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Liebe dich selbst - Gott tut es auch

Hilfen auf dem Weg zur Selbstannahme

AutorChristiane Sautter
VerlagSCM Hänssler im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783775174220
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Nächstenliebe fällt uns Christen meistens recht leicht, aber Selbstliebe wird oft als Hochmut verstanden. Dabei sagt uns Gott in der Bibel an vielen Stellen, wie wertvoll und geliebt wir sind. Mit ihrem wertschätzenden Blick erläutert Christiane Sautter, wie es gelingen kann, aus negativen Sichtweisen auszubrechen und die eigenen Ressourcen zu erkunden. Dieses Buch hilft, sich selbst in allen Facetten anzunehmen und Gottes liebevolle Sicht kennenzulernen.

Christiane Sautter ist ausgebildete Familientherapeutin, Kindertherapeutin und Supervisorin (DGSF), sowie Heilpraktikerin für Psychotherapie (HPG). Mit ihrem Mann hat sie eine Gemeinschaftspraxis für systemische Therapie. Sie ist Autorin zahlreicher Fachbücher.

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Kapitel 2


Bestandsaufnahme: Wer bin ich?


Ich glaube, dass sich Menschen immer schon mit dieser Frage beschäftigten. »Gnothi Seautón – Erkenne dich selbst« steht über der Pforte des Apollo-Tempels im griechischen Delphi. Wenn ich wissen will, wer ich bin, ist Selbsterkenntnis kein schlechter Beginn. Der Volksmund bestätigt diese Herangehensweise: »Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung!«

Wie erkenne ich mich selbst? In der Bibel wird das Wort »erkennen« verwendet, wenn es darum geht, jemandem nahe zu sein. Adam erkannte Eva und machte sie zu seiner Frau (vgl. 1. Mose 4,1). Mit »erkennen« ist aber nicht nur die körperliche Nähe gemeint: »Ich gebe ihnen ein Herz, damit sie erkennen, dass ich der Herr bin«, spricht Gott durch Jeremia (Jeremia 24,7; EÜ). Um jemanden im biblischen Sinne zu erkennen, reichen weder körperliche Nähe noch genügen Informationen. Gott hat nicht den Körper und auch nicht den Verstand als Werkzeug des Erkennens benannt, sondern das Herz, das körperliche Sinnbild für positive Gefühle. (Negative Gefühle werden bildhaft anderen Körperregionen zugeordnet: Die Laus läuft über die Leber, und wenn jemandem die Galle überläuft, ist er wirklich zornig.) Das Herz ist ein Symbol für Liebe und Zuneigung, aber auch für Mut: Ich fasse mir ein Herz. Es ist der Ort, an dem sich das Wesen eines Menschen offenbart: ehrlich und unverstellt.

»Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar«, sagt der Fuchs in Antoine de Saint-Exupérys wundervollem Buch Der kleine Prinz.16 Der Prophet Samuel verkündete jedoch: »Der Mensch sieht auf das Äußere; der Herr sieht auf das Herz« (1. Samuel 16,7; EÜ), und damit hat er bis heute recht. Wir benutzen das Wort »erkennen« nur in Bezug auf äußere Merkmale: Damit ich jemanden erkennen kann, muss ich wissen, wie er aussieht. Der Erkennungsdienst der Polizei speichert Fotografien und Fingerabdrücke.

Nicht wenige Menschen identifizieren sich mit ihrem Aussehen. Ob der Mann einen Anzug oder Jeans trägt, die Frau ein Kleid oder eine Jogginghose, beeinflusst, wie andere ihn oder sie wahrnehmen. »Kleider machen Leute«, weiß der Volksmund und so geben Frauen, aber auch Männer viel Geld für die Optimierung ihres Äußeren aus.

Obwohl der Körper nicht unwichtig ist – ohne ihn wären wir nicht da –, spielt sich das Wesentliche in unserem Inneren ab. Dort finden wir nicht nur das Herz mit seinen positiven Gefühlen, sondern ein Gemisch aus den verschiedensten, oft widersprüchlichen Emotionen, aus Fähigkeiten und Defiziten, Sehnsüchten, Erfolgen und Erfahrungen des Scheiterns. Dies veranlasste den Philosophen Richard David Precht, ein Buch mit dem Titel Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?17 zu schreiben. Noch vor wenigen Jahren hätte die Frage, aus wie vielen Bestandteilen die Persönlichkeit besteht, zwingend den Besuch eines Psychiaters nach sich gezogen. Heute wissen wir mehr: Die Tatsache, dass der Mensch einen Körper hat, führt nicht zwingend zu dem Schluss, dass auch seine Psyche nur aus einem Aspekt besteht. Besonders deutlich wird dies, wenn wir uns von widersprüchlichen Emotionen zerrissen fühlen. Welches Gefühl ist wahr und welches führt uns in die Irre? Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe lässt Faust im ersten Teil der Tragödie zu seinem Gesprächspartner sagen: »Du bist dir nur des einen Triebs bewusst, o lerne nie den andern kennen! Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen; die eine hält, in derber Liebeslust, sich an die Welt mit klammernden Organen; die andre hebt gewaltsam sich vom Dust [Staub] zu den Gefilden hoher Ahnen.«18

Dieser Konflikt ist zutiefst menschlich. In meiner Praxis gehört dieses Thema zu den Dauerbrennern. Als Klara mich um Hilfe bat, steckte sie in ähnlichen Schwierigkeiten. Sie war nach ihrer Ausbildung ins Ausland gegangen und hatte dort in einem Hotel gearbeitet. An ihrem Arbeitsplatz traf sie einen jungen Mann, in den sie sich verliebte. Trotzdem zögerte sie lange, bis sie einwilligte, ihn zu heiraten: Es gab eine warnende Stimme in ihr, die nie ganz verstummte. Leider bewahrheiteten sich ihre Befürchtungen. Der sensible, einfühlsame Mann wandelte sich nach der Ehe in einen landestypischen Macho, der ihr nicht nur verbot, zu arbeiten und das Haus ohne ihn zu verlassen, sondern ihr auch noch den Pass abnahm. Ihr wurde klar, dass sie ihn verlassen musste, wenn sie nicht auf ihr freies Leben verzichten wollte. Um ihn nicht zu warnen, verhielt sie sich so, wie er es von ihr erwartete.

Als sich der Mann auf einer Geschäftsreise befand, wartete Klara, bis ihre Schwiegermutter, die ihr untadeliges Benehmen während seiner Abwesenheit gewährleisten sollte, abends eingeschlafen war. Dann durchsuchte sie das Haus, fand glücklicherweise ihren Pass, packte ein paar Habseligkeiten in eine Tasche und kletterte aus dem Fenster. Der Rezeptionist eines nahegelegenen Hotels erlaubte ihr, eine Freundin anzurufen, die sie mit dem Auto abholte, zum Flughafen brachte und ihr Ticket nach Hause bezahlte. Klara hatte es geschafft, sich in Sicherheit zu bringen. Doch jetzt plagten sie Gewissensbisse.

»Ich weiß nicht, ob ich richtig gehandelt habe«, klagte sie. »Wenn ich an ihn denke, fühle ich auch Liebe. Gleichzeitig weiß ich, dass ich ihn nie, nie wiedersehen will! Er hat mich behandelt wie sein Eigentum!«

»Dass Sie auch Liebe empfinden, beruhigt mich«, antwortete ich.

Sie sah mich erstaunt an. »Warum beruhigt Sie das?«, fragte sie.

»Weil es mir erklärt, warum Sie sich haben überreden lassen, den Mann zu heiraten.«

»Aber das war doch ein Fehler!«, entgegnete sie hitzig. »Meine innere Stimme hat mich immer vor dieser Machoseite gewarnt.«

»Beide Gefühle waren richtig«, sagte ich. »Ihr Mann hatte gute Seiten und die Erinnerung daran dürfen Sie in Ihrem Herzen behalten. Erst durch die Ehe haben Sie erkennen können, dass seine Fehler stärker waren als seine Vorzüge.«

»Dann war er beides: ein charmanter, netter Mensch und ein machtgieriger Tyrann?«

Ich nickte. »Und vor dem machtgierigen Tyrannen haben Sie sich mit Recht in Sicherheit gebracht.«

Menschen bestehen aus Körper, Seele und Geist. Der Körper ist einmalig, doch in Seele und Geist existieren die unterschiedlichsten Gefühle und Gedanken. Wie der Dichter Hermann Hesse in seinem Buch Der Steppenwolf schreibt, ist kein Ich »in Wirklichkeit […] eine Einheit, sondern eine höchst vielfältige Welt, ein kleiner Sternenhimmel, ein Chaos von Formen, von Stufen und Zuständen, von Erbschaften und Möglichkeiten«19. Deshalb trifft der Titel Wer bin ich – und wenn ja, wie viele? ein grundlegendes Thema, dem sich kaum ein Mensch entziehen kann.

In diesem Kapitel befassen wir uns mit den Facetten, aus denen wir uns zusammensetzen. Auf diese Weise wollen wir herausfinden, wer wir wirklich sind, denn nicht alles, was wir uns zuschreiben, gehört zu unserer Persönlichkeit! Nicht selten identifizieren wir uns mit Urteilen, die andere über uns gefällt haben, oder mit den Rollenmodellen der Gesellschaft. Lieben können wir jedoch nur uns selbst, also das, was tatsächlich und wahrhaftig zu uns gehört.

Deshalb besteht der zweite Schritt auf dem Weg zur Selbstliebe darin,

das Eigene zu identifizieren und Übernommenes,
das nicht zur Persönlichkeit gehört, auszusortieren.

Genetische Veranlagung oder Lernerfahrung?


»Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!« Der Volksmund weiß genau, warum wir so sind, wie wir sind: Wir sind das Produkt unserer Eltern! Tatsächlich wurde das Erbgut, das Vater und Mutter zu je 50 Prozent beisteuern, bis ins 20. Jahrhundert allein für die Eigenschaften und Handlungsweisen eines Menschen verantwortlich gemacht. Die Gene der Eltern steuern ja auch wirklich eine Menge zu unserer Grundausstattung bei: den Körperbau, das Aussehen, die Haar- und Augenfarbe, auch die Art zu lachen und die Stimme. Besondere Begabungen scheinen ebenfalls dem Genpool zu entstammen. Intelligenz, Musikalität, sportliche Fähigkeiten, aber auch spezielle Talente in Mathematik und Sprachen werden offensichtlich vererbt.

Dass der Sohn der Tennisprofis Steffi Graf und Andre Agassi auch eine sportliche Karriere einschlägt, verwundert kaum jemanden. »Bei den Eltern«, sagen wir dann und damit scheint geklärt, warum der Junge über sportliches Talent verfügt. Wir können aber außerdem davon ausgehen, dass die Eltern die Begabung ihres Sohnes erkannt und ihm alle Möglichkeiten zur Verfügung gestellt haben, seine Fähigkeiten zu entwickeln.

Da ich ungefähr zwanzig Jahre lang Kinder an verschiedenen Musikschulen im Fach Querflöte unterrichtet habe, weiß ich aus eigener Erfahrung, dass ein begabtes Kind bei gleicher Übungszeit deutlich mehr erreicht als ein eher mäßig talentiertes. Allerdings wird auch ein sehr talentiertes Kind wenig erreichen, wenn es nicht fleißig ist. Wie viel wir letztlich in unserem Leben schaffen, hängt also nicht nur vom genetischen Material ab, sondern auch von den Lernerfahrungen, die wir in unserem Leben machen.

Die Erkenntnis, wie wichtig das Lernen für die Entwicklung der Persönlichkeit ist, begann sich Anfang des 20. Jahrhunderts in der wissenschaftlichen Psychologie durchzusetzen. Der Begriff »Lernen« wird in der Psychologie nämlich nicht nur für den Erwerb von Wissen benutzt, sondern auch für den Prozess, durch...

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