Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Judaistik, Note: 2,0, Freie Universität Berlin (Institut für Judaistik), Veranstaltung: Proseminar, 13 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Ein großer Teil jüdischer Theodizee-Entwürfe nach Auschwitz knüpft an traditionelle Denkmuster und bibelgeschichtliche Sinnmodelle an, deutet das Leiden als Prüfung auf Liebe, Gerechtigkeit oder Gehorsam, wie in der Geschichte Hiobs oder des Sohnesopfers des Abraham.
Eine sehr radikale und entgegen gesetzte Antwort auf die Theodizee-Frage nach Auschwitz ist, dass es unmöglich erscheint, von einem gnädigen Gott der Bibel zu sprechen. Gott, der vollkommen, allmächtig und barmherzig sein soll, fügt seinem angeblich 'auserwählten Volk' dennoch die Schoah zu. Dementsprechend spricht der Rabbiner Richard L. Rubenstein von einer jüdischen Tod-Gottes-Theologie. Eine totale Absage an den jüdischen Gott angesichts der Katastrophe von Auschwitz. Er geht sogar so weit, zu sagen, dass Gott Adolf Hitler gesendet hat, um das europäische Judentum auszurotten. Es cheint deshalb geradezu anstößig, von einem liebenden Gott zu sprechen. Für ihn gab es folglich nur zwei Möglichkeiten: Entweder es existiert ein 'sadistischer und launischer Gott', oder aber Gott existiert nicht, denn ein allmächtiger und gerechter Gott ließe so etwas nicht zu. Doch ginge man davon aus, dass es Gott nicht gibt, wäre ausschließlich der Mensch Täter!
In der vorliegenden Arbeit soll die Relevanz des Theodizee-Problems in dem Gedicht el male rachamim von Yehuda Amichai untersucht werden. Der Autor hat viel Elend gesehen und den Judenhass am eigenen Leib zu spüren bekommen. Er erlebte viele Kriege und sah viele Menschen sterben. Es liegt nahe und ist verständlich, dass Amichai seinen Glauben an Gott hinterfragt und das, was er glaubt zu reflektieren versucht. Wie kann er noch an einen gütigen und gnädigen Gott glauben? Wenn Gott Leid zulässt und es nicht verhindert, dann kann er nicht allmächtig und gut sein. Dies würde dem Vollkommenheitsbegriff, den man von Gott hat, widersprechen.
Anhand Amichais Gedichts werde ich aufzeigen, dass Amichai sich mit dem Theodizeeproblem beschäftigt. Ist das Gedicht eine radikale Absage Amichais an den Gott der jüdischen Glaubnestradition angesichts der Leiden in der Welt? Oder ist es gar so, dass der Autor dennoch an die Gnade Gottes glaubt?
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