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Kartellrechtliche Grenzen marktbeherrschender Unternehmen auf dem Tankstellenmarkt

Kritische Betrachtung der Vorgehensweise des Bundeskartellamtes

AutorAnonym
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl80 Seiten
ISBN9783656908562
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Jura - Zivilrecht / Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Kartellrecht, Wirtschaftsrecht, Note: 2,0, Fachhochschule Bielefeld, Sprache: Deutsch, Abstract: Kaum ein Wirtschaftsbereich erfährt - besonders zu Zeiten hoher Preise - derart mediale sowie 'politische' Aufmerksamkeit und steht zumeist zur Ferienzeit und vor Feiertagen im Mittelpunkt von Kritik und Diskussionen wie die Mineralölkonzerne und deren Aktivität auf dem deutschen Tankstellenmarkt. In den Medien wird häufig spekuliert, dass die Mineralölkonzerne Preise absprechen und diese insbesondere vor Ferien und Feiertagen willkürlich erhöhen. Ein Beispiel hierfür stellt das Titelblatt des Spiegels dar, welches diesen Umstand in seiner Schlagzeile 'Das Benzinkartell - wie Öl-Konzerne die Spritpreise manipulieren' widerspiegelt. Daneben beklagen sich mittelständische Mineralölunternehmen sowie freie Tankstellen darüber, dass die Mineralölkonzerne Kraftstoffe an ihren eigenen Stationen günstiger an den Endverbraucher verkaufen als an die mittelständischen Mineralölunternehmen (Preis-Kosten-Schere). Das BKartA sah sich dadurch veranlasst, eine Sektoruntersuchung für den Bereich Kraftstoffe einzuleiten. Während der Sektoruntersuchung ist das BKartA zu der Erkenntnis gelangt, dass es sich bei den führenden fünf großen Mineralölkonzernen, im Folgenden 'Big Five' genannt, um ein marktbeherrschendes Oligopol handelt, was wiederum zur Folge hat, dass das unternehmerische und wirtschaftliche Handeln der Mineralölkonzerne durch das BKartA eingeschränkt werden kann. Hierbei handelt es sich bspw. um die Untersagung von Fusionen oder Übernahmen von Tankstellen etc. Daher soll in dieser Arbeit das Ermittlungsverhalten des Bundeskartellamtes besonders kritisch betrachtet werden. Das deutsche Kartellrecht umfasst mehr als nur die medial bekannten Preis-absprachen. Diese sind gem. § 1 GWB verboten, da nach dem Wortlaut Vereinbarungen zwischen Unternehmen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbes bezwecken oder bewirken, verboten sind. Das BKartA hat im Abschlussbericht der Sektoruntersuchung Kraftstoffe festgestellt, dass Erkenntnisse hinsichtlich der Preisabsprachen unter den Mineralölkonzernen nicht vorliegen. Deshalb erübrigt sich eine Überprüfung möglicher Verstöße nach § 1 GWB. [...]

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Leseprobe

3. Marktbeherrschung (§ 18 GWB)


 

Nachfolgend soll ein Einblick in die Marktbeherrschung und die Ermittlung dieser dargestellt werden. Hierbei ist zunächst entscheidend, wie der relevante Marktund darauf aufbauend eine mögliche Beherrschung ebendieses Marktes durch ein oder mehrere Unternehmen ermittelt wird.

 

Marktbeherrschung ist ein Kernbegriff des deutschen Kartellrechts.[19]Vor der 8. Novelle des GWB wurde die Marktbeherrschung im § 19 Abs. 2 GWB a. F. geregelt.[20] Mit Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle[21]befindet sich die Marktbeherrschung nun im zuvor unbesetzten § 18 GWB.[22]Hierdurch ist hinsichtlich der Marktbeherrschung durch die Umstrukturierung der §§ 18-20 GWBeine bessere Übersichtlichkeitgegeben als vor der 8.GWB-Novelle, da diesejetzt gesondert geregelt ist.[23]§ 18 GWB enthält in seiner aktuellen Fassung die Definitionen und die Vermutungen,somit das „Fundament“der Feststellung einer möglichen Marktbeherrschung[24]und der daraus resultierenden Anwendung des Missbrauchsverbotes des § 19 Abs. 1 und 2 GWB, dem alle marktbeherrschenden Unternehmen unterliegen.[25] Auf dieser Grundlage erfolgt die Missbrauchsaufsicht und zudem die Fusionskontrolle.[26]Marktbeherrschung ist keine absolute Eigenschaft und zudem kein feststehender Rechtsbegriff. Somit ist deutlich, dass ein oder mehrere Unternehmen nicht als solches marktbeherrschend sein können sondern vielmehr im Hinblick auf bestimmte Funktionen (Anbieter oder Nachfrager) und auf einen bestimmten Teile derer Aktivitäten (Waren und/oder Dienstleistungen).[27] Die Definition der Marktbeherrschung (§ 18 Abs. 1 und 5 GWB) gilt für das gesamte GWB.[28]

 

Der entsprechende (sachlich/räumlich/zeitlich) relevante Markt ist dabei entscheidend. Als Markt kann grundsätzlich das Tätigungsfeld genannt werden, auf dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen.[29]Der Markt ist der Begriff der Wettbewerbspolitik sowie des Wettbewerbsrechts. Wird von Wettbewerb oder einer möglichenMarktbeherrschung gesprochen, ist immer der (relevante) Markt gemeint.[30]Ein Markt definiert sich durch Anbieter und Nachfrager von Waren oder wirtschaftlichen Leistungen.[31] Beim deutschen Tankstellen- und Kraftstoffmarkthandelt es sich um Kraftstoffe, demnach um Waren. Die Kraftstoffe unterteilen sich in Otto- und Dieselkraftstoffe. Die Anbieter hiervon sind sowohl kleinere bis mittlere Mineralölunternehmen als auch die größeren Mineralölunternehmen sowie die „Big Five“ der Mineralölbranche. Nachfrager der Kraftstoffe sind zum einen Verbraucher, die den Kraftstoff überwiegend für private Zwecke nutzenund zum anderen auch gewerbliche, kleinere Nachfrager wie Speditionen, Autohäuser und Unternehmen. Eine große Abnehmergruppe der „Big Five“ stellen mittelständische Mineralölunternehmen dar, da diese nicht über eigene Raffineriekapazitäten verfügen.

 

Läge nun durch ein oder durch mehrere große Mineralölunternehmen Marktbeherrschung vor, wären diese Unternehmen in der Lage das eigene (gemeinsame) Handeln derart zu steuern, dass dadurch andere, womöglich kleinere Unternehmen nur eingeschränkt handeln könnten oder gänzlichhandlungsunfähig würden.[32]Marktbeherrschung liegt insbesondere vor, wenn ein oder mehrere Unternehmen eine derartige Marktbeherrschung innehaben, dass diese ein kritisches Ausmaß annimmt.[33]Es ist jedoch festzuhalten, dass Marktbeherrschung als solche nicht verboten ist, lediglich bei Missbrauch ebendieser.[34]Marktbeherrschende Unternehmen werden vom Missbrauchsverbot des nachfolgenden § 19 GWB (Behinderungs- und Diskriminierungsverbot, Missbrauchsaufsicht)erfasst.[35]Ebenso lösen entsprechendeUnternehmenszusammenschlüsse, wenn dadurch eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder erweitert wird, die Folgen der Fusionskontrolle i. S. d. § 36 Abs.1 GWB aus.[36]Marktbeherrschung bezieht sich immer auf einen oder mehrere sachlich, räumlich und/oder zeitlich relevante Märkte.[37] Daher ist nicht pauschal zu sagen, dass ein Unternehmenbloß weil es eine gewisse Größe aufweist, marktbeherrschend ist.[38]Grundsätzlich richten sich Verbote wie das Missbrauchsverbot i. S. d. § 19 GWB nur an Unternehmen.[39]Die kartellrechtliche Beurteilung, ob es sich um ein Unternehmen handelt-denn nur diese werden von dem Verbot umfasst- erfolgt nach dem spezifischen-kartellrechtlichen Unternehmensbegriff (§ 1 GWB).[40]

 

Die Feststellung, ob eine marktbeherrschende Stellung vorliegt, setzt voraus, dass das oder die entsprechenden UnternehmenWaren, die einem Markt entsprechend zugeordnet werden, auch tatsächlich anbieten.[41]Die Antwort auf die Frage, ob eine marktbeherrschende Stellung vorliegt, muss in zwei Schritten erfolgen.[42] Erstens ist der relevante Markt (sachlich, örtlich und zeitlich) zu ermitteln. Zweitens ist festzustellen, in welchem Maße das Unternehmen in der Lage ist, den Markt und das Marktgeschehen zu beeinflussen.[43] Es handelt sich hierbei um die sog. „Marktabgrenzung“, wodurch der relevante Markt bestimmt wird.[44] Mit Blick auf die Marktbeherrschung kann die Annahme getroffen werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer Marktstärke an der Struktur des Marktes sowie an der prozentualen Höhe des Marktanteils durchaus eine Indikatorwirkung mit sich bringt. Der entscheidende Aspekt ist jedoch, dass das entsprechende Unternehmen keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist, bzw., dass auf dem relevanten Markt kein Wettbewerb herrscht.[45] Um dieses festzustellen, soll im folgenden Kapitel das Augenmerk auf die Ermittlung des relevanten Marktes gelegt werden.

 

3.1 Ermittlung des relevanten Marktes


 

Der erste Schritt zur Ermittlung einer möglichen Marktbeherrschung ist die Feststellung darüber, wie viele Unternehmen auf dem entsprechend relevanten Markt möglicherweise marktbeherrschend sind.[46] Entscheidend ist hierbei die Grenze des sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Marktes.[47] Der zeitlich relevante Marktspielt in der Praxis eher eine untergeordnete Rolle. Dieser ist nur relevant, wenn ein oder mehrere Unternehmen Marktmacht nur für temporäre Anlässe wie bspw. Sportveranstaltungen[48]o. ä. haben. Somit ist der zeitlich relevante Markt für diese Arbeit nicht relevant und bedarf keiner weiteren Beachtung.

 

Die Ermittlung des relevanten Marktes stellt sich in der Praxis als ein äußerst komplexes Aufgabengebiet dar. Zunächst erfolgt die sachliche Abgrenzung undsomit die Zurechnung der Waren auf dem entsprechenden Markt. Anschließend müssen die am Markt beteiligten Unternehmen bestimmt werden.[49] Durch die sachliche und räumliche Marktabgrenzung soll zudem ermittelt werden, welche miteinander konkurrierenden Unternehmen in der Lage sind, gegeneinander zu wirken.[50]Marktmacht kennzeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite beschränkt sind oder gar nicht bestehen.[51]Je kleiner der räumlich oder sachlich relevante Markt ist, desto eher besteht durch ein oder mehrere Unternehmen eine marktbeherrschende Stellung.[52] Die Firma Ferrero S.p.A. würde bspw. mit ihrem Produkt „Nutella“ keine marktbeherrschende Stellung auf dem sachlich relevanten Markt innehaben, wenn es einen gemeinsamen Markt für Brotaufstriche gäbe,vermutlich aber auf einem Markt für Schokobrotaufstriche.[53]Um aufzuzeigen, wie wichtig und entscheidend eine exakte Marktabgrenzung für die Ermittlung einer möglichen marktbeherrschenden Stellung und der daraus resultierenden Konsequenzen ist, soll in den nachfolgenden Kapiteln ein theoretischer Überblick hinsichtlich der Ermittlung der entsprechend relevanten Märkte (sachlich und räumlich) verschafft werden.

 

3.1.1 Sachlich relevanter Markt


 

Die Feststellung, ob ein Unternehmen marktbeherrschend ist oder nicht, setzt eine zuvor durchgeführte Marktabgrenzung voraus.[54]Es erfolgt somit der erste Schritt der Ermittlung einer möglichen Marktmacht eines Unternehmens und dient der Erfassung der Wettbewerbsverhältnisse.[55]Der sachlich relevante Markt umfasst sämtliche Waren, die von Abnehmern - sowohl B2C als auch B2B -hinsichtlich ihrer Eigenschaften und des vorgesehenen Verwendungszwecks als substituierbar, somit als funktional austauschbar, angesehen werden.[56]Auf den in dieser Arbeit bedeutenden Angebotsmärkten - Angebot von Kraftstoffen - findet das sog. „Bedarfsmarktkonzept“...

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