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E-Book

Denken wie ein Philosoph

Eine Anleitung in sieben Tagen

AutorGerhard Ernst
VerlagPantheon
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641090784
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
In sieben Tagen Philosoph
Populäre Bücher über Philosophie gibt es viele, wobei die meisten schon darin irreführend angelegt sind, dass sie die Philosophie als das Äußern von Meinungen darstellen, wo es doch um den Austausch von Argumenten geht. Das Buch des Philosophieprofessors Gerhard Ernst verwechselt Philosophie nicht mit Weltanschauung und ermöglicht so dem interessierten Leser eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Philosophie. Und das alles in nur einer Woche.

Gerhard Ernst, geb. 1971, studierte Physik und Philosophie in München. Nach seiner Professur in Stuttgart ist er seit 2012 Inhaber des Lehrstuhls I für Philosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg. Ernst wurde mit dem Wolfgang-Stegmüller-Preis der Gesellschaft für analytische Philosophie ausgezeichnet und war von 2005-2010 Mitglied der Jungen Akademie. Er ist Autor zahlreicher Fachpublikationen, v.a. zur Erkenntnistheorie und zu den Grundlagen der Ethik, u.a. 'Das Problem des Wissens' (2002) und 'Einführung in die Erkenntnistheorie' (2007, 2009, 2011).

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Leseprobe

MONTAG


Wie soll ich leben?


Der Leser und was ihn erwartet


Leser Tolle weiße Wände haben Sie hier!

Philosoph Schön, nicht? Alles aus Elfenbein.

L. Nicht schlecht. Und eine klasse Aussicht hat man. Wird einem fast ein bisschen schwindlig, wenn man die Welt von hier oben betrachtet.

Ph. Das gibt sich mit der Zeit. Sie werden sehen: Nach ein paar Tagen haben Sie sich daran gewöhnt, über die ganze Erde zu schauen.

L. Ist das hier eigentlich die oberste Etage?

Ph. Ganz im Gegenteil: die unterste. Das ist bei Elfenbeintürmen so, dass schon das Erdgeschoss ziemlich hoch oben ist. Aber es gibt noch viel höhere Etagen.

L. Und Sie wohnen ganz oben?

Ph. Nein, gar nicht. Mein Zimmer ist gerade mal ein Stockwerk höher.

L. Wie bin ich eigentlich hierhergekommen?

Ph. Auf dem üblichen Weg: Sie haben ein Buch über Philosophie aufgeschlagen! Und wo Sie nun schon einmal da sind, hoffe ich natürlich, dass Sie meine Einladung annehmen.

L. Wozu wollen Sie mich denn einladen?

Ph. Ich lade Sie dazu ein, eine Woche lang mit mir zu philosophieren.

L. Das trifft sich gut. Es hat mich schon immer interessiert, um was es in der Philosophie eigentlich geht. Aber das können Sie sich vermutlich denken. Ich hätte dieses Buch sonst ja gar nicht erst in die Hand genommen.

Ph. Ja, ich gehe davon aus, dass Sie sich für Philosophie interessieren. Aber können Sie mir nicht ein bisschen mehr über sich verraten?

L. Das geht leider nicht. Aber vielleicht können Sie mir sagen, wen Sie sich als Gesprächspartner vorstellen.

Ph. Oh, da gibt es viele Möglichkeiten.

L. Zum Beispiel?

Ph. Vielleicht sind Sie eine Gymnasiastin, die sich fragt, ob sie Philosophie studieren soll. Oder Sie sind ein pensionierter Englischlehrer, der sich überlegt, ob es ihm nicht Spaß machen würde, sich genauer mit Philosophie zu befassen.

L. Das könnte sein.

Ph. Vielleicht sind Sie auch eine Physikerin, die das Gefühl nicht loswird, dass ihr Fach eine tiefe Verbindung zur Philosophie aufweist, und die gerne einmal etwas genauer wissen würde, was es heißt, wie ein Philosoph zu denken. Oder Sie sind ein Psychologe, dem es so ähnlich ergeht.

L. Gut möglich.

Ph. Sie könnten aber auch eine Menschenrechtsaktivistin sein, der unklar ist, ob die Philosophie Munition für ihren Kampf bereithält. Oder ein Politiker, der sich fragt, ob ihm die Philosophie helfen kann, sich mehr Klarheit über die Grundlagen seiner Politik zu verschaffen. Wie gesagt, ich kann mir viel vorstellen.

L. Und wenn ich einfach ein Mensch auf der Suche nach dem Sinn des Lebens bin, der sich fragt, ob er diesen in den Büchern der Philosophen finden kann?

Ph. Dann soll es mir auch recht sein. Ich werde jedenfalls davon ausgehen, dass Sie bisher von Philosophie wenig oder nichts wissen, aber ernsthaft etwas darüber erfahren wollen: über die Philosophie selbst.

L. Was meinen Sie mit »die Philosophie selbst«?

Ph. Ich meine damit, dass ich gerne wirklich mit Ihnen philosophieren möchte. Ich will Ihnen einen echten Einblick in einige philosophische Überlegungen geben, nicht einfach nur ein paar Anekdoten über bekannte Philosophen erzählen oder bloß berichten, dass der eine Philosoph dies, der andere das gesagt hat. Ich möchte Ihnen vielmehr helfen, besser zu verstehen, was es heißt, wie ein Philosoph zu denken, indem ich Sie eine Woche lang dazu anleite, selbst über philosophische Fragen nachzudenken.

L. Hört sich gut an. Aber geht das überhaupt?

Ph. Das glaube ich schon. Eine Woche Philosophie kann natürlich kein Philosophiestudium ersetzen, aber man kann sich doch einen ersten Eindruck darüber verschaffen, mit welchen Themen sich die Philosophie beschäftigt und wie sie es tut, so dass man sieht, ob man sich genauer damit befassen möchte.

L. Und wie fangen wir an?

Ph. Am besten mit den philosophischen Fragen, die Ihnen am wichtigsten sind, und dann schauen wir, wohin unsere Unterhaltung uns führt.

L. Kommen wir dann nicht recht durcheinander?

Ph. Keine Sorge, ich werde darauf achten, dass unser Gespräch auf Kurs bleibt und wir im Lauf der Woche zumindest die wichtigsten Fragen der Philosophie einmal ansprechen. Aber vielleicht ist es auch nützlich, wenn wir uns zwischendurch immer mal ein paar Notizen machen, um die Übersicht zu bewahren.

L. Das ist eine gute Idee. Ich will ja nach unserem Gespräch auch etwas mit nach Hause nehmen. Machen wir doch gleich mal eine kleine Notiz.

 

Erste Gesprächsnotiz

Dies ist ein Buch für alle, die wissen wollen, was es heißt, wie ein Philosoph zu denken, und die es selbst gerne einmal versuchen möchten. Es setzt keine Vorkenntnisse voraus, sondern lediglich die Bereitschaft, sich auf ein philosophisches Gespräch einzulassen und philosophischen Argumenten zu folgen. Demjenigen, der das undeutliche Gefühl hat, Philosophie könnte für ihn von Interesse sein, soll bei der Beantwortung der Frage geholfen werden, ob es sich für ihn lohnt, sich genauer mit Philosophie zu beschäftigen. Dazu wird ein erster Einblick in die wichtigsten Themen und die Vorgehensweise der Philosophie gegeben.

Die Frage nach dem Sinn des Lebens


Ph. Mit welcher philosophischen Frage möchten Sie denn gerne beginnen?

L. Darf ich gleich in die Vollen gehen?

Ph. Warum nicht?

L. Also gut: Was ist der Sinn des Lebens? Das ist doch eine philosophische Frage, oder?

Ph. Auf jeden Fall! Man kann die Frage allerdings in zweierlei Weise verstehen: Einerseits ist die Frage nach dem Sinn des Lebens doch nichts anderes als die Frage danach, was man mit seinem Leben anfangen sollte, anders gesagt: worin ein gutes Leben besteht. Andererseits zielt die Frage aber auch darauf, ob das Leben überhaupt einen Sinn hat – obwohl es doch endlich ist.

L. Ich habe hauptsächlich an Letzteres gedacht. In ein paar Jahren bin ich nicht mehr da, und bald schon wird auch keiner mehr an mich denken, und überhaupt stürzt irgendwann die Erde in die Sonne und alles Leben ist beendet. Da fragt man sich doch schon: Wozu das alles?

Ph. Das fragt man sich tatsächlich. Und vermutlich gehört es zum Menschsein selbst dazu, sich diese Frage zu stellen. Wir wissen, dass wir sterblich sind, und deshalb betrachten wir unser Leben als Ganzes und fragen nach seinem Sinn.

L. Und die Antwort?

Ph. Wie Sie sich denken können, ist es ziemlich schwer, eine gute Antwort auf diese Frage zu finden. Vielleicht könnte man aber drei Antwortstrategien unterscheiden. Die grundlegende Überlegung sieht doch so aus:

  • (1) Das Leben ist endlich.
  • (2) Wenn das Leben endlich ist, dann hat es keinen Sinn.
  • (3) Also hat es keinen Sinn.

Da der Schluss gültig ist, muss man entweder mindestens eine der Prämissen, (1) oder (2), bestreiten oder aber die Konklusion (3) akzeptieren.

L. Wie könnte man bestreiten, dass das Leben endlich ist?

Ph. Dass der Körper stirbt, kann man schwer bestreiten, aber manche Philosophen haben versucht, für die Unsterblichkeit der Seele zu argumentieren.

L. Soll das dann heißen, wir bekommen nach unserem Tod den Lohn für unsere Taten, und darin liegt der Sinn des Lebens?

Ph. So oder so ähnlich. Wobei Sie sich vorstellen können, dass man gerade für die Vorstellung der späten Abrechnung schwer irgendwelche Argumente finden kann. Das ist mehr eine Hoffnung, die viele haben: dass die Guten ihren Lohn und die Bösen ihre Strafe bekommen – wenn schon nicht in dieser Welt, dann jedenfalls in der nächsten.

L. Das wäre tatsächlich tröstlich – außer natürlich, man gehört...

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