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Die Rolle der Kultur in deutsch-französischen Wirtschaftskooperationen

AutorNadine Freiberg
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl89 Seiten
ISBN9783638507660
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 1,7, Universität Mannheim, 192 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Da in Zukunft die interkulturelle Zusammenarbeit von zunehmender Bedeutung sein wird, soll in dieser Arbeit die Rolle der Kultur näher beleuchtet werden, wobei hier exemplarisch die Zusammenarbeit von Deutschen und Franzosen in deutschfranzösischen Joint Ventures (JV) behandelt wird. Die Rolle der Kultur in deutsch-französischen Wirtschaftskooperationen Im folgenden zweiten Kapitel sollen zunächst einige theoretische Grundlagen vorgestellt werden. Dafür ist es notwendig, sich mit den Begriffen des Internationalen Joint Ventures (IJV) und der Kultur auseinander zu setzen, um sich danach mit der Interkulturellen Managementforschung beschäftigen zu können. Das Kapitel schließt mit der Erläuterung dreier bekannter Ansätze des Interkulturellen Managements ab, um dem Leser eine Grundidee von der Thematik zu geben. Kapitel 3 widmet sich beispielhaft zwei deutsch-französischen JV: zum einen dem Europäischen Kulturkanal ASSOCIATION RELATIVE À LA TÉLÉVISION (ARTE) und zum anderen dem Hubschrauberproduzent EUROCOPTER. Die Problematik von ARTE und EUROCOPTER ist deshalb relevant, weil beide schon seit über zehn Jahren bestehen und damit zu den erfolgreicheren Unternehmensverbindungen zählen. Hierbei gilt es jeweils, die Unterschiede zwischen den aufeinander treffenden Kulturen herauszukehren. Diesbezüglich geht es jedoch weniger um eine bloße Beschreibung der Kulturen. Im Mittelpunkt steht vielmehr deren Konflikt- bzw. Synergiepotenzial: Es gilt zu entdecken, welche Unterschiede Konfliktpunkte darstellen und daher einer deutschfranzösischen Zusammenarbeit eher hinderlich sein können, und inwiefern diese Unterschiede möglicherweise Synergien darstellen. Des Weiteren wird jeweils analysiert, wie das jeweilige JV mit den Unterschieden umgeht, d.h. wie und ob es seine kulturellen Konflikte zu bewältigen versucht und die sich daraus ergebenden Chancen für sich zu nutzen versteht. Diese Betrachtung soll Aufschluss über die deutschfranzösische 'Interkultur' geben, d.h. über die neue dritte Kultur, die sich aus dem kontinuierlichen Austausch zwischen deutscher und französischer Kultur ergibt. Im vierten und letzten Kapitel sollen die Schlussfolgerungen aus der Darstellung gezogen werden. Das Kapitel schließt ab mit Empfehlungen für die zukünftige Interkulturelle Managementforschung.

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Leseprobe

3 Beispiele ‚erfolgreicher’ deutsch-französischer Joint Ventures


 


3.1 Der Europäische Kulturkanal ARTE


 


3.1.1 Historischer Hintergrund von ARTE


 

ARTE sieht sich selbst als europäischen Kulturkanal. Die Idee eines europäischen Kulturfernsehens selbst ist nicht neu, sondern wurde bereits mit dem Sender Europa-TV realisiert, [181] nachdem die zunehmende Verkabelung und Satellitenübertragung es dem Fernsehen ermöglichte, nationale Grenzen zu überschreiten.[182] Europa-TV war somit der unmittelbare Vorläufer von ARTE[183], musste jedoch aufgrund mangelnder finanzieller und politischer Unterstützung sowie bedingter Kooperationsbereitschaft und fehlendem Engagement der Trägeranstalten im Jahre 1986 nach nur einjähriger Laufzeit eingestellt werden.[184] Das Vorhaben eines europäischen Vollprogramms konnte überdies – gerade aufgrund der kulturellen Komplexität in Europa – keine breite europäische Zuhörerschaft erreichen.[185] Für ARTE lag somit die einzige Möglichkeit im Spartenprogramm, d.h. entweder im Bereich Sport, Unterhaltung, Information oder Kultur.[186] ARTE lässt sich diesbezüglich in den letzten beiden Bereichen ansiedeln.[187]

 

Entstanden ist ARTE nicht aus unternehmenspolitischen Interessen, sondern aus einer politischen Initiative heraus: ARTE ist ein „Kind der Politik[188]. Bereits 1984 und früher bemühten sich die französische und die deutsche Seite um einen gemeinsamen Kulturkanal, um die europäische Einigung kulturell zu fördern und um eine gemeinsame Technologiepolitik voranzubringen,[189]  wobei jedoch das letztere Vorhaben scheiterte.[190] Doch bevor die konkreten Verhandlungen über eine deutsch-französische Zusammenarbeit auf dem kulturellen Fernsehsektor begannen, gründete Frankreich bereits am 27. Februar 1986 seinen eigenen öffentlich-rechtlichen Kulturkanal SOCIÉTÉ D’ÉDITION DE PROGRAMMES DE TÉLÉVISION (LA SEPT) mit Sitz in Paris.[191] Im Jahre 1987 wurden endlich die Verhandlungen aufgenommen. Verhandlungspartner waren auf französischer Seite der französische Staat mit seinem Sender LA SEPT und auf deutscher Seite die Bundesländer mit den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF. Bis die beiden Seiten sich aber einigen konnten, waren die Verhandlungen von zahlreichen Auseinandersetzungen und einem zähen Ringen um Machtpositionen gekennzeichnet. So bot die französische Seite z.B. eine Minderheitenbeteiligung an LA SEPT an,  wurde aber von den Deutschen, die auf eine paritätische Neugründung des Senders drängten, abgewiesen.[192] Ebenso nahmen ARD und ZDF nach anfänglicher Zustimmung den Sender als ‚verordnetes Kulturprogramm’ eher zurückhaltend auf. Dass sie sich schließlich doch beteiligten, hatte v.a. medienpolitische Gründe wie z.B. die Zweitverwertung ihrer Eigenproduktionen.[193] Als ausschlaggebend für die Teilnahme von ARD und ZDF an ARTE erwies sich jedoch eine politisch bewilligte Gebührenerhöhung.[194]

 

Die Grundlage für den europäischen Kulturkanal ARTE bildete der zwischenstaatliche Vertrag. Damit setzten sich die deutschen Bundesländer durch, dem Projekt als gleichberechtigte Partner beizutreten. Der Vertrag wurde am 2. Oktober 1990 auf der einen Seite vom französischen Kulturminister und auf der anderen von den deutschen Ministerpräsidenten der alten Bundesländer unterzeichnet, womit den neuen Bundesländern jeglicher Einfluss genommen wurde.

 

Am 13. März 1991 gründeten ARD und ZDF in Baden-Baden die gemeinsame Gesellschaft ARTE DEUTSCHLAND TV GmbH. Der Vertrag vom 30. April 1991 zwischen ARTE DEUTSCHLAND und LA SEPT gründete die Zentrale ARTE Groupement Européen d’Interêt Économique (GEIE) mit Sitz in Straßburg. Am 30. Mai 1992, also erst fünf Jahre nach Aufnahme der Verhandlungen, nahm ARTE den Programmbetrieb  als Europäischer Fernsehkulturkanal auf.[195]

 

Im Folgenden wird auf einige kulturelle Aspekte eingegangen, die bei ARTE immer wieder für ein Konfliktpotenzial sorgten.

 

3.1.2 ARTE im Spannungsfeld französischer und deutscher Kultur


 


3.1.2.1 ‚culture cultivée’ vs. ‚Kultur’

 

Im Mittelpunkt der Sendung von ARTE steht – wie die Abkürzung des künstlich fab-rizierten Titels ‚ASSOCIATION RELATIVE À LA TÉLÉVISION’ bereits andeutet[196] – die Vermittlung von Kultur und die Förderung einer europäischen kulturellen Identität.[197] Jedoch herrschte in Frankreich und Deutschland von Beginn an ein völlig unterschiedliches Verständnis vom Kulturbegriff. Dies bedeutete auch, dass die beiden Länder in ihrer Auffassung über die Aufgabe des Senders abwichen:

 

Da in Frankreich ein hohes Sendungsbewusstsein herrscht,[198] neigt man dazu, ARTE in die auswärtige Kulturpolitik zu integrieren.[199] Für die französische Seite besteht die Aufgabe des Senders somit in der Vermittlung des ‚kulturellen Erbes’. In Deutschland hingegen hat dieser Begriff durch den Missbrauch in der Zeit Hitlers einen eher negativen Beigeschmack und wurde seitdem weitestgehend vermieden.[200] ARTE soll dementsprechend nach deutschem Verständnis den Dialog zwischen den verschiedenen Kulturen fördern.

 

Diese unterschiedliche Einstellung gegenüber dem ‚kulturellen Erbe’ äußert sich z.B. darin, dass französischen Journalisten sich eher affirmativ verhalten, wenn Themen das französische Nationalbewusstsein berühren wie z.B. die Atomwaffenversuche oder den Euro. (Deutschland und Frankreich werden im Zusammenhang mit der europäischen Einigung und dem ‚deutsch-französischen Motor’ oft mit dem Begriffspaar ‚Harte Währung, Harte Waffen’ in Zusammenhang gebracht. Damit ist der Stolz der Franzosen auf ihre Technologie und der Stolz der Deutschen auf die Stabilität ihrer DM angesichts der Nachkriegszeit gemeint.) Die deutschen Journalisten hingegen neigen zu einer kritischen Haltung gegenüber das eigene Land.[201]

 

Zudem geht die französische Seite von einem klassischen Kulturbegriff der ‚kultivierten Kultur’ aus. Danach gehören in ein Kulturprogramm Dokumentationen, Konzerte, Theater- und Tanzaufführungen sowie anspruchsvolle Filme.[202] Das deutsche Kulturprogramm dagegen vertritt einen erweiterten Kulturbegriff im Sinne von alltags- und massenkulturellen Angeboten.[203] Dies beinhaltet außer kunstkulturellen Angeboten auch die Ausstrahlung von Nachrichten, unterhaltende Spielfilme und Fernsehshows.[204] Ein solches Verständnis wurde z.B. bei den deutschen Kulturprogrammen 3SAT (ARD)[205] und EINS PLUS (ZDF, ORF, SRG) zugrunde gelegt,[206] wobei EINS PLUS jedoch 1993 nach sechsjähriger Sendezeit eingestellt wurde.[207]

 

Nach einigen Schwierigkeiten einigte man sich schließlich für das Programm von ARTE auf eine erweitere Deutung des Kulturbegriffs, die auch alltagskulturelle Elemente einbezog.[208] Da aber die französische Seite dieser Entwicklung trotzdem nicht folgte[209], kam es des Öfteren innerhalb von ARTE zu Auseinandersetzungen zwischen deutschen und französischen Mitarbeitern.[210] Die Auseinandersetzungen um die Deutung des Kulturbegriffs belastete die Zusammenarbeit derart, dass die französische Seite schon einige Monate nach Sendestart vorschlug, die Angebote von Frankreich und Deutschland zeitweise auseinander zu schalten und nationale Fernsehprogramme zu senden.[211] Man kam schließlich doch noch überein und schon kurze Zeit später entstand ein Kulturprogramm mit einem leicht erhöhten Unterhaltungsanteil.[212] Diese Darstellung zeigt, wie schwierig es ist, in einem IJV ein stabiles Gleichgewicht zu erhalten, wenn die Zielvorstellungen voneinander abweichen[213] und Partner nach dem kulturellen Dominanzmodell ihre eigenen Ansichten durchzusetzen versuchen.

 

3.1.2.2 Zentrale vs. dezentrale Medienstruktur

 

Ein weiterer deutsch-französischer Gegensatz zeigt sich, wenn man die Mediensysteme der beiden Länder betrachtet. Während die französische Gesellschaft seit jeher zentral organisiert ist,[214] und alle nationalen Medien sich ebenso wie die nationale Politik und Wirtschaft in Paris befinden sowie Teil der nationalen...

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