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Gewaltprävention in der Schule

Wege zu prosozialem Verhalten

AutorGustav Keller, Roland Bertet
VerlagHogrefe AG
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl125 Seiten
ISBN9783456949994
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR

Immer stärker wird der Alltag an unseren Schulen durch vielfältige Formen der Gewalt geprägt. Heutzutage ist es für Schulen deshalb unumgänglich, ein praktikables Konzept zur schulischen Gewaltprävention zu installieren. Der Schulpsychologe Gustav Keller und der Pädagoge und Schulleiter Roland Bertet bieten eine ebenso grundlegende wie praxisnahe Übersicht.

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Leseprobe
Ursachen

In den Humanund Sozialwissenschaften sind im Laufe der Zeit unterschiedliche Modelle und Theorien zur Erklärung von Aggression und Gewalt entstanden. Vor allem die Psychologie, Verhaltensbiologie und die Soziologie haben sich mit dem Phänomen intensiv beschäftigt. Die bekanntesten und relevantesten Erklärungsansätze werden im Folgenden dargestellt. Sie schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich.

Lerntheorie

Der Lernforscher Albert Bandura (1976) hat in zahlreichen Experimenten nachgewiesen, dass aggressives Verhalten wie anderes Verhalten erlernt wird, und zwar größtenteils durch Modell-Lernen. Mediale und reale Vorbilder motivieren Kinder zur Nachahmung. Aggressives Verhalten wird um so eher imitiert, je positiver die Konsequenzen für die Vorbildperson sind. Hat der Nachahmer bei der Ausführung des aggressiven Verhaltens Erfolg, indem er bewundert wird oder sich durchsetzt, wird es sehr wahrscheinlich in sein Verhaltensrepertoire übernommen. Einmal erfolgreich angeeignetes Aggressionsverhalten tendiert dazu, auf ähnliche Situationen übertragen zu werden.

Psychoanalyse
Aggression ist die Ableitung von Triebenergie über die Muskulatur auf die Außenwelt. Sie wurzelt, so Freud (1963), in der «angeborenen Neigung des Menschen zum Bösen» (ebd., 479). Aggressiv wird der Mensch zum einen dann, wenn er in seinem Luststreben gehemmt oder gekränkt wird. Je mehr dies einem Menschen in seiner Kindheit widerfährt, desto stärker ist die Aggressivität in seinem Erwachsenenleben. Zum anderen spielt bei der Aggressionsentstehung auch die Über-Ich-Entwicklung eine Rolle. Hat ein Kind während seiner Entwicklung auf dem Weg der Identifikation mit einer erwachsenen Bezugsperson nicht genügend «moralische Sicherungen» (Über-Ich-Lücken) erworben, steigt das Ausmaß der individuellen Aggressivität ebenfalls. Schließlich ist für die Aggressionsbewältigung von Belang, inwieweit das Ich durch soziale, kulturelle und sportliche Aktivitäten für den Aggressionsverzicht ausgleichend entschädigt wird.

Instinkttheorie
Aus der Sicht der Verhaltensbiologie geht die Aggression auf einen angeborenen Instinkt zurück, der einen arterhaltenden Sinn hat. Es handelt sich, so Lorenz (2007), um einen «auf den Artgenossen gerichteten Kampftrieb von Tier und Mensch» (ebd., 7). Im Organismus wird ständig aggressive Energie erzeugt, die sich so lange aufstaut, bis sie eine bestimmte Schwelle überschreitet und sich in aggressiven Handlungen entlädt. Je stärker der Aggressionsstau ist, desto geringer der Auslösereiz zum Aggressionsausbruch. Im Extremfall kommt es ohne äußeren Anlass zur aggressiven Entladung (Leerlaufreaktion).

Frustrations-Aggressions-Theorie
Werden zielgerichtete Aktivitäten des Menschen gestört oder blockiert, entstehen Frustrationen, die wiederum zu Aggressionen führen können (Dollard et al., 1939). Wie wahrscheinlich solche Aggressionen sind, hängt erstens von aggressionsfördernden Auslösern ab (zum Beispiel von Provokationen). Zweitens spielt eine Rolle, wie die Situation bewertet wird. Und drittens ist mitentscheidend, wie stark die Affekte sind, die das frustrierende Ereignis hervorgerufen hat. Wichtig zu wissen ist noch, dass die aus einer Frustration resultierende Aggression sich nicht gegen die Frustrationsquelle richten muss, sondern sich auch auf einen Sündenbock verschieben kann (Aggressionsverschiebung).

Anomietheorie
Soziologisch betrachtet, breiten sich Aggression und Gewalt dort aus, wo die soziale Ordnung gestört ist und soziale Normen nicht mehr beachtet werden (Durkheim, 1930). Zum einen kann dies daran liegen, dass die Normverdeutlichung und die Verhaltenskontrolle nicht mehr funktionieren. Zum anderen kann die Anomie (griechisch: Gesetzlosigkeit) auch daraus resultieren, dass Ungerechtigkeit und Ungleichheit den Menschen aggressiv machen. Vor allem dann, wenn er sich in einer sozialen LoserSituation befindet.

Diese Erklärungsmodelle sind sehr allgemein gehalten und eignen sich im Schulalltag nur bedingt für die genauere Ursachenanalyse. Im Folgenden wird deshalb eine Ursachenstruktur dargestellt, die aus schulpsychologischer Sicht und aus dem Blickwinkel aktueller sozialwissenschaftlicher Befunde einen präziseren Erklärungsversuch ermöglicht. An ihr soll auch deutlich werden, dass Aggression und Gewalt ein multifaktorielles Wechselspiel verschiedenster Ursachen sind.

Organische Einflüsse
Am dissozialen Verhalten von Kindern und Jugendlichen sind auch genetische, neurobiologische und neurophysiologische Faktoren beteiligt (Wahl, 2009; Schick, 2010). So geht aus Zwillingsund Adoptionsstudien hervor, dass die Aggressivität bei Kindern, die gleichzeitig auch einen hohen Empathiemangel aufweisen, in stärkerem Maße genetisch determiniert ist.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Kapitel 1: Einleitung8
Kapitel 2: Gewalt in der Schule12
Kapitel 3: Grundkonzept der Gewaltprävention30
Kapitel 4: Praktische Gewaltprävention38
Kapitel 5: Wirksamkeit der Gewaltprävention106
Literaturverzeichnis110
Anhang114

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