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E-Book

Sanierung und Privatisierung von Krankenhäusern

Kompakte Leitlinien aus der Praxis für die Praxis

AutorDietmar J. Bönsch
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl106 Seiten
ISBN9783170265325
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Krankenhaussanierungen und -privatisierungen nehmen in Deutschland immer mehr Raum ein. Zentraler Baustein der Sanierung ist ein Masterplan, der das Ziel hat, das Krankenhaus aus der Unternehmenskrise zu führen. Im Falle eines Scheiterns dieses Plans muss als weitere Lösungsmöglichkeit eine gesellschaftsrechtliche Zusammenarbeit oder eine Privatisierung des Krankenhauses in Betracht gezogen werden. Basierend auf der reichen Erfahrung des Autors auf diesem Gebiet liefert dieses Buch Krankenhauspraktikern eine kompakte Leitlinie und Hilfen zur Entscheidungsfindung für ein erfolgreiches Management von Sanierungen und Privatisierungen von Krankenhäusern.

Diplom-Ökonom Dietmar J. Bönsch ist Geschäftsführer der Klinikum Landshut gGmbH und Mitglied im Verwaltungsrat der AOK Niedersachsen.

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Leseprobe

2 Entscheidungsstrukturen in deutschen Krankenhäusern


Vordergründig könnte man unter gleichen Rahmenbedingungen für alle Krankenhäuser annehmen, dass es nicht erheblich ist, welche Entscheidungsstrukturen bestehen. Dies ist aber nicht der Fall, was in diesem Kapitel herausgearbeitet werden soll.

Im Folgenden sollen zwei Differenzierungen, einerseits bei den Trägerstrukturen, andererseits bei den Managementstrukturen, vorgenommen werden. Diese Unterscheidung ist sinnvoll, um zu verdeutlichen, dass die unterschiedlichen Trägerstrukturen grundsätzliche Auswirkungen auf die Sanierungsfähigkeit eines Krankenhauses haben. Die unterschiedlichen Trägerstrukturen zeigen auch ihre Auswirkungen auf das Management der jeweiligen Klinik.

Abb. 2: Differenzierungen Träger- und Managementstrukturen

2.1 Trägerstrukturen und ihre Differenzierungen


In der Praxis zeigt sich, dass die Trägerschaften und auch die bestellten Geschäftsführungen bedeutenden Einfluss auf die Situation der Kliniken haben.

Private Trägerschaften, insbesondere dann, wenn sie sich ihr Geld vom Kapitalmarkt beschaffen, haben primär oder ausschließlich betriebswirtschaftlich orientierte Entscheidungsstrukturen. Politische oder konfessionelle Aspekte finden regelmäßig wenig Platz in den privaten Kalkülen.26 Auch die Geschäftsführungen in privaten Trägerschaften arbeiten unter anderen Bedingungen und nach anderen Wertmaßstäben und Unternehmensphilosophien.27 Dies ist aber fast schon selbsterklärend, da die Prämie für das vom Kapitalmarkt erworbene Geld zukünftig regelmäßig und tendenziell steigend von den Kliniken in privater Trägerschaft erwirtschaftet werden muss. Aber auch die Notwendigkeit, steigende Aktienkurse zu erzielen, spielt eine wesentliche Rolle, da private Klinikträger nicht selbst zum Übernahmekandidat von anderen Klinikgesellschaften oder Fonds durch sinkende Aktienkurse werden möchten. Der Aktienmarkt ist aber weniger an Qualitäten oder sozialen Aspekten wie zum Beispiel einer Arbeitsplatzsicherung interessiert, was für eine Kommune insbesondere in strukturschwachen und industriearmen Regionen ein wichtiger Aspekt sein kann. Private Klinikketten bieten regelmäßig eine größere Gewähr für optimierte Prozesse und Organisationsstrukturen sowie die finanzielle Potenz, größere Investitionen durchführen zu können. Volkswirtschaftlich formuliert, es wird privates, verzinsliches Geld eingesetzt, eine Dienstleistung als Ware erbracht, um letztlich mehr Geld zu erwirtschaften.28

Auch die gebündelte Einkaufsmacht sowie Möglichkeiten der Produktstandardisierung stellen Vorteile privater Klinikketten dar. Der private Klinikmanager und die strategischen und operativen Konzernverantwortlichen sind in der Hierarchie zielstrebiger und gewinnorientierter. In den privaten Klinikketten findet oftmals das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung, das den Mitarbeitervertretern weitreichende Möglichkeiten einräumt, aber diese häufig zu wenig für die Verbesserung von Arbeitnehmerrechten oder tariflichen Gegebenheiten in privaten Kliniken genutzt werden, da sie auf eine starke und homogene Trägergruppe treffen.29 Auch stehen die Mitarbeitervertreter immer vor dem Dilemma, sich für ein Wachstum der privaten Klinikkette einerseits und die Mitarbeiterinteressen andererseits einsetzen zu müssen. Hier besteht ein nachvollziehbarer Interessenkonflikt. Gerade in den Outsourcingprojekten der privaten Klinikträger zeigt sich die Schwäche der Betriebsräte, da sich die Gegenwehr in erster Linie auf eine politische bzw. öffentliche Gegenwehr konzentriert.

Konfessionelle Kliniken, egal ob als Stiftungen, in Kirchengemeinden oder dergleichen geführt, unterliegen regelmäßig nicht dem Betriebsverfassungsgesetz und haben dadurch Möglichkeiten, Organisationsveränderungen ohne größere Mitbestimmung durchzusetzen. Langwierige Verhandlungen im Rahmen von Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen bei Outsourcingmaßnahmen können so unterbleiben. Auch finden regelmäßig keine Tarifverhandlungen statt, da die Tariffindung über die Arbeitsrechtliche Kommission der Kirchen erfolgt. Konfessionelle Kliniken haben es auch zunehmend verstanden, regionale Verbünde zu bilden und ihre gemeinsamen Möglichkeiten durch Leistungsprofilierungen, gemeinsame Einkaufsmöglichkeiten und Standardisierungen zu nutzen, um dem finanziellen Druck zu begegnen.30 Die Entscheider vor Ort haben allerdings auch konfessionelle Gegebenheiten zu berücksichtigen, die bei privaten Trägerschaften kaum eine Bedeutung haben. Größere konfessionelle Trägerschaften werden vielmehr als Konkurrenz aufgefasst. Das Kosten-Gewinn-Verhältnis wird in kirchlichen oder freigemeinnützigen Trägerschaften insofern relativiert. Allerdings bleiben bebaute Grundstücke oftmals bei GmbH-Gründungen beim Träger und es müssen hierfür Mieten und Pachten erwirtschaftet werden, was eigentlich einer Prämie für den Eigentümer gleichkommt.31

In öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern gibt es nochmals andere Bedingungen. Einige Kliniken sind in Trägerschaft eines Landkreises, einer Kommune, eines Landschaftsverbandes, eines Bezirkes oder eines Bundeslandes, ohne hier alle abschließend aufzählen zu wollen. Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung einer Region hat hier nochmals eine andere Bedeutung, als dies in privaten oder konfessionellen Trägerschaften der Fall ist. Politische Verhältnisse haben oftmals einen starken Einfluss auf die jeweilige Geschäftsführung und die Unternehmensbedingungen. Die private Trägerschaft führt den Personalabbau vor dem Hintergrund der Gewinnmaximierung bzw. der Stabilisierung von Aktienkursen durch. In konfessionellen Kliniken wird dieser Personalabbau in der Regel ohne betriebsbedingte Kündigungen und weitestgehend sozialverträglich durchgeführt, allerdings sukzessive und nachhaltig. Zielsetzung ist dabei, die konfessionelle Einrichtung um jeden Preis zu stabilisieren, da ein Verlustausgleich des Trägers nicht erfolgen soll oder kann.

In öffentlich-rechtlichen Kliniken, vor allem in kommunalen Kliniken und ganz besonders in strukturschwachen Regionen wird ein Krankenhaus als wichtiger Arbeitgeber für die Bevölkerung gesehen. Ein gemessen an der Leistungsentwicklung der Klinik notwendiger Personalabbau wird hier oftmals halbherzig oder gar nicht durchgeführt. Vom Management durchgeführte Restrukturierungen führen in diesen Trägerschaften häufig nicht zu sinkenden Personalkosten, da trotz Produktivitätssteigerungen der Personalabbau nicht oder nur halbherzig durchgeführt wird. Es ist auch festzustellen, dass gerade Kliniken in strukturschwachen Regionen sehr viele Plätze in Krankenpflegeschulen vorgehalten werden, die den Bedarf der ausbildenden Klinik an Schülern oftmals nicht Rechnung trägt. Auch wenn die Schüler durchaus auch Entlastungen bringen, sind oftmals beim ärztlichen und pflegerischen Personal Belastungen zu verspüren. Ärzte müssen Unterricht an der Schule halten, Pflegekräfte müssen neben ihrer eigentlichen Stationstätigkeit Praxisanleiteraufgaben übernehmen.

Dies ist Ergebnis der Trägerschaft und trägt der sozialen Verantwortung für Arbeitsplätze einer Kommune Rechnung. Im Gegenteil, durch die Parallelität von Outsourcingmaßnahmen und dem fortwährenden Einsatz von eigenem Personal steigen oftmals die Personalkosten, auch wenn diese Mitarbeiter in anderen Klinikbereichen eingesetzt werden.32 Die Ursachen liegen darin, dass trotz Strukturänderung keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen worden sind. Diese Konsequenz liegt einer öffentlichen Trägerschaft und ihrer Geschäftsführung fern. Eine klare Linie für die eine oder andere Konzeption erfolgt oftmals nicht. Gerade diese Halbherzigkeiten führen zur Erhöhung der finanziellen Unterdeckung, die die Kommune aus ihrem Haushalt ausgleichen muss. Langfristig droht der Klinik die Privatisierung, wenn dieser Haushaltsausgleich nicht mehr gewünscht oder für die Kommune finanziell nicht mehr leistbar ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn kein Verlustausgleich erfolgte und sich das Eigenkapiteln aufzehrt.

Insofern muss festgehalten werden, dass für die Geschäftsführung unterschiedliche Gestaltungsbedingungen durch die Trägerschaft vorgegeben sind. Hierin liegen auch die Ursachen für eine effiziente Krankenhaussanierung, die später durch einen privaten Klinikträger nachgeholt werden. Hier sollte sich die Trägerschaft Gedanken machen. Die im Rahmen der Einführung aufgezeigten Entwicklungen im Gesundheitswesen machen vor den unterschiedlichen Trägerschaften nicht Halt. Auch die bundespolitischen Vorgaben müssen vor Ort einer Lösung zugeführt werden, um das Krankenhaus vor einer Insolvenz oder einer Privatisierung zu schützen. Hier sind die öffentlichen Trägerschaften in einem ganz besonderen Maße gefordert.

2.2 Managementstrukturen und ihre Differenzierungen


Die Managementstrukturen sollen aus zwei Perspektiven betrachtet werden. Einerseits unter den Bedingungen der Trägerschaften, andererseits unter den Bedingungen der jeweiligen Unternehmensentwicklungsphase, d. h. im Rahmen der Sanierungsphase auf der einen Seite und im Rahmen der Privatisierungsphase auf der anderen Seite.

Abb. 3: Differenzierung Managementstrukturen

2.2.1 Krankenhausmanagement in unterschiedlichen Trägerstrukturen


Jede Trägerschaft hat ihre eigene Gremienstruktur. Diese Gremien bestellen bei unterschiedlichen Satzungen und Geschäftsordnungen, Unternehmensphilosophien und Zielvorstellungen ihre Geschäftsführungen.33 Die bestellten Geschäftsführer müssen sich den grundsätzlich identischen Branchenbedingungen,...

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Deckblatt1
Titelseite4
Impressum5
Inhaltsverzeichnis6
Vorwort8
1 Einführung10
2 Entscheidungsstrukturen in deutschen Krankenhäusern24
2.1 Trägerstrukturen und ihre Differenzierungen24
2.2 Managementstrukturen und ihre Differenzierungen27
2.2.1 Krankenhausmanagement in unterschiedlichen Trägerstrukturen28
2.2.2 Krankenhausmanagement und Unternehmensentwicklungsphase29
3 Mehrperiodischer Masterplan in der Sanierungsphase34
3.1 Medizinisches Leistungskonzept37
3.2 Betriebs- und Personalkonzept54
3.3 Investitions-, Instandhaltungs- und Materialwirtschaftskonzept70
3.4 Finanzkonzept74
3.5 Trägerkooperation, Holding, Fusion80
4 Transaktionsverfahren in der Privatisierungsphase84
4.1 Ausschreibung eines Transaktionsberaters85
4.2 Auswahlprozess und Prüfen des Bieterkonzeptes87
4.2.1 Datenraum und Vorbereitung88
4.2.2 Bieterkonzept und verbindliches Angebot93
4.3 Vertragsverhandlungen und Kaufpreisfindung96
4.4 Beweisurkunde und notarieller Kaufvertrag98
5 Schlussbemerkungen100
Abkürzungen106

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