Im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts ist der Sport zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor geworden. Durch die ständige Professionalisierung und Kommerzialisierung des Sports gewinnt betriebswirtschaftliches Wissen, insbesondere das Marketing, für den Sportbereich immer mehr an Bedeutung. Aus der Forschungsliteratur wird ersichtlich, dass die modernen Sportvereine anhand von Umsatz- und Mitarbeiterzahlen einem mittelständischen Unternehmen entsprechen. Dennoch ist die ehrenamtliche Führungsform in den meisten Vereinen dominierend. Daraus lässt sich schließen, dass eine sichere Existenz der Sportorganisation sowie eine stabile Zukunft ein entsprechendes Marketing-Know-how erfordern (Nufer & Bühler, 2011, S. 4).
In diesem Kapitel wird die Bedeutung des Marketings und der Kunden im modernen Sport dargestellt. Das Unterkapitel 2.1 befasst sich mit der Definition des Marketings im Sport. Das Unterkapitel 2.2 erörtert die wirtschaftlichen Besonderheiten, die im Sportgeschehen auftreten können sowie den hohen Stellenwert des Marketings im modernen Sport. Schließlich wird die Bedeutung von Zuschauern für den modernen Profifußball erläutert.
Um die Bedeutung des Sportmarketings definieren zu können, ist es notwendig, über die Bedeutung der Einzelteile „Sport“ und „Marketing“ aufzuklären. Marketing stellt heutzutage einen unersetzlichen Begriff für die Wissenschaft und Praxis dar. In den letzten Jahrzehnten hat sich im deutschsprachigen Raum der Begriff „Absatz“ einer Bedeutungserweiterung unterzogen (Freyer, 2011, S. 6). Freyer definiert Marketing aus einer weiteren sowie engeren Sichtweise:
In einer weiten Vorstellung bezieht sich Marketing auf alle Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, bei Austauschprozessen (sog. Transaktionen) den Gegenüber im eigenen Sinne zu beeinflussen, um die eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen, egal ob dies von Einzelpersonen, gemein-wirtschaftlichen Institutionen oder privatwirtschaftlich-kommerziell orientierten Unternehmen verfolgt wird und/oder ob es sich um materielle oder immaterielle Tauschobjekte (z. B. Güter, Dienstleistungen, Ideen) handelt (Freyer, 2011, S. 6).
Diese Definition ist außerdem für Organisationen wie öffentliche Unternehmen, Kirchen, politische Parteien, Bürgerinitiativen, Theater sowie Vereine geeignet (ebd., S. 7). In dieser Arbeit bezieht sich „Sport“ auf die Anbieter von Sportleistungen: Sportverbände und -vereine, Einzelsportler sowie Sportmannschaften. Sportmarketing kann generell aus zwei Sichtweisen betrachtet werden:
Marketing mit Sport: In diesem Fall dient Sport als ein Instrument für die Unternehmen, die keine Sportprodukte herstellen. Durch Sport werden Unternehmensziele erreicht und das Image verbessert.
Marketing im Sport: Im weiteren Sinne werden hier alle Organisationen der Sportindustrie, die Sportgüter und -dienstleistungen herstellen und vermarkten, betrachtet (Freyer, 2011, S. 51 f.).
Sportevents werden meistens durch eine Kombination von Sportvereinen/-verbänden und sportfremden Unternehmen im Rahmen des Sport-Sponsorings organisiert und vermarktet. In diesem Fall haben die beiden Sichtweisen gewisse Überschneidungen. Nufer und Bühler definieren Sportmarketing folgendermaßen:
Sportmarketing ist die spezifische Anwendung der Marketing-Prinzipien und -Prozesse auf Sportprodukte und Sportdienstleistungen im Sinne der marktorientierten Unternehmensführung. Sportmarketing umfasst dabei sowohl die Vermarktung von Sportprodukten durch Sportorganisationen (Marketing im Sport) als auch das Marketing von sportnahen und sportfernen Produkten und Dienstleistungen durch Unternehmen mittels der Verwendung des Sports (Marketing mit Sport) (Nufer & Bühler, 2011, S. 7).
Weiter werden Begriffe wie „Sportmarketing“ und „Marketing im Sport“ in der vorliegenden Arbeit gleichgesetzt.
Die Struktur des Sportmarktes und des Sportmarketings hat bestimmte Eigenschaften und Besonderheiten. Auf der einen Seite agieren auf dem Sportmarkt globale Konzerne und Sportorganisationen mit massenhafter Sportnachfrage, z. B. die Sportartikelhersteller, olympische Sportverbände usw. Auf der anderen Seite existieren kleinere Segmente mit wenigen Sportnachfragern und Sportanbietern, wie individuelles Joggen im Wald, Steinschleudern auf Mallorca etc. Die Sportart, ihre gesellschaftliche oder internationale Struktur, z. B. olympisch oder nicht, ist für die Sportmärkte ausschlaggebend (Freyer, 2011, S. 73). Im Folgenden werden die vier wesentlichen Merkmale des Sportmarketings vorgestellt: der Sportmarkt, das Sportprodukt, der Sportproduzent und der Sportkonsument.
Im Gegensatz zu den Branchen im klassischen Markt ist der Sportmarkt durch die duale Struktur gekennzeichnet. Die Nachfrage nach dem Sport kann sowohl durch den passiven als auch den aktiven Konsum erfolgen. Aus der nachfrageorientierten Sicht kann der Sportmarkt in einen Markt des aktiven Sportkonsums (Sportlermarkt) und in einen Markt des passiven Sportkonsums (Zuschauermarkt) segmentiert werden. Der Breitensport wird durch die Ausrichtung an dem Anliegen der Sportler und der geringeren Außen-/Erwerbsorientierung charakterisiert. Der Spitzensport richtet sich an die Zuschauer und vermarktet sportliche Leistungen (Hermanns & Riedmüller, 2008, S. 38 f.). Der Sportmarkt wird von weiteren Merkmalen gekennzeichnet.
1. Das erste Merkmal bezieht sich auf den Wettbewerb. Die Sportklubs/Sportvereine konkurrieren miteinander um den Titel bzw. Meisterschaften in verschiedenen Wettbewerben, wie z. B. in der Verbandsliga. Durch die Festlegung der Regeln des Wettbewerbs und des Spiels durch die Verbände wird ein Gleichgewicht innerhalb der Ligen gewährleistet (Nufer & Bühler, 2011, S. 8). Vereinbarungen prägen das Bild des Wettbewerbs im Profisport. Allerdings betrifft das nicht das Spielergebnis, sondern die Rahmenbedingungen. Ehrke und Witte (2002, S. 5) haben sich dazu treffend geäußert: „Der Wettbewerb im Profisport ist daher durch ein Maß an „Absprachen“ – nicht in Bezug auf die Spielergebnisse, sondern die Regeln des Wettbewerbs – gekennzeichnet, das in anderen Wirtschaftsbranchen die Gerichte oder die Kartellbehörden auf den Plan rufen würde“. Szymanski/Kuypers (2000) klären auf, dass es in einem anderen Markt als gesetzeswidrig betrachtet werden würde, wenn die Teilnehmer die Zahl der Produzenten begrenzen und die Ressourcen zwischen ihnen verteilen würden. Für den Profisport ist diese Situation nicht nur üblich, sondern zwingend erforderlich. Obwohl die einzelnen Vereine nach der Monopolstellung im Verband streben, kann das für den Profisport schädliche Folgen haben (Nufer & Bühler, 2011, S. 9).
2. Eine zweite spezielle Besonderheit des Sportmarktes ist die „assoziative Konkurrenz“ (Heinemann, 2001, S. 15 ff.). Damit ist gemeint, dass die Sportler, Verbände und Vereine konkurrieren und gleichzeitig kooperieren. Die Sportorganisationen können nicht getrennt voneinander existieren. Das Sportmonopol ist unter solchen Bedingungen kaum möglich. Wenn ein Verein ständig gewinnt, dann sinkt das Interesse der Zuschauer. Einerseits konkurrieren die Vereine miteinander, doch die Attraktivität des Spiels steigt erst durch den starken und interessanten Gegner. Damit eine Verbandsliga funktioniert, müssen alle Mannschaften zum Wohle und Image der Liga einen Beitrag leisten. Wettbewerbsverhalten ist notwendig, um die Rivalen zu besiegen und Pokale zu gewinnen. Doch um einen Wettkampf attraktiv zu gestalten, müssen die Vereine sich kooperativ verhalten (Freyer, 1990, S. 33).
3. Eine dritte Eigenschaft des Sportmarketings ist die Fokussierung auf den sportlichen Erfolg. In den Wirtschaftsbranchen haben die ökonomischen Ziele für die Unternehmen die höchste Priorität. Für die Sportklubs sind Pokale, Meisterschaften und Spiele das Allerwichtigste (Dempsey & Reilly, 1998). Die Verfolgung von allein sportlichen Zielen kann einen Profiklub in eine schwierige finanzielle Situation führen (Shilbury, 2009). Viele Sportklubs sind zu der Schlussfolgerung gekommen, dass sowohl sportlicher als auch wirtschaftlicher Erfolg gleichzeitig erreicht werden können. Ein Paradebeispiel ist dafür der FC Bayern München.
4. Zu dem vierten Merkmal des Sportmarktes gehört die öffentliche Wahrnehmung. Viele Profiklubs und Sportorganisationen befinden sich stets unter der strengen Beobachtung der breiten Öffentlichkeit. Für die Sportmanager entstehen dadurch gewisse Probleme, da kritische Entscheidungen (z. B. Trainerentlassung) nicht nur intern, sondern auch vor dem Publikum begründet werden müssen (Shilbury, 2009, S. 28 ff.).
Unter dem Sportprodukt werden sowohl materielle Güter (Sportgeräte und -ausrüstung), als auch Dienstleistungen (Trainerleistung, Übungsleiterangebot usw.) verstanden...