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Eine neosoziale Zukunft

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl242 Seiten
ISBN9783531919324
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Der Sozial- und Bildungsstaat ist an seine Grenzen gestoßen - Grenzen der Belastungen, Grenzen der Umverteilung und Grenzen der Wirksamkeit. Seine Ziele sind dennoch jung und frisch wie bei seiner Geburt, denn die Menschen brauchen unverändert Absicherung gegen die großen Lebensrisiken. Neosoziale Reformen, die auch die ungewollten negativen Nebenwirkungen und die Einbettung des Sozialstaats in Märkte systematisch einkalkulieren, müssen den lähmenden Problemstau - bei Arbeitslosigkeit, unzureichenden Aufstiegschancen für Kinder aus Unterschichten oder Unterausbildung - durch wirksamere Politik abarbeiten, damit nicht neue Krisen zu brutalen Lehrmeistern werden. Solidarität bleibt kostbar, aber auch immer knapp. Eine Lobbykratie - seit langem zu stark geworden - hat viel zu viel Herumverteilung ohne soziale Ergebnisse hervorgebracht und diskreditiert den Sozialstaat. Gerade deshalb muss Arbeit wieder knapper werden. Effektivere Märkte und ein intelligenterer Bildungs- und Sozialstaat werden weniger Ungleichheit hervorrufen und damit die Abhängigkeit von Sozialtransfers senken.

Ulrich Pfeiffer ist Geschäftsführer der empirica in Bonn.

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Leseprobe
XIII. Für die Stadt von morgen – Kommune 2030 (S. 206-207)

Rolf Böhme


Gemeinden sind wichtiger als der Staat
Theodor Heuß

1 Die Aufgabe


Die globale Finanzkrise zwingt den Staat zu milliardenschweren Staatsprogrammen, Steuererleichterungen und Garantien für gefährdete Banken und Unternehmen. Die Staatsverschuldung wird auf eine Rekordmarke des BIP ansteigen. Dennoch wird in breitem Konsens von Politik und Wirtschaft diese Schuldenlast akzeptiert, um Massenarbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden. Die Finanzkrise trifft allerdings auf eine Bundesrepublik, die bereits vor der jetzigen internationalen Lage mit erheblichen inneren und eigenen Strukturschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Die Kontroversen um die Agenda 2010 der rot-grünen Bundesregierung haben einen Teil der Probleme deutlich gemacht. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit der kommunalen Selbstverwaltung. Auch hier sind schwerwiegende Strukturveränderungen zu beobachten. Diese werden meistens an der chronischen Finanznot der Städte und Gemeinden festgemacht.

Deshalb wurde 2005 die Gewerbesteuer zur Stärkung und Stabilisierung ihres Aufkommens modifiziert. Bei den sozialen Ausgaben wurden die Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe im sogenannten Hartz-IV-Gesetz zum Arbeitslosengeld II zusammengefasst. Dadurch gelang eine qualitative Verbesserung der Gemeindefinanzen, die zusammen mit den starken Konjunkturjahren 2006-2008 auch zu guten Finanzergebnissen führte. Aber die Strukturfragen zur Gewerbesteuer sind geblieben und die Grundsteuer als zweite – viel zu schwache – Säule der Gemeindesteuern wurde überhaupt nicht behandelt und blieb völlig unverändert.

Auch die Entlastung im Sozialbereich durch das Arbeitslosengeld II ist nur teilweise gelungen und schuf keinen ausreichenden Ausgleich für die jahrelange Aufgaben- und Lastenübertragung des Bundes und der Länder auf die Kommunen. Vor allem wurden in der Sozial- und Jugendhilfe immer neue und mehr Aufgaben übertragen, ohne für ausreichenden Finanzausgleich zu sorgen. Dem drastischen Anstieg der kommunalen Soziallasten um rund 10 Mrd. € in den Jahren 1992-2004 stand ein beispielloser Verfall kommunaler Investitionen gegenüber.

Die Kommunen mussten ihre Investitionen in diesem Zeitraum um 60 % reduzieren (in Zahlen: um 14 Mrd. € auf weniger als 20 Mrd. €). Diese Entwicklung war negativ für die Städte und Gemeinden, weil sie zu einem Investitionsstau bei Schulen, Straßen und anderen Einrichtungen der Infrastruktur und Daseinsvorsorge führte (vgl. Presseerklärung Deutscher Städtetag 27.6.2005: Zehn Forderungen für eine zukunftsfähige Stadtpolitik). Die Wurzeln dieser finanziellen Auszehrung beruhen auf strukturellen Defiziten und langfristigen Fehlentwicklungen der kommunalen Selbstverwaltung. Es kommt darauf an, Denkanstöße zur Überwindung zu geben.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
Vorwort des Herausgebers7
Einleitung des Herausgebers10
1 Nach der Krise10
2 Vernachlässigte Einbettungen12
3 Soziale Marktwirtschaft13
4 Abgrenzungen und Kritik konkurrierender Konzepte14
4.1 Von der sozialen Marktwirtschaft des Wettbewerbs zur Übermacht der sozial gemeinten Marktinterventionen14
4.2 Neoliberale Konzepte16
4.3 Neosozialistische Konzepte17
5 Neosoziale Positionen18
5.1 Bürger und neosozialer Staat – sozialer handelnde Bürger18
5.2 Ziele erweitern, effektiver sichern und verwirklichen19
5.3 Optimale Ungleichheit19
5.4 Mehr Äquivalenz, Zurechnung und Transparenz20
5.5 Mehrdimensionale Bemühungen um mehr Gleichheit21
5.6 Lokalisierung21
6 Solidarität bleibt knapp21
Ein inhaltlicher Überblick24
I. Zur Krise und Zukunft der Demokratie30
II. Sozialstaat und Wirtschaftsentwicklung46
1 Zur Evolution des Sozialstaats – Fundamente und Trends46
1.1 Schlaglichter46
1.2 Entwicklungsbedingungen und Erscheinungsformen des Sozialstaats47
2 Zur Zukunft des Sozial- und Bildungsstaats52
2.1 Die Themen52
2.2 Mehrdimensionale Benachteiligungen52
2.3 Sinkende Handlungsmöglichkeiten bei steigenden Ansprüchen53
2.4 Besser funktionierende Märkte zur Entlastung des Sozialstaats54
2.5 Eine wirksame Verteilungs- und Anerkennungspolitik56
3 Ein effektiverer Staat56
III. Sicherheit und Anerkennung – Der Sozialstaat an den Grenzen der Umverteilung61
1 Ausdruck einer Idee von Staat und Gesellschaft61
2 Demokratie, Nachhaltigkeit, Anerkennung62
3 Den Sozialstaat auf eine breitere Grundlage stellen65
4 Sozialstaat, Wohlfahrtsgesellschaft und die Politik der Anerkennung66
5 Der Wandel der Gesellschaft und was er bedeutet für eine Politik der Anerkennung69
IV. Die Finanzierung des Sozialstaats bei alternder Bevölkerung72
1 Zehn Thesen vorab72
2 Der Sozialstaat und die Sprengkraft der Alterung74
2.1 Zur Demographie und dem Mangel an Nachhaltigkeit74
2.2 Zum Anspruchsdenken77
2.3 Zur politischen Ökonomie des Sozialstaats79
3 Eine neosoziale Finanzierung des Sozialstaats80
3.1 Zur intelligenten Finanzierung von Sozialleistungen80
3.2 Zum Kürzungspotenzial in den Sozialversicherungen83
3.3 Zur Generationengerechtigkeit von Reformen84
V. Gesundheitssystem: Modell Schweiz – Vorbild oder Irrweg?86
1 Kopfprämie oder Bürgerversicherung – der Streit um das bessere System86
2 Wie ist das Gesundheitssystem der Schweiz organisiert?86
3 Eine Beurteilung seiner Stärken und Schwächen89
4 Zur Übertragbarkeit auf Deutschland93
VI. Ein anderer Fiskus97
VII. Soziale Verantwortung am Arbeitsmarkt*118
1 Die Arbeit geht uns nicht aus118
2 Arbeitslosigkeit: Resultat einer unsozialen Grundsicherung120
3 Arm trotz Arbeit?123
4 Die richtigen Erwerbsanreize setzen125
5 Das Workfare-Konzept126
6 Was ist soziale Gerechtigkeit?129
7 Verbleibender Reformbedarf132
8 Fazit134
IX. Familienpolitik – weniger Ungleichheit, mehr Geburten149
1 Familien heute149
2 Armut an Geburten – Die sichtbarste Krise der Familie149
3 Eine rationale Familienpolitik152
3.1 Einige Grundsätze152
3.2 Familienpolitik als Sozialpolitik für Kinder unzureichend – wichtige Erweiterungen und ihre Grenzen154
4 Überlegungen zur Weiterentwicklung der Familienpolitik157
4.1 Unterschiede in der Häufigkeit der Kinderzahl als Ausgangspunkt für familienpolitische Überlegungen157
4.2 Eine speziellere Familienpolitik für große Familien?160
4.3 Vereinbarkeit von Ausbildung und Familie erhöhen162
5 Familie und Schule163
6 Zur Rolle von Männern und Frauen in der Familie164
XI. Eine gute Schule179
1 Bildungssystem in der Krise?179
2 Eine gute Schule – ein Gespräch zwischen Gisela Schultebraucks-Burgkart und Ulrich Pfeiffer180
XII. Klimapolitik: Auf der Suche nach globaler Wirksamkeit191
1 Kein Zweifel an der Klimaänderung – aber noch keine weltweit wirksame Strategie191
2 Klimaschutz muss effizienter werden193
3 Egoistische Länder und erlösmaximierende Anbieter von Kohlenstoffenergien – eine Konstellation für unwirksamen Klimaschutz197
4 Weltweites Nachfragemonopol oder Kauf von Lagerstätten, um Öl in der Erde zu lassen?200
5 Die absolute Priorität: Preiswerte saubere Energien entwickeln202
XIII. Für die Stadt von morgen – Kommune 2030205
1 Die Aufgabe205
2 Eckpunkte für eine Kommune 2030: Stärkung der Selbstverwaltung durch Einforderung des Subsidiaritätsprinzips und Revitalisierung der lokalen Demokratie in Städten und Regionen206
2.1 Grenzen der Europäisierung der kommunalen Selbstverwaltung206
2.2 Keine weitere Verstaatlichung der kommunalen Selbstverwaltung, sondern Stärkung ihrer Rolle durch Beteiligung an der Gesetzgebung und durch strikte Geltung der Konnexität208
2.3 Die Zukunft der Stadt ist die Region – Regionalisierung der Kommunalpolitik210
2.4 Mehr Selbstverwaltung wagen212
2.5 Kommunale Selbstverwaltung – Wurzelwerk der Demokratie und Motor von Innovationen218
XIV. Demokratische Mehrheiten für neosoziale Politik – wie man die Paradoxie des Politischen dafür nutzen könnte220
I220
II221
III222
IV223
V225
VI226
VII226
VIII228
IX229
X231
Verzeichnis der Autoren233
Schlagwortregister237

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