 kehrten Wilhelm und Caroline von Humboldt mit den Kindern nach Berlin zurück. Von Humboldt bewarb sich im Auswärtigen Amt und trat 1802 die Stelle des Preußischen Residenten am Päpstlichen Stuhl in Rom an, da der erste Amtsinhaber, Johann Daniel Wilhelm Otto Uhden (1763–1835), „aus privaten Gründen um seine Ablösung bittet und sich kein anderer

Diplomat um die sonnige, aber unbedeutende Provinzstelle bemüht“ (Borsche 1990, S. 26). Bis 1808 blieb von Humboldt in Rom und bezeichnete diese als die glücklichsten Jahre seines Lebens; dies trotz des plötzlichen und sehr schmerzlichen Todes des ältesten Sohnes Wilhelm am 15. August 1803 (vgl. Rosenstrauch 2009, S. 170).

 

1806?/?1807 brach Preußen zusammen. Im Oktober 1808 reiste von Humboldt in Rom ab um nach Tegel zu reisen, dort war es in den Wirren zu Plünderungen gekommen. Auf der Rückreise von Rom erhielt Wilhelm von Humboldt in Erfurt die...

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