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Culture Jamming als subversive kulturelle Praxis: Der 'Nikeplatz' von 0100101110101101.org

AutorCorinna Gronau
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl64 Seiten
ISBN9783958206991
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Die im Oktober 2003 in Form einer Werbekampagne des Sportartikelherstellers Nike verbreitete Nachricht von der bevorstehenden Umbenennung des historischen Wiener Karlsplatz in 'Nikeplatz' versetzte die Wiener Presse und Bürger in Aufruhr. Erst nachdem die Stadt Wien sowie der Konzern Nike jegliche Verbindung ihrerseits mit der Kampagne von sich wiesen, bekannte sich die Gruppe 0100101110101101.org zu dem Projekt, das in der Arbeit eingehend analysiert wird. Den Bezugspunkt der Untersuchung bildet die künstlerische Praxis des Culture Jamming. Diese seit Ende der 1990er Jahre populäre Kunstform zeichnet sich durch eine unscharfe Definition und eine große Bandbreite an Praktiken aus: Culture Jamming wird auf der einen Seite als 'Praxis, Werbung zu parodieren und Reklametafeln quasi zu kidnappen und ihre Botschaft drastisch zu verändern' definiert und auf der anderen Seite als 'subversive kulturelle Praxis, eine Rebellion gegen die Inbesitznahme öffentlicher Räume und Zeichen durch Industrie und Kommerz'. Die Einordnung des Kunstprojektes in diesen thematischen Rahmen, der theoretisch mit Kalle Lasn, Debord, Habermas und Baudrillard abgesteckt wird, ist Ziel der vorliegenden Arbeit.

Corinna Gronau, B.A., wurde 1988 in Berlin geboren. Ihr Studium der Kunstgeschichte und Germanistischen Literaturwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena schloss die Autorin im Jahr 2012 mit dem akademischen Grad Bachlor of Arts erfolgreich

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.2, Gesellschaftskritik nach Debord: Lasn selbst weist in seinem Buch darauf hin, dass es sich beim Culture Jamming nicht um eine neue Bewegung handele, sondern, dass diese als 'Teil eines revolutionären Kontinuums' angesehen werden müsse, welches die frühe Punkbewegung, die Hippies der 60er, die 'Situationistische Internationale', die Surrealisten und Dadaisten, die Anarchisten und einer Reihe weiterer sozialer Bewegungen einschließe. Die 'Situationistische Internationale' um Guy Debord nimmt dabei eine besondere Position ein. Die 1957 gegründete Gruppe europäischer Künstler und Intellektueller war vor allem in den 1960er Jahren in Paris aktiv und zeichnet sich durch die Formulierung einer radikalen Gesellschaftskritik sowie einer radikalen Kritik der Mediengesellschaft aus, welche sie in ihrer Zeitschrift internationale situationniste artikulierte. Der französische Autor, Filmemacher und Künstler Guy Debord, der zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe zählt, arbeitete diese Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse mit La Société du Spectacle in Form einer theoretischen Abhandlung weiter aus. Das 'Spektakel', als erklärter Feind der 'Situationistischen Internationale', lässt sich mit der 'Gesamtheit der Ausprägungen des Kapitalismus in der modernen Gesellschaft' gleichsetzen: Das ganze Leben der Gesellschaften, in welchen die modernen Produktionsbedingungen herrschen, erscheint als eine ungeheure Ansammlung von Spektakeln. Alles, was unmittelbar erlebt wurde, ist in eine Vorstellung entwichen. Die Unmittelbarkeit der Welterfahrung sei in der kapitalistischen Gesellschaft durch einen unfreien Konsum künstlicher und manipulierter Bilder ersetzt worden. Der Warenfetischismus wird zum grundlegenden Prinzip, das den Menschen im Spektakel dominiert: Das Spektakel ist der Moment, worin die Ware zur völligen Besetzung des gesellschaftlichen Lebens gelangt ist. Das Verhältnis zur Ware ist nicht nur sichtbar geworden, man sieht sogar nichts anderes mehr: Die Welt, die man sieht, ist seine Welt. Das Spektakel präsentiert sich zudem als 'Gegenteil des Dialogs', als 'ununterbrochene Rede, die die gegenwärtige Ordnung über sich selbst hält, ihr lobender Monolog'. Die Folge dieser Entwicklungen ist eine Gesellschaft der Entfremdung, der totalitären Kontrolle und des passiven Konsums, der wiederum nur eine 'Pseudoantwort auf eine Mitteilung ohne Antwort' darstellt. Um dieser 'autonom gewordenen Bildwelt' zu entkommen und den Status eines passiv hinnehmenden Subjekts abzulegen, haben die Situationisten eigene künstlerische Techniken und Mittel entwickelt, eine eigene 'Sprache des Widerspruchs', welche einen Beitrag zur 'größtmöglichen emanzipatorischen Veränderung der Gesellschaft und des Lebens' leisten sollen. Damit wendete sich die Gruppe gegen die Autonomie der Kunst als eine vom gesellschaftlichen Leben getrennte Sphäre und setzte sich dafür ein, die künstlerische Praxis in die Praktiken des alltäglichen Lebens zu integrieren, womit eine Politisierung der Kunst einherging. Als Grundlage dieser kulturellen Praxis des Widerstands nennt Debord die 'Umkehrung der etablierten Beziehungen zwischen den Begriffen' und 'die Entwendung aller Errungenschaften der früheren Kritik', also das Plagiat, das seine Wirkung daraus zieht, dass es sich nahe an die Sprache des Verfassers hält, aber seine falsche Idee durch eine richtige ersetzt. Bei der praktischen Umsetzung dieser Stilmittel, in Form des situationistischen 'détournements' bzw. der Zweckentfremdung, geht es darum, den von Spektakeln besetzten Bildern und Umwelten neue Bedeutungen zu geben bzw. die ursprünglichen umzukehren oder aber gerade ihre Bedeutungsfreiheit zu einer allgemeinen Ideologiekritik zu nutzen. Dieses künstlerische Experimentieren mit vorgefundenem kulturellem Material fand zum einen seinen Ausdruck in manipulierten Comic-Sprechblasen, deren Inhalt durch gesellschaftskritisierende Aussagen ausgetauscht wurde. Zum anderen wurden Werbeplakate Ziel des Angriffs, indem ihr Erscheinungsbild minimal verändert wurde, sei es in Form von Untertiteln, Übermalungen oder Montage, mit dem Anspruch das Bild der Werbung als Illusion und Spektakel zu enthüllen. Daneben existierte das Konzept der Konstruktion von Situationen, die inmitten der täglichen Monotonie temporäre Freiräume eröffnen sollten. Situationen bzw. 'ideologische Aktionen' sind Aufforderungen zur kreativen, spielerischen (Um-)Gestal-tung des Alltags, wobei der städtische bzw. öffentliche Raum als Aktionsfeld in den Mittelpunkt rückt. So reagierten die Situationisten mit der Praktik des Umherschweifens, dem 'dérive', auf den durch das Spektakel ausgelösten spürbaren Verlust von Stadtraum zum unmittelbaren (Er-)Leben.
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