HEILSAMES WIRKEN IM AHNENFELD

Dieses Buch zeigt einen Weg, das Ahnenfeld auf der per­sönlichen und damit immer auch auf der kollektiven Ebene von alten Verstrickungen und Belastungen zu befreien. Die ­Methoden dafür stammen aus der systemischen Aufstellungsarbeit und dem Schamanischen. Es gibt Bewusstwerdungsübungen, Fantasiereisen und Rituale. Dies alles bietet einen echten Energieschub für das eigene Leben. Denn steht man im Blick zurück anfangs einem wirren Durcheinander aus Biografien, Geschichten, Leid und Schicksal gegenüber, lichtet es sich nach und nach zu einem Feld aus Menschen der Vergangenheit und Gegenwart, die versuchten, das Beste aus dem zu machen, was das Leben ihnen gab. Verständnis entsteht, Frieden reift heran, Versöhnung und Dankbarkeit. Es wachsen Wurzeln, die Kraft dafür geben, tatsächlich das zu leben, wonach Herz und Seele rufen. Unterstützt von der Kraft der Vorfahren, die auf der seelischen Ebene immer nur das Beste für ihre Nachkommen wollen.

Auf der Basis dieser positiven Vision, die ich hier bewusst noch einmal wiederholt habe, tauchen wir nun in diesem zweiten Teil des Buches in die Tiefe. Dabei wird es ab und an unweigerlich etwas dunkel und unbequem werden, wenn wir die Gebiete betreten, die jahrzehntelang, vielleicht sogar jahrhundertelang gemieden wurden. Doch die eben beschriebene Vision leuchtet uns auch durch diese Untiefen hindurch den Weg. Mit ihr wissen wir, dass uns dieser Weg zu Heilung und Aussöhnung führen wird und dass es wichtig ist, dass er begangen wird.

Der Begriff der Felder

Im Buch »Großstadtschamanismus. Wie wir zu uns finden, wenn die Welt sich immer schneller dreht« habe ich gemeinsam mit Franziska Muri recht genau herauszuarbeiten versucht, wie Energien und Felder wirken. Von Feldern wird heute ja sehr häufig gesprochen, wenn man unterschwellig wirkende Kräfte beschreiben möchte. Was aber ist genau damit gemeint? Wir hatten uns in unserem Buch zunächst auf die in der Natur wirkenden Grundenergien bezogen und dann untersucht, inwieweit sich das Wirken von Feldern und speziell Bewusstseinsfeldern auf Städte und moderne Lebensumfelder übertragen lässt. Die Überlegungen dazu basierten auf der schamanischen Erfahrung, die ich nicht zuletzt mit dem Thema Ahnen gemacht habe. Ganz wesentlich ist es nämlich für mich geworden, von einem »Ahnenfeld« zu sprechen.

Bleiben wir, um das genauer zu erklären, zunächst einmal bei der Natur: Sicher können Sie sich an Ausflüge erinnern, an Wanderungen durch Berglandschaften oder einen Wald, an Badetage am See oder am Meer, vielleicht an einen Urlaub in einem Nationalpark oder einfach einen Spaziergang im Park Ihrer Stadt. Sie haben die Umgebung dabei in einer speziellen Stimmung wahrnehmen können, von Landschaft zu Landschaft ganz unterschiedlich. Es ist vor allem diese Stimmung, die uns Menschen in der Natur auftanken lässt. Wir können dort frei durchatmen und – wie es viele nennen – wieder zu uns kommen. Oftmals werden wir inspiriert, es kommen uns gute Ideen, und wir fühlen uns am Ende kraftvoll und zugleich innerlich ruhiger.

Was wir erlebt haben, ist das Kraftfeld der Natur. Sogar ohne dass wir es uns während unseres Besuches dort bewusst machen, können wir in der Erinnerung beschreiben, wie dieses Stück Natur auf uns gewirkt hat: War es dort still, war es rau und wild, war es sanft und lieblich, spürten wir so etwas wie Heiligkeit? Wir können das wahrnehmen und vielleicht sogar benennen, sind also von Natur aus mit einem Sinn für die feineren Schwingungen einer Landschaft oder eines Ortes ausgestattet.

Die Wissenschaft geht seit einigen Jahrzehnten noch sehr viel tiefgehender auf das Wirken von Feldern ein. Insbesondere der Biologe Rupert Sheldrake steht mit seiner Theorie der morphogenetischen oder einfach morphischen Felder am Beginn einer faszinierenden Forschungsgeschichte. Er geht von nicht sichtbaren Energien aus, die die Basis und den Hintergrund von all dem ausmachen, was wir sehen und berühren können. Das Feld im Hintergrund bringt alle natürlichen Systeme hervor, Landschaften, Pflanzen, Tiere und uns Menschen.

Familiensysteme als wirksame Felder

Auch in Familiensystemen wirken solche Felder. Das können Sie auf die einfachste Weise nachvollziehen, wenn Sie sich beispielsweise an die Stimmung in Ihrem Elternhaus oder bei einer größeren Familienfeier erinnern. Ziehen Sie zum Vergleich die Stimmung im Hause einer Schulfreundin hinzu, merken Sie, dass das in dem jeweiligen System wirkende Feld individuelle Qualitäten zeigt. In der einen Familie geht es vielleicht streng und kühl zu, in der anderen leicht und heiter, in einer nächsten ruppig und rau, und eine weitere wirkt irgendwie verschlossen, als läge sehr viel Ungesagtes und Geheimgehaltenes in der Luft. Der Familientherapeut Albrecht Mahr, der ebenfalls systemisch arbeitet, prägte in einem solchen Zusammenhang den Begriff »wissende Felder«. Denn in diesen Stimmungen steckt noch sehr viel mehr: grundlegende Ideen vom Leben, Weltanschauungen, Glaubenssätze, all diese Dinge, die »man« so und nicht anders macht. Zugleich gibt es im Feld jedes Familiensystems das große Netz alter Geschichten: die vielen Schicksale, die diese Familie in ihrer weitläufigen Vergangenheit bisher erfahren hat und hat ertragen müssen. Sie alle formten nicht nur die einzelnen Menschen, sondern auch das Feld, die Grundstimmung, in der sie leben und die sie immer neu an ihre Kinder weitergeben.

Mit genau diesen Feldern und all den darin verborgenen Mustern wollen wir uns in diesem Teil des Buches beschäftigen. Es ist eine große Aufräumaktion, an deren Beginn die Bewusstwerdung steht: Was macht meine Familie eigentlich aus? Was kennzeichnet das Feld meiner Ahnen? Was lebt von meinen Ahnen ungünstig in mir fort und schränkt mich ein? Wo kann und sollte ich mir etwas bewusst machen und etwas in die richtige Ordnung zu bringen versuchen, damit das ­Ahnenfeld reiner und leichter wird? Damit ich meinen Weg kraftvoller weitergehen kann und mir die Ahnen sogar als Unterstützung dienen.

Die Dinge in Ordnung bringen

Die »richtige Ordnung« ist hierbei ein Schlüsselbegriff. Denn es gibt eine solche Ordnung, und es ist uns Menschen rein intuitiv klar, wann etwas »in Ordnung« ist und wann nicht. So empfinden wir es beispielsweise als »richtig«, wenn in einer Familie gegenseitige Wertschätzung herrscht. Wir empfinden es als in Ordnung, wenn Kinder in ihren individuellen Fähigkeiten wahrgenommen und geschätzt werden und wenn sie für einige Jahre liebevoll begleitet und dann losgelassen, in ihr eigenes Leben entlassen werden.

Wann immer auf mehr oder weniger grobe Weise gegen die natürliche Ordnung verstoßen wird, spüren wir das nicht nur, es hinterlässt auch Spuren im Feld des Familiensystems. Und da nun einmal nicht immer alles glatt läuft, ist insbesondere das Feld unserer Vorfahren voller Wirbel, Strudel und Knoten, die sich aus persönlichen Schicksalen und natürlich auch aus Kriegserfahrungen, die ganze Generationen betroffen haben, ergaben. Wird hier nicht ordnend eingegriffen, »vererben« sich die Folgen und die daraus entstandenen ungünstigen oder sogar lebensfeindlichen Muster von Gene­ration zu Generation immer weiter.

Um wieder die richtige Ordnung herzustellen, können wir natürlich nicht die Vergangenheit verändern. Aber wir gehen auf die Ebene des Feldes und der dort wirkenden Energien. Aus psychotherapeutischer ebenso wie aus schamanischer Sicht – und beide Anschauungen fließen in meiner Arbeit und somit auch in diesem Buch zusammen – setzt der Heilungsprozess ein, sobald ein Bewusstwerdungsprozess stattgefunden hat. Wenn Sie erkennen, wenn Sie genau erspüren und sich in der Tiefe von dem berühren lassen, was in Ihren Herkunftslinien nicht in Ordnung ist, dann können Sie es bewusst anerkennen. Damit ordnet es sich gewissermaßen in Ihnen bereits neu. Denn Sie wissen, wie es richtig sein könnte.

Darüber hinaus arbeiten wir – das haben Sie im ersten Teil des Buches bereits erlebt – mit Fantasiereisen und schamanischen Ritualen, die direkt an den im Feld teilweise unbewusst wirkenden Energieströmen ansetzen. Erfolgt dort eine Veränderung, wird also das energetische Feld gewandelt, dann bringt das getreu dem morphischen Feld, wie es Sheldrake beschreibt, auch andere Formen hervor. Die Muster im Kopf und im Herzen, Verhaltensweisen, das Miteinander, all das beginnt sich entsprechend der neuen Ordnung zu verändern. Und genau das ist Heilung.

Das Ahnenfeld

Die Gesamtheit unserer Vorfahren ist also ebenfalls ein Feld. Das lässt sich zunächst erst einmal ganz praktisch zeigen, wenn Sie sich Ihre Vorfahren als eine Art Stammbaum vorstellen beziehungsweise als horizontales Feld. Hinter jedem Menschen stehen sinnbildlich seine Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, deren Eltern und deren Großeltern und so weiter. Dazu alle weiteren Verwandten, insbesondere Geschwister, die dieses Feld dicht und breit werden lassen. Dieses Ahnenfeld eines jeden Einzelnen reicht weit in die Geschichte zurück und verflicht sich dort natürlich mit den Ahnenfeldern anderer Menschen – dies umso mehr, je weiter man zurückgeht. So bildet sich ein kollektives Feld der Ahnen.

Wenn Sie dieses Bild auf sich wirken lassen, all diese Menschen, Geschichten, Charaktere, Schicksale, die hinter Ihnen stehen, dann wird es Sie auch nicht verwundern, dass ein solches Feld tagtäglich auf Sie einwirkt. Es bestimmt ganz maßgeblich mit, wer Sie heute sind, wie Sie sich verhalten und welche Lebensumstände Ihnen begegnen. Wir alle sind nicht nur von dem geprägt, was wir in unserer Kindheit im direkten Umfeld erlebt haben. Wir sind auch ganz entscheidend davon beeinflusst, was sich im...